Entscheidungsdatum
14.06.2021Norm
AuslBG §3 Abs1Spruch
W189 2242413-1/2E
im namen der republiK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Ukraine, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2021, Zahl 1276426908/210430021 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde zu Spruchpunkt I. und II. wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 7 FPG auf 18 Monate herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
III. Der Antrag auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) wurde am 30.03.2021 von Erhebungsorganen der Finanzpolizei im Zuge der Durchführung von finanzpolizeilichen Kontrolle und Erhebungen auf einer Baustelle im Bundesgebiet angetroffen und überprüft. Nach dem Bericht der Finanzpolizei sei der BF bei Maurerarbeiten (Aufstellen eines Rohbaus) angetroffen worden, ohne im Besitz von arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen bzw. einer Entsende- /Überlassungsbestätigung zu sein.
Der BF wies sich mittels gültigen ukrainischen Reisepass aus, welcher ein polnisches Visum-D, gültig von 20.01.2021 bis zum 19.01.2022, enthält.
2. Gegen den BF wurde am selben Tag ein Festnahmeauftrag seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) erlassen und der BF in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert.
3. Am 31.03.2021 wurde der BF dem BFA vorgeführt und niederschriftlich einvernommen. Der BF gab im Wesentlichen an, er sei nach Polen zum Arbeiten gekommen und sei dann am 17.03.2021 nach Österreich zum Arbeiten mit seinem Chef gekommen. Da die österreichische Firma noch Zeit für die entsprechenden Bewilligungen benötigt habe, sei er bei einem in Österreich lebenden Kollegen in Wien untergekommen. Er habe auf die beantragten Bewilligungen gewartet. Mit dem Kollegen sei er zu dessen Freund mitgegangen, um diesen zu helfen. Auf der Baustelle habe er Anweisungen von dem Freund des Kollegen erhalten. Dem BF sei vom genannten Freund geholfen worden und habe er Essen und Unterkunft von dem genannten Freund bekommen. Da dies Bekannte seines Chefs, sohin keine fremden Leute seien, habe er selbst keine Gegenleistung leisten müssen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, verheiratet zu sein, mit seiner Frau ein gemeinsames Kind zu haben, welche alle in der Ukraine leben würden. Im Schengen-Gebiet bzw. in Österreich habe er keine Angehörigen und sei der BF gesund. Zu seinen finanziellen Verhältnissen gab der BF an, mit EUR 500,00 in den Schengen-Raum gekommen zu sein und habe er nunmehr EUR 375,00 bei sich. In Österreich habe er keine Bankomatkarte, weil sich diese in der Ukraine befinde. Es bestehe eine Versicherung für Reisen. In der Ukraine arbeite der BF derzeit nicht. Von seinem polnischen Chef habe er zweimal einen Vorschuss in Höhe von EUR 300,00 zur Überweisung an seine Frau erhalten, welcher von diesem geborgt gewesen sein soll und der BF zurückgegeben hätte, wenn er gearbeitet hätte.
Der BF legte im Zuge der Einvernahme zwei Transaktionsbelege betreffend „Geld senden“ in die Ukraine vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 01.04.2021, Übernahme ausgewiesen am 01.04.2021, wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), die Abschiebung in die Ukraine gemäß § 52 Abs. 9 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.), gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG erlassen (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V.). Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass der BF am 30.03.2021 von der Finanzpolizei betreten worden sei, als er einer Beschäftigung nachgegangen sei, welcher er nach dem AuslBG nicht nachgehen hätte dürfen. Der BF als ukrainischer Staatsbürger sei grundsätzlich durch das von polnischen Behörden ausgestellte Visum-D zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen, er habe jedoch aufgrund Ausübung einer Beschäftigung entgegen dem AuslBG gegen die im Schengener-Grenzkodex verbindlich angeführten Voraussetzungen für einen legalen Aufenthalt sowie gegen die Auflagen der Visa-Bestimmungen verstoßen. Auch sei der BF nicht in der Lage nachzuweisen, dass er seinen Lebensunterhalt aus legalen Mitteln zu bestreiten in der Lage sei. Der Aufenthalt des BF sei sohin nachträglich zu einem unrechtmäßigen geworden. Bei der Ukraine handle es sich um einen sicheren Herkunftsstaat. Der BF verfüge in Österreich über keinen Wohnsitz, pflege in Österreich keinerlei private oder familiäre Kontakte, spreche kein Deutsch und sei der BF in Österreich nicht berechtigt, einer Beschäftigung nachzugehen. Durch die Unterlassung der polizeilichen Meldung habe der BF versucht, seinen Aufenthalt zu verschleiern. Eine Aufenthaltsbeendigung sei daher nicht unzulässig. Hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbotes wurde ausgeführt, der BF habe durch ein nationales Visum in anderen Staaten versucht, eine Arbeitsbewilligung vorzutäuschen und habe der BF das Visum zweckentfremdet. Auch sei eine Verbesserung der finanziellen Lage des BF in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Eine Einsicht seitens des BF betreffend sein Fehlverhalten sei nicht gegeben. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung sei insbesondere abzuerkennen gewesen sein, weil die Gefahr bestehe, der BF müsse aufgrund nicht ausreichender Mittel zwecks Erlangung von Unterkunft und Verpflegung wieder einer illegalen Beschäftigung nachgehen, weshalb die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei und Fluchtgefahr bestehe. Gemäß § 55 FPG habe das BFA daher von der Festlegung einer Frist zur freiwilligen Ausreise abzusehen.
5. Dem BF wurde ferner am selben Tag amtswegig die im Spruch genannte Vertreterin als Rechtsberater zur Seite gestellt. Ferner wurde über den BF am nämlichen Tag Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt.
6. Mit Strafverfügung vom 07.04.2021 wurde über den BF aufgrund § 120 Abs. 1a FPG iVm §§ 31 Abs 1a, 31 Abs 1 FPG eine Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 600,00 verhängt. Die Strafverfügung ist seit 22.04.2021 rechtskräftig.
7. Der BF wurde am 15.04.2021 zur freiwilligen Ausreise aus der Schubhaft entlassen. Der BF ist am nämlichen Tag im Rahmen der unterstützen freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in die Ukraine ausgereist.
8. Mit Schreiben vom 27.04.2021 legte das Amt für Betrugsbekämpfung – Finanzpolizei dem BFA insbesondere den Strafantrag wegen Übertretung des AuslBG gegen den mutmaßlichen Arbeitgeber des BF sowie dessen Einvernahme vor. In dieser Einvernahme gab dieser im Wesentlichen an, dass ihm der BF von einem Freund für die Hilfe beim Umbau bei seinem Grundstück empfohlen worden sei. Ihm sei gesagt worden, dass er ihm nur Essen und Trinken als Bezahlung geben werde. Der BF habe fünf bis sechs Stunden pro Tag gearbeitet, er habe dem BF jedoch ausdrücklich gesagt, dass er kein Geld bekomme. Er habe dem BF einen Schlafplatz angeboten. Am Ende habe er dem jüngeren Arbeiter, gemeint wohl dem BF, mit dem kranken Kind eine kleine Spende geben wollen. Er habe nicht gewusst, dass eine Anmeldung zur Sozialversicherung sowie Arbeitspapiere notwendig seien.
9. Mit dem mit 29.04.2021 datierten und am selben Tag bei der belangten Behörde per E-Mail einlangenden Schriftsatz erhob der BF durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid in vollem Umfang. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge, eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme namhaft gemachter Zeugen durchführen, der Beschwerde stattgeben und den Bescheid ersatzlos beheben, in eventu, die Spruchpunkte IV. und V. ersatzlos beheben, in eventu, die Dauer des Einreiseverbotes herabsetzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF bei Arbeiten betreten worden sei, bei welchen es sich um einen Freundschaftsdienst gegenüber einem Bekannten gehandelt habe, für welche der BF nicht entlohnt worden sei. Dies decke sich mit den Angaben des mutmaßlichen Arbeitgebers im Bericht der Finanzpolizei vom 30.03.2021. Im Hinblick auf die mutmaßliche Beschäftigung des BF dürfe daher seitens der belangten Behörde nicht von einem geklärten Sachverhalt ausgegangen werden. Der mutmaßliche Arbeitgeber hätte auch dem BF Unterkunft und Verpflegung bis zur Ausreise auch ohne Mithilfe auf der Baustelle zur Verfügung gestellt. Daher werde die zeugenschaftliche Einvernahme des mutmaßlichen Arbeitsgebers beantragt. Da gegen diesen ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG eingeleitet worden sei, werde beantragt, das gegenständliche Verfahren gemäß § 38 AVG auszusetzten. Das Antreffen einer Person auf einer Baustelle erwecke zwar auf den ersten Blick den Anschein der Ausübung einer Erwerbstätigkeit – dies wäre jedoch individuell – anhand ausreichender Würdigung der Angaben des BF und des mutmaßlichen Arbeitgebers – zu prüfen gewesen. Da der BF gegenständlich sohin legal nach Österreich eingereist sei, dort keine dem AuslBG unterliegende Erwerbstätigkeit ausgeübt habe und sich sohin im Bundesgebiet legal aufgehalten habe, erweise sich die Rückkehrentscheidung samt den darauf aufbauenden Spruchpunkten als unzulässig. Hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbotes werde ausgeführt, dass vorliegend zu berücksichtigen sei, dass sich der BF selbst durch die Verrichtung der Schwarzarbeit nicht strafbar gemacht habe. Die Behörde unterlasse es weitere Umstände darzulegen, welche auf eine besondere Gefährlichkeit des BF schließen lassen würden. Der BF sei unbescholten, bis zur Festnahme weder verwaltungsstrafrechtlich aufgefallen noch zuvor bei der Schwarzarbeit aufgefallen. Auch habe der BF nicht versucht, seine Identität zu verschleiern, sei dieser kooperativ gewesen und sei der BF auch freiwillig ausgereist. Eine Arbeitsbewilligung habe er nicht vorzutäuschen versucht und habe der BF vor einem Jahr eine legale Erwerbstätigkeit in Tschechien ausgeübt. Das gegenständliche Einreiseverbot erweise sich daher als unverhältnismäßig. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Nicht-Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise wurde ausgeführt, dass vorliegend nicht ersichtlich sei, dass allein die erstmalige Betretung einer unerlaubten Beschäftigung eine sofortige Ausreise des unbescholtenen BF im Sinne des Art. 7 Abs. 4 der Rückführungs-RL erforderlich gemacht hätte. Die Vorgehensweise der belangten Behörde sei auch deshalb inkonsequent, weil dem BF aus dem Stand der Schubhaft die freiwillige Ausreise bewilligt worden sei. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei daher zu Unrecht erfolgt. Festzuhalten sei auch, dass durch die erfolgte Ausreise des BF der Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht obsolet werde. Aufgrund der erfolgten Ausreise seien jene Spruchpunkte jedenfalls zu beheben.
Mit der Beschwerde wurde eine als „Entsendebestätigung vom 17.03.2020 für den Zeitraum 01.05.2020 bis 27.10.2020 (auf Polnisch)“ bezeichnete Urkunde vorgelegt.
10. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom BFA vorgelegt und langten dort am 14.05.2021 ein. In der gleichzeitig vom BFA vorgelegten Stellungnahme zur gegenständliche Beschwerde beantragte die belangte Behörde, die Abweisung der Beschwerde in vollem Umfang, die Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens wegen einer Vorfrage, ein allfälliges Kostenbegehren des BF abzuweisen sowie den Einbringer zum Ersatz von gesamt EUR 426,20 gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandsersatzverordnung zu verpflichten. Im Wesentlichen wurde seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass bis dato keine arbeitsrechtlichen Bewilligungen oder ein diesbezüglicher Antrag betreffend den BF vorgelegt worden sei. Auch habe der mutmaßliche Arbeitgeber und Hausbesitzer den BF weder bei der Sozialversicherung angemeldet noch sonstige arbeitsrechtliche Bewilligungen beantragt – dieser hätte auch dem BF nicht freigiebig bis zur Ausreise Verpflegung und Unterkunft zur Verfügung gestellt. Auch sei nach diesen Aussagen der BF bereits im Jänner 2021 in Wien aufhältig gewesen. Von einem kurzfristigen Warten auf Arbeitsdokumente könne davon ausgehend nicht ausgegangen werden. Selbst bei Annahme von bloßen Freundschaftsdiensten, wäre der Aufenthalt des BF mangels familiärer oder touristischer Zwecke nach dem Schengener-Grenzkodex unzulässig gewesen. Der Sachverhalt sei daher ausreichend geklärt. Hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbotes werde auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach die Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei. Unerheblich sei gegenständlich, ob der BF in der Vergangenheit bereits eine legale Erwerbstätigkeit in Tschechien ausgeübt habe. Betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde ergänzend ausgeführt, dass die Vorgehensweise betreffend die freiwillige Ausreise aus dem Stande der Schubhaft sich bewährt habe, und betroffene Fremde nur in seltenen Fällen geflüchtet seien und die Ausreise nicht angetreten hätten. Im Übrigen sei gegenständlich bereits eine Abschiebung geplant gewesen, welche aufgrund eine Entscheidung des VwGH nicht zu diesem Termin stattfinden habe könne. Eine längere Anhaltung im Stande der Schubhaft hätte sich als unverhältnismäßig erwiesen. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG sei nicht erforderlich, zumal die Rechtskraft des Verwaltungsstrafverfahrens keine Voraussetzung für eine fremdenrechtliche Maßnahme gegen den betroffenen Beschäftigten darstelle, welcher nicht dem Verwaltungsstrafrecht unterliege.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsbürger der Ukraine und führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum). Er ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Kind. Diese und weitere Verwandte leben in der Ukraine, wo auch sein Lebensmittelpunkt liegt.
1.2. Der BF reiste am 11.02.2021 in den Schengen-Raum via Polen ein. Der BF reiste nach seinen Angaben am 17.03.2021 in das Bundesgebiet ein, um eine Arbeit aufzunehmen. Der BF hat während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet zuletzt in XXXX Unterkunft genommen, hat sich aber nicht amtlich angemeldet.
1.3. Am 30.03.2021 um 13:00 wurde der BF von Organen der Finanzpolizei auf der Baustelle in XXXX bei Maurerarbeiten, konkret dem Errichten eines Zubaus, betreten und dies an das BFA zur Anzeige gebracht. Es konnte festgestellt werden, dass der BF jene Beschäftigung zumindest seit 29.03.2021 ausübte. Weiters konnte festgestellt werden, dass der BF für diese Beschäftigung Entgelt, insbesondere Naturalleistungen in Form von Verpflegung und Unterkunft, als Gegenleistung erhielt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Arbeitgeber des BF zu diesem Zeitpunkt über eine Beschäftigungs- noch Entsendebewilligung verfügte oder der BF selbst die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AuslBG erfüllte. Innerhalb Österreichs war der BF bei einem im Bundesgebiet angesiedelten Unternehmen bis dato nicht tätig.
1.4. Zum Zeitpunkt seiner Einvernahme vor dem BFA war der BF im Besitz von EUR 345,00 an Bargeld. Es wurden von der Landespolizeidirektion Niederösterreich gemäß § 37 Abs. 1 VStG vom BF EUR 250,00 als vorläufige Sicherheit eingehoben. Der BF geht in der Ukraine keiner Arbeit nach.
1.5. Der BF ist strafrechtlich unbescholten, ist gesund und ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Er verfügt in Österreich über keine gesellschaftlichen, familiären oder sonstigen Bindungen.
1.6. Der BF war bis dato nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels in Österreich. Der BF verfügte über einen gültigen ukrainischen Reisepass, welcher ein polnisches Visum-D, gültig von 20.01.2021 bis zum 19.01.2022, enthielt. Der BF ist am 15.04.2021 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist.
1.7. Die Ukraine gilt als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Zentralmelderegisterauszug, einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister, einen Auszug aus dem Schengener Informationssystem sowie des Strafregisters des BF ein.
2.2.2. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf den insoweit unbestrittenen Verwaltungsakten.
2.2.3. Aktenkundig ist überdies eine Kopie des ukrainischen Reisepasses des BF, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind. Ebenso gilt dies für das im Reisepass befindliche polnische Visum-D.
2.2.4. Die Feststellungen zu seinen Familienangehörigen beruhen auf seinen Angaben in der Einvernahme vom 31.03.2021 (AS 75) Die Feststellung betreffend seinen Lebensmittelpunkt in der Ukraine sowie zu seinen Bindungen zu Österreich ergeben sich ebenso aus der genannten Einvernahme (aaO). Maßgebliche private Bezüge zu Österreich oder dem Schengen-Raum wurden zu keiner Zeit vorgebracht. Ebenso gilt dies betreffend die Feststellung, dass der BF kein Deutsch spricht, zumal jene Einvernahme unter Zuziehung eines Dolmetschers erfolgt ist (AS 71; AS 81) und diesbezüglich in der Beschwerde kein dem entgegenstehendes Vorbringen erstattet wurde. Dass der BF gesund ist, hat jener in genannter Einvernahme selbst angeben (AS 79).
2.2.5. Dass der BF strafrechtlich unbescholten ergibt sich aus dem ihn betreffenden Strafregisterauszug.
2.2.6. Die Feststellung betreffend die Einreise in den Schengen-Raum via Polen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Hinsichtlich der Einreise in das Bundesgebiet sowie deren Zweck konnten Feststellungen aufgrund der Angaben des BF in der Einvernahme von 31.03.2021 getroffen werden (insbesondere AS 73; AS 75). Dass der BF die zuletzt festgestellte Unterkunft genommen hat, ergibt sich wieder aus seiner Aussage (AS 75) sowie aus die des XXXX (AS 230), der diese Unterkunft angeboten hat. Dass der BF dort nicht polizeilich gemeldet war, ergibt sich aus dem Zentralmelderegisterauszug.
2.2.7. Die Feststellungen betreffend die Betretung des BF am 30.03.2021 bei der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit auf der genannten Baustelle ergeben sich aus dem Bericht der Finanzpolizei (AS 65 ff; AS 217 ff), der Einvernahme des BF (AS 71 ff), der Einvernahme des XXXX als Tatverdächtigter aufgrund des AuslBG (mutmaßlicher Arbeitgeber) durch das Amt für Betrugsbekämpfung – Finanzpolizei (AS 219 ff) sowie aus der Einsicht in die AJ-WEB-Abfragen (AS 63).
Dass der BF bei gegenständlicher Betretung Arbeiten auf der in den Feststellungen genannten Baustelle verrichtete, ergibt sich aus dem zitierten Bericht, dem dienstliche Wahrnehmungen von Erhebungsorganen der Finanzpolizei zugrunde liegen und ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Angaben nicht glaubwürdig sein sollten, und ist ein Interesse der Abgabe wahrheitswidriger Angaben nicht erkennbar (AS 233). Auch ist der BF auf beiliegenden Fotos in Arbeitsbekleidung auf einer Baustelle gut erkennbar (AS 259 ff). Diesem Umstand wird vom BF nicht entgegengetreten.
Die Rechtsvertretung des BF vertritt in der Beschwerde, dass es sich bei den gegenständlichen Arbeiten um einen Freundschaftsdienst gegenüber einem Bekannten, für welchen der BF nicht entlohnt worden sei, handle. Diesem Vorbringen war nicht zu folgen, zumal der BF in seiner Einvernahme vom 31.03.2021 selbst eingeräumt hat, dass ihm von „ XXXX “ (gemeint wohl XXXX ) mit Essen und Unterkunft geholfen worden sei (AS 75). Der BF führte etwa auf Vorhalt, wie er sich seit zweieinhalb Monaten im Schengen-Raum aufgehalten habe und nur EUR 150,00 (der bei sich geführten EUR 500,00) ausgegeben habe, aus „… XXXX und XXXX kaufen mir etwas, du so komme ich aus. Ich habe alles bekommen und daher nichts ausgeben müssen.“ (AS 77). Der BF räumte ebenfalls ein, dass er von XXXX Anweisungen auf der Baustelle erhalten habe (AS 75). Gleichzeitig verneinte der BF jedoch, dass er Gegenleistungen für die genannten Unterhaltsleistungen erbringen musste, weil es sich bei den Genannten um Bekannte seines Chefs handle (AS 77). Er habe nur auf Arbeitsbewilligungen gewartet (AS 73). Die Verantwortung des BF erweist sich als unglaubwürdig und ist als Schutzbehauptung des BF zu werten. Zum einen bestreitet nämlich XXXX in seiner Einvernahme durch die Finanzpolizei vom 30.03.2021 bloß, dem BF Geld gegeben zu haben, wobei er dem BF, mit dem kranken Kind, am Ende eine kleine Spende geben wollte (AS 230). Zum anderen sei ihm der BF für die Hilfe bei einem Umbau empfohlen worden und ihm gesagt worden, dass er ihm „nur Essen und Trinken als Bezahlung geben werde“ (AS 230). Auch habe der BF fünf bis sechs Stunden pro Tag gearbeitet und habe er Arbeitsanweisungen anhand eines Plans gegeben (aaO). Angesichts dieser Ergebnisse und der lebensfremden Rechtfertigung des BF war diesem Vorbringen, wonach es sich um einen nicht entlohnten Freundschaftsdienst für einen Bekannten gehandelt habe, nicht zu folgen, zumal weder die vom BF erwähnten Arbeitsbewilligungen vorgelegt wurden, noch diesbezüglich sonstige Angaben zu einem Antrag oder dergleichen gemacht werden konnten, sodass ein Warten auf Bewilligungen und sohin eine Aussicht auf legale Beschäftigung nicht nachvollziehbar erscheint. Vielmehr erscheint nachvollziehbar, dass sich der BF mit der Verrichtung derartiger Arbeiten, angesichts seiner schlechten finanziellen Lage, seinen Lebensunterhalt, jedenfalls in Form von Unterkunft und Verpflegung, im Inland finanziert hat sowie auch Mittel für seine Familie in der Ukraine lukrieren wollte. Dies ist auch im Zusammenhang damit zu sehen, dass der BF am 18.03.2021 sowie 29.03.2021 je EUR 300,00, sohin in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Betretung durch Organe der Finanzpolizei, an seine Ehegattin in die Ukraine transferiert hat (AS 83; AS 85). Selbst wenn der BF diesen Betrag geborgt oder als Vorschuss von seinem Chef aus Polen erhalten hat (vgl. AS 79), erscheint es nicht glaubwürdig, dass er diesen ohne Erbringung einer Leistung bzw. Rückzahlungsverpflichtung erhalten habe (aaO).
Dass der BF die Beschäftigung seit zumindest 29.03.2021 ausübte, ergibt sich aus dem Bericht der Finanzpolizei (AS 221; AS 223).
2.2.8. Die Feststellungen betreffend die im Besitz des BF befindlichen Barmittel ergeben sich aus dessen Aussage in der Einvernahme vom 31.03.2021 (AS 75; 77): Ebenso ergibt sich, dass der BF in der Ukraine keiner Arbeit nachgeht (aaO). Das Vorhandensein weiterer Vermögenswerte sowie den Zugriff hierauf hat der BF nicht vorgebracht, zumal auch seine ukrainische Bankomatkarte nicht Österreich sein soll (AS 75; AS 77). Dass EUR 250,00 als vorläufige Sicherheit eingehoben wurden, ergibt sich unstrittig aus dem Akt (AS 186).
2.2.9. Die fehlende Existenz eines Aufenthaltstitels ist dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister zu entnehmen.
2.2.10. Dass die Ukraine ein sicherer Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus § 1 Z 14 der Herkunftsstaatenverordnung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Spruchpunkt I. und II.
3.1. Zur Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. sowie II. des angefochtenen Bescheids:
3.1.1. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1. 1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der BF ist aufgrund seiner ukrainischer Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Der BF verfügte, wie festgestellt, über einen gültigen ukrainischen Reisepass. Er verfügte weiters über ein von 20.01.2021 bis 19.01.2022 gültiges Visum Typ D für das Hoheitsgebiet von Polen.
Auf Grundlage der VO (EU) Nr. 265/2010, idF VO (EU) 2016/399, können sich Inhaber eines Visums Typ D, welches von einem Schengenstaat ausgestellt wurde, aufgrund dieses Visums und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der übrigen Schengenstaaten bewegen, sofern die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EU) Nr. 2016/399 (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllt sind und die Person nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats steht.
Im Wortlaut der durch die VO (EU) Nr. 265/2010, idF VO (EU) 2016/399, geänderten Art. 18 und Art. 21 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) heißt es:
„Artikel 18
(1) Visa für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten Dauer (‚Visa für den längerfristigen Aufenthalt‘) sind nationale Visa, die von einem der Mitgliedstaaten gemäß seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder dem Unionsrecht erteilt werden. Ein solches Visum wird in Form einer einheitlichen Visummarke nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates mit dem Buchstaben ‚D‘ im Eintragungsfeld für die Art des Visums ausgestellt. Sie werden im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Anhangs VII der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) ausgefüllt.
(2) Visa für den längerfristigen Aufenthalt haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens einem Jahr. Gestattet ein Mitgliedstaat einem Drittausländer einen Aufenthalt von mehr als einem Jahr, wird das Visum für einen längerfristigen Aufenthalt vor Ablauf seiner Gültigkeitsdauer durch einen Aufenthaltstitel ersetzt.“
„Artikel 21
(1) Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen.
(2) Das gleiche gilt für Drittausländer, die Inhaber eines von einer der Vertragsparteien ausgestellten vorläufigen Aufenthaltstitels und eines von dieser Vertragspartei ausgestellten Reisedokuments sind.
(2a) Das in Absatz 1 festgelegte Recht auf freien Personenverkehr gilt auch für Drittausländer, die Inhaber eines von einem der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 18 erteilten gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt sind.“
Demnach wurde dem Beschwerdeführer das Visum Typ D für Polen nach den dortigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften erteilt. Dies ergibt sich aus dem oben zitierten Art. 18 SDÜ in Zusammenschau mit der Tatsache, dass der Unionsgesetzgeber bisher keinen auf Art. 79 Abs. 2 lit. A AEUV beruhenden Rechtsakt erlassen hat, der die Voraussetzungen betrifft, unter denen Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen aus humanitären Gründen Visa oder Aufenthaltstitel für einen langfristigen Aufenthalt erteilen (vgl. EuGH 07.03.2017, Rs C-638/16 PPU (X und X gegen État belge), Rz 44).
Das Visum Typ D für Polen berechtigt den Beschwerdeführer nach Art. 21 Abs. 2a SDÜ dazu, sich aufgrund dieses Visums bis zu drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Schengenstaaten zu bewegen. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund dieses Visums mehr als 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet oder Hoheitsgebiet anderer Schengenstaaten aufgehalten hat
Darauf, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Festnahme im Bundesgebiet auf der nationalen Ausschreibungsliste stand, sind im Verfahren keine Hinweise hervorgekommen.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde insbesondere rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1) oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z 3)
Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates (= „Schengenstaat“) ist zwar ein Kurzaufenthalt (90 Tage im Halbjahr) möglich, jedoch keine Erwerbstätigkeit. Die Aufnahme einer selbständigen oder unselbständigen, vorübergehenden oder dauernden Erwerbstätigkeit in Ö bedarf idR eines Visums gem § 24, eines beschäftigungsrechtlichen Tatbestandes gem § 31 Abs 1 Z 6 oder eines Aufenthaltstitels nach dem NAG. Das – gem Art 21 SDÜ gegebene – Aufenthalts- und Bewegungsrecht innerhalb der Vertragsstaaten soll auf private oder touristische Zwecke eingeschränkt sein. Mit von vornherein beabsichtigter oder später aufgenommener Erwerbstätigkeit liegt ein unrechtmäßiger Aufenthalt vor (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 31 FPG 2005 Anm. 3 (Stand 1.9.2018)
Nach der in den Gesetzesmaterialien zu § 31 Abs. 1 Z 3 FrPolG 2005 idF des FrÄG 2009 (330 BlgNR 24. GP 29) zum Ausdruck gebrachten Absicht kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts gemäß dem letzten Halbsatz dieser Bestimmung darauf an, dass der Fremde während seines Aufenthalts in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, die von dem ihm erteilten Aufenthaltstitel eines anderen Schengen-Staates nicht umfasst ist. Ob eine Erwerbstätigkeit in diesem Sinn in Österreich erlaubt ist, muss am Maßstab des Unionsrechts und des nationalen Rechts geprüft werden. Fremde, die bloß über einen Aufenthaltstitel eines anderen Schengen-Staates verfügen, dürfen in Österreich ohne entsprechende Bewilligung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Üben sie ungeachtet dessen eine Erwerbstätigkeit aus, führt dies wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 Z 3 FrPolG 2005 zur Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthalts (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0103) (VwGH vom 13.11.2018, Ra 2018/21/0104).
Gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und gemäß Abs. 2 lit. a und b leg. cit. unter anderem als Beschäftigung, die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Gemäß Abs. 4 leg cit ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Eine Entlohnung des Ausländers muss auch nicht unbedingt in Geld erfolgen, sondern kann - wie vorliegend festgestellt - auch in Naturalien erfolgen (etwa VwGH vom 19.11.1997, 97/09/0169).
Der mit „Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern“ betitelte § 3 AuslBG lautet auszugsweise:
„§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-WeißRot – Karte“, „Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs. 4)“ oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU, Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („ICT“), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer („mobile ICT“), Aufenthaltsbewilligung „Familiengemeinschaft“ mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs. 4)“ oder „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
Da der BF nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, gilt er als Ausländer im Sinne des AuslBG. Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich des AuslBG (insbesondere § 1 Abs 2 leg.cit.) ist nicht hervorgekommen.
Der BF ging Maurerarbeiten gegen Entgelt und nach Weisungen einer anderen Person, sohin einer Erwerbstätigkeit, in Österreich nach, ohne im Besitz eines zum Aufenthalt oder Aufnahme von Erwerbstätigkeiten in Österreich berechtigenden Rechtstitels zu sein und reiste bereits mit der Absicht Erwerbstätigkeiten in Österreich nachzugehen ins Bundesgebiet ein. Der BF war jedoch bloß zur Einreise und kurzfristigen Aufenthaltsnahme – zu privaten oder touristischen Zwecken – in Österreich berechtigt. Demzufolge war die besagte Tätigkeit des BF sohin als unrechtmäßige Erwerbstätigkeit (Schwarzarbeit) einzustufen und hat der BF damit gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Sinne der oben zitierten Bestimmungen verstoßen, womit dessen Einreise und Aufenthaltsnahme in Österreich sich letztlich als durchgehend unrechtmäßig erwies.
Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung mangels Erfüllung der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt, unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.
Sie hat im angefochtenen Bescheid die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 4 Z 1a FPG gestützt.
Gegenständlich hielt sich der BF jedoch bereits von Anfang an nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Da der BF sich sohin unrechtmäßig in Österreich aufhielt und am 15.04.2021 in die Ukraine zurückkehrte, ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage zu prüfen. (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). ein neuerlicher (aktueller) Aufenthalt im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden.
3.1.3. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).
Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).
Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31. 10. 2002, 2002/18/0190).
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29. 9. 2007, B 1150/07; 12. 6. 2007, B 2126/06; VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/479; 26. 1. 20006, 2002/20/0423; 17. 12. 2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 20053, 282ff).
Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen; das Ausmaß der Integration im Aufenthaltsstaat, die sich in intensiven Bindungen zu Dritten, in der Selbsterhaltungsfähigkeit, Schul- und Berufsausbildung, in der Teilnahme am sozialen Leben und der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung; Bindung zum Heimatstaat; die strafrechtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen; Verstöße gegen das Einwanderungsrecht.
3.1.4. Das BFA ging im Rahmen der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon aus, dass im vorliegenden Fall keine schützenwerten familiären oder privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet erkannt werden können und fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit dem BFA, das die Interessenabwägung mängelfrei vorgenommen hat, zu Lasten des BF aus und stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.
Wie an anderer Stelle dargelegt, reiste der unbescholtene BF am 17.03.2021 mit dem Ziel der Ausübung einer nach dem AuslBG bewilligungspflichtigen Tätigkeit in das Bundesgebiet ein, ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung gewesen zu sein und wurde am 30.03.2021 durch die Finanzpolizei bei der Ausübung einer "Schwarzarbeit" im Bundesgebiet betreten.
Im Falle des BF, welcher während seines Aufenthaltes auch nicht über eine behördliche Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet verfügt hat, lassen sich dem gesamten Akteninhalt keine Hinweise auf das Vorhandensein privater und familiärer Bindungen in Österreich entnehmen. Der BF war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig, er verfügt hier über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen sozialen Bindungen, hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet oder sonstige Ausbildungen absolviert. Es wurden im gesamten Verfahren keine Aspekte einer Integration des BF in gesellschaftlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht ersichtlich.
Demgegenüber hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in welchem er den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, Familienangehörige, er verfügt über Kenntnisse der Amtssprachen sowie Berufserfahrung und es wird ihm daher als volljährigem gesundem Mann ohne besonderen Schutzbedarf auch problemlos möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.
Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet. Allein ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann nämlich keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfGH 12. 6. 2010, U 613/10-10, vgl. idS VwGH 11. 12. 2003, 2003/07/0007).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.
3.1.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Im Rahmen der Erläuternden Bemerkungen zur Novellierung des § 52 Abs. 9 FPG im Rahmen des FrÄG 2017 mit BGBl. I Nr. 145/2017 (1523 der Beilagen XXV. GP) wurde klargestellt, dass das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes oder Abschiebungshindernisses nicht mehr die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder, wenn es nachträglich festgestellt wird, deren Außerkrafttreten zur Folge hat, sondern Gegenstand eines eigenen Spruchpunktes im Bescheid über die Erlassung der Rückkehrentscheidung ist. Ergibt zB. die Gefährdungsprognose nach Art. 3 EMRK, dass dem - ausreisepflichtigen - Drittstaatsangehörigen im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat die Gefahr lebensbedrohender Verhältnisse drohen würde, ist künftig eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und in einem eigenen Spruchpunkt die Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 50 Abs. 1 FPG festzustellen sowie die Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 FPG auszusprechen