TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 W144 2239863-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W144 2239863-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Serbien, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 2, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8, 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF), eine volljährige Staatsangehörige von Serbien, schloss am XXXX mit dem serbischen Staatsangehörigen XXXX in Serbien die Ehe.

Laut dem Zentralen Melderegister ist sie seit dem 16.01.2020 im österreichischen Bundesgebiet behördlich gemeldet.

Am 30.04.2020 stellte die BF einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Aufenthaltszweck „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“.

Im September 2020 wurden auf Ersuchen des Magistrats der Stadt Wien, MA 35, Erhebungen bezüglich des Verdachts einer Aufenthaltsehe durchgeführt und die BF sowie ihr Ehemann am 01.10.2020 vor der Landespolizeidirektion Wien niederschriftlich befragt.

Mit Schreiben des BFA vom 20.10.2020 wurde die BF über die beabsichtigte Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und ihr eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

In einer im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters eingebrachten Stellungnahme vom 29.10.2020 brachte die BF vor, dass sie im XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der MA 35 eingebracht habe, über den bis dato noch nicht entschieden worden sei. Sie komme nur „zu den sichtvermerksfreien Zeiten“ nach Österreich und halte sich strikt an die 90-Tage-Regel. Lediglich einmal sei sie zu lange in Österreich gewesen, weil sie pandemiebedingt nicht fristgerecht ausreisen habe können. Ihr Ehemann verfüge über einen Daueraufenthalt-EU, verdiene rund 1700 Euro monatlich netto und bezahle knapp 300 Euro Miete. Die BF werde während ihrer Aufenthalte in Österreich von ihrem Mann erhalten. Sie habe ihn über ihren Cousin in Serbien kennengelernt und es sei selbstverständlich keinerlei Vermögensvorteil für die Ehe geleistet worden. In Österreich würde ein Cousin der BF seit über 30 Jahren leben, in Serbien würden die Schwester, der Vater und die beiden Töchter der BF leben. Diesem Schreiben waren eine Lohn-Gehaltsabrechnung vom August 2020, Kopien des Aufenthaltstitels im Scheckkartenformat des Ehemanns der BF und Kopien einzelner Seiten des Reisepasses der BF angeschlossen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 01.02.2021 hat das BFA einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen die BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 iVm § 10 Abs. 2 AsylG 2005 und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.) und gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen würden und die Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben zur Folge habe. Abgesehen von ihrem Ehegatten würden zu Österreich keine familiären oder sozialen Bindungen bestehen. Die Aufenthaltsdauer seit der letzten Einreise sei als kurz zu bezeichnen, die BF gehe in Österreich keiner Beschäftigung nach, sei weder kranken- noch sozialversichert und es hätten sich keine Anhaltspunkte für konkrete Integrationsbemühungen ergeben. In ihrem Herkunftsstaat habe sie den deutlich überwiegenden Teil ihrer Lebensjahre verbracht und ihre gesamte Familie (außer ihrem Ehegatten) lebe in Serbien. Im Falle der BF sei § 53 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt, zumal aufgrund der durchgeführten Erhebungen und unterschiedlichen Aussagen der BF sowie ihres Ehegatten vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe auszugehen sei. Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer sei daher gerechtfertigt und notwendig, um die von ihr ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

Gegen den dargestellten, am 04.02.2021 zugestellten, Bescheid des BFA richtet sich die durch den rechtsfreundlichen Vertreter der BF am 12.02.2021 eingebrachte vollumfängliche Beschwerde, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass das Vorliegen einer Aufenthaltsehe mangelhaft begründet worden sei. Dass sich ihr Mann und sie wechselseitig nicht für die Familie des jeweils anderen interessieren würden, erkläre sich damit, dass es zu den Familien wenig oder gar keinen Kontakt gebe. Ihrem Mann sei nicht bekannt gewesen, dass sie den Ehering bei der Befragung getragen habe. Das BFA hätte jedenfalls konkret begründen müssen, worin die Widersprüche in Bezug auf das Kennenlernen und die standesamtliche Trauung bestünden, und entsprechende Feststellungen treffen müssen. Zum Beweis dafür, dass keine Aufenthaltsehe vorliege, werde die Einvernahme des Cousins der BF sowie die Befragung der BF und ihres Ehegatten beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die volljährige und gesunde BF, eine Staatsangehörige von Serbien, reiste zuletzt am 27.09.2020 im Besitz eines gültigen serbischen Reisepasses in das österreichische Bundesgebiet ein. Sie verfügt über keinen gültigen Aufenthaltstitel.

Am 30.04.2020 stellte sie einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Aufenthaltszweck „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“. Das diesbezügliche Verfahren ist derzeit anhängig.

Die BF schloss am XXXX in Serbien die Ehe mit XXXX . Der Ehemann der BF ist serbischer Staatsangehöriger und verfügt über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“. Er weist seit Juni 2003 eine Wohnsitzmeldung in Österreich auf und ist bei der XXXX in Wien als Fahrer vollzeitbeschäftigt. Ein tatsächliches Eheleben wurde bzw. wird nicht geführt.

Die BF verfügt in Österreich – abgesehen von ihrem Ehemann – über keine familiären oder sozialen Bindungen. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten und weist seit 16.01.2020 eine Wohnsitzmeldung im Zentralen Melderegister auf. Es bestehen keine Hinweise auf eine Integration in beruflicher, sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht.

Die BF ist in Serbien aufgewachsen und verbrachte dort den überwiegenden Teil ihrer Lebensjahre. In Serbien halten sich die zwei volljährigen Töchter der BF aus erster Ehe, der Ex-Ehemann, der Vater und eine Schwester der BF auf.

1.2. Die BF brachte nicht vor, dass ihr in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes ist sie zur eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Serbien in der Lage.

Zur Lage im Herkunftsstaat der BF wird auf nachstehende Länderberichte verwiesen:

Grundversorgung/Wirtschaft

Serbiens Wirtschaft befindet sich auf dem Weg der Transformation und Modernisierung. Heute ist Serbien eine liberale Marktwirtschaft, die damit kämpft, sich seiner historischen Altlasten - politische Einflussnahme in die Wirtschaft, wirtschaftliche Regression und Modernisierungsblockade - zu entledigen. Nach Wirtschaftssektoren aufgeteilt steht der Dienstleistungssektor an erster Stelle, er erwirtschaftete 2011 64,3% des BIP; es folgt die Industrie mit 26,6% und die Landwirtschaft mit 9,0%. Im Rahmen des EU-Integrationsprozesses hat die serbische Regierung in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl an Gesetzen an EU-Standards angepasst. Ein weiterhin ungelöstes Strukturproblem liegt in der hohen Arbeitslosigkeit und der ungünstigen Beschäftigungsstruktur (GIZ 3.2016).

Die Arbeitslosenquote liegt laut offizieller Statistik bei 17,9% (VB 29.5.2016). Inoffiziell ist die Arbeitslosenquote viel höher aufgrund der versteckten Arbeitslosigkeit. Ein besonderes Problem stellt die Jugendarbeitslosigkeit mit über 50% dar. 2011 gab es in Serbien 1.732.000 Beschäftigte - davon waren allerdings 130.000 ohne Bezahlung und 400.000 Beschäftigte erhielten nur den garantierten Mindestlohn von 16.000 Dinar (rund 150 Euro). Dieser Beschäftigtenzahl standen im gleichen Jahr 753.000 Arbeitslose sowie 1,69 Mio. Rentner gegenüber (GIZ 3.2016).

Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Das in Euro umgerechnete Realeinkommen sank von EUR 400 im Jahr 2008 auf 380 im Jahr 2014. Die durchschnittliche Rente wird nach Angaben des staatlichen Rentenfonds jeweils auf 60% des Durchschnittseinkommens festgesetzt, im Herbst 2014 erfolgte eine progressive Rentenkürzung zwischen 3% und 10%. Die Durchschnittsrente 2014 lag bei umgerechnet 201 Euro. Die Inflationsrate betrug 2014 1,7%. Während in der Hauptstadt Belgrad und in Teilen der Wojwodina die Durchschnittseinkommen deutlich über dem nationalen Mittelwert liegen, befinden sie sich in Südserbien und im Sandžak darunter. Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung. Vielen Bürgern Serbiens gelingt es nur durch Schwarzarbeit, ihre Existenz zu sichern (AA 23.11.2015).

Ungefähr 10% der Bevölkerung leben in Armut. Das monatliche Mindesteinkommen betrug USD 193. Ein Arbeitsinspektorat ist für die Umsetzung und Überprüfung der gesetzlichen Bestimmungen in diesem Bereich zuständig. Viele Firmen ohne gewerkschaftliche Präsenz können oder wollen allerdings den Mindestlohn und verpflichtende Sozialleistungen nicht zahlen. Viele nicht registrierte Arbeiter melden aus Furcht vor einem Jobverlust Arbeitsübertretungen gar nicht, informelle Arbeitsverhältnisse gab es besonders in Handel, Hotelgewerbe, Baugewerbe und in der Landwirtschaft (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (23.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Serbia, http://www.ecoi.net/local_link/322496/461973_de.html, Zugriff 16.6.2016

-        VB des BM.I in Serbien (29.5.2016): Auskunft des VB, per E-Mail

Sozialbeihilfen

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausbezahlt (AA 23.11.2015).

Seit Oktober 2000 konnten Ansprüche auf Sozialbeihilfe vom Staat wieder erfüllt werden und das System stabilisierte sich nachhaltig. Ein Wohlfahrtsamt befindet sich in jeder Gemeinde Serbiens. In der Hauptstadt Belgrad gibt es insgesamt 16 Wohlfahrtsämter. Das Wohlfahrtsamt hat verschiedene Aufgaben (u.a. Unterstützung von Personen oder Familien ohne Einkommen; Unterstützung von gefährdeten Familien; Unterstützung von Waisenkindern; etc.), wobei darauf hingewiesen wird, dass der tatsächliche Zugang nicht grundsätzlich garantiert werden kann. Die Voraussetzungen richten sich nach den von der betreffenden Person beantragten Sozialleistungen. Allgemein gilt: Die Person muss serbischer Staatsbürger mit gültigen persönlichen Unterlagen (Personalausweis), arbeitslos und bei der staatlichen Arbeitsagentur an ihrem Wohnort registriert sein oder sich in einem Mindestlohn- Beschäftigungsverhältnis befinden. Anspruchsberechtigt sind darüber hinaus alleinerziehende Elternteile, Menschen mit Behinderungen (körperlich oder geistig), ältere Personen, Minderjährige, Waisen etc. (hierbei ist ein Nachweis der Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen erforderlich).

Eltern oder Familien haben Anspruch auf Kindergeld, wenn sie serbische Staatsbürger sind, ihren Wohnsitz in Serbien haben und über eine staatliche Krankenversicherung für das erste, zweite, dritte und vierte Kind verfügen. Das Kindergeld wird auf das Konto der Familie überwiesen. Die Familie erhält Kindergeld für einen Zeitraum von 6 Monaten ab der Vorlage aller erforderlichen Dokumente. Der entsprechende Verlängerungsantrag muss spätestens 30 Tage vor Ablauf der 6 Monate gestellt werden. Die Zufluchtsstätte für obdachlose Kinder hat im Jahr 2008 an neuer Stelle ihre Arbeit aufgenommen mit dem Ziel, Lebensmittel, saubere Kleidung und Zugang zu verschiedenen Fachleuten zu gewähren. Das Angebot richtet sich an Kinder, die auf den Straßen Belgrads leben und arbeiten (IOM 8.2014).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (23.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        IOM - International Organization for Migration (8.2014): Länderinformationsblatt Serbien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772192/17047200/17294469/Serbien_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298084&vernum=-2, Zugriff 17.6.2016

Medizinische Versorgung

Die Gesundheitssituation in Serbien ist stabil und es bestehen keine größeren epidemiologischen Besorgnisse. Das Gesundheitssystem des Landes leidet unter einem Mangel an finanziellen Mittel und Investitionen, bietet den Bürgern jedoch die Möglichkeit einer medizinischen Basisversorgung. Das nationale Gesundheitssystem ist in drei Stufen organisiert. Die primäre Gesundheitsversorgung wird von 161 Gesundheitszentren („Domovi zdravlja“) und kleineren primären Gesundheitsstationen („Zdravstvene stanice „) geleistet, die für allgemeinmedizinische, pädiatrische und geburtshilfliche Belange sowie für Arbeitsmedizin, Zahnmedizin, Hausbesuche, Vorsorge und Laboruntersuchungen zuständig sind. Die sekundäre und tertiäre Gesundheitsversorgung wird von 42 Allgemeinkrankenhäusern, 15 Fachkliniken, 23 unabhängigen Institutionen und Kliniken, 5 Krankenhauszentren, 4 Klinikzentren und 59 weiteren Einrichtungen geleistet (IOM 8.2014).

In Serbien gibt es eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung. Generell ist eine Registrierung für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig. Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Kostenfrei behandelt werden, unabhängig vom Status des Patienten, grundsätzlich folgende Krankheitsbilder: Infektionskrankheiten (u.a. Aids), Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, endemische Nephropathie, progressive Nerven- und Muskelerkrankungen, zerebrale Paralyse, multiple Sklerose, zystische Fibrose und Hämophilie, außerdem anerkannte Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz. Darüber hinaus sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle Patienten kostenlos. „Obligatorische“ Impfungen sowie gezielte präventive Untersuchungen (staatliches „Screening“) sind ebenfalls kostenlos (AA 23.11.2015).

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet. Der Standard der Krankenhäuser ist oft sehr bescheiden (EDA 10.5.2016). In der ersten Hälfte des zurückliegenden Jahrzehnts hat die serbische Regierung mithilfe der Weltbank eine Reform des Gesundheitswesens » in Angriff genommen. So wurde die Transparenz im Gesundheitssystem, insbesondere im privaten Sektor wesentlich erhöht. Die Ausgaben des Versicherungsfonds konnten stabilisiert werden. Ein modernes Medizinkonzept, das den Schwerpunkt auf Vorsorge und Präventivmedizin setzt, wurde eingeführt. Die Strukturprobleme des serbischen Gesundheitswesens sind allerdings geblieben. Das bezieht sich v.a. auf die steigende Finanzierungslücke durch das öffentliche Krankenversicherungssystem, das zurückgeht auf eine alternde Bevölkerung und eine niedrigen Beschäftigungsgrad (GIZ 3.2016).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (23.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

-        EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten (10.5.2016): Reisehinweise für Serbien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/serbien/reisehinweise-fuerserbien.html, Zugriff 16.6.2016

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (3.2016): Serbien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/serbien/gesellschaft/, Zugriff 16.6.2016

-        IOM - International Organization for Migration (8.2014): Länderinformationsblatt Serbien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772192/17047200/17294469/Serbien_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298084&vernum=-2, Zugriff 17.6.2016

Behandlung nach Rückkehr

Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Besondere staatliche Auffang- bzw. Aufnahmeorganisationen für zurückkehrende Minderjährige oder Bedürftige gibt es nicht; grundsätzlich sind die Sozialämter in den einzelnen Städten und Gemeinden mit der Wahrnehmung solcher Aufgaben betraut. Im Bedarfsfall kann bei rechtzeitiger Ankündigung (auf Zeit oder auf Dauer) eine Unterbringung in staatlichen Waisenhäusern erfolgen. Falls die Rückkehrer nach ihrer Rückkehr nach Serbien nicht wissen, wo sie unterkommen sollen, können sie an eine von vier Notunterkünften verwiesen werden (in Obrenovac, Sabac, Zajecar und Bela Palanka), allerdings nicht länger als für einen Zeitraum von 14 Tagen. Faktisch setzt die Regierung (inoffiziell) auf die im Allgemeinen funktionierenden verwandtschaftlichen Beziehungen der Betroffenen im Gastland. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält. In der Regel kehren Rückkehrer in die Republik Serbien an den Ort zurück, der ihr letzter Wohnsitz gewesen ist, da Kranken- und Sozialversicherungsschutz nur gewährleistet werden kann, wenn man über einen melderechtlich erfassten Wohnsitz verfügt (AA 23.11.2015).

Es gibt derzeit kein staatlich organisiertes und zentral koordiniertes Programm für die Integration von allein heimkehrenden Frauen und Müttern, die nicht bereit oder in der Lage sind, zu ihren Familien zurückzukehren. Darüber hinaus bestehen viele nicht-staatliche Frauenverbände, die zahlreiche Aktivitäten für die Unterstützung der Frau und zur Behandlung spezieller Probleme in diesem Bereich ausüben. Man kann sagen, dass die Frauenbewegung mit besonderer Betonung nichtstaatlicher Projekte in Serbien gut entwickelt ist (IOM 8.2014).

Ein gültiger Personalausweis ist die Voraussetzung zur Inanspruchnahme jeglicher Berechtigungen (medizinische Versorgung, Arbeit, Bildung etc.). Ein Rückkehrer kann, unter Vorlage des Dokumentes über den Status einer Person in “Wiederzulassung” (Reisedokument), das 30 bis max. 60 Tage Gültigkeit hat, nach der Ankunft in Serbien ohne Entrichtung der entsprechenden Beteiligungsgebühr medizinische Notfallhilfe in Anspruch nehmen. Darüber hinaus ist die Person verpflichtet, innerhalb von 30 bis max. 60 Tagen nach der Rückkehr einen Antrag auf allgemeine Krankenversicherung zu stellen. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Rückkehrer einen Versicherungsantrag gestellt haben, ansonsten ist ein Versicherungsschutz nicht gegeben und alle in Anspruch genommenen Leistungen müssen selbst bezahlt werden (IOM 8.2014).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (23.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG

- IOM - International Organization for Migration (8.2014): Länderinformationsblatt Serbien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772192/17047200/17294469/Serbien_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298084&vernum=-2, Zugriff 17.6.2016

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volljährigkeit der BF ergeben sich aus ihren eigenen Angaben vor dem BFA in Zusammenschau mit einer im Verwaltungsakt aufliegenden Kopie ihres Reisepasses.

Dass sie gesund ist, wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid bereits festgestellt. Gesundheitliche Beschwerde oder Erkrankungen sind nicht aktenkundig und auch im Beschwerdeschriftsatz wurde weder der Feststellung des BFA etwas entgegengesetzt, noch gesundheitliche Probleme oder Krankheiten geltend gemacht.

Die Feststellung, dass die BF zuletzt am 27.09.2020 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, beruht auf ihren Angaben und dem in ihrem serbischen Reisepass angebrachten Einreisestempel, dessen Kopie im Verwaltungsakt aufliegt. Dass die BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt, ergibt sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes und einem aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

Die Feststellungen zum beantragten Aufenthaltstitel und dem diesbezüglichen Verfahren vor der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde wurden bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und ergeben sich auch aus einem Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

Dass die BF im XXXX in Serbien die Ehe mit einem serbischen Staatsangehörigen geschlossen hat, ergibt sich aus ihren Angaben. Die Feststellungen zum Ehemann der BF ergeben sich aus einer Zusammenschau ihres Vorbringens, mit den in Vorlage gebrachten Unterlagen und amtswegig eingeholten Auszügen.

Die Feststellung zum Nichtbestehen eines tatsächlichen Ehelebens zwischen der BF und ihrem Ehemann erschließt sich aus den widersprüchlichen Angaben der Beiden. Wie sich den dem Bericht der LPD Wien angeschlossenen Befragungen ergibt, weichen die Aussagen der BF und ihres Ehemannes bezüglich des Kennenlernens, des Heiratsantrags und der standesamtlichen Eheschließung diametral voneinander ab:

Obschon die Angaben der BF und ihres Ehemanns zur zeitlichen Abfolge ihres Kennenlernens im Wesentlichen übereinstimmen, machten sie zur Person, über welche sie miteinander in Kontakt getreten sein sollen, widersprüchliche Angaben. Während die BF von ihrem Bruder im Rahmen der Befragung vor der LPD Wien sprach (etwa „Ich gebe vorweg an, dass mein Bruder meinen Mann kennt. (…) Mein Mann war Ende Dezember 2018 bei meinem Bruder zu Hause. (…)“), behauptete ihr Ehemann „(…) einmal an einem Wochenende ihren Cousin von Wien nach Serbien gebracht“ zu haben und „(…) diesen Cousin jedes Wochenende von Wien nach Serbien gefahren“ zu haben. In der Beschwerde wird pauschal vorgebracht, dass es sich bei der Feststellung, es sei zu Widersprüchen in Bezug auf das Kennenlernen und die standesamtliche Trauung gekommen, um einen Stehsatz handle und die Einvernahme „meines Cousins (nicht Bruder)“ beantragt. Damit und auch mit dem Vorbringen im Schriftsatz vom 29.10.2020, die BF habe ihren Ehemann über ihren Cousin in Serbien kennengelernt, vermag jedoch nicht erklärt zu werden, warum die BF und ihr Ehemann die soeben dargelegten unterschiedlichen Angaben vor der LPD Wien tätigten.

Ferner vermochten die BF und ihr Ehemann auch nicht übereinstimmend anzugeben, wer den Heiratsantrag gemacht habe. So behauptete die BF: „Er hat mich dann gefragt, ob ich ihn heiraten will“, hingegen brachte ihr Ehemann vor: „3 Wochen vor der Hochzeit hat sie mich dann gefragt, ob ich sie heiraten will“ und bestätigte dies auf Nachfrage. Auch zum Kauf der Eheringe traten Widersprüche in den Angaben der BF und ihres Ehemannes auf. Während die BF auf die Frage, wer die Ringe gekauft habe und wo, antwortete: „Er hat beide gekauft. Wo er den gekauft hat, weiß ich nicht“, brachte ihr Ehemann im Gegensatz dazu vor: „Wir haben diese Ringe gemeinsam in einem Geschäft gekauft“. Diese gravierenden Widersprüche vermitteln nicht den Eindruck einer aus Liebe geführten Beziehung. Im Übrigen vermag es auch nicht zugunsten der BF und ihres Ehemanns sprechen, wenn ihr Ehemann auf die Frage nach dem Kauf der Eheringe ausdrücklich angab: „Ja, die sind aber zu Hause in Serbien. Beide Eheringe sind zu Hause“, sie hingegen entsprechend den Wahrnehmungen des einvernehmenden Beamten den Ehering während der Befragung getragen hatte. Insofern in der Beschwerde nun vorgebracht wird, der Ehemann habe dies offenbar geglaubt und es sei ihm sichtlich nicht aufgefallen oder nicht bekannt gewesen, ist zu entgegnen, dass dies der Ehemann der BF schon im Rahmen der Befragung hätte geltend machen können respektive dementsprechend zum Ausdruck hätte bringen können.

Selbst zur standesamtlichen Eheschließung in Serbien waren die BF und ihr Ehemann nicht in der Lage, deckungsgleiche Angaben zu machen. Laut den Angaben der BF soll sie einen schwarzen Hosenanzug und eine weiße Bluse getragen haben und sie habe „keine Ahnung“, was ihr Ehemann zur Hochzeit getragen habe. Den Angaben ihres Ehemanns zufolge soll seine Frau ein weißes Kleid und er selbst einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd getragen haben. Dass die BF und ihr Ehemann nicht einmal wissen, welche Kleidung sie an diesem Tag, der für ein sich liebendes Paar in der Regel von besonderer Bedeutung ist, getragen haben, ist nicht nachvollziehbar, zumal die standesamtliche Eheschließung im Zeitpunkt der Befragung der Eheleute bloß rund eineinhalb Jahre zurückgelegen war. Darüber hinaus stimmen auch die Angaben zu den bei der standesamtlichen Eheschließung anwesenden Personen nicht überein. Befragt nach den Trauzeugen führte die BF ihren Bruder und zwei Freunde von ihr ins Treffen, demgegenüber brachte ihr Ehemann – wiederum befragt nach den Trauzeugen – vor: „Es waren zwei Verwandte von ihr dabei“.

Abgesehen von diesen gravierenden Widersprüchen führte das BFA das wechselseitige Desinteresse an der Familie des jeweils anderen ins Treffen (siehe Seite 4 und Seite 30 des angefochtenen Bescheides). Im Hinblick auf die Töchter der BF erweist sich dieser Vorhalt im Ergebnis als gerechtfertigt. Auch wenn es möglich ist, dass Eheleute keinen oder wenig Kontakt zu ihren Familienmitgliedern pflegen, sodass sich dadurch das mangelnde Wissen der BF über die Töchter ihres Ehemannes erklären lässt, weicht das nunmehrige Beschwerdevorbringen zwecks vermeintlicher Erklärung des vom BFA attestierten Desinteresses vom sonstigen Vorbringen der BF zu ihren Töchtern ab. Dass es unter anderem zwischen der BF und ihrer Familie wenig oder gar keinen Kontakt geben soll, wie im Beschwerdevorbringen behauptet wird, widerspricht den Aussagen der BF vor der LPD Wien, wonach sie mit ihren Töchtern „sehr oft in Kontakt“ stehe, sie von Juni bis September 2020 bei ihren Töchtern gewohnt habe und im Rahmen des Aufenthaltes in Serbien am Wochenende vom 25. bis 27. September 2020 bei ihren Töchtern für ein paar Stunden gewesen sei. Vor diesem Hintergrund erscheint es insbesondere nicht nachvollziehbar, dass der Ehemann der BF – mag dieser auch noch keinen persönlichen Kontakt zu den Töchtern der BF gehabt haben – nicht die Namen der beiden Töchter der BF nennen konnte, obwohl diese regelmäßigen Kontakt zu ihnen pflegt und sogar ein Besuch der BF (alleine) bei ihren Töchtern im Zuge eines gemeinsamen Aufenthaltes der BF mit ihrem Ehemann an einem Wochenende in Serbien entsprechend der Angaben der BF stattgefunden haben soll. Dass die BF die Namen ihrer Töchter im Rahmen einer seit XXXX bestehenden Ehe nie erwähnt hat bzw. von ihrem Ehemann nicht ins Gedächtnis eingeprägt wurden („Sie hat zwei Töchter, die Namen weiß ich aber nicht.“), erscheint auffällig. Ebenso vermag es nicht von einer innigen Bindung des Ehemanns zur BF zeugen, wenn dieser kein Interesse an den erwachsenen Töchtern der BF zeigt („Wieso kennen Sie die Töchter nicht?“ – „Sie sind volljährig und interessieren mich nicht“).

Im Rahmen einer Gesamtschau ist das BFA zutreffend vom Nichtbestehen eines tatsächlichen Familien- oder Ehelebens respektive vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe ausgegangen. Aufgrund der oben dargelegten gravierenden Widersprüche in den Angaben der Eheleute und des nicht nachvollziehbaren Nichtwissens des Ehemanns der BF über die Namen ihrer Töchter respektive des widersprüchlichen Vorbringens zum Kontakt der BF zu ihren Töchtern ist das Nichtführen eines gemeinsamen Familien- oder Ehelebens evident. Der Vollständigkeit halber darf noch ergänzend darauf hingewiesen werden, dass der Ehemann der BF im Zuge der Befragung vor der LPD Wien vorgebracht hat, die BF habe ihm gleich mitgeteilt, dass sie ihn heiraten will und „sich ihre Pension sichern will“, was als weiteres Indiz für das Vorliegen einer Scheinehe spricht.

An diesem Ergebnis vermag auch nichts zu ändern, dass die BF und ihr Ehemann weiterhin gemeinsam an einer Adresse in Wien laut dem Zentralen Melderegister gemeldet sind, zumal aus dem bloßen Vorliegen eines gemeinsamen Wohnsitzes im gegenständlichen Fall nicht per se das Führen eines schützenswerten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK abgeleitet werden kann. Gemeinsame Urlaube und gemeinsame Unternehmungen wurden abgesehen von – lediglich von der BF, nicht jedoch von ihrem Ehemann vorgebrachten Spaziergängen am Stephansplatz – ausdrücklich verneint.

Demzufolge war obige Feststellung, dass die BF kein Eheleben mit ihrem Ehemann führt, zu treffen. Von der in der Beschwerde beantragten Einvernahme des Cousins der BF sowie der Befragung der BF und ihres Ehegatten zum Beweis dafür, dass keine Aufenthaltsehe vorliege, konnte vor dem Hintergrund, dass keine Zweifel am Nichtbestehen eines tatsächlichen Ehelebens bestehen, abgesehen werden. In diesem Zusammenhang darf auch auf die oben dargelegten widersprüchlichen Angaben zum angeblichen Cousin bzw. Bruder der BF verwiesen werden.

Die Feststellungen betreffend die privaten und familiären Bindungen der BF in Österreich einschließlich Integrationsaspekten beruhen auf dem Vorbringen der BF im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Schon das BFA hielt im angefochtenen Bescheid begründend fest, dass „außer Ihrem Gatten keinerlei familiäre und soziale Bindungen und Beziehungen“ sowie „keine beruflichen Bindungen“ bestehen würden; es hätten sich „auch keine auf eine Inklusion hindeutenden konkreten Initiativen, wie z.B. Erlangung und Vertiefung umfassender Kenntnisse der deutschen Sprache, Kursbesuche, Vereinstätigkeit oder Absolvierung einer speziellen Ausbildung“ ergeben. Die BF trat diesen Feststellungen weder in der Beschwerde entgegen, noch wurde dazu ein Vorbringen erstattet. Angesichts der bereits oben dargelegten widersprüchlichen Angaben zu einem angeblich in Österreich aufhältigen Bruder bzw. Cousin der BF, konnte nicht festgestellt werden, dass sich diese Person als Verwandter der BF in Österreich aufhält, was auch den Erwägungen des BFA im angefochtenen Bescheid entspricht. Die Beschwerde hat zu den privaten und familiären Verhältnissen der BF keine Sachverhalte aufgezeigt, welche nicht bereits vor dem BFA bekannt waren und den Erwägungen des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegt worden sind.

Dass die BF strafgerichtlich unbescholten ist und seit Jänner 2020 über eine behördliche Meldung im Bundesgebiet verfügt, lässt sich aktuellen Auszügen aus dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister entnehmen.

Die Feststellungen zum Leben der BF in Serbien einschließlich des dortigen Aufenthalts ihrer Angehörigen beruhen auf ihren Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren.

1.2. Die BF hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, geäußert. Da es sich bei der BF um eine 50-jährige, gesunde Frau handelt, die den überwiegenden Teil ihrer Lebensjahre in Serbien verbracht hat, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass sie zur eigenständigen Erwirtschaftung ihres Lebensunterhaltes in Serbien nicht in der Lage und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Zudem verfügt die BF in Serbien über familiäre Anknüpfungspunkte, insbesondere über zwei volljährige Töchter, bei welchen sie laut eigenen Angaben (siehe die Befragung vor der LPD Wien am 01.10.2020) zuletzt von Juni bis September 2020 Unterkunft genommen hat, und es besteht die Möglichkeit des Bezuges von Sozialbeihilfen entsprechend den festgestellten Länderinformationen.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid zitierten Quellen, welche in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wurden. Auch wenn nicht verkannt wird, dass die herangezogenen Länderberichte teilweise Quellen älteren Datums enthalten, ist festzuhalten, dass sich die entscheidungsrelevante Lage zufolge laufender Medienbeobachtung und Einsicht in aktuelle Länderinformationen der Staatendokumentation betreffend Serbien im Wesentlichen als unverändert darstellt. Zum Bereich Grundversorgung/Wirtschaft ist lediglich auf eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (siehe AA - Auswärtiges Amt (2.5.2019c): Serbien: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/wirtschaft/207504, Zugriff 3.10.2019) und die gesunkenen Arbeitslosenquoten zu verweisen: Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9%. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13% prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05% geschätzt (siehe Statista - deutsches Online-Portal für Statistik (24.4.2020): Serbien, Arbeitslosenquote in Serbien bis 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/368629/umfrage/bruttoinlandsprodukt-bip-pro-kopf-in-serbien/, Zugriff 5.6.2020). Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.9.2017, E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, 2016/20/0098). Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A)

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).

Fremde halten sich gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EU] 2018/1806 ABl. Nr. L 303 vom 14.11.2018) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 09.03.2016) lautet wie folgt:

„(1) Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:

i) Es muss mindestens noch drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültig. In begründeten Notfällen kann von dieser Verpflichtung abgesehen werden.

ii) Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates (25) vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder eines gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Für die Durchführung von Absatz 1 wird der Tag der Einreise als der erste Tag des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der Tag der Ausreise als der letzte Tag des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten angesehen. Rechtmäßige Aufenthalte aufgrund eines Aufenthaltstitels oder eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt werden bei der Berechnung der Länge des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht berücksichtigt.“

Gemäß Art. 20 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) können sich sichtvermerksfreie Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c), d) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 SDÜ muss der Drittausländer im Besitz eines oder mehrerer gültiger Grenzübertrittspapiere sein, die von dem Exekutivausschuss bestimmt werden (lit. a leg. cit.), gegebenenfalls die Dokumente vorzeigen, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (lit. c leg. cit.), nicht zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein (lit. d leg. cit.) und darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen (lit. e leg. cit.).

Die BF ist Staatsangehörige Serbiens und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Als Inhaberin eines gültigen serbischen Reisedokumentes war sie gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 11.11.2020, Ra 2019/22/0126, Rz 20, ausgeführt hat, ist davon auszugehen, dass das (nunmehr) in Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/399 zum Ausdruck kommende bewegliche System der Berechnung der zulässigen Aufenthaltsdauer („Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht“) auch für die Befreiung von der Visumpflicht und damit den erlaubten visumfreien Aufenthalt maßgeblich ist. Für die Frage, ob ein Drittstaatsangehöriger den visumfreien Aufenthalt überschritten hat, ist daher in einem Fall, in dem der Mitbeteiligte zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses noch im Bundesgebiet aufhältig war, ausgehend von diesem Entscheidungszeitpunkt der zurückliegende Zeitraum von 180 Tagen zu betrachten, in dem sich der Fremde bis zu 90 Tage rechtmäßig aufhalten durfte.

Ausgehend von dieser „Rückwärtsrechnung“ wurde die visumfreie Aufenthaltsdauer im Falle der BF überschritten, zumal sie sich seit dem 27.09.2020 durchgehend in Österreich ohne Aufenthaltstitel aufhält und sohin im Zeitraum von 180 Tagen vor der Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses jedenfalls mehr als 90 Tage ohne Vorliegen eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet verbracht hat.

Ihr Aufenthalt ist jedenfalls seit Überschreiten der visumfreien Aufenthaltsdauer mangels Bestehens eines sonstigen Aufenthaltsrechts unrechtmäßig.

Daran vermag auch die Antragstellung der BF am 30.04.2020 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Aufenthaltszweck „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ nichts zu ändern:

Gemäß § 21 Abs. 6 NAG schafft eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Da sohin auch die Antragstellung der BF nach dem NAG ihren Aufenthalt in Österreich nicht zu legalisieren vermag, hält sie sich seit Überschreiten der visumfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet auf, sodass das BFA zu Recht die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen prüfte.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, was die BF im Übrigen im gesamten Verfahren auch nicht behauptet hat. Die – diesbezüglich im Übrigen gänzlich begründungsfreie - Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids war somit abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung

Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 1 FPG mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Wie bereits oben dargelegt, hält sich die BF unrechtmäßig in Österreich auf, sodass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG zu prüfen ist.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in das Familien- und Privatleben der BF ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 [518]; EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Art. 8 Rz 16; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob auf Grund einer aus Asylgründen bedingten Trennung der Familie der Eingriff in das Familienleben als unzulässig zu werten wäre (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0242).

Da sich der Ehegatte der BF im österreichischen Bundesgebiet rechtmäßig aufhält, könnte die Erlassung einer Rückkehrentscheidung grundsätzlich einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen. Im vorliegenden Fall ist jedoch – wie bereits beweiswürdigend dargelegt – vom Bestehen einer Aufenthaltsehe auszugehen, sodass sich die BF nicht auf ein bestehendes Familienleben in Österreich berufen kann.

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben der BF in unverhältnismäßiger Weise eingreifen.

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH 09.05.2003, 2002/18/0293). Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, OJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

Aus der Judikatur des VwGH ergibt sich, dass bei beruflicher und sozialer Verfestigung im Falle einer Aufenthaltsdauer von sieben Jahren, die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet schwerer wiegen können als das öffentliche Interesse am geordneten Vollzug der fremdenrechtlichen Bestimmungen. Der VwGH betont jedoch in ständiger Rechtsprechung (vgl. Ra 2017/18/0070vom 30.08.2017 ), dass die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG 2014 nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH vom 30. Juli 2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (siehe das soeben zitierte Erkenntnis; weiters etwa VwGH vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/22/0119, vom 10. Mai 2016, Ra 2015/22/0158, und vom 15. März 2016, Ra 2016/19/0031).

Im vorliegenden Fall hält sich die BF seit 27.09.2020 im österreichischen Bundesgebiet auf, sohin für rund neun Monate, und ihr Aufenthalt war nur während des visumfreien Zeitraums ein berechtigter. Auch unter Berücksichtigung eines Voraufenthaltes der BF in Österreich von Jänner bis Juni 2020 ist die Gesamtdauer dieser Aufenthalte, gemessen an der oben zitierten Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren.

Außerdem sind in casu keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration der BF hervorgekommen, aufgrund derer eine die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung rechtfertigende Konstellation anzunehmen wäre. Abgesehen von ihrem Ehemann verfügt sie über keine familiären oder sozialen Bindungen in Österreich und es haben sich auch keine Anhaltspunkte für eine berufliche, sprachliche oder soziale Verfestigung respektive besondere Integrationsbemühen ergeben. Die Schutzwürdigkeit ihres Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass sie bloß zu einem vorübergehenden Aufenthalt im Rahmen der visafreien Zeiträume berechtigt war, nur in geringem Maße gegeben. Der BF musste stets bewusst sein, dass ihr Aufenthalt in Österreich im Hinblick auf den nur 90-tägigen visumfreien Aufenthalt in Österreich innerhalb eines Halbjahreszeitraumes und ohne eine darüberhinausgehende Aufenthaltsberechtigung jeweils nur ein vorübergehender ist.

Angesichts der festgestellten Aufenthaltsehe ist nicht davon auszugehen, dass zwischen der BF und ihrem serbischen Ehegatten eine innige Beziehung bestand und besteht, die ein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründen könnte. Abgesehen davon könnte die BF jedoch den Kontakt zu diesem Mann mithilfe moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten. Zudem fährt – den Angaben der BF und ihres Ehegatten zufolge – ihr Ehemann regelmäßig nach Serbien und verfügt dort über vier Häuser, sodass persönlicher Kontakt – sofern erwünscht – auch über Besuche des Ehegatten in Serbien aufrechterhalten werden könnte. Eine gänzliche Auflösung des Kontaktes durch die verfügte aufenthaltsbeendende Maßnahme steht daher nicht im Raum.

Ihre zu Österreich bestehenden Bindungen sind im Vergleich zu jenen ihres Herkunftsstaates schwach ausgeprägt. Die BF verbrachte den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien und verfügt dort über familiäre Anknüpfungspunkte in Form von zwei volljährigen Kindern aus erster Ehe, ihrer Mutter und ihrer Schwester. Ein Vergleich der Lebensverhältnisse führt sohin jedenfalls zu einem Überwiegen der nach wie vor bestehenden Bindungen zum Herkunftsstaat, weshalb die verfügte Rückkehrentscheidung auch vor diesem Hintergrund keine unzumutbaren Härten aufweist.

Der Umstand, dass die BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe f

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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