Entscheidungsdatum
29.07.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W133 2240043-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Burgenland, vom 29.01.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.10.2020 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis), welcher nach dem Antragsformular auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt. Dem Antrag legte er ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
In der Folge gab das Sozialministeriumservice, Landstelle Burgenland (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet) ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 22.12.2020 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD II, Pleuraplaques beidseits - Verdacht auf Asbestose (DD: edelserpentinbedingt), größenstationärer Rundherd Oberlappen rechts
Oberer Rahmensatz, da Verschlechterung der Ventilation und Fortschreiten der Symptome.
06.06.02
40
2
Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, degenerativer Aufbrauch der Wirbelsäule mit multiplen Bandscheibenprotrusionen, Zustand nach künstlichem Hüftgelenksersatz rechts, Zustand nach multiplen Frakturen
Oberer Rahmensatz entsprechend dem Befundausmaß und mehrere Gelenke betroffen.
02.02.02
40
3
Hypertonie
Fixer Richtsatzwert bei Mehrfachmedikation.
05.01.02
20
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 um eine Stufe erhöht werde, da das Gesamtbild maßgeblich negativ beeinflusst werde. Darüber hinaus würden die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger“ vorliegen. Jedoch sei beim Beschwerdeführer trotz der COPD ohne Langzeitsauerstofftherapie und der Funktionseinschränkungen im Bereich Bewegungs- und Stützapparat das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet. Er könne Niveauunterschiede ausreichend sicher überwinden und eine kurze Wegstrecke von 300-400 Metern ausreichend sicher ohne Pause zurücklegen. Es seien auch ein ausreichend sicherer Stand und Gang und eine ausreichend gute körperliche Belastbarkeit gegeben. Zudem liege keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor. Aufgrund des künstlichen Hüftgelenksersatzes rechts und der Hypertonie liege eine Gesundheitsschädigung (Erkrankung des Verdauungssystems) im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung vor.
Das Sozialministeriumservice versendete am 23.12.2020 den Behindertenpass an den Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer ist nunmehr Inhaber eines ab 30.10.2020 gültigen Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“, „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“.
Mit Schreiben vom 23.12.2020 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme bezüglich der beantragten Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ ein. Das Gutachten vom 22.12.2020 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.
Der Beschwerdeführer erstattete zum Ergebnis der Beweisaufnahme keine Stellungnahme.
Mit Bescheid vom 29.01.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 30.10.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung nicht vorliegen würden, sowie auf die vom Beschwerdeführer nicht genützte Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen. Die belangte Behörde merkte darüber hinaus an, dass kein Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis) ausgestellt werden könne, weil die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorliegen würden.
Mit Schreiben vom 24.02.2021 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde beim Sozialministeriumservice gegen den Bescheid vom 29.01.2021 ein. Darin führt er aus, dass er mit dem Behindertenpass nicht viel anfangen könne, da er am Land wohne und die Bezirksstadt Oberwart, wo sich alle Fachärzte, Behörden und großen Einkaufszentren befinden würden, 17 km entfernt sei. Dahin würden nur Busse in mehrstündlichem Abstand verkehren, wobei sich der Fahrplan nicht nach seinen Terminen und umgekehrt richte und er die langen Wartezeiten bei jedem Wetter im Freien abwarten müsse, da die Lokale aufgrund der Corona-Vorschriften geschlossen seien. Taxifahrten seien auf Dauer zu teuer. Das Gesundheitszentrum und das Krankenhaus seien zudem ca. 1 km von der Haltestelle entfernt. Diese Entfernung schaffe er in seinem derzeitigen Zustand nicht. Da es mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gehe, habe er sich vor 4 Jahren ein Auto gekauft, in der Annahme, dass ihm ein Parkschein ausgestellt werden würde, der ihm die Parkplatzsuche erleichtere. Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer vor, dass ein Gutachter nicht über die Stärke der Schmerzen und über das Einsetzen von diesen urteilen könne. Der Beschwerdeführer könne zum Beispiel an einem Tag bei leichten Schmerzen mit seinem Hund eine halbe Stunde spazieren gehen und am nächsten Tag könnten dann starke Schmerzen im Steiß auftreten, wodurch die Beine taub werden würden und er die Schritte nicht mehr koordinieren könne. Dann brauche er eine Sitzgelegenheit bis der Zustand nach einigen Minuten wieder abflaue. Das spüre nur er und dazu brauche er nicht das Urteil eines Gutachters.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 03.03.2021 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am 30.10.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) und auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“.
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines ab 30.10.2020 gültigen Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und den Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“, „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“.
Mit Bescheid vom 29.01.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 30.10.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab.
Mit der gegenständlichen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD II, Pleuraplaques beidseits - Verdacht auf Asbestose (DD: edelserpentinbedingt), größenstationärer Rundherd Oberlappen rechts, Verschlechterung der Ventilation und Fortschreiten der Symptome;
2. Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, degenerativer Aufbrauch der Wirbelsäule mit multiplen Bandscheibenprotrusionen, Zustand nach künstlichem Hüftgelenksersatz rechts, Zustand nach multiplen Frakturen;
3. Hypertonie bei Mehrfachmedikation.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung bezüglich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegen nicht vor.
Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Trotz der COPD ohne Langzeitsauerstofftherapie und der Funktionseinschränkungen im Bereich des Bewegungs- und Stützapparates sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet. Niveauunterschiede können vom Beschwerdeführer ausreichend sicher überwunden werden und eine kurze Wegstrecke von 300-400 Metern kann ausreichend sicher ohne Pause zurückgelegt werden. Ein ausreichend sicherer Stand und Gang sowie eine ausreichend gute körperliche Belastbarkeit sind trotz der vorliegenden Funktionseinschränkungen gegeben.
Es liegen weiters keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor.
Es bestehen auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 22.12.2020 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Der Beschwerdeführer erhob in seiner Beschwerde keine konkreten und substantiierten Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten, welche geeignet wären, dieses zu entkräften; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen. Eine vom Gutachten abweichende Beurteilung erweist sich zum Entscheidungszeitpunkt als nicht möglich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages, die Ausstellung und Versendung des Behindertenpasses, den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29.01.2021 sowie den Inhalt der im vorliegenden Fall erhobenen Beschwerde basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 22.12.2020. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aktuell zumutbar ist. Es wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Die Feststellungen und die getroffene medizinische Beurteilung zu den Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel decken sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung und auch mit den vorliegenden Befunden.
Im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.12.2020 wurde folgender klinischer Status erhoben:
„Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
adipös
Größe: 168,00 cm Gewicht: 81,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput und Collum: Kopf frei beweglich, Hirnnervenaustrittspunkte frei, keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, Schilddrüse schluckverschieblich
Cor: Herztöne rhythmisch, rein, normofrequent
Lunge: gering spast. RG´s bds.
Bauch: weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung, Leber und Milz nicht beurteilbar bei Adipositas
Wirbelsäule: Klopfdolenz, Seitneigen und Rotation 1/3 eingeschränkt, FBA 20 cm
Thorax: symmetrisch
Gelenke: obere Extremitäten frei beweglich, Nacken-Kreuzgriff frei, Faustschluss bds. vollständig
Hüftgelenke: endlagige Bewegungseinschränkung beidseits, blande Narbe bei Z.n. H-TEP rechts
Kniegelenke: frei beweglich beidseits
obere Sprunggelenke: links frei beweglich, rechts endlagig eingeschränkt
Gesamtmobilität – Gangbild:
Gehen: frei, sicher, ohne Hilfsmittel, Zehen-, Fersen- und Einbeinstand bds. möglich, ausreichend sicherer Stand und Gang, ausreichende körperliche Belastbarkeit
Status Psychicus:
Allseits orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Gedankengang geordnet und zielführend.“
Die Beurteilung der ausreichenden Mobilität des Beschwerdeführers begründet die Gutachterin nachvollziehbar damit, dass trotz der COPD ohne Langzeitsauerstofftherapie und der Funktionseinschränkungen im Bereich Bewegungs- und Stützapparat das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet sind. Niveauunterschiede können ausreichend sicher überwunden werden und auch eine kurze Wegstrecke von 300-400 Metern kann ausreichend sicher ohne Pause zurückgelegt werden. Das Gehen im Rahmen der Untersuchung am 09.12.2020 war frei, sicher und ohne Hilfsmittel möglich. Auch die Ausführung des Zehen-, Fersen- und Einbeinstands waren beidseits möglich und es zeigte sich ein ausreichend sicherer Stand und Gang sowie eine ausreichend gute körperliche Belastbarkeit.
Der Beschwerdeführer bestritt in seiner Beschwerde auch nicht die getroffenen Feststellungen der von der belangten Behörde beigezogenen medizinischen Gutachterin. Insbesondere brachte er nicht vor, dass er eine kurze Wegstrecke von 300-400 Metern nicht zurücklegen könne oder ein sicheres Ein- und Aussteigen oder ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich sei. Er führt lediglich aus, dass ein Gutachter nicht die Stärke der Schmerzen und das Einsetzen von diesen beurteilen könne. In diesem Zusammenhang brachte er vor, dass er an einem Tag mit seinem Hund bei leichten Schmerzen eine halbe Stunde spazieren gehen könne und an einem anderen Tag starke Schmerzen im Steiß habe, die zu Taubheitsgefühlen in den Beinen führen würden, weshalb er sich dann einige Minuten hinsetzen müsse. Auch bei der persönlichen Untersuchung im Rahmen der Gutachtenserstellung am 09.12.2020 gab der Beschwerdeführer an, dass ihm das Zurücklegen einer Gehstrecke von ca. 30 Minuten möglich sei. Es ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine konkreten und substantiierten Einwendungen erhob, die ihm die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würden, und er legte hierzu auch keine aussagekräftigen Befunde vor. Aus dem Beschwerdevorbringen ist vielmehr ersichtlich, dass ihm das Zurücklegen von 30-minütigen Wegstrecken möglich ist.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, lange Wartezeiten und die Entfernung von der Haltestelle bis zum Gesundheitszentrum bzw. Krankenhaus können bei der Prüfung der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nicht berücksichtigt werden; diesbezüglich wird auf die entsprechenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
Die Feststellungen, dass beim Beschwerdeführer keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen und keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vorliegen, stützen sich ebenfalls auf das eingeholte Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 22.12.2020 bzw. wurden solche Einschränkungen vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
Es liegen somit beim Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt zusammengefasst keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen vor, welche die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung rechtfertigen würden.
Zusammenfassend wurden die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern berücksichtigt. Dass die beigezogene Gutachterin die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse – wie bereits dargelegt - nicht erkannt werden.
Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 22.12.2020. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
…
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
„§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…
…
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)..."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013). In diesem Zusammenhang geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass alle Fachärzte, Behörden und großen Einkaufszentren weit von seinem Wohnort entfernt seien und die Busse nur in mehrstündigen Abständen fahren würden, und dass das Gesundheitszentrum und das Krankenhaus weit von der Bushaltestelle entfernt seien, ins Leere.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) – (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
…
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
…
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
…
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
…“
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 22.12.2020 zu Grunde gelegt, wonach dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor, sowie auch keine Funktionseinschränkung des Immunsystems im Sinne der genannten Verordnung. Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt.
Trotz der COPD II ohne Langzeitsauerstofftherapie und der Funktionseinschränkungen im Bereich Bewegungs- und Stützapparat sind das sichere Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport gewährleistet.
Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden im gegenständlichen Verfahren keine Befunde vorgelegt, die das Gutachten entkräften würden. Das Gutachten erweist sich als richtig, vollständig und schlüssig.
Auch eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen in Bezug auf die geltend gemachten Funktionseinschränkungen ist nicht belegt. Nach den anzuwendenden Erläuterungen ist aber auch die Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin wäre hierfür nach den Erläuterungen nicht ausreichend.
Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer daher zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt als zumutbar zu erachten.
Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten offenkundigen Verschlechterung seines Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien haben zudem keine mündliche Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W133.2240043.1.00Im RIS seit
17.09.2021Zuletzt aktualisiert am
17.09.2021