TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/29 95/21/0746

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Veröffentlicht am 29.01.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/09 Internationales Privatrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1995 §2;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §12;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1993 §4 Abs1;
IPRG §4;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/21/0724 E 12. April 1997 95/21/0744 E 29. Jänner 1997 95/21/0745 E 29. Jänner 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. April 1995, Zl. 105.779/4-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 4. April 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführerin ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet gemäß § 12 Abs. 1 AufG bis zum 30. Juni 1994 gewährt worden sei. Da sie jedoch nunmehr kroatische Staatsangehörige sei, sei ihr Aufenthaltsrecht gemäß § 12 AufG erloschen, weshalb die Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 1 leg. cit. auf die Beschwerdeführerin nicht anwendbar sei. Sie hätte ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen. Damit sei auch auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführerin vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (mit 1. Juli 1993) eine Aufenthaltsberechtigung (nach dem Akteninhalt wurden ihr zunächst Sichtvermerke bis 30. November 1993 und schließlich am 12. November 1993 eine Berechtigung aufgrund der gemäß §§ 12, 13 AufG ergangenen Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 erteilt) zukam. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht daß die Beschwerdeführerin nicht mehr als Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina zu behandeln sei, weil sie "nunmehr" (offensichtlich aufgrund des nach der Aktenlage am 19. August 1993 ausgestellten kroatischen Reisepasses) kroatische Staatsangehörige sei.

Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführerin der kroatische Reisepaß zum Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltsberechtigung "gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz" am 12. November 1993 bereits ausgestellt worden war, verweist die Beschwerdeführerin zutreffend (sinngemäß) darauf, daß die belangte Behörde es unterlassen hat, Feststellungen über den Verlust der bosnisch-herzegowinischen Staatsbürgerschaft zu treffen. Nach dem Text der Verordnung BGBl. Nr. 402/1993 (insoweit gleichlautend auch die Verordnungen BGBl. Nr. 368/1994, BGBl. Nr. 1038/1994 und BGBl. Nr. 389/1995) gewährt Österreich bestimmten Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (§ 4 Abs. 1 der erstzitierten Verordnung). Wesentlich für das vorläufige Aufenthaltsrecht ist daher - neben den sonst normierten Voraussetzungen - das Vorliegen der Staatsbürgerschaft von Bosnien-Herzegowina, nicht aber der Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft, falls ein solcher aufgrund der Ausstellung eines Passes namens der Republik Kroatien im August 1993 überhaupt angenommen werden könnte. Schon im Hinblick auf die Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft bedarf daher der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung dahin, ob die Beschwerdeführerin die Staatsbürgerschaft Bosniens und der Herzegowina verloren hat, was in der vorliegenden Beschwerde bestritten wird (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1996, Zlen. 95/19/1939, 1940, 1941 und 95/19/1084).

Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 14. April 1995 hatte die belangte Behörde die Verordnung BGBl. Nr. 1038/1994 anzuwenden. Gemäß deren § 2 wäre die Beschwerdeführerin, welche nach dem Akteninhalt vor dem 1. Juli 1993 eingereist ist, bei aufrechtem Bestand der Staatsbürgerschaft Bosnien-Herzegowinas im Hinblick auf eine zwischenzeitlich erfolgte teilweise Integration bei der Erteilung von Bewilligungen im Rahmen der Übergangsregelung des § 13 AufG - unabhängig davon, ob sie nach ihrer Einreise eine andere Staatsbürgerschaft zusätzlich erworben hätte - bevorzugt zu berücksichtigen und auch zur Antragstellung im Inland berechtigt; dazu wird auf das hg. Erkenntis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0552 verwiesen.

Der bekämpfte Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995210746.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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