Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des G in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 30. Mai 1994, Zl. St 101a/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Bundesrepublik Jugoslawien" und Angehöriger der albanischen Volksgruppe, beantragte am 20. Dezember 1993, daß festgestellt werde, er sei in seinem Heimatstaat im Sinne des § 37 Abs. 1 und 2 FrG bedroht. Dies begründete er zusammengefaßt damit, daß "allgemein bekannt sei", daß die albanische Volksgruppe im Kosovo von den Serben verfolgt und bedroht werde. "Es sei aus den Medien allgemein bekannt, welchen Behandlungen Kosovo-Albaner von den Serben ausgesetzt werden." Als ehemaliger Polizeischüler hätte er auf serbischer Seite gegen seine Glaubensbrüder in Bosnien kämpfen sollen. Er sei deshalb geflohen. Im Falle seiner Abschiebung bestünde die Gefahr, daß er festgenommen und "an vorderster Front von den serbischen Truppen im Krieg gegen die Moslems" eingesetzt würde.
Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. stellte fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in der "Bundesrepublik Jugoslawien" gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer zusammengefaßt geltend, es möge zwar stimmen, daß er nicht im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG bedroht sei, jedoch lägen stichhaltige Gründe vor, daß er im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei. Es sei "allgemein bekannt, daß die albanische Volksgruppe im Kosovo von den Serben verfolgt und bedroht" werde. Den UNO-Resolutionen des Sicherheitsrates sei zu entnehmen, daß es sich bei der jugoslawischen Volksarmee um einen rechtswidrigen "paramilitärischen" Verband handle, der überhaupt kein Recht mehr habe, wehrfähige Bürger zu rekrutieren. Als ehemaliger Polizeischüler habe der Beschwerdeführer seine Heimat verlassen müssen, um nicht auf serbischer Seite gegen seine Glaubensbrüder in Bosnien kämpfen zu müssen. Im Falle seiner Rückschiebung laufe der Beschwerdeführer Gefahr, in Jugoslawien einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden. Der Sicherheitsrat der UNO habe in seiner Resolution Nr. 757 (1992) ausdrücklich verurteilt, daß "die Behörden in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Monte Negro) keine wirksamen Maßnahmen getroffen haben, um die Forderungen der Resolution Nr. 752 aus dem Jahr 1992 (wonach Maßnahmen in bezug auf die Einheiten der jugoslawischen Volksarmee zu treffen seien, einschließlich deren Auflösung und Entwaffnung) zu erfüllen". In dieser Resolution sei auch mißbilligt worden, daß der Aufforderung der UNO "zur sofortigen Einstellung der gewaltsamen Vertreibung und der Versuche zur Änderung der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung nicht entsprochen" worden sei. Als Angehöriger einer ethnischen Minderheit sei der Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien von der dort betriebenen "ethnischen Säuberung" betroffen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 30. Mai 1994 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. November 1991 abgewiesen worden sei. Dieser Bescheid sei infolge Zurückziehung der Berufung am 2. Juli 1992 in Rechtskraft erwachsen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß er auf serbischer Seite gegen seine Glaubensbrüder in Bosnien hätte kämpfen müssen, stelle eine unbewiesene Behauptung dar. Es sei nicht nachvollziehbar, daß der Beschwerdeführer als Polizeischüler bzw. Polizeibeamter für die äußere Sicherheit eingesetzt worden wäre. Es sei auch kein Nachweis erbracht worden, daß der Beschwerdeführer zur Armee einberufen worden sei. Der Verweis auf die UNO-Resolutionen des Sicherheitsrates aus den Jahren 1991 und 1992 sei allgemein gehalten und lasse keine stichhaltigen Gründe für die Annahme erkennen, daß der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Jugoslawien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen wäre. Die Behauptung, daß er im Falle seiner Abschiebung "festgenommen und in vorderster Front von den Truppen im Krieg gegen die Moslems eingesetzt" werden würde, sei eine bloße Mutmaßung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
In Wiederholung seines Berufungsvorbringens macht der Beschwerdeführer ausschließlich geltend, er wäre im Falle seiner Abschiebung in seinen Heimatstaat im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht. Eine positive Erledigung eines Feststellungsantrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Fremde glaubhaft macht, daß er aktuell, also bei seiner Rückkehr in den von ihm bezeichneten Staat im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG gefährdet bzw. bedroht wäre (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0621, und vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0010). Dazu hat der Fremde von sich aus konkrete, durch Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben zu machen. Es ist erforderlich, daß der Fremde die für seine ihm drohende Verfolgung sprechenden Gründe unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig schildert. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die Gefahr, daß er "in vorderster Front von den serbischen Truppen im Krieg gegen die Moslems eingesetzt" werden würde, ausschließlich damit begründet, daß er sich "im wehrfähigen Alter" befinde. Weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde wird behauptet, daß der Beschwerdeführer bereits einen Einberufungsbefehl erhalten hätte oder ein solcher im Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatstaates unmittelbar zu erwarten gewesen wäre. Die nicht näher konkretisierte unbelegte Behauptung, daß in der Bundesrepublik Jugoslawien auf Desertion die Todesstrafe stehe (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 95/18/0529), stellt im übrigen eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar. Die nur allgemein gehaltene Aussage, es sei durch die (nicht näher konkretisierte) "Medienberichterstattung" allgemein bekannt, "welchen Maßnahmen Kosovo-Albaner in der Bundesrepublik Jugoslawien ausgesetzt" seien, entspricht nicht der durch die hg. Rechtsprechung geforderten konkreten Darlegung von stichhaltigen Gründen, daß der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in dem von ihm bezeichneten Staat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Diesem Erfordernis entspricht auch nicht der allgemeine Hinweis auf UNO-Resolutionen. Ein solcher vermag nicht ein konkretes Vorbringen zu ersetzen, aus dem sich stichhaltige Gründe dafür ergeben, daß der Beschwerdeführer (allenfalls wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe) einer individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG ausgesetzt sei.
Die vom Beschwerdeführer mit ergänzendem Schriftsatz vom 2. Jänner 1995 vorgelegte Vorladung vor das Gemeindegericht in Prizren vom 14. November 1994, wegen "Artikel 116 Abs. 1 Strafe gemäß Artikel 138" mußte als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides außer Betracht bleiben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995210146.X00Im RIS seit
20.11.2000