TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/29 W207 2239262-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.07.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W207 2239262-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Wien, vom 18.01.2021, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das Sozialministeriumservice (in der Folge auch als „belangte Behörde“ bezeichnet) holte im Zuge eines vormaligen Verfahrens ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung ein. In diesem Gutachten vom 23.10.2017 wurden die Funktionseinschränkungen 1. „Degenerative Gelenksveränderungen“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 von Hundert (v.H.) nach der Positionsnummer 02.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, und 2. „Arterieller Bluthochdruck mit Vorhofflimmern“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 05.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht erhöht wird, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. Zudem wurde dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar erachtet. Die Anträge des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Ausstellung eines Parkausweises für Behinderte wurden daraufhin mit den Bescheiden der belangten Behörde vom 23.10.2017 und vom 06.11.2017 abgewiesen.

Im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung holte die belangte Behörde wiederum ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 02.10.2018 ein. Darin wurden die vorliegenden Funktionseinschränkungen gleichlautend zum Vorgutachten beurteilt und eingeschätzt sowie festgestellt, dass im Vergleich zum Vorgutachten keine Änderungen eingetreten sind. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2018 abgewiesen. Über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gem. § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) wurde – aufgrund Fehlens der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ – nicht abgesprochen.

Am 06.08.2020 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen – den nunmehr verfahrensgegenständlichen - Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice. Dem Antrag legte er eine Erstinformation eines näher genannten Krankenhauses hinsichtlich einer Operation vom 16.07.2020 und Bescheide der Pensionsversicherungsanstalt, Landstelle Wien, vom 11.07.2018 betreffend Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 1 und vom 21.07.2020 betreffend die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 2 bei.

Mit Schreiben vom 18.08.2020 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde ersucht, aktuelle Befunde nachzureichen. Daraufhin legte der Beschwerdeführer am 01.09.2020 ein umfangreiches Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 30.11.2020 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.10.2020 sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:

„…

Anamnese:

Letztgutachten vom 1.10.2018 (deg. Gelenksveränderungen, Hypertonie/Vorhofflimmern), Gesamt-GdB 30%.

Intercurrent Kniegelenksersatz links 2019, Gastritis, Varizen.

Derzeitige Beschwerden:

"Inzwischen ist ein Diabetes mellitus dazugekommen, konkrete Befunde habe ich heute nicht mit. Eine Krücke verwende ich wegen Knieschmerzen. Ich habe auch einen Kniegelenksersatz links bekommen."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Xarelto, Co-Enac, Bisoprolol, Allopurinol.

Sozialanamnese:

Pensionist.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

2.3.2020 XXX: Varizen, Stripping nicht indiziert.

4.3.2020 XXX: Laborbefund.

15.11.2018 Histologie Befund Dr. A.: geringe Entzündung/Gastritis.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 171,00 cm Gewicht: 98,00 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status – Fachstatus:

KOPF, HALS:

Keine Stauungszeichen, keine Atemnot, weder in Ruhe, noch bei Bewegung im Zimmer, Pupillen unauffällig, Lidschluß komplett, kein Nystagmus. Sprache gut verständlich, kein inspiratorischer oder exspiratorischer Stridor.

THORAX / LUNGE / HERZ:

Sonorer Klopfschall, Vesiculäratmen, normale Atemfrequenz. Arrhythmische Herztöne, normofrequent.

ABDOMEN:

Weich, kein Druckschmerz, Peristaltik auskultierbar.

WIRBELSÄULE:

Endlagige Funktionseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Retroflexion.

Kann im Sitzen Hosenbeine hinaufziehen.

EXTREMITÄTEN:

Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff beidseits regelrecht und vollständig durchführbar, vollständiger Faustschluß beidseits, keine Muskelatrophien. Greiffunktion beidseits erhalten.

Hüftgelenke weitgehend frei beweglich, Kniegelenksersatz beidseits, rechts 0-0-90°, links 0-0-110°, Sprunggelenke weitgehend frei beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich, Einbeinstand wird durchgeführt. Zehen / Fersengang beidseits möglich. Varizen im US-Bereich, keine wesentliche Einschränkung der Gelenksbeweglichkeit, keine Ödeme, Fußpulse tastbar.

GROB NEUROLOGISCH:

Keine relevanten motorischen Defizite, keine Sensibilitätsstörungen angegeben, grobe Kraft seitengleich, gute und kräftige Vorfußhebung beidseits, kein Rigor, kein Tremor, Feinmotorik regelrecht. ASR, BSR mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Erscheint mit 1 Stützkrücke, nach selbstständigem Erheben ausreichend sicher und selbstständig, Schrittlänge etwas verkürzt, gering Schonhinken.

Status Psychicus:

Voll orientiert, kognitive Funktionen erhalten, Antrieb und Grundstimmung ausgeglichen, klar, strukturiert, Ductus durchgehend kohärent.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Gelenksveränderungen an den unteren Extremitäten, Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits

Unterer Rahmensatz, da endlagige-mäßige funktionelle Einschränkung, inkludiert auch Achillessehnen-OP rechts.

02.02.02

30

2

Hypertonie mit Vorhofflimmern

Fixer Rahmensatz.

05.01.02

20

3

Varikositas

1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Schwellungsneigung ohne wesentliche Einschränkung der Gelenksbeweglichkeit.

05.08.01

20

Gesamtgrad der Behinderung  30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch 2,3 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Gastritis erreicht bei sehr gutem Ernährungszustand keinen GdB.

Diabetes mellitus: durch aktuelle, aussagekräftige Facharztbefunde nicht belegt.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Neuaufnahme von Leiden 3. Das inzwischen implantierte Kniegelenk links findet sich in Leiden 1.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine Änderung im Gesamt-GdB.

[X] Dauerzustand

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

[X] JA  Die/Der Untersuchte ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule bei bestehenden degenerativen Abnützungen sowie Kniegelenksersatz beidseits vor welche die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, Kraft und Koordination sind - unter Verwendung allfälliger Hilfsmittel (wie z.B. einer Stützkrücke) - ausreichend erhalten. Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist nicht eingeschränkt. Es liegt auch keine wesentliche Einschränkung der kardiorespiratorischen Leistungsreserven vor, kognitive Funktionen sind in ausreichendem Maße erhalten, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein/Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

[X] JA    Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 20 v.H.

Begründung:

Kniegelenksersatz beidseits, Hypertonie.“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 30.11.2020 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Das eingeholte Gutachten vom 30.11.2020 wurde dem Beschwerdeführer zusammen mit diesem Schreiben übermittelt.

Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 21.12.2020 eine Stellungnahme folgenden Inhalts, hier in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:

„…

Laut Pensionsversicherungsanstalt bin ich zu Krank und habe daher auch nach einer Untersuchung die Pflegestufe 2 bekommen.

Es hat sich auch nicht, in der kurzen Zeit, mein Krankheitszustand geändert, er ist eher schlechter geworden. Durch meine Gehbehinderung ist es mir sehr schwer möglich mit dem Bus zu fahren da die Haltestelle in der XXXstraße ist und ich in die XXXgasse zu Fuß auch noch Bergauf gehen muss.

Ich bin jetzt 76 Jahre Alt um noch etwas besser Mobil zu sein würde ich den Behindertenparkschein jetzt benötigen und nicht wenn ich schon 80'bin und vielleicht in einen

Pflegeheim wohnen werde.

Ich Ersuche daher um Nachsicht mir den Behindertenparkschein auszustellen und mir meine vielleicht letzten Jahre noch mobiler gestalten zu können.

Danke

Name und Unterschrift des Beschwerdeführers“

Diesem Schreiben legte der Beschwerdeführer aktuelle medizinische Unterlagen, ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt, Landstelle Wien, betreffend die Bewilligung eines Aufenthaltes in einem näher genannten Rehabilitationszentrum vom 24.11.2020, eine Terminbestätigung eines näher genannten Rehabilitationszentrums bezüglich eines geplanten Aufenthaltes vom 02.12.2020 sowie den bereits vorgelegten Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landstelle Wien, vom 21.07.2020 betreffend die Gewährung des Pflegegeldes der Stufe 2 bei.

Aufgrund des Inhalts der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine ergänzende Stellungnahme jenes Arztes für Allgemeinmedizin, welcher das Gutachten vom 30.11.2020 erstellt hatte, ein. In dieser Stellungnahme vom 18.01.2021 wird, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, Folgendes ausgeführt:

„…

Einwendungen:

der Krankheitszustand sei "eher schlechter" geworden, durch die Gehbehinderung sei das Busfahren sehr schwer möglich. Den "Behindertenparkschein" würde der AW "jetzt benötigen", um "noch etwas besser mobil zu sein".

Befundnachreichung: 24.11.2020 Bewilligungsschreiben für Reha/PV in XXX.

25.11.2020 Aufenthaltsbestätigung XXX.

Zu den Einwendungen:

im Rahmen der Begutachtung wurden neben Anamneseerhebung, Würdigung aller vorliegenden, medizinisch relevanten Befunde und eingehender klinischer Untersuchung auch ausreichend Zeit und Raum für die umfassend geschilderten, subjektiven Beschwerden der Partei gewährt. Zur Erhebung eines GdB nach geltenden Richtlinien wurden alle medizinisch relevanten Fakten, vor allem tatsächlich vorliegende, funktionelle Einschränkungen, herangezogen und nach geltender EVO eingestuft.

Darüberhinaus wurden auch die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung ,,Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nach objektiven Kriterien geprüft. Die in der Stellungnahme angegebenen, subjektiven Empfindungen werden zur Kenntnis genommen, die erforderlichen Kriterien für die beantragte Zusatzeintragung lagen zum Untersuchungszeitpunkt jedoch nicht vor. Es resultiert daher keine Änderung im bereits festgestellten Untersuchungsergebnis. Abweichende, aktuelle und aussagekräftige Facharztbefunde liegen nicht vor.“

Mit Bescheid vom 18.01.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 06.08.2020 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab, da die Voraussetzungen für die Ausstellung nicht erfüllt seien. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage, sowie auf die ergänzend eingeholte Stellungnahme des Gutachters. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 30.11.2020 und die ergänzende Stellungnahme vom 18.01.2021 wurden dem Beschwerdeführer als Beilagen zum Bescheid übermittelt.

Der Beschwerdeführer brachte ohne Vorlage neuer Beweismittel mit E-Mail vom 01.02.2021 fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.01.2021 folgenden Inhalts – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – ein:

„…

Bei meinen Antrag vom 32.10.2017 (23916888300012) wurde mein Grad der Behinderung mit 30% als Voraussetzung abgelehnt

Jetzt nach mehr als 3 Jahren mit 2 Knieoperationen, Prostataoperation und Nabelbruchoperation und diversen Krankheiten

Wurde ich noch immer auf 30% Behinderung eingestuft.

Ich benötige einen Parkausweis da meine Bushaltestelle weiter entfernt ist und ich sehr schlecht gegen kann

Laut PVA Untersuchung ich auch Pflegebedürftig bin (Stufe 2) und Hilfe bei den täglichen Bedarf brauche

Name des Beschwerdeführers“

Die belangte Behörde legte am 03.02.2021 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 06.08.2020 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1.       Degenerative Gelenksveränderungen an den unteren Extremitäten, Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits, mit endlagig-mäßiger funktioneller Einschränkung und unter Mitberücksichtigung einer Achillessehnen-OP rechts;

2.       Hypertonie mit Vorhofflimmern;

3.       Varikositas, mit Schwellungsneigung und ohne wesentliche Einschränkung der Gelenksbeweglichkeit.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 30 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 30.11.2020 samt ergänzender Stellungnahme vom 18.01.2021 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Antragstellung.

Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 30 v.H. vorliegt, gründet sich auf das oben wiedergegebene, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen basierende medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.11.2020 samt ergänzender Stellungnahme vom 18.01.2021.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich jeweils getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem oben vollständig wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der durch den beigezogenen medizinischen Sachverständigen in seinem Gutachten vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret und substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt – unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen – konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers sind „Degenerative Gelenksveränderungen an den unteren Extremitäten, Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits“; letztere Funktionseinschränkungen in den Kniegelenken sind nicht Folge von Knorpel-, Band- oder Meniskusläsionen, sondern Folge der degenerativen Gelenksveränderungen. Der beigezogene Arzt für Allgemeinmedizin ordnete dieses Leiden daher nachvollziehbar und zutreffend dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu, welche generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades betrifft. Die Zuordnung des Leidens erfolgte entsprechend der im Rahmen der persönlichen Untersuchung festgestellten Beweglichkeit und Belastbarkeit – objektiviert werden konnte (lediglich) eine endlagig-mäßige funktionelle Einschränkung mit Beweglichkeit der Kniegelenke rechts von 0-0-90° und links von 0-0-110° – und ist aus diesem Grund auch nicht zu beanstanden.

Auch das Leiden 2 des Beschwerdeführers (Hypertonie mit Vorhofflimmern) wurde vom beigezogenen sachverständigen Gutachter im Rahmen der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt der Positionsnummer 05.01.02 zugeordnet, welche mäßige Hypertonien betrifft, wobei auch die Einschätzung dieses Leidenszustandes mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. – entsprechend dem fixen Rahmensatz – nicht zu beanstanden ist.

Ebenso ordnete der Gutachter das Leiden 3 des Beschwerdeführers (Varikositas) nachvollziehbar und zutreffend der Positionsnummer 05.08.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu, welche Funktionseinschränkungen des venösen und lymphatischen Systems leichten Grades betrifft. Die Zuordnung eine Stufe über dem unteren Rahmensatz erweist sich unter Berücksichtigung der Schwellungsneigung ohne wesentliche Einschränkung der Gelenksbeweglichkeit als zutreffend und ist aus diesem Grund nicht zu beanstanden.

Das gegenständlich eingeholte medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es eine besonders nachteilige wechselseitige Beeinflussung der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen oder das Vorliegen zweier oder mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen, im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung nicht gegeben sieht. Zwischen dem führenden Leiden und den Leiden 2 und 3 bestehen insbesondere keine maßgeblichen ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussungen, die sich iSd § 3 Abs. 3 der Einschätzungsverordnung besonders nachteilig aufeinander auswirken würden.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass auch den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, dass die Gastritis bei sehr gutem Ernährungszustand keinen Grad der Behinderung erreicht und der Diabetes mellitus nicht durch aktuelle, aussagekräftige Facharztbefunde belegt ist, zuzustimmen ist. Insbesondere legte der Beschwerdeführer auch im Rahmen der Beschwerde keine entsprechenden Befunde vor, die diesen Leidenszustand belegen würden.

Auch die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Stellungnahme vom 21.12.2020 nachgereichten medizinischen Unterlagen wurden einer Begutachtung durch den beigezogenen Arzt für Allgemeinmedizin unterzogen, der jedoch nachvollziehbar darlegte, dass diese keine Abweichungen von den bisher getroffenen Beurteilungen belegen.

Bezüglich der Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 21.12.2020, dass er laut Pensionsversicherungsanstalt zu krank sei und deshalb auch die Pflegestufe 2 erhalten habe, ist darauf hinzuweisen, dass die beim Beschwerdeführer vorliegenden Erschwernisse und Einschränkungen im alltäglichen Leben im gegenständlichen Verfahren keineswegs unberücksichtigt geblieben sind, sondern sich diese in dem Umstand spiegeln, dass ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt wurde. Abgesehen davon aber beruht die Einstufung durch die PVA auf völlig anderen Rechtsgrundlagen und kann daher nicht als taugliche Vergleichsgrundlage herangezogen werden.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, dass er seit seiner letzten Begutachtung vor mehr als drei Jahren mehrere Operationen und Krankheiten gehabt habe, aber dennoch wieder ein Grad der Behinderung von 30 v.H. eingeschätzt worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Durchführung von Operationen per se noch nicht als ausreichender Hinweis für das Vorliegen einer Funktionseinschränkung einschätzungsrelevanter Intensität gewertet werden kann, da das Ziel einer Operation naturgemäß in erster Linie die Behebung oder zumindest die Besserung eines bestehenden Leidenszustandes ist. Der Grad der Behinderung ergibt sich vielmehr aus den tatsächlich vorliegenden funktionellen Auswirkungen der jeweiligen Leidenszustände und ist unter Berücksichtigung dieser einzuschätzen.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Leiden wurden – wie oben bereits ausgeführt – nach den im Zuge der persönlichen Untersuchung objektivierten und durch Befunde belegten Funktionseinschränkungen eingeschätzt und im Rahmen der Anlage der Einschätzungsverordnung den jeweiligen Positionsnummern rechtsrichtig zugeordnet. Der beigezogene Gutachter schlüsselt auch konkret auf, welche Änderungen sich im Vergleich zum Vorgutachten ergeben haben. Das in der Zwischenzeit implantierte Kniegelenk links wurde in Bezug auf die aktuell vorliegende damit verbundene Funktionseinschränkung unter dem Leiden 1 des aktuellen Gutachtens mitberücksichtigt. Aufgrund der lediglich endlagig-mäßigen funktionellen Einschränkungen ergab sich aber keine Erhöhung des (Einzel)Grades der Behinderung. Auch die Neuaufnahme des Leidens 3 im aktuellen Gutachten bewirkt keine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung, da keine relevante ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. In Gesamtbetrachtung ist somit im Vergleich zum Vorgutachten keine Änderung – im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung – der bestehenden Leidenszustände eingetreten.

Insoweit in der Beschwerde aber in inhaltlicher Hinsicht auf die Frage der Ausstellung eines Parkausweises und somit auf die Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass Bezug genommen wird, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde (die Stellung eines solchen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist im Übrigen nicht aktenkundig) mit dem angefochtenen Bescheid nicht über die Vornahme einer solchen Zusatzeintragung im Behindertenpass, sondern (nur) über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abzusprechen hatte und auch nur über diesen Antrag abgesprochen hat. Die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass ist daher auch nicht Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde geht daher ins Leere.

Es wurden in Anbetracht obiger Ausführungen des Beschwerdeführers auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt, die die vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.11.2020 samt dessen ergänzender Stellungnahme vom 18.01.2021. Dieses medizinische Sachverständigengutachten samt Stellungnahme wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.“

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten des beigezogenen Arztes für Allgemeinmedizin vom 30.11.2020 samt ergänzender Stellungnahme vom 18.01.2021 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 30 v.H. beträgt.

Die getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher ausreichend plausibel die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber ausreichend belegte Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Wie bereits erwähnt, war die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass weder Gegenstand des vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheides vom 18.01.2021, noch ist sie daher Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im Übrigen beantragte weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W207.2239262.1.00

Im RIS seit

17.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten