TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/29 95/16/0106

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Veröffentlicht am 29.01.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §183;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):95/16/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1. des AR in

W und 2. der HR in S, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten jeweils vom 7. Februar 1995, zu 1. Zl. GZ 220-6/94 und zu

2. GZ 219-6/94, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und die Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 3. August 1979 kauften der Erstbeschwerdeführer zwei Drittelanteile und die Zweitbeschwerdeführerin ein Drittelanteil einer näher bezeichneten Liegenschaft in Klagenfurt von Franz I. um insgesamt S 2,400.000,--.

Für diesen Erwerbsvorgang wurden mit Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt jeweils vom 10. Dezember 1979 dem Erstbeschwerdeführer ausgehend von zwei Dritteln des Kaufpreises (Grunderwerbsteuersatz 8 v.H.) Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 128.000,-- und der Zweitbeschwerdeführerin ausgehend von einem Drittel des Kaufpreises (Steuersatz 8.v.H.) Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 64.000,-- rechtskräftig vorgeschrieben.

Nach den auf Grund einer Anzeige geführten Ermittlungen vertrat das Finanzamt die Ansicht, der im Kaufvertrag genannte Kaufpreis entspreche nicht dem tatsächlich gezahlten. Das Finanzamt nahm die in Rede stehenden rechtskräftig abgeschlossenen Abgabenverfahren mit Bescheiden jeweils vom 12. April 1991 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und setzte dem Erstbeschwerdeführer gegenüber ausgehend von S 3,457.461,86 (zwei Drittel des Kaufpreises) Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 276.597,-- und der Zweitbeschwerdeführerin gegenüber ausgehend von S 1,728.730,93 (ein Drittel des Kaufpreises) Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 138.298,-- fest.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen bekämpften die beschwerdeführenden Parteien sowohl die Wiederaufnahme der Verfahren als auch die von dem ermittelten höheren Kaufpreis ausgehenden Festsetzungen der Grunderwerbsteuer. Dabei wurde insbesondere der Eintritt der Festsetzungsverjährung eingewendet und die Ansicht vertreten, die Beweiserhebung der Abgabenbehörde sei unvollständig und die Beweiswürdigung unschlüssig.

Nach Ergehen von Berufungsvorentscheidungen und dagegen gestellten Vorlageanträgen der beschwerdeführenden Parteien wies die belangte Behörde mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden die Berufungen gegen die Wiederaufnahme der Verfahren als unbegründet ab und gab den Berufungen hinsichtlich der Festsetzung der Grunderwerbsteuer insofern statt, als diese für den Erstbeschwerdeführer (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 2,720.000,--) auf S 217.600,-- und für die Zweitbeschwerdeführerin (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,360.000,--) auf S 108.800,-- abgeändert wurde. Im übrigen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Diese Bescheide stützen sich im wesentlichen auf gleichlautende Begründungen. Danach liege der vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt erhobene und durch Ermittlungen der Prüfungsabteilung Strafsachen des Finanzamtes Klagenfurt sowie des Landesgendameriekommandos für Kärnten ergänzte Sachverhalt vor, wonach der von den Vertragsteilen im Kaufvertrag angeführte Kaufpreis von S 2,400.000,-- nicht mit dem wahren Sachverhalt übereinstimmen könne. Wie sich aus den beschlagnahmten Kreditakten und den Bankbelegen ergebe, sei der Kauf der Liegenschaft größtenteils über Kreditaufnahmen bei der Hausbank der beschwerdeführenden Parteien finanziert worden. Nach den Angaben des Erstbeschwerdeführers sollte der Wert der Liegenschaft bankintern höher, als nach den tatsächlichen Verhältnissen gegeben, dargestellt werden, um so seine Kreditwürdigkeit zu verbessern. Der Erstbeschwerdeführer habe den damaligen leitenden Angestellten der Bank, Dr. S, beschuldigt, durch Bankbelege, Quittungen und diverse andere Aufzeichnungen eine derartige, nunmehr ihn belastende bankinterne Aktenlage geschaffen zu haben. Die Anschuldigungen des Erstbeschwerdeführers seien jedoch unglaubwürdig erschienen, weil es keinen Sinn ergebe, den Kaufpreis durch fingierte Belege gegenüber der Hausbank höher anzusetzen, wenn die Mittelaufbringung (auch jene für den höheren Kaufpreis) ebenfalls über Fremdmittel derselben Bank erfolgen sollte. Den beschwerdeführenden Parteien sei vorgehalten worden, in den angefochtenen Bescheiden näher bezeichnete Belege seien jeweils vom Verkäufer der Liegenschaft unterfertigt worden. Aus dem Beleg Nr. 5 gehe zweifelsfrei hervor, daß das darin genannte Sparbuch samt S 1,000.000,-- in bar an den Verkäufer ausgehändigt worden sei. Überdies könne aus allen diesen Belegen geschlossen werden, der Kaufpreis habe jedenfalls nicht S 2,400.000,-- betragen. Der Erstbeschwerdeführer habe sich dazu verantwortet, der Verkäufer habe unbedenklich und im vollen Vertrauen auf Dr. S im Bankinstitut Unterschriften geleistet. Daß der Verkäufer (von Beruf Verkaufsleiter) Bestätigungen über den Erhalt von Beträgen bzw. Sparbüchern in Millionenhöhe in der Kaufsache unbedenklich im vollen Vertrauen auf Dr. S unterfertigt habe, könne wohl der Erstbeschwerdeführer selbst nicht ernsthaft glauben. Diese Belege und Urkunden seien nicht, wie sich der Erstbeschwerdeführer in seiner am 17. Oktober 1990 an die Strafsachenstelle des Finanzamtes gerichteten Mitteilung ausgedrückt habe, "offenbar rechtswidrig aus dem Bestand der Bank entwendet oder im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem Gebührenamt zugespielt" worden. Auch die in den Berufungen vom 6. Mai 1991 getroffenen Feststellungen, daß "Kopien von Personen zugespielt worden seien, sie sich auch wegen Urkundenmanipulation in U-Haft befänden" (gemeint sei Dr. S), entspreche nicht den Tatsachen. Das Finanzamt habe sich in seiner Entscheidung auf Beweismittel und Urkunden gestützt, die den beschlagnahmten Kreditakten der Hausbank in Klagenfurt entnommen worden seien und vorwiegend im Original auflägen. Der Einwand der beschwerdeführenden Parteien, im gesamten Akt wäre kein einziges Bemühen der Behörde erkennbar, die Originale der Belege beizuschaffen, gehe daher ins Leere; ebenso die Behauptung, diese Belege gebe es im Original nicht oder "die Behörde habe irgendwelche Summen aus den manipulierten Kopien aufaddiert". Von den beschwerdeführenden Parteien seien jedoch zu den einzelnen Bankbelegen keine konkreten Aussagen getroffen worden. Sie seien nicht in der Lage, an der Echtheit und Richtigkeit der Belege Zweifel aufkommen zu lassen. Die von den beschwerdeführenden Parteien vorgebrachten Einwände, es handle sich um Kopien und Fälschungen, seien in keiner Weise konkretisiert oder erhärtet worden, sodaß auch der Verdacht einer teilweisen Kaufpreisverheimlichung damit nicht entkräftet werden könne. Die beschwerdeführenden Parteien stellten weiters einerseits die Richtigkeit der belastenden Belege entschieden in Abrede, andererseits aber argumentierten sie, die Belege seien tatsächlich in jener Form erstellt worden, "um der Hausbank gegenüber die Wertigkeit des Objektes höher darzustellen, damit die Kreditwürdigkeit gestärkt werde". Damit bestätigten sie selbst die Echtheit der Beweismittel. Es hätten weder die beschwerdeführenden Parteien noch der Verkäufer, der gleichfalls als Beschuldigter im Finanzstrafverfahren einvernommen worden sei, im Laufe des Verfahrens dem Finanzamt gegenüber die Art der Abstattung des Kaufpreises erläutert. Durch die Aussage des Verkäufers und des Erstbeschwerdeführers seien die dokumentierten Zahlungen und Geldflüsse nicht widerlegt worden. Ein Nachweis, daß die Ermittlungsergebnisse unrichtig wären, sei auch im Laufe des Berufungsverfahrens von den beschwerdeführenden Parteien niemals erbracht worden. Die beschwerdeführenden Parteien behaupteten einerseits, daß nur Dr. S in der Lage sei, die Rekonstruktion des von ihm administrierten Geldflusses vorzunehmen. Dr. S sei am 8. März 1991 von der Finanzstrafbehörde erster Instanz als Zeuge einvernommen und zu den näher bezeichneten Belegen sowie weiteren Aufzeichnungen ausführlichst befragt worden. Der Zeuge habe an der Richtigkeit und Echtheit der ihm vorgelegten Unterlagen nicht die geringsten Zweifel gehegt und ausgesagt, er sei weder im Besitz der Originale noch von Fotokopien. Andererseits behaupteten die beschwerdeführenden Parteien in der Berufung, die Aussage des wegen einschlägiger Delikte seit Wochen in U-Haft befindlichen Dr. S seien niemals geeignet, die beschwerdeführenden Parteien verwaltungsstrafrechtlich und "gebührenrechtlich" ernsthaft zu belasten. Dabei übersähen die beschwerdeführenden Parteien, daß sich die Höhe des tatsächlich vereinbarten Kaufpreises schon alleine aus den vom Verkäufer unterfertigten, in den Kreditakten der Bank aufliegenden Belegen über den Erhalt der Millionenbeträge bzw. Sparbücher ergebe und der Aussage des Dr. S vom 8. März 1991, die im übrigen klar und eindeutig sei, nicht jene Bedeutung beigemessen werde, daß dieser - wie es offensichtlich die beschwerdeführenden Parteien beantragten - nochmals einvernommen werden müßte.

In der Folge werden in den angefochtenen Bescheiden die vom Verkäufer unterfertigten Belege wie folgt dargestellt:

"1. Am 20. November 1979 hat((der Verkäufe)) bestätigt, der

    (Bank) in Klagenfurt ... S 1,000.000,-- für Teilzahlungen

    aus dem Kaufpreis gemäß Kaufvertrag vom 7. September 1979

    für die Liegenschaft in bar erhalten zu haben. Der Betrag

    in Höhe von S 1,000.000,-- wurde vom Konto ... lautend auf

    ... behoben und auf ein Treuhandkonto für (den Verkäufer)

    bei der (Bank) hinterlegt.

2.  Am 30. November 1979 bestätigt (der Verkäufer) gegenüber

    der (Bank), das Sparbuch Nr. ... mit einem Stand von

    S 1,000.000,-- Kaufsache B-Straße, (beschwerdeführende

    Parteien), Klagenfurt erhalten zu haben.

3.  Am 23. Jänner 1990 bestätigt (der Verkäufer) der (Bank) in

    Klagenfurt ... in Anrechnung auf den Kaufvertrag ...

    (Verkäufer) - (beschwerdeführende Parteien) wegen der

    Liegenschaft EZ ..., besichert durch eine unbefristete

    Bankgarantie, den Betrag von S 80.000,-- an Kapital und

    S 1.102,23 an Zinsen erhalten zu haben. Dieser Betrag wurde

    am 24. August 1979 am Sparbuch Konto Nr. ... veranlagt und

    die Zinsen von S 1.102,23 am 21. Jänner 1990 auf diesem

    Konto nachgetragen.

4.  Am 23. Jänner 1980 bestätigt (der Verkäufer) weiters der

    (Bank) in Klagenfurt ... in Anrechnung auf den Kaufvertrag

    ... (Verkäufer) - (beschwerdeführende Parteien) wegen der

    Liegenschaft EZ 57 ..., besichert durch eine unbefristete

    Bankgarantie, den Betrag von S 1,000.000,-- an Kapital und

    S 24.666,67 an Zinsen erhalten zu haben. Diese Beträge

    wurden ebenfalls am 21. Jänner 1980 dem Sparbuchkonto Nr.

    ... gutgeschrieben.

5.  Am selben Tag bestätigt (der Verkäufer) weiters den Erhalt

    von S 1,000.000,--. Auch dieser Betrag wurde dem Sparbuch

    ... am 21. Jänner 1980 gutgebracht.

Die Beträge in Höhe von S 1,000.000,-- (Z 4) und S 1,000.000,--

(Z 5) wurden zusammengefaßt und am 21. Jänner 1990 verbucht

(S 2,000.000,--).

Das Sparbuch mit der Kto Nr. ... lautend auf ... wurde am

23. Jänner 1980 samt Zinsen in der Höhe von S 423,89 aufgelöst."

Diese fünf vom Verkäufer eigenhändig unterfertigten, den Kreditakten der Bank entnommenen, vorwiegend im Original vorliegenden Belege und die Kopien aus den Sparbüchern stellten eindeutige Beweismittel dafür dar, daß der zwischen den Vertragsparteien vereinbarte und auch geleistete Kaufpreis für die Liegenschaft nicht wie im Kaufvertrag und in der Abgabenerklärung angegeben S 2,400.000,--, sondern mindestens S 4,080.000,-- (unter Außerachtlassung der gutgeschriebenen Zinsen) betragen habe.

Die beschwerdeführenden Parteien bestritten in ihren Stellungnahmen zwar die Richtigkeit und Echtheit dieser Belege, könnten jedoch keinen glaubhaften Gegenbeweis erbringen. In einem vom Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit P. (Hausbank) am 3. August 1979 unterfertigten Schreiben sei festgehalten worden, daß der Erstbeschwerdeführer nach Verbücherung der Kaufliegenschaft dem Verkäufer einen weiteren Betrag von

S 2,080.000,-- schulde. Am rechten oberen Rand dieses Schreibens befinde sich ein Vermerk "gesonderte Ablage". Der vom Finanzamt angezeigte Kaufvertrag weise neben der Unterschrift des Verkäufers dasselbe Datum, nämlich 3. August 1979 auf. Der Umstand, daß die Bank in dem am 24. August 1979 an den Rechtsanwalt gerichteten Schreiben darauf hingewiesen habe, der Kaufvertrag sei noch nicht datiert, beweise, daß der Verkäufer diesen Vertrag erst zu einem Zeitpunkt unterzeichnet haben könne, in dem ihm die schriftliche Bestätigung des Erstbeschwerdeführers, dieser schulde nach Verbücherung der Kaufliegenschaft dem Verkäufer noch einen weiteren Betrag von S 2,080.000,--, bereits bekannt gewesen sei. Dieser Zeitpunkt müsse nach dem 24. August 1979 gelegen sein. Die gegenüber der Geschäftsleitung der Hausbank abgegebene Erklärung vom 3. August 1979 habe der Erstbeschwerdeführer damit begründet, "daß diese für die Frage seiner Kreditreputation von Belang gewesen sei". Dies erscheine jedoch äußerst fragwürdig bzw. unglaubwürdig. Aus der Aktenlage ergebe sich daher, daß ein "offizieller" Kaufpreis von

S 2,400.000,-- (siehe Kaufvertrag vom 7. September 1979) und vor Unterfertigung des Kaufvertrages durch den Verkäufer noch ein weiterer, im Kaufvertrag nicht aufscheinender Kaufpreis in Höhe von S 2,080.000,-- vereinbart worden sei. Da jedoch nur ein Geldfluß zwischen dem Verkäufer und den beschwerdeführenden Parteien im Zusammenhang mit dem Liegenschaftserwerb in Höhe von S 4,080.000,-- eindeutig nachgewiesen werden könne, sei dieser Betrag der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrundezulegen gewesen. Wie das Finanzamt weiters erhoben habe, sei von den beschwerdeführenden Parteien bei einer (näher bezeichneten) Versicherung für das Wohnhaus eine Feuerversicherung mit Versicherungsbeginn 23. Dezember 1980 abgeschlossen worden. Versicherungsgegenstand sei das Gebäude zum Zeitwert gewesen. Die Versicherungssumme habe

S 6,000.000,-- betragen. Nach den Ermittlungen bei der Baubehörde sei mit der Revitalisierung des Gebäudes am 12. Mai 1980 begonnen worden. Die Begründung von Wohnungseigentum an den Liegenschaftsanteilen sei am 14. Dezember 1988 und ein teilweiser Verkauf des restaurierten Objektes erst im Februar 1992 erfolgt. Berücksichtige man nun den geringen zeitlichen Abstand zwischen dem Kauf der Liegenschaft und dem Baubeginn sowie dem Abschluß der Versicherung und ferner dem Umstand, daß das Wohnungseigentum erst Ende 1988 begründet und das restaurierte Objekt erst 1992 teilweise abverkauft worden sei, so könne durchaus daraus der Schluß gezogen werden, die Kaufliegenschaft habe bei Versicherungsbeginn Ende 1980 gegenüber dem Kaufpreis aus dem Jahre 1979 keine Wertsteigerung in der Höhe von S 3,600.000,-- aufgewiesen. Mit dem Hinweis, es habe sich bei der von der Behörde herangezogenen Versicherungssumme um eine Neuwertversicherung für das restaurierte Objekt gehandelt, könnten die beschwerdeführenden Parteien für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil sie dabei übersähen, daß das Gebäude zum Zeitwert versichert und mit dem auf Jahre erstreckten Umbau erst im Mai 1980 begonnen worden sei. Von der Bewertungsstelle des Finanzamtes sei der Einheitswert für die Kaufliegenschaft bestehend aus dem Grundstück und dem Haus zum 1. Jänner 1974 mit S 962.000,-- festgestellt worden. Der Wert der Baufläche sei mit S 1.200 pro Quadratmeter, des Gartengrundstückes mit

S 600,-- pro Quadratmeter angesetzt worden. Der Verkehrswert sei mit dem fünffachen Einheitswert zu ermitteln; dieser Wert entspreche auch den tatsächlich gezahlten Preisen für Vergleichsliegenschaften für in ähnlicher Lage gelegene Objekte. Bei Beachtung dieses Umstandes müsse der für die Liegenschaft ermittelte Gesamtkaufpreis von S 4,080.000,-- als angemessen, der von den beschwerdeführenden Parteien im Kaufvertrag erklärte Kaufpreis von S 2,400.000,-- jedoch als zu niedrig und nicht den Tatsachen entsprechend bezeichnet werden. Entgegen den von den beschwerdeführenden Parteien vertretenen Auffassungen sei in der BAO - zum Unterschied vom zivil- und strafgerichtlichen Verfahren - ein persönliches Befragungsrecht von Zeugen durch die Abgabepflichtigen oder ihre Vertreter (persönliche Gegenüberstellung von Steuerpflichtigen und Zeugen) nicht vorgesehen. Im übrigen sei den beschwerdeführenden Parteien durch die gewährte volle Akteneinsicht, zu der am 6. September 1990 ausführlich Stellung genommen worden sei, die zur Kenntnisbringung der Zeugenaussage des Dr. S vom 12. März 1991 und den umfassenden Vorhalt des Finanzamtes vom 13. Dezember 1993, mit dem die durchgeführten Erhebungen samt Angaben zum Wert der Liegenschaft mitgeteilt worden seien, hinreichend Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen bzw. Gelegenheit gegeben worden, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen sowie sich zu äußern.

Weiters wurde in den angefochtenen Bescheiden die Wiederaufnahme der Verfahren begründet. Zur Bemessungsverjährung führte die belangte Behörde aus, die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe habe nicht vor Ablauf des Jahres begonnen, in dem die Abgabenbehörde vom Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt habe. Dies sei erst dann gegeben, wenn die Abgabenbehörde vom steuerpflichtigen Erwerbsvorgang tatsächlich in einer Weise und einem Umfang Kenntnis erlangt habe, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden könne und demgemäß eine sachgerechte Festsetzung objektiv möglich sei. In den entschiedenen Fällen sei dies erst am 18. Mai 1990 gegeben gewesen. Die Wiedeaufnahmsbescheide seien am 12. April 1991 und somit vor Ablauf der Verjährung erlassen worden.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Durch die angefochtenen Bescheide erachten sich die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung bereits verjährter Abgabenansprüche sowie auf Durchführung der von ihnen angebotenen und beantragten Beweise ferner auf Gewährung eines abschließenden Gehörs verletzt.

Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und danach erwogen:

Die Beschwerden bekämpfen nur die Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer, nicht aber die Wiederaufnahme der Abgabenverfahren. Die Wiederaufnahme der Abgabenverfahren ist daher auch nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung.

Wenn die beschwerdeführenden Parteien zunächst die Ansicht vertreten, es seien im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Berufungsbescheide bereits mehr als 15 Jahre nach Entstehen des Abgabenanspruches verstrichen und daher sei bereits "absolute Verjährung" eingetreten, genügt es auf das an die beschwerdeführenden Parteien ergangene Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, 93/16/0026, 0027, betreffend Einleitung der Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Hinterziehung der Grunderwerbsteuer in der vorliegenden Angelegenheit hinzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit diesem Erkenntnis unter näherer Begründung der Rechtslage (auf diese wird verwiesen) ausgesprochen, daß bei den in den Beschwerdefällen in Rede stehenden Erwerbsvorgängen "der Lauf der Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgaben" nicht vor Ablauf des Jahres 1990 begonnen hat. Die Wiederaufnahme der Verfahren und Neufestsetzung der Grunderwerbsteuer erfolgte mit erstinstanzlichen Bescheiden vom 12. April 1991, die angefochtenen Bescheide wurden am 17. Februar 1995 zugestellt. Vom Eintritt der fünf- bzw. zehnjährigen Bemessungsverjährung nach § 207 Abs. 2 BAO kann daher bei der nicht vor Ablauf des Jahres 1990 begonnenen Verjährungsfrist keine Rede sein. Auch die 15-jährige "absolute Verjährung" (§ 209 Abs. 3 erster Satz BAO) ist nicht eingetreten. Die erstinstanzlichen Bescheide vom 12. April 1991 wurden innerhalb der 15-jährigen Verjährungsfrist erlassen. Der Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht nach § 209a Abs. 1 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, sodaß mit den erst im Jahre 1995 erlassenen Berufungsentscheidungen die Abgabenfestsetzung in den Berufungsentscheidungen vorgenommen werden konnte.

Wenn weiters gerügt wird, ein gesetzmäßiges Verfahren im Sinne der §§ 161 ff BAO sei überhaupt nicht durchgeführt worden, die belangte Behörde habe den Entscheidungen vielmehr nach rein finanzstrafrechtlichen Gesichtspunkten geführte Ermittlungen ohne jegliches weitere Abgabenermittlungsverfahren zugrundegelegt, dann wird damit eine Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt. Zunächst entspricht es nicht der Aktenlage, daß den Abgabenverfahren rein nach finanzstrafrechtlichen Gesichtspunkten geführte Ermittlungen zugrundegelegt wurden. Zu den Ermittlungen der Grundlagen für die Abgabenerhebung zählen nämlich unter anderem auch Vorhalte. Neben anderen Ermittlungen der Abgabenbehörde erging von dieser an die beschwerdeführenden Parteien der Vorhalt vom 13. Dezember 1993, mit dem den beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit gegeben wurde, zu den von der Behörde bis dahin aufgedeckten Finanzierungs- und Zahlungsflüssen Stellung zu nehmen. Abgesehen aber davon dürfen im Abgabenverfahren auch Beweismittel verwendet werden, die andere Behörden erhoben haben; eine unmittelbare Beweisaufnahme ist im Abgabenverfahren nicht erforderlich (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 1 zu § 183).

Soweit die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft wird, sind diese nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit des Denkvorganges als solchen handelt - hier handelt es sich vornehmlich um die Übereinstimmung mit den Erfahrungen des Lebens und mit den Denkgesetzen - und darum, ob das Verfahren in gesetzmäßiger Weise abgewickelt wurde. Der sogenannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Dieser Grundsatz hat nur zur Folge, daß die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese Regelung schließt keinesfalls eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind aber solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 549).

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird insbesondere auf Belege gestützt, in denen der Verkäufer durch seine Unterschrift den Erhalt von Teilzahlungen in bar oder von Sparbüchern im Ausmaß von insgesamt S 4,080.000,-- bestätigt. In den angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde nicht unschlüssig die Echtheit der Beweismittel begründet. Dagegen wird in der Beschwerde nichts Konkretes vorgebracht. Es wird vielmehr der Vorwurf erhoben, es habe kein Grund bestanden, von der von den beschwerdeführenden Parteien ausdrücklich beantragten ergänzenden und weit umfassenderen neuerlichen Vernehmung des Zeugen Dr. S Abstand zu nehmen, weil die Einbringung der Sachverhaltskenntnisse der mit der Abwicklung eines abgabepflichtigen Vorganges hauptsächlich betrauten Person wohl kaum unerheblich im Sinne des § 183 Abs. 3 BAO sein dürfte und eine ergänzende Vernehmung auch keinen unverhältnismäßigen Kostenaufwand bewirkt hätte. Dazu wird in den angefochtenen Bescheiden von der belangten Behörde ausgeführt, der Zeuge Dr. S habe an der Richtigkeit und Echtheit der ihm vorgelegten, den Erhalt von Geldbeträgen und Sparbüchern durch den Verkäufer bestätigenden Unterlagen nicht die geringsten Zweifel gehegt. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien sei die Aussage des wegen einschlägiger Delikte in U-Haft befindlichen Dr. S niemals geeignet, die beschwerdeführenden Parteien verwaltungsstrafrechtlich und "gebührenrechtlich" ernsthaft zu belasten. Die belangte Behörde führte in den angefochtenen Bescheiden aus, die Höhe des vereinbarten Kaufpreises ergebe sich schon alleine aus den vom Verkäufer unterfertigten Belegen und der Aussage des Dr. S werde keine entscheidende Bedeutung beigemessen. In den Beschwerden wird nun nicht näher dargelegt, aus welchen Gründen gerade dieser neuerlichen Einvernahme besondere Erheblichkeit zugekommen wäre. Damit ist aber von den beschwerdeführenden Parteien die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen über den Verkehrswert und über die Versicherungssumme der Liegenschaft dienen zur Abrundung des ermittelten tatsächlichen Kaufpreises der Liegenschaft. Der Vorwurf insofern bei den Ermittlungen mangelhaft vorgegangen zu sein, vermag der auf die angeführten anderen Beweise gestützte Beweiswürdigung der belangten Behörde insgesamt genausowenig zu schaden, wie die Interpretation der "Beilage 1 b)", aus der nach Ansicht der belangten Behörde hervorgehe, daß neben dem vertragsurkundlichen Kaufpreis ein zusätzlicher Betrag von S 2,080.000,-- geflossen sein müsse, nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien aber ein Widerspruch zum schriftlichen Kaufvertrag nicht bestehe, weil der gesamte Kaufpreis erst nach Verbücherung des Kaufvertrages zur Auszahlung an den Verkäufer gelangen sollte. Überdies ist im Beschwerdefall nicht erheblich, ob der Verkäufer oder vor diesem die beschwerdeführenden Parteien den Kaufvertrag unterfertigt haben. Alle diese Umstände sind nicht in der Lage, die Schlüssigkeit der insbesondere auf die Bestätigungen des Verkäufers gestützten Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erschüttern. Die Beschwerden erweisen sich auch insofern als nicht begründet.

Die beschwerdeführenden Parteien erachten ferner die Verletzung des rechtlichen Gehörs dadurch gegeben, daß in ihrer abschließenden Eingabe vom 28. Februar 1994 davon ausgegangen worden sei, es werde eine ergänzende Einvernahme des Zeugen Dr. S zumindest in den neu hervorgekommenen Punkten verfügt und die Stellungnahme daher gleichsam als Schlußwort zum gesamten Beweisergebnis vorbehalten. Damit stellen die beschwerdeführenden Parteien nicht in Abrede, daß ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Da die ergänzende Einvernahme des Zeugen Dr. S unterblieben ist, war mangels durchgeführter weiterer Ermittlungen es nicht erforderlich, die beschwerdeführenden Parteien neuerlich zur Stellungnahme aufzufordern. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.

Die Beschwerden erweisen sich aus den dargestellten Erwägungen als nicht begründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde hinsichtlich des Vorlageaufwandes für die Verwaltungsakten betreffend die Zweitbeschwerdeführerin war abzuweisen, weil diese Aktenvorlage gemeinsam mit der Gegenschrift und der Aktenvorlage des Erstbeschwerdeführers erfolgte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995160106.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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