TE OGH 2021/7/20 5Ob93/21v

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2021
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers D*****, vertreten durch Mag. Dieter Helbok, Rechtsanwalt in Höchst, wegen Löschung und Einverleibung ob der EZ ***** KG *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 25. Februar 2021, AZ 3 R 366/20a, mit dem über Rekurs des Beteiligten H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Dr. Helgar Georg Schneider, Rechtsanwälte in Bregenz der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 25. November 2020, TZ 8053/2020, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1]       Die am 10. 5. 2020 verstorbene Mutter des Antragstellers war zu 124/490 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG *****, an der Wohnungseigentum begründet ist. Diese Miteigentumsanteile entsprechen der Hälfte des Mindestanteils, mit dem Wohnungseigentum an W 2 verbunden ist. Eigentümer des weiteren halben Mindestanteils ist der Ehemann der Verstorbenen und Vater des Antragstellers. Die Verbindung der Anteile gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 (nunmehr § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002) ist angemerkt. Bei den halben Mindestanteilen ist jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB zugunsten des Beteiligten (des Vaters der Verstorbenen) einverleibt. Im Verlassenschaftsverfahren schlossen der Antragsteller und sein Vater am 15. 10. 2020 ein Erbteilungsübereinkommen, wonach er die 124/490 Anteile an dieser Liegenschaft in sein Eigentum übernimmt. Mit dem Einantwortungsbeschluss vom 2. 11. 2020 ordnete das Verlassenschaftsgericht unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Antragsteller hinsichtlich dieser Anteile an.

[2]            Unter Vorlage des rechtskräftigen Einantwortungsbeschlusses und weiterer Urkunden begehrte der Antragsteller nach Verbesserung die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots für den Beteiligten und die Einverleibung seines Eigentumsrechts an den 124/490 Anteilen unter Verbindung der Mindestanteile gemäß § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002.

[3]       Das Erstgericht bewilligte den verbesserten Antrag zur Gänze. Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Verbotsberechtigten Folge und wies das Begehren ab. Wenn, wie im vorliegenden Fall, keine schriftliche Vereinbarung im Sinn des § 14 Abs 5 WEG bestehe, gehe der auf den verstorbenen Eigentumspartner entfallende Mindestanteil unmittelbar mit dem Tod in das Eigentum des überlebenden Teils über, sodass das Belastungs- und Veräußerungsverbot für den gesamten Mindestanteil wirksam bleibe. Der gesetzlich angeordnete Eigentumsübergang könne zwar durch einen Verzicht des überlebenden Partners oder eine von diesem gemeinsam mit den Erben unter Zustimmung der Pflichtteilsberechtigten abgeschlossene Vereinbarung rückgängig gemacht werden; eine solche rechtsgeschäftliche Vereinbarung sei aber vom Verbot gemäß § 364c ABGB erfasst und bedürfe der Zustimmung des Verbotsberechtigten. Das Fehlen der Zustimmungserklärung bilde ein bücherliches Hindernis und führe zur Abweisung des Gesuchs. Da – soweit überblickbar – keine höchstgerichtliche Judikatur zur Auswirkung der durch den Tod eines Eigentümerpartners beendeten Zugehörigkeit zum Kreis der nach § 364c ABGB möglichen Begünstigten und dem Erfordernis der Prüfung des Fortbestands der zum Zeitpunkt der Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots bestehenden Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

[4]       Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 71 Abs 1 AußStrG), nicht zulässig.

[5]            1.1 Mit der Frage nach dem Schicksal eines Verbots nach § 364c ABGB bei Ableben eines Eigentümerpartners hat sich der Fachsenat bereits in der Entscheidung zu 5 Ob 101/16p auseinandergesetzt. Auch dieser Entscheidung lag zugrunde, dass im Verlassenschaftsverfahren ob dem halben Mindestanteil der Verstorbenen eine Vereinbarung nach § 14 Abs 1 Z 2 WEG geschlossen worden war, nach der das Eigentumsrecht an den Anteilen der Verstorbenen nicht dem überlebenden Eigentümerpartner zukommen soll. Ausgehend vom Grundsatz, dass die Anteile der Wohnungseigentumspartner an den Mindestanteilen nicht verschieden belastet sein dürfen, gelangte der Senat zum Ergebnis, dass ein Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB nur als Ganzes Bestand haben oder unwirksam sein könne. Da der Anteil des verstorbenen Eigentümerpartners ex lege mit dem Zeitpunkt des Ablebens (auflösend bedingt) in das Eigentum des überlebenden Partners falle, bleibe das Verbot auch nach dem Ableben eines Eigentümerpartners für den gesamten Mindestanteil wirksam und erfasse auch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung gemäß § 14 Abs 1 Z 2 WEG.

[6]            1.2 Die Entscheidung des Rekursgerichts, das sich ausdrücklich auf das Erkenntnis zu 5 Ob 101/16p berufen hat, entspricht den darin vertretenen Grundsätzen. Demgegenüber lässt der Antragsteller in seinem Rechtsmittel jede Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung vermissen. Mit seinen allgemein gehaltenen Ausführungen, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot erlösche mit der Veräußerung einer Liegenschaft oder durch den Tod des nach § 364c ABGB Verpflichteten (hier seiner Mutter), kann er daher auch keine Rechtsfrage von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen. Der übereinstimmende Wille der Erben (des Antragstellers und seines Vaters), dass die Liegenschaftsanteile der Verstorbenen auf den Antragsteller übergehen sollen, ergibt sich schon aus dem Erbteilungsübereinkommen, ist aber für die hier zu beurteilende Frage ohne Belang.

[7]            2.1 Wird eine grundbücherliche Eintragung nicht vom Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht bewilligt, hat sich das Grundbuchsgericht darauf zu beschränken, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand zu entscheiden (§ 94 Abs 2 GBG). In diesen Fällen ist es dem Grundbuchsgericht verwehrt, die Zulässigkeit der Eintragung nach § 94 Abs 1 Z 2, 3 und 4 GBG zu prüfen (vgl RIS-Justiz RS0002519; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 94 GBG Rz 187 mwN).

[8]            2.2 Ergibt sich aus dem Grundbuchstand, dass eine eingetragene Verfügungsbeschränkung gemäß § 364c ABGB der begehrten Bewilligung entgegenstehen könnte, ist gemäß § 94 Abs 1 Z 1 GBG im Grundbuchsverfahren materiell zu prüfen, ob sie der begehrten Eintragung wirklich entgegensteht. Ist dies der Fall, bedarf eine Verfügung regelmäßig der Zustimmung des Verbotsberechtigten in einverleibungsfähiger Form (§ 32 Abs 1 lit b GBG; 5 Ob 196/11a; Holzner in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 364c Rz 6). Abhandlungsrechtliche Fragen sind damit nicht angesprochen, sodass das Rekursgericht entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers zu Recht geprüft hat, ob das zugunsten des Vaters der Verstorbenen gemäß § 364c ABGB eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot der begehrten Eintragung entgegensteht (RS0002519 [T10]).

[9]       3.1 Dass ein völlig gleichgelagerter (oder ähnlicher) Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt wurde, bedeutet noch nicht, dass eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Bedeutung vorliegt (RS0110702; RS0107773; RS0102181). Das gilt insbesondere, wenn – wie hier – der Streitfall bereits mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann und auch vom Rekursgericht so gelöst wurde (RS0042742 [T13]; RS0042656 [T48]).

[10]     3.2 Ein wirksam vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot verliert nach ständiger Rechtsprechung durch die Scheidung der Ehe seine Rechtswirkung nicht (RS0010724). An dieser Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof ungeachtet der Kritik von Teilen der Lehre (vgl Oberhammer/Scholz-Berger in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 364c Rz 6 mwN; Winner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 364c Rz 13; Leupold in Klang³ § 364c ABGB Rz 52 ff) festgehalten (zuletzt 5 Ob 109/11g). Die Ehegatteneigenschaft ist insoweit Begründungs-, nicht aber auch Bestandsvoraussetzung des Verbots nach § 364c ABGB (vgl RS0010724 [T1]). Gleiches gilt auch im Verhältnis zwischen Stiefeltern/Stiefkindern (RS0124550) und für die Schwägerschaft (RS0011957; vgl auch RS0131864 = 5 Ob 143/17s), sodass durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits klargestellt ist, dass allein der durch die Auflösung der Ehe bedingte Wegfall eines dadurch vermittelten Angehörigenverhältnisses im Sinn des § 364c ABGB den Bestand der Rechtswirkungen eines zu diesem Zeitpunkt bereits verdinglichten Verbots nicht berührt.

[11]     3.3 Schwiegereltern und -kinder gehören zu dem in § 364c ABGB normierten Kreis von Personen, zwischen denen ein gegen Dritte wirkendes grundbücherliches Belastungs- und Veräußerungsverbot begründet werden kann (5 Ob 143/17s Pkt 1.2; Winner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 364c Rz 11). Eine schon ursprünglich unzulässige Eintragung (zur Vorgangsweise in einem solchen Fall: Kodek aaO § 130 GBG Rz 16) liegt daher nicht vor. Aus den oben wiedergegebenen Grundsätzen folgt aber zwanglos, dass das zu Lebzeiten der Mutter des Antragstellers begründete und grundbücherlich eingetragene Veräußerungs- und Belastungsverbot seine dingliche Wirkung auch nach dem Tod der Tochter des Verbotsberechtigten behält (für die Beibehaltung der dinglichen Wirkung bei Tod des das Angehörigenverhältnis im Sinn des § 364c ABGB vermittelden Teils tritt offensichtlich auch Leupold ein [aaO § 364c ABGB Rz 52 ff]). Es erstreckt sich wegen der Akkreszenz in das Eigentum des überlebenden Eigentümerpartners auf den gesamten Mindestanteil, sodass es auch keine Fehlbeurteilung begründet, wenn das Rekursgericht die Löschung des Veräußerungs- und Belastungsverbots und die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Antragsteller wegen der fehlenden Zustimmung des Verbotsberechtigten ablehnte.

[12]     4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Textnummer

E132595

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00093.21V.0720.000

Im RIS seit

23.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten