Entscheidungsdatum
29.07.2021Norm
BBG §40Spruch
W207 2240681-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landestelle Niederösterreich, vom 05.11.2020, OB: XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 04.03.2021, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 28.05.2020 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als „belangte Behörde“ bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Dem Antrag legte er ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin sowie Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 13.08.2020 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.06.2020 sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:
„…
Anamnese:
Bluthochdruck seit ca. 10a behandelt
2016 Bandscheibenvorfall – kons. Therapie
Rezid. TVT (ca.1998 re., 2000 li.) bei APC-Resistenz – seither OAK
Osteoporose
27.1.20 – Hinterwandinfarkt bei 3VD mit LAD und RCA-Stent UK XXX
Derzeitige Beschwerden:
Vom Herzen her habe ich dzt. keine Probleme, ich strenge mich aber auch nicht an, weil ich unsicher bin was ich machen darf, auf Reha war ich noch nicht. Bis vor ca. 1,5 Jahren bin ich mit dem Mountainbike gefahren und gelaufen, jetzt traue ich mich noch nicht. Ich kann nicht schwer heben oder einseitig tragen wegen der Bandscheibe, wenn ich aufpasse, geht´s.“
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Xarelto 20mg 1x1, Bezastad ret. 400mg 1x1, Cenipres 10/20mg ½-0-1/2, Co-Dilatrend ½-0-0, Calciduran 500mg/800IE 1-0-0, Plavix 75mg 1x1, Pantoloc 40mg 1x1, Ibandronsäure+PH
Bewegungstherapie: 1x wöchent. ca 1h spazieren gehen.
Sozialanamnese:
LG, 2 Kinder, EH, arbeitet als techn. Ang. in einem Stromversorgungsunternehmen 40h/Woche.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
E-Brief LK XXX, stat. 28.1.-30.1.2020: Rücktransferierung aus dem UK XXX nach Koronarangio bei HWI.
Diag. bei Entlassung:
-Hinterwand-STEMI am 27.1.2020
KHK mit Dreigefäßerkrankung
PCI mit DES der RCA (Culprit Lesion) und der LAD
CX Stenose mitt. Drittel grenzwertig wirksam – vorerst kons. Procedere
-arterielle Hypertonie
-Hypercholesterinämie
-St.p.2x tiefe Beinvenenthrombose
Echokardiographisch Hypokinesie im Bereich d. Hinterwand und posterolateral, gute syst. LVF.
Telemetrie: durchgehender SR, keine Ereignisse
Sonographie: soweit bei stark eingeschränkten Schallbedingungen beurteilbar keine Auffälligkeiten.
Osteodensitometrie Dr. R. u. Partner, XXX, 12.02.2020:
Ergebnis: Osteoporose, T-Score -3,8. Ähnliche Werte wie vor 1 Jahr
Befundbericht Koronarangiographie, Angioplastie UK XXX, 27.1.2020:
Dreigefäßerkrankung RCA groß und proximal subtotal zu, die LAD proximal wirksam stenosiert, die CX im mittleren Drittel grenzwertig wirksam - PTCA und Stent der RCA proximal (Biomime 4,0/32) und der LAD proximal (Xience 2,75/23).
Radiolog. Befund Dr. R. u. Partner, XXX, 12 04.2019:
Sonographie Carotis: Ca. 50%-ige ACI-Stenose li., ursächlich ein großer Atheromplaque an der Hinterwand.
Abdomensonographie: Lebersteatose. Pankreaslipomatose.
Osteodensitometrie: Osteoporose, T-Score -3,86.
Radiolog. Befund Dr. R. u. Partner, XXX 25.03.2019
Thorax pa./seitlich, Rippen li.: 1. Zwerchfellhochstand bds. Zarte basale Fibrosezonen und Streifenatelektasen. Kein rezentes Infiltrat. Kompensiertes Cor. Aortensklerose. 2. Sehr zarte, bereits weitgehend durchgebaute Fraktur der 7. li. Rippe im mittleren Drittel mit schmalen Kallusformationen.
CT Lendenwirbelsäule, Dr. R. u. Partner, XXX 15.11.2018:
Befundverschlechterung auf Niveau L4/L5 mit intraforaminell eintauchendem Bandscheibenprolaps nach kranial geschlagen mit Neuroforamenstenose li. und Bedrängung der Nervenwurzel L4 li. im intra- und extraforaminellen Abschnitt. Unveränderte Bandscheibenprotrusion L5/S1 bei vorliegender Osteochondrose mit Tangierung der Nervenwurzel S1 bds. auf Recessusniveau. Unveränderte Bandscheibenprotrusionen auf Niveau L2-L4 ohne nervenbedrängende Komponente. Multisegmentäre Spondylose. Kaudale diskrete Facettengelenksarthrosen. Beginnendes Baastrup-Phänomen. Streckhaltung. ASKL.
Orthopäd. FA-Befund Dr. S., XXX, 07.12.2016:
Diagnose: Lumbalgie.
Röntgen der linken Hüfte altersentsprechend unauffällig, CT 12/15: serielle Protrusionen L2-S1, Osteochondrose L5/S1, Es liegt ein CT 12/15 vor, Facettenarthrosen.
Radiolog. Befund Dr. A. S. und Partner, XXX, 15.11.2016:
Röntgen der linken Hüfte: Incipiente Coxarthrose links, im Übrigen unauffällige knöcherne Befundverhältnisse.
Sonographie der linken Leiste und der linken Hüfte: Kleine Inguinalhernie links mit 2 x 2 cm im Durchmesser mit fettigem Inhalt. Kein Gelenkserguss. Geringe Insertionstendinose/Insertionstendinitis der Gluteussehnen am Trochanter major.
Hämatolog. Befund XXX, 24.11.2000: APC-Resistenz (Faktor V Leiden Mutation heterozygot)
Ambulanzbefund Krankenhaus XXX 18.10.2000:
1. Zustand nach Mehr-Etagenthrombose linke untere Extremität (Zweitereignis), Verdacht auf heterozygote APC-Resistenz
2. Postthrombotisches Syndrom
3. Hypercholesterinämie
E-Brief KH XXX, stat. 31.08.2000 bis 04.09.2000:
Diagnose: Mehretagenthrombose li UE
Phlebographie der li. UE; Dr. R. u. Partner, XXX 31.08.00:
Mehretagenthrombose li. im Unterschenkel, Knie und Oberschenkel; KM- umspülte Thrombuskuppe in der Vena femoralis superficialis knapp unterhalb der Krossenregion. Die Beckenvene ist frei.
Röntgen LWS 1998, CT der LWS (L3-S1) 2002, Laborbefunde 1999, 2010 und 2012 und augenärztl. Befund 2010: nicht relevant, da zu alt
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Nikotin: neg. Alkohol: geleg.
Harn: normal Stuhl: normal
Ernährungszustand:
übergewichtig
Größe: 172,00 cm Gewicht: 88,00 kg Blutdruck: 120/80
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: unauffällig
Thorax: unauffällig
Cor: Herztöne rein, rhythmisch, mittellaut, normofrequent
Pulmo: normaler Klopfschall, Basen normal verschieblich, reines VA
Abdomen: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen,
Leber am Ribo, Milz nicht tastbar, Nierenlager nicht dolent
HWS: KJA: 2 cm
Rotation und Seitneigung altersentsprechend
BWS: im Lot
LWS: Klopfschmerz, FBA: n.d.bei BS-Problemen
OE: Schultergelenke: altersentsprechend
Nacken-Kreuzgriff bds. durchführbar
Ellbogengelenke: bds. altersentsprechend
Handgelenke: bds, altersentsprechend
Hand mit Fingergelenken: altersentsprechend, Faustschluß bds. durchführbar
UE: Sitzen mit 90° flektierter Hüfte und Knie möglich
Hüften: altersentsprechend bewegl.
Knie: altersentsprechend bewegl.
Sprunggelenke bds. altersentsprechend
Fußpulse: tastbar
Venen: mäßige Varik.
Ödeme: keine
Gesamtmobilität – Gangbild:
AS kommt frei gehend, gute Belastbarkeit beider Beine, benötigt keine Gehbehelfe, Zehenspitzen-und Fersengang sowie Einbeinstand bds. durchführbar, selbständiges An-und Auskleiden möglich, problemloser Transfer auf die Untersuchungsliege.
Status Psychicus:
AS in allen Ebenen orientiert, gut kontakt-und auskunftsfähig, Stimmung ausgeglichen, Gedankenductus klar, logisch, Affekt stabil
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit
Oberer Rahmensatz nach Hinterwandinfarkt bei 3-Gefäßerkrankung mit erfolgreicher Intervention, berücksichtigt die behandelte Hypertonie mit Fundus hypertonicus, die behandelte Hyperlipidämie, sowie die Verkalkungen der Carotis ohne hämodynamische Wirksamkeit.
05.05.02
40
2
Lumbalgie
Unterer Rahmensatz bei radiologischen Veränderungen, aber ohne erhebliche funktionelle Einschränkungen, berücksichtigt die behandelte Osteoporose und die Beinlängendifferenz von 9mm.
02.01.02
30
3
Zustand nach 2x-iger Beinvenenthrombose bei Blutgerinnungsstörung (heterozygote Faktor V Leiden Mutation)
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine Schwellungsneigung, keine Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit, berücksichtigt die blutverdünnende Therapie.
05.08.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden bei fehlender wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht erhöht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Hyperurikämie, da kein Befund vorliegend, keine Therapie etabliert und bei Notwendigkeit gut behandelbar ist.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und
Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und
warum?
Es besteht eine altersentsprechende Beweglichkeit der Gelenke, sodaß sich hier keine Einschränkungen hinsichtlich Wegstrecke, Ein-und Aussteigen, sowie sicheren Transport ableiten lassen. Bei koronarer Herzkrankheit ist die körperliche Belastbarkeit nach Revaskularisation wieder ausreichend, um eine kurze Wegstrecke zurückzulegen, somit ist gesamtgesehen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich und zumutbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] JA Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 40 v.H.
Begründung:
D3 lt. Erlaß“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.08.2020 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Das eingeholte Gutachten vom 13.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer zusammen mit diesem Schreiben übermittelt.
Am 24.08.2020 langten bei der belangten Behörde weitere Befunde des Beschwerdeführers ein.
Mit E-Mail vom 27.08.2020 und mit postalischem Schreiben, eingelangt am 28.08.2020, brachte der Beschwerdeführer zweifach eine Stellungnahme folgenden Inhalts, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
„…
Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 % festgestellt mit der Begründung, dass das Leiden koronare Herzkrankheit durch die übrigen Leiden nicht erhöht wird.
Dies mag aus medizinischer Sicht vielleicht möglich sein. Für mich als Betroffener wirken sich die Mehrfachfunktionseinschränkungen sehr wohl im Zusammenwirken mit mehr als nur 40 % aus.
Alle drei Erkrankungen beeinflussen meinen Lebensablauf wesentlich und schränken die Lebensqualität wesentlich ein.
Wie ich bereits bei der Untersuchung angegeben habe, übe ich keine sportlichen Aktivitäten aus, weil ich Angst vor einem weiteren Herzinfarkt oder Bandscheibenvorfall habe. Der derzeitig erträgliche Gesundheitszustand besteht nur deshalb, weil ich besonders vorsichtig agiere.
Es ist mir nicht möglich, schwerere Gegenstände zu heben oder zu tragen. Dies fällt vor allem bei einseitigen Belastungen, wie z.B. das Tragen von schwereren Einkaufstaschen auf. Aus diesem Grund bin ich auch wesentlich auf mein Auto angewiesen.
Infolge der Blutgerinnungsstörung traue ich mich auch nicht, übliche, kleinere Arbeiten im Haushalt mit Werkzeugen und Maschinen durchzuführen; auch das schränkt mich natürlich ein.
Bei der Auflistung der Funktionseinschränkungen wurde die bei mir festgestellte Osteoporose nicht berücksichtigt. Auf ärztliches Anraten hin, sind auch hier sportliche Aktivitäten und schwerere körperliche Anstrengungen tunlichst zu vermeiden.
Ich ersuche höflich, meine Einwendungen zu berücksichtigen und um positive Beurteilung meines Ansuchens.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift des Beschwerdeführers“
Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 30.10.2020 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.10.2020 sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:
„…
Anamnese:
Vorgutachten 06/2020:
1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach STEMI der Hinterwand - 40 vH
2. Lumbalgie - 30 vH
3. Zustand nach 2x Beinvenenthrombose bei heterozygoter Faktor V-Leiden-Mutation – 20 vH
Gesamtgrad der Behinderung 40 vH als Dauerzustand.
Derzeitige Beschwerden:
Er hat im August 2020 bereits einen Einwand zum vorgelegten Gutachten erstellt. Rein medizinisch sei der Gesamtgrad 40 vH korrekt, rein subjektiv gibt er an, dass sich die einzelnen Leiden in ihrem Zusammenspiel wechselseitig beeinflussen.
Seit seinem Herzinfarkt traut er sich beispielsweise nicht mehr über sportliche Aktivitäten.
Er war vorher regelmäßig am Hometrainer, ist Mountainbike gefahren, weiß nur nicht, inwieweit er sich noch körperlich belasten darf. Die Reha wurde aufgrund der Covid- Situation abgesagt, er hat auch Gewicht zugenommen, merkt psychisch, dass er alltägliche Probleme lange mit sich herum trägt, muss auch nachts darüber nachdenken, fühlt sich teilweise dem Stress nicht mehr so gewachsen, verspürt auch ein schnelleres erreichen der Belastbarkeitsgrenze. Er wäre auch bereit seine berufliche Laufbahn vorzeitig abzubrechen, muss jedoch noch einen Nachfolger einarbeiten.
Bei Zustand nach Bandscheibenvorfall meidet er das Heben und Tragen von schweren Gegenständen.
Mit Ausnahme von optischen Veränderungen an den Unterschenkeln keine Spätfolgen nach den Beinvenenthrombosen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Xarelto 20 mg 1 × 1, Pantoloc 40 mg 1 × 1, Rosuvastatin 80 mg 1 × 1, Dilatrend 12,5 mg 1 × 1, Codilatrend 1 × ½, Cernipres 10/20 mg 1 × ½, Plavix 75 mg 1 × 1 bis Ende 01/2021
Sozialanamnese:
Geschieden, 2 Kinder, Angestellter
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
E-Brief LK XXX, stat. 28.1.-30.1.2020: Rücktransferierung aus dem UK XXX nach Koronarangio bei HWI.
Diag. bei Entlassung:
-Hinterwand-STEMI am 27.1.2020
KHK mit Dreigefäßerkrankung
PCI mit DES der RCA (Culprit Lesion) und der LAD
CX Stenose mitt. Drittel grenzwertig wirksam – vorerst kons. Procedere
-arterielle Hypertonie
-Hypercholesterinämie
-St.p.2x tiefe Beinvenenthrombose
Echokardiographisch Hypokinesie im Bereich d. Hinterwand und posterolateral, gute syst. LVF.
Telemetrie: durchgehender SR, keine Ereignisse
Sonographie: soweit bei stark eingeschränkten Schallbedingungen beurteilbar keine Auffälligkeiten.
Osteodensitometrie Dr. R. u. Partner, XXX, 12.02.2020:
Ergebnis: Osteoporose, T-Score -3,8. Ähnliche Werte wie vor 1 Jahr
Befundbericht Koronarangiographie, Angioplastie UK XXX, 27.1.2020:
Dreigefäßerkrankung RCA groß und proximal subtotal zu, die LAD proximal wirksam stenosiert, die CX im mittleren Drittel grenzwertig wirksam - PTCA und Stent der RCA proximal (Biomime 4,0/32) und der LAD proximal (Xience 2,75/23).
Radiolog. Befund Dr. R. u. Partner, XXX, 12 04.2019:
Sonographie Carotis: Ca. 50%-ige ACI-Stenose li., ursächlich ein großer Atheromplaque an der Hinterwand.
Abdomensonographie: Lebersteatose. Pankreaslipomatose.
Osteodensitometrie: Osteoporose, T-Score -3,86.
Radiolog. Befund Dr. R. u. Partner, XXX 25.03.2019
Thorax pa./seitlich, Rippen li.: 1. Zwerchfellhochstand bds. Zarte basale Fibrosezonen und Streifenatelektasen. Kein rezentes Infiltrat. Kompensiertes Cor. Aortensklerose. 2. Sehr zarte, bereits weitgehend durchgebaute Fraktur der 7. li. Rippe im mittleren Drittel mit schmalen Kallusformationen.
CT Lendenwirbelsäule, Dr. R. u. Partner, XXX 15.11.2018:
Befundverschlechterung auf Niveau L4/L5 mit intraforaminell eintauchendem Bandscheibenprolaps nach kranial geschlagen mit Neuroforamenstenose li. und Bedrängung der Nervenwurzel L4 li. im intra- und extraforaminellen Abschnitt. Unveränderte Bandscheibenprotrusion L5/S1 bei vorliegender Osteochondrose mit Tangierung der Nervenwurzel S1 bds. auf Recessusniveau. Unveränderte Bandscheibenprotrusionen auf Niveau L2-L4 ohne nervenbedrängende Komponente. Multisegmentäre Spondylose. Kaudale diskrete Facettengelenksarthrosen. Beginnendes Baastrup-Phänomen. Streckhaltung. ASKL.
Orthopäd. FA-Befund Dr. S., XXX, 07.12.2016:
Diagnose: Lumbalgie.
Röntgen der linken Hüfte altersentsprechend unauffällig, CT 12/15: serielle Protrusionen L2-S1, Osteochondrose L5/S1,Es liegt ein CT 12/15 vor, Facettenarthrosen.
Radiolog. Befund Dr. A.S. und Partner, XXX, 15.11.2016:
Röntgen der linken Hüfte: Incipiente Coxarthrose links, im Übrigen unauffällige knöcherne Befundverhältnisse.
Sonographie der linken Leiste und der linken Hüfte: Kleine Inguinalhernie links mit 2 x 2 cm im Durchmesser mit fettigem Inhalt. Kein Gelenkserguss. Geringe Insertionstendinose/Insertionstendinitis der Gluteussehnen am Trochanter major.
Hämatolog. Befund XXX, 24.11.2000: APC-Resistenz (Faktor V Leiden Mutation heterozygot)
Ambulanzbefund Krankenhaus XXX 18.10.2000:
1. Zustand nach Mehr-Etagenthrombose linke untere Extremität (Zweitereignis), Verdacht auf heterozygote APC-Resistenz
2. Postthrombotisches Syndrom
3. Hypercholesterinämie
E-Brief KH XXX, stat. 31.08.2000 bis 04.09.2000:
Diagnose: Mehretagenthrombose li UE
Phlebographie der li. UE; Dr. R. u. Partner, XXX 31.08.00:
Mehretagenthrombose li. im Unterschenkel, Knie und Oberschenkel; KM- umspülte Thrombuskuppe in der Vena femoralis superficialis knapp unterhalb der Krossenregion. Die Beckenvene ist frei.
Röntgen LWS 1998, CT der LWS (L3-S1) 2002, Laborbefunde 1999, 2010 und 2012 und augenärztl. Befund 2010: nicht relevant, da zu alt
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 172,00 cm Gewicht: 90,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput:
sichtbare Häute und Schleimhäute gut durchblutet, Bulbusmotorik seitengleich, beidseits prompte Pupillenreaktion.
Wirbelsäule:
im Lot, kein Schulter- oder Beckenschiefstand, kein Klopfschmerz, im Seitaspekt physiologischer Verlauf, FBA 20 m.
Obere, untere Extremitäten:
sämtliche Gelenke werden altersentsprechend endlagig bewegt, MER seitengleich prompt, periphere DMS in Ordnung.
Bei der Rückführung des rechten Armes der Sensation im Bereich des proximalen Oberarms ventral, diskrete trophische Hautveränderungen Unterschenkel beidseits, minimale Unterschenkelödeme beidseits. Pseudolasegue links positiv bei 70°.
Thorax:
symmetrisch, Herzaktion rein, rhythmisch, Pulmo beidseits VA.
Abdomen:
weich, über Thoraxniveau, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Er kommt alleine, selbstständig gehend zu Untersuchung, trägt normales Schuhwerk ohne Einlagen. Das Barfußgangbild ist sicher, flott, die Schrittlänge seitengleich, der Abrollvorgang unauffällig. Zehenspitzenstand, Fersenstand, Einbeinstand, Kniebeuge, Nacken- und Schürzengriff endlagig, selbstständiges An- und Auskleiden auch im Stehen möglich.
Status Psychicus:
Örtlich, räumlich, zeitlich, zur eigenen Person orientiert, der Ductus kohärent, gut affizierbar.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Koronare Herzerkrankung - Keine bis geringe Einschränkung der Herzleistung Signifikanter Herzkranzgefäßverengung (Intervention) Abglaufener Myocardinfarkt
Oberer Rahmensatz nach Hinterwandinfarkt bei 3-Gefäßerkrankung mit erfolgreicher Intervention, berücksichtigt die behandelte Hypertonie mit Fundus hypertonicus, die behandelte Hyperlipidämie, sowie die Verkalkungen der Carotis ohne hämodynamische Wirksamkeit.
05.05.02
40
2
Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades
Unterer Rahmensatz bei radiologischen Veränderungen, aber ohne erhebliche funktionelle Einschränkungen, berücksichtigt die behandelte Osteoporose
02.01.02
30
3
Zustand nach 2x-iger Beinvenenthrombose bei Blutgerinnungsstörung (heterozygote Faktor V Leiden Mutation)
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit, berücksichtigt die blutverdünnende Therapie.
05.08.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Hypercholesterinämie, Hyperurikämie - kein Therapiebedarf, die im Vorgutachten angeführte
Beinlängendifferenz lässt sich im Rahmen der Untersuchung nicht verifizieren.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Die Leiden des Vorgutachtens wieder Gesamtgrad der Behinderung werden übernommen.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und
Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und
warum?
Die vorliegenden Defizite am Bewegungsapparat sind auch in ihrem Zusammenwirken nicht maßgebend, um zu einer Unzumutbarkeit für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaft vorhandenen Mobilitätseinschränkung zu führen. Eine kardiopulmonale Belastbarkeit ist gegeben. Eine kurze Wegstrecke ist aus eigener Kraft ohne Hilfsmittel möglich; wenige Stufen können unter Zuhilfenahme eines Handlaufes überwunden werden. Ein maßgebliches psychisches, neurologisches oder intellektuelles Defizit kann nicht gefunden werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] JA Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 40 v.H.“
Mit Bescheid vom 05.11.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 28.05.2020 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab, da die Voraussetzungen nicht vorliegen würden. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die im Ermittlungsverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 30.10.2020 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage zum Bescheid übermittelt.
Mit E-Mail vom 10.12.2020 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 05.11.2020 folgenden Inhalts, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
„…
Anlässlich von Untersuchungen am 4.12.2020 wurden eine bis dato eine nicht bekannte Prae-Diabetes-Erkrankung, eine reaktive AC-Gelenkarthrose, eine Partialruptur der SSPS, eine degenerative Labrumläsion sowie ein Verdacht auf Osteoidosteom in der Spina scapulae festgestellt.
Beiliegend übersende ich Ihnen die Arztbestätigung und den zugehörigen Laborbefund zur Diabetes-Erkrankung sowie den Befund zu den restlichen Erkrankungen.
Zum Punkt Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möchte ich folgendes festhalten:
Es ist unbestritten, dass kurze Wegstrecken aus eigener Kraft ohne Hilfsmittel zurückgelegt werden können und wenige Stufen unter Zuhilfenahme eines Handlaufs überwunden werden können. Das Problem liegt aber darin begründet, dass mein Wohnsitz in einem kleinen Dorf außerhalb der Stadt XXX liegt und das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln sehr eingeschränkt ist. … Die Strecke von meinem Wohnort zum Busbahnhof XXX kann zu Fuß in einer Zeit von ca. 40 Minuten zurückgelegt werden.
Bedingt durch mein Bandscheibenleiden und die Erkrankung der rechten Schulter ist es mir nicht möglich, Einkaufstaschen oder ähnliche Gegenstände über diese Strecke ohne Zuhilfenahme eines Autos zu transportieren.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift des Beschwerdeführers“
Der Beschwerde wurden weitere aktuelle Befunde beigelegt.
Die belangte Behörde holte im Rahmen eines Beschwerdevorentscheidungsverfahrens ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten jenes Facharztes für Innere Medizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin, welcher das Gutachten vom 30.10.2020 erstellt hatte, unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 21.12.2020 ein, in welchem auf Grund der Aktenlage Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:
„…
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Untersuchungsgutachten 10/2020:
1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Hinterwandinfarkt - 40 vH
2. Funktionseinschränkung Wirbelsäule mittleren Grades - 30 vH
3. Zustand nach 2 × Beinvenenthrombose, Blutgerinnungsstörung - 20 vH
Gesamtgrad der Behinderung 40 VA.
Hausärztliche Bestätigung Dr. S. 12/2020:
Prä-Diabetes, Diätmaßnahmen, Medikation.
MRT Schulter rechts 12/2020:
AC-Arthrose, ansatznaher partial Ruptur SSP, degenerative Labrumläsion, hochgradiger Verdacht auf Osteoidosteom in der Spina scapulae
Einwendung des AS bezüglich Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel 12/2020:
er wohnt außerhalb der Stadt, die Anbindung an das Netz der öffentlichen Verkehrsbetriebe ist sehr eingeschränkt, die Wegstrecke bis nach Hause (ca. 40 Minuten ab dem Busbahnhof XXX) kann zu Fuß nicht zurückgelegt werden, er braucht immer ein Auto.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Xarelto 20 mg 1 × 1, Cenipres 10 mg/20 mg 2 × ½, Codilatrend 1 × ½, Dilatrend 12,5 mg 1 × 1, Calciduran 500 mg/800 IE 1 × 1, Plavix 1 × 1, Bezastat retard 400 mg, Pantoloc 40 mg, Ibandronsäure
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Koronare Herzerkrankung - Keine bis geringe Einschränkung der Herzleistung Signifikanter Herzkranzgefäßverengung (Intervention) Abglaufener Myocardinfarkt
Oberer Rahmensatz nach Hinterwandinfarkt bei 3-Gefäßerkrankung mit erfolgreicher Intervention, berücksichtigt die behandelte Hypertonie mit Fundus hypertonicus, die behandelte Hyperlipidämie, sowie die Verkalkungen der Carotis ohne hämodynamische Wirksamkeit.
05.05.02
40
2
Wirbelsäule, Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades
Unterer Rahmensatz bei radiologischen Veränderungen, aber ohne erhebliche funktionelle Einschränkungen, berücksichtigt die behandelte Osteoporose
02.01.02
30
3
Zustand nach 2x-iger Beinvenenthrombose bei Blutgerinnungsstörung (heterozygote Faktor V Leiden Mutation)
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da keine Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit, berücksichtigt die blutverdünnende Therapie.
05.08.01
20
4
Diabetes mellitus, Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Mittlerer Rahmensatz, berücksichtigt Diätmaßnahmen, Diabetes- Medikation
09.02.01
20
5
Schulter - Obere Extremitäten, Schultergelenk, Schultergürtel - Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig
02.06.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die Leiden 2-5 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Hypercholesterinämie, Hyperurikämie - kein Therapiebedarf, die im Vorgutachten angeführte
Beinlängendifferenz lässt sich im Rahmen der Untersuchung nicht verifizieren.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Die Leiden 1-3 werden aus dem Vorgutachten übernommen, die aktuellen Leiden 4 und 5 werden ergänzt.
Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und
Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und
warum?
Bereits im Vorgutachten wurde bei nicht maßgeblichen Defiziten am Bewegungsapparat, einer entsprechenden cardiopulmonalen Belastbarkeit, mangels psychischem, neurologischem oder intellektuelles Defizit die Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht attestiert, eine kurze Wegstrecke ist aus eigener Kraft ohne Hilfsmittel möglich. Auch nach Vorlage der aktuellen Befunde zeigt sich aktenmäßig kein Hinweis auf maßgebliche Einschränkungen in der Gesamtmobilität. Kardiopulmonale Erkrankungen liegen nicht vor. Psychische, neurologische und intellektuelle Defizite finden sich ebenso nicht. Somit ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zusammengefasst als zumutbar zu betrachten. Die für den AS unzureichender Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz kann leider nicht als Entscheidungskriterium herangezogen werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] JA Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.
GdB: 20 v.H.
[X] JA Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 40 v.H.“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.12.2020 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Das eingeholte Gutachten vom 21.12.2020 wurde dem Beschwerdeführer zusammen mit diesem Schreiben übermittelt.
Auf Antrag des Beschwerdeführers verlängerte die belangte Behörde die Frist für die Erhebung von Einwendungen im Rahmen des Parteiengehörs bis zum 16.02.2021.
Mit E-Mail vom 13.02.2021 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme folgenden Inhalts, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
„…
im Gutachten wird ausgeführt, dass keine maßgebliche Beeinflussung der koronaren Herzerkrankung durch die Diabeteserkrankung vorliegt. Verschiedene Studien belegen, dass Diabetes und Erkrankungen der Herz-Kreislausystems eng miteinander verbunden sind. Menschen mit Diabetes entwickeln 2-4x häufiger eine Herz-Kreislauferkrankung als Menschen ohne Diabetes.
…
Eine Reihe von Faktoren erhöhen das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten bei Diabetes. Zum einen schädigen die durch den Diabetes verursachten hohen Blutzuckerwerte die Gefäße.
Zum einen liegt das am Diabetes selbst. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel fördert Ablagerungen in den Gefäßen (Arteriosklerose). … Ein Herzinfarkt kann die Folge sein, was im vorliegenden Fall auch stattgefunden hat.
Es ist nicht richtig, dass zwischen einer koronaren Herzerkrankung und einer Diabeteserkrankung keine Beeinflussung vorliegt!
Zum Punkt Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möchte ich folgendes festhalten:
Es ist unbestritten, dass kurze Wegstrecken aus eigener Kraft ohne Hilfsmittel zurückgelegt werden können und wenige Stufen unter Zuhilfenahme eines Handlaufs überwunden werden können. Das Problem liegt aber darin begründet, dass mein Wohnsitz in einem kleinen Dorf außerhalb der Stadt XXX liegt und das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln sehr eingeschränkt ist.
Die Strecke von meinem Wohnort zum Busbahnhof XXX kann zu Fuß in einer Zeit von ca. 40 Minuten zurückgelegt werden.
Bedingt durch mein Bandscheibenleiden und die Erkrankung der rechten Schulter ist es mir nicht möglich, Einkaufstaschen oder ähnliche Gegenstände über diese Strecke ohne Zuhilfenahme eines Autos zu transportieren.
…
Mit freundlichen Grüßen
Name des Beschwerdeführers“
Aufgrund des Inhalts der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde abermals eine ergänzende Stellungnahme jenes Facharztes für Innere Medizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin, welcher die Sachverständigengutachten vom 21.12.2020 und vom 30.10.2020 erstellt hatte, ein. In dieser Gutachtensergänzung vom 02.03.2021 wird Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben, ausgeführt:
„…
Der AS legt in seiner Beschwerde vom 13.2.2021 medizinisch korrekt dar, dass ein manifester Diabetes in engem Zusammenhang mit der koronaren Herzkrankheit und dem Herzinfarkt steht.
Im Falle des AS liegt der ärztliche Befund der behandelnden Allgemeinmedizinerin vor, in welchem von einem Prä-Diabetes, Diät- und Medikationsbedarf die Rede ist. Jedoch ist keine Medikation angeführt, zudem gibt es keinen Hinweis auf eine unzureichend eingestellte Stoffwechsellage, aus welcher sich letztendlich eine maßgebliche wechselseitige Beeinflussung ableiten lassen könnte.
Bezüglich der neuerlichen Beanspruchung der mangelhaften Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz sei nochmals darauf verwiesen, dass diese Situation keinen Einfluss auf die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“ darstellt.
Nach nochmaliger Durchsicht aller Unterlagen kann eine Änderung des Gutachtens wird nicht empfohlen werden.“
Mit Bescheid vom 04.03.2021 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der sie die Beschwerde abwies, da mit einem Grad der Behinderung von 40% die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen würden. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die im Ermittlungsverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 21.12.2020 und die ergänzende Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen vom 02.03.2021 wurden dem Beschwerdeführer als Beilagen zum Bescheid übermittelt.
Mit E-Mail vom 19.03.2021 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Darin wird Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form dargestellt, ausgeführt:
„…
in Ergänzung zu den bereits übermittelten Unterlagen übersende ich Ihnen die Bestätigung von Frau Dr. M. S. zu dem o.a. Betreff und stelle gleichzeitig den Antrag, meine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Name des Beschwerdeführers“
Dem Vorlageantrag wurden weitere medizinische Unterlagen beigelegt.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 23.03.2021 die gegenständliche Beschwerde, den Vorlageantrag und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Mit E-Mail an die belangte Behörde vom 17.05.2021, dem erkennenden Gericht am 19.05.2021 nachgereicht, legte der Beschwerdeführer einen aktuellen Befund, datiert mit 11.05.2021, vor und führte dazu Folgendes aus:
„…
in Ergänzung zu den bereits übermittelten Unterlagen und Befunden übersende ich Ihnen einen Befund über eine multiparametrische MRT-Untersuchung vom 11.5.2021, durchgeführt vom Institut XXX.
Diese Untersuchung wurde aufgrund eines zweifachen Harnweginfekts Anfang Februar und einer anschließenden Prostataentzündung erforderlich. Der Befund des Urologen wird nach Erhalt nachgereicht.
Als Folge dieser Erkrankung tritt plötzlicher Harndrang auf, wodurch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel praktisch unmöglich wird.
Seit der Erkrankungen im Februar dieses Jahres sind auch vermehrt allgemeine Abgeschlagenheit und Müdigkeit sowie leichte Sehstörungen zu vermerken.
Mit freundlichen Grüßen
Name des Beschwerdeführers“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 28.05.2020 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:
1. Koronare Herzkrankheit, Koronare Herzerkrankung bei keiner bis geringer Einschränkung der Herzleistung mit signifikanter Herzkranzgefäßverengung (Intervention) und abgelaufenem Myocardinfarkt. Nach Hinterwandinfarkt bei 3-Gefäßerkrankung mit erfolgreicher Intervention und unter Mitberücksichtigung der behandelten Hypertonie mit Fundus hypertonicus, der behandelten Hyperlipidämie sowie der Verkalkungen der Carotis ohne hämodynamische Wirksamkeit;
2. Funktionseinschränkungen mittleren Grades der Wirbelsäule, bei radiologischen Veränderungen, aber ohne erhebliche funktionelle Einschränkungen, unter Mitberücksichtigung der behandelten Osteoporose;
3. Zustand nach zweimaliger Beinvenenthrombose bei Blutgerinnungsstörung (heterozygote Faktor V Leiden Mutation), keine Beeinträchtigung der Gelenksbeweglichkeit, unter Mitberücksichtigung der blutverdünnenden Therapie;
4. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, mit Diätmaßnahmen und Diabetes- Medikation;
5. Einseitige Funktionseinschränkung geringen Grades der Schulter rechts.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v.H.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 21.12.2020 (samt Ergänzung vom 02.03.2021), welches im Wesentlichen das Gutachten desselben Arztes vom 30.10.2020 und das Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.08.2020 bestätigt, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Antragstellung.
Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 40 v.H. vorliegt, gründet sich auf das oben wiedergegebene, auf einer vorhergehenden persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen basierendem medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 21.12.2020 (samt dessen Ergänzung vom 02.03.2021), welcher in seinem Gutachten im Wesentlichen das von ihm erstellte Gutachten vom 30.10.2020 und das Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.08.2020 bestätigt, jedoch auf Grundlage der vom Beschwerdeführer im weiteren Verlauf des Verfahrens weiter vorgelegten Befunde auch neue Funktionseinschränkungen in die Liste der Leidenszustände aufnimmt.
In den vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage persönlicher Untersuchungen und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß übereinstimmend, schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich jeweils getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden und unter Berücksichtigung der jeweils vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit dem oben vollständig wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der vom Facharzt für Innere Medizin sowie Arzt für Allgemeinmedizin und der Fachärztin für Innere Medizin sowie Ärztin für Allgemeinmedizin in ihren Gutachten vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret und substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten schlüsseln – unter konkreter Auflistung und Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen – konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.
Der Leidenszustand „Diabetes mellitus“ wurde erstmals im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung als nunmehriges Leiden 4 berücksichtigt, nachdem der Beschwerdeführer dieses Leiden erst im Zuge der Beschwerde mittels Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bestätigung vom 04.12.2020 und einem Laborbefund vom 01.12.2020 vorgebracht und belegt hatte. Diese Funktionseinschränkung wurde unter Berücksichtigung der vorgebrachten Diätmaßnahmen und der Diabetes-Medikation zutreffend der Positionsnummer 09.02.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. zugeordnet.
Ebenso wurde das Leiden 5 „Einseitige Funktionseinschränkung geringen Grades der Schulter rechts“ erstmals im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt, nachdem der Beschwerdeführer auch dieses Leiden erst im Zuge der Beschwerde vorgebracht und durch einen entsprechenden Befund vom 07.12.2020 belegt hatte. Auch diese Funktionseinschränkung wurde unter Berücksichtigung des objektivierten Ausmaßes zutreffend der Positionsnummer 02.06.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche einseitige Funktionseinschränkungen des Schultergelenkes und des Schultergürtels geringen Grades betrifft.
Die gegenständlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten sind auch nicht zu beanstanden, wenn sie eine besonders nachteilige wechselseitige Beeinflussung der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen oder das Vorliegen zweier oder mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen, im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung nicht gegeben sehen. Insoweit der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vom 13.02.2021 vorbringt, dass sehr wohl eine maßgebliche Beeinflussung der koronaren Herzerkrankung durch die Diabeteserkrankung vorliegen würde, führte der beigezogene Facharzt für Innere Medizin sowie Arzt für Allgemeinmedizin – als Begründung für seine diesbezügliche Feststellung im Gutachten vom 21.12.2020 – in seiner Gutachtensergänzung vom 02.03.2021 nachvollziehbar aus, dass im Hinblick auf den Prä-Diabetes keine Medikation angeführt sei und es insbesondere auch keinen Hinweis auf eine unzureichende Stoffwechsellage gebe, aus welcher sich eine maßgebliche wechselseiti