Entscheidungsdatum
16.06.2021Norm
KFG 1967 §57a Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 15. Februar 2021, Zl. ***, betreffend den Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 28. Februar 1992, Zl. ***, wurde Herrn A die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von folgenden Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, erteilt:
- Anhänger, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf und die ungebremst sind;
- Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h
- landwirtschaftliche selbstfahrende Arbeitsmaschine, mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h;
- Motorkarren mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h.
Es dürfen nur Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotoren wiederkehrend begutachtet werden.
Der Begutachtungsstelle wurde die Begutachtungsstellennummer *** zugewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 2021, Zl. ***, wurde die Herrn A erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in *** mit sofortiger Wirkung widerrufen.
In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
Am 25. Jänner 2021 seien bei einer Onlinerevision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung (Revisionszeitraum: 1.1.2020 bis 25.1.2021) in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt worden:
- Begutachtung Fahrzeugkategorie ohne Kontrolle der technischen Einrichtungen: schwerer Mangel
Es seien folgende Fahrzeuge mit Fremdzündungsmotor im Revisionszeitraum wiederkehrend begutachtet worden, obwohl keine Ermächtigung zur Begutachtung von Fahrzeugen mit Fremdzündungsmotor (Benzin) bestanden habe:
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,2Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 890 min-1
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,2Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 890 min-1
* Zugmaschine, Probekennzeichen, Fahrgestellnummer ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,1Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 210 ppm, Leerlaufdrehzahl: 910 min-1
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,1Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 210 ppm, Leerlaufdrehzahl: 910 min-1
* Motorkarren, Kennzeichen ***, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 0,98Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 800 min-1
Ob der erforderliche Benzinabgastester (Ziffer 10, HC-Messgerät, Ziffer 11, CO-Messgerät) gemäß den Vorschriften der PBStV in der Begutachtungswerkstätte vorhanden gewesen sei, habe nicht kontrolliert werden können.
Im Revisionszeitraum seien drei Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h wiederkehrend begutachtet worden und Gutachten erstellt worden. Hierfür seien neben einer Zusatzausbildung der geeigneten Person entsprechende Einrichtungen und Geräte wie Bremsenprüfstand groß (Ziffer 3 PBStV), eine Wiegeeinrichtung (Ziffer 8 PBStV), ein Spieldetektor (Ziffer 9 PBStV) sowie ein Trübungsmessgerät (Ziffer 13 PBStV) für die Abgasmessung erforderlich (LKW-Werkstätte):
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Mercedes Benz, Unimog 421, Gutachtennummer ***, Bauartgeschwindigkeit: 63 km/h, erstellt am
6. Oktober 2020
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Unimog 421, Gutachtennummer ***, Bauartgeschwindigkeit: 53 km/h, dieses Fahrzeug wurde am
21.Jänner 2020 und am 10.November 2020 wiederkehrend begutachtet und ein EBV-Gutachten erstellt
- Unrichtige Eintragungen im Gutachten: schwerer Mangel
Im Revisionszeitraum seien für insgesamt 219 Zugmaschinen (Fahrzeugklasse T) EBV-Gutachten erstellt worden, wobei bei der Fahrzeugklasse im Gutachten 35 Mal die Fahrzeugklasse T3 und 63 Mal die Fahrzeugklasse T4 angeführt war, obwohl es sich bei allen Fahrzeugen um solche der Fahrzeugklasse T1 handelte.
- Auffälligkeit bei den eingetragenen Messwerten: schwerer Mangel
Bei 15 Zugmaschinen sei bei der Abbremsung der Betriebsbremse ein Wert von mehr als 80% im Gutachten eingetragen worden, welche Werte aus technischer Sicht sehr unwahrscheinlich seien.
Die Behörde könne sich angesichts der zahlreichen am 25. Jänner 2021 festgestellten schweren Mängel derzeit nicht davon ausgehen, dass die Herrn A anvertraute hoheitliche Tätigkeit entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausgeübt werde.
Daran könnten auch die im Anschluss an die Revision ergriffenen Maßnahmen nichts ändern.
Das öffentliche Interesse an der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen und am Ausschluss nicht vertrauenswürdiger Personen von der Begutachtungstätigkeit gemäß § 57a Abs. 4KFG 1967 überwiege das wirtschaftliche Interesse des Ermächtigungsinhabers an der weiteren Ausübung der erteilten Ermächtigung. Die festgestellten schweren Mängel erforderten den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde wegen Gefahr im Verzug.
Dagegen hat Herr A mit Schriftsatz vom 11. März 2021 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung, gestellt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich aus den behördlichen Feststellungen keine derart gravierenden Verstöße ergeben hätten, die einen Entzug der Ermächtigung notwendig machten. Es fänden sich keine Feststellungen, dass die begutachteten Fahrzeuge objektiv nicht verkehrstauglich gewesen wären und daher bei einer wiederkehrenden Begutachtung keine Prüfplakette erhalten hätten. Es sei zwar im Zusammenhang mit den Begutachtungen zu Ungenauigkeiten gekommen, doch sei nicht festgestellt worden, dass von den betroffenen Fahrzeugen eine Gefahr ausgegangen wäre oder nicht.
Es habe nur eine Onlinerevision stattgefunden und sei die Begutachtungsstelle nicht vor Ort überprüft worden, sei überhaupt keine Aussage zu den in der Begutachtungsstelle vorliegenden Einrichtungen und Geräte getroffen worden. Der Beschwerdeführer habe umgehend die entsprechenden Maßnahmen gesetzt, um allen geforderten Maßnahmen und Vorgaben der Behörde zu entsprechen.
Gefahr im Verzug liege nicht vor und werde daher der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit Schreiben vom 12. März 2021 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die gegenständliche Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
Vorausgeschickt wird, dass hinsichtlich des Antrages, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, bereits mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 6. Mai 2021,
LVwG-AV-478/001-2021, entschieden wurde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 10. Juni 2021 gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Vorbringen der Beschwerdeführervertreterin, Einvernahme des Beschwerdeführers und des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen B sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und den Gerichtsakt.
Der Beschwerdeführer gab an, dass es richtig sei, dass er für die Begutachtung von Fahrzeugen mit Fremdzündungsmotor keine Ermächtigung habe, es im Betrieb auch keinen für die Begutachtung derartiger Fahrzeuge erforderlichen Benzinabgastester gebe. Er habe als Abgaswerte einfach Werte aus einem anderen Gutachten, welches von einer anderen Werkstätte für ein vergleichbares Fahrzeug ausgestellt worden war, abgeschrieben. Er habe die betreffenden Fahrzeuge ehemals verkauft und deshalb die wiederkehrenden Begutachtungen dafür übernommen.
Es sei richtig, dass er zwei Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h wiederkehrend begutachtet habe, obwohl er die dafür erforderlichen Einrichtungen und Geräte, wie Bremsenprüfstand, Wiegeeinrichtung, Spieldetektor, gar nicht habe. Er habe zwar ein Trübungsmessgerät, habe dies aber bei der Begutachtung dieser beiden Zugmaschinen gar nicht verwendet. Er habe gewusst, dass er derartige Fahrzeuge nicht begutachten dürfe und die erforderlichen Geräte dafür gar nicht habe, er habe die Kunden halt nicht abweisen wollen.
Es sei richtig, dass er in ganz vielen Fällen unrichtigerweise die Fahrzeuglassen T3 und T4 eingetragen habe, obwohl es sich richtigerweise um die Fahrzeugklasse T1 gehandelt habe. Er habe nicht so genau Bescheid gewusst und sich erst nach der verfahrensgegenständlichen Revision genau damit befasst. Er habe gar nicht gewusst, dass er bei Fahrzeugen über 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht die Fahrzeugdokumente (Typenschein) für die wiederkehrende Begutachtung brauche. In vereinzelten Zulassungsscheinen seien falsche Fahrzeugklassen vermerkt, in der Mehrzahl aber habe er falsche Eintragungen gemacht und diese auch zu verantworten.
Bezüglich der beanstandeten Bremswerte habe er in sämtlichen Fällen statt der mittleren Bremsverzögerung die maximale Bremsverzögerung eingetragen.
Er habe im Jahr 2019 die letzte verpflichtende periodische Weiterbildung absolviert, er habe keine Weiterbildungen auf freiwilliger Basis besucht.
Der kraftfahrzeugtechnische Amtssachverständige erstattet folgendes Gutachten:
„Am 25. Jänner 2021 wurde ein Revisionsversuch bei der Firma D durchgeführt, da in der Prüfstelle keiner zugegen war, wurde vom Sachverständigen eine sogenannte Onlinerevision durchgeführt, das heißt, er hat über die zentrale Begutachtungsplakettendatenbank die Gutachten, welche Herr A ausgestellt hat, auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit überprüft. Bei dieser Kontrolle wurden einige Mängel festgestellt, welche im gegenständlichen Revisionsgutachten zusammengefasst wurden. Herr A hat vier Zugmaschinen und einen Transportkarren positiv nach § 57a überprüft. Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich um Fahrzeuge mit Fremdzündungsmotor, bei diesen Fahrzeugen braucht man nicht nur eine entsprechende Ermächtigung des Amtes der NÖ Landesregierung, sondern auch ein geeignetes Messgerät, in diesem Fall einen Benzinabgastester, der jährlich zu kalibrieren (Anlage 2a der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung). Ist das Gerät nicht vorhanden, können diese Fahrzeuge aus technischer Sicht nicht begutachtet werden, da eine wesentliche Prüfung, nämlich die der Abgase fehlt.
Zu den Fahrzeugen Unimog Kennzeichen *** bzw. ***: Bei diesen handelt es sich um die Marke Mercedes Benz, Handelsname bzw. Typ Unimog 421 mit jeweils 63 bzw. 53 km/h Bauartgeschwindigkeit. Für diese Fahrzeugklassen ist eine reine Zugmaschinenermächtigung bis 50 km/h nicht ausreichend, man braucht für diese Fahrzeugklasse, das heißt Zugmaschinen über 50 km/h, auf alle Fälle gemäß PBStV Anlage 2a einen entsprechenden Spieldetektor, einen großen Bremsenprüfstand, der kalibriert ist, eine kalibrierte Wiegeeinrichtung und auch ein geeignetes Trübungsmessgerät, das ebenfalls jährlich zu kalibrieren ist. In diesem Fall war laut Herrn A nur das Prüfungsmessgerät vorhanden, die anderen Prüfgeräte sind im Betrieb offensichtlich nicht vorhanden. Für eine ordnungsgemäße Prüfung sind diese Geräte jedoch notwendig und auch einzusetzen.
Es wurde weiters festgestellt, dass in 98 Fällen die Fahrzeugklasse falsch eingetragen wurde. Es ist durchaus möglich, dass in einzelnen Fällen im Zulassungsschein eine falsche Fahrzeugklasse eingetragen ist. Bei Fahrzeugen über 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht ist es jedoch auf alle Fälle notwendig, zur Begutachtung das Fahrzeuggenehmigungsdokument zu haben bzw. vom Zulassungsbesitzer vorgelegt zu bekommen. (Es wurden etliche Fahrzeuge über 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht begutachtet.)
Bei der vorher zitierten Revision wurde auch festgestellt, dass in zahlreichen Fällen die Abbremsung die in den Gutachten eingetragenen Abbremswerte erreicht hat, die aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar sind. Von Herrn A wurde zu diesem Sachverhalt angegeben, er hätte statt der vorgeschriebenen mittleren Verzögerung die Maximalverzögerung in die Gutachten eingetragen. Bei einer derartigen Bremsenprüfung ist vorgeschrieben, dass der Messwert der mittleren Verzögerung oder der mittleren Vollverzögerung für die Beurteilung des Fahrzeuges heranzuziehen ist. Die mittlere Verzögerung oder die mittlere Vollverzögerung liegen auf alle Fälle unter dem Wert der Maximalverzögerung und ist ausschließlich diese für die Beurteilung der Mindestverzögerung und für die Beurteilung, ob das Fahrzeug positiv oder negativ ist, heranzuziehen.
Über Befragen durch die Beschwerdeführervertreterin:
Es ist so, dass für die Beurteilung, ob das Fahrzeug ein ausreichendes Bremsvermögen hat, auf alle Fälle die mittlere bzw. die mittlere Vollverzögerung zu errechnen ist, da die Grenzwerte nur auf diese Werte abstellen.
Über weiteres Befragen durch die Beschwerdeführervertreterin:
Es ist wichtig, dass bei der Begutachtung bzw. beim Eintragen in die elektronische Begutachtungsverwaltung die richtige Fahrzeugklasse eingetragen wird, da natürlich der Prüfumfang zwischen Fahrzeugklassen unterschiedlich sein kann.
Über weiteres Befragen durch die Beschwerdeführervertreterin:
Wie bereits vorher ausgeführt ist es so, dass über 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht auf alle Fälle das Fahrzeuggenehmigungsdokument vom Besitzer oder Zulassungsbesitzer vorzulegen ist. In diesen ist die Fahrzeugklasse üblicherweise richtig eingetragen. Sollte auffallen, dass diese falsch ist, muss entweder die richtige Klasse in das Gutachten eingetragen werden oder der Zulassungsbesitzer darauf aufmerksam gemacht werden, dass dies im Rahmen einer Änderung ins Fahrzeugdokument richtig eingetragen wird.
Vor einigen Jahren sind die Zulassungen noch so durchgeführt worden, dass die Fahrzeugklassen von der Zulassungsstelle direkt eingetragen wurden und bei dieser Eintragung natürlich Fehler passieren können, deswegen ist es ja aus meiner Sicht wichtig auch das Genehmigungsdokument zu haben. Vorgeschrieben ist diese Vorgangsweise jedenfalls bei Fahrzeugen über 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht. Der Prüfumfang - rein auf die Zugmaschinenklasse T bezogen -ändert sich auf alle Fälle mit der zulässigen Bauartgeschwindigkeit. Über 50 km/h Bauartgeschwindigkeit gilt nicht nur ein weiterer Prüfumfang, sondern sind auch entsprechende Geräte (wie in Punkt Mercedes Benz Begutachtung beschrieben) erforderlich.
Der Prüfumfang ändert sich bei der Fahrzeugklasse T - wie bereits vorher beschrieben - bei Zugmaschinen über 50 km/h Bauartgeschwindigkeit.“
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu wie folgt erwogen:
Folgende Feststellungen werden der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 28. Februar 1992, Zl. ***, wurde Herrn A die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von folgenden Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, erteilt:
- Anhänger, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf und die ungebremst sind;
- Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h
- landwirtschaftliche selbstfahrende Arbeitsmaschine, mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 30 km/h;
- Motorkarren mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h.
Es dürfen nur Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotoren wiederkehrend begutachtet werden.
Der Begutachtungsstelle wurde die Begutachtungsstellennummer *** zugewiesen.
Am 25. Jänner 2021 wurden bei einer Onlinerevision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung (Revisionszeitraum: 1.1.2020 bis 25.1.2021) in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt:
- Begutachtung Fahrzeugkategorie ohne Kontrolle der technischen Einrichtungen: schwerer Mangel
Es wurden folgende Fahrzeuge mit Fremdzündungsmotor im Revisionszeitraum wiederkehrend begutachte, obwohl keine Ermächtigung zur Begutachtung von Fahrzeugen mit Fremdzündungsmotor (Benzin) bestanden hat:
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,2Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 890 min-1
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,2Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 890 min-1
* Zugmaschine, Probekennzeichen, Fahrgestellnummer ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,1Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 210 ppm, Leerlaufdrehzahl: 910 min-1
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Kawasaki, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 1,1Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 210 ppm, Leerlaufdrehzahl: 910 min-1
* Motorkarren, Kennzeichen ***, Gutachtennummer: ***, im Gutachten eingetragene Werte: CO bei Leerlaufdrehzahl: 0,98Vol%, HC bei Leerlaufdrehzahl: 205 ppm, Leerlaufdrehzahl: 800 min-1
Der erforderliche Benzinabgastester war in der Begutachtungswerkstätte nicht vorhanden, der Beschwerdeführer hat ohne Durchführung einer Abgasmessung Fantasiewerte in die Gutachten eingetragen.
Im Revisionszeitraum wurden zwei Zugmaschinen mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h wiederkehrend begutachtet und Gutachten erstellt. Die dafür erforderliche Zusatzausbildung der geeigneten Person, die entsprechenden Einrichtungen und Geräte wie Bremsenprüfstand groß (Ziffer 3 PBStV), eine Wiegeeinrichtung (Ziffer 8 PBStV), ein Spieldetektor (Ziffer 9 PBStV) sind nicht vorhanden. Ein Trübungsmessgerät (Ziffer 13 PBStV) für die Abgasmessung erforderlich ist zwar vorhanden, wurde jedoch nicht verwendet:
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Mercedes Benz, Unimog 421, Gutachtennummer ***, Bauartgeschwindigkeit: 63 km/h, erstellt am 6. Oktober 2020
* Zugmaschine, Kennzeichen ***, Unimog 421, Gutachtennummer ***, Bauartgeschwindigkeit: 53 km/h, dieses Fahrzeug wurde am 21.Jänner 2020 und am 10.November 2020 wiederkehrend begutachtet und ein EBV-Gutachten erstellt.
- Unrichtige Eintragungen im Gutachten: schwerer Mangel
Im Revisionszeitraum wurden für insgesamt 219 Zugmaschinen (Fahrzeugklasse T) EBV-Gutachten erstellt, wobei bei der Fahrzeugklasse im Gutachten 35 Mal die Fahrzeugklasse T3 und 63 Mal die Fahrzeugklasse T4 angeführt war, obwohl es sich bei allen Fahrzeugen um solche der Fahrzeugklasse T1 handelte.
- Auffälligkeit bei den eingetragenen Messwerten: schwerer Mangel
Bei 15 Zugmaschinen wurde bei der Abbremsung der Betriebsbremse die maximale anstatt der mittleren Bremsverzögerung in den Gutachten eingetragen
Zu diesen Feststellungen gelangte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden, anlässlich der Revision beanstandeten, vom Beschwerdeführer ausgestellten Gutachten sowie dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen.
Der Beschwerdeführer ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten.
In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
§ 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) lautet:
Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.
Gemäß § 57a Abs. 2a leg. cit. hat der Landeshauptmann regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.
Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, VwGH 8. September 2016, Ra 2014/11/0082).
Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).
Der VwGH hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).
Wie oben dargelegt, hat der Beschwerdeführer - obwohl er nicht im Besitz einer Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen mit Fremdzündungsmotor war – fünf Fahrzeuge mit Fremdzündungsmotor wiederkehrend begutachtet und positive Gutachten gemäß § 57a KFG 1967 für diese Fahrzeuge ausgestellt. Indem der Beschwerdeführer darüber hinaus nicht über den erforderlichen Benzinabgastester verfügte, wurden betreffend diese Fahrzeuge keine Abgastests durchgeführt und hat der Beschwerdeführer erfundene Werte in die Gutachten eingetragen.
Weiters stellte er positive Gutachten für zwei Fahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h aus, ohne über die dafür erforderlichen Geräte (Bremsenprüfstand groß, Spieldetektor, Wiegeeinrichtung) zu verfügen bzw. ohne diese zu verwenden (Trübungsmessgerät).
Dieses Verhalten zeugt von auffallender Ignoranz gegenüber den rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen, die bei der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen einzuhalten sind. Die wiederholte wiederkehrende Begutachtung von Fahrzeugen, ohne überhaupt eine Abgasmessung vorzunehmen und ohne die erforderliche Ermächtigung inne zu haben sowie die zweimalige wiederkehrende Begutachtung ohne überhaupt die dafür erforderlichen Geräte zu besitzen bzw. zu verwenden, ist nicht mit einem mit den rechtlichen Werten verbundenen Persönlichkeitsbild in Einklang zu bringen.
Indem der Beschwerdeführer in 98 Fällen falsche Fahrzeugklassen (T3 und T4) anstelle richtigerweise Fahrzeugklasse T1 in den Gutachten eingetragen hat und zugesteht, darüber nicht genau Bescheid gewusst zu haben und selbst in der Beschwerdeverhandlung zugeben musste, gar nicht zu wissen, dass er für die wiederkehrende Begutachtung von Fahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen die Fahrzeuggenehmigungsdokumente brauche, zeigen sich eklatante Wissenslücken, die der Beschwerdeführer nicht einmal bis zur Beschwerdeverhandlung schließen konnte. So gab der Beschwerdeführer auch an, die letzte verpflichtende periodische Weiterbildung im Jahr 2019 absolviert zu haben, keinerlei freiwillige Weiterbildungen seither besucht zu haben.
Schwer wiegen auch die inkorrekten Bremswerte in 15 Gutachten, indem fälschlicherweise Maximalverzögerungswerte anstelle der richtigerweise einzugebenden mittleren Bremsverzögerung bzw. mittleren Vollverzögerung bei der Abbremsung der Betriebsbremse von 15 Zugmaschinen eingetragen wurden.
Dass beschwerdeführerseits die Fehlleistungen bei den wiederkehrenden Begutachtungen als „Ungenauigkeiten“ (Beschwerdeschrift Seiten 3 6. Absatz und Seite 5 1. Absatz) bzw. „Übertragungsfehler im System“ (Beschwerdeschrift Seite 5 4. Absatz) verharmlosend dargestellt werden, runden das Bild eines eklatant sorglosen Umganges mit der erteilten Ermächtigung noch ab.
Bei der gebotenen Beurteilung des auf Grund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers gewonnenen Persönlichkeitsbildes kann somit aber nicht gesagt werden, dass er (derzeit) die spezifische Vertrauenswürdigkeit aufweist. Es wurden auch zwischenzeitig keinerlei betriebliche Maßnahmen getroffen, die für die Wiederherstellung der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit sprechen würden.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gelangt daher zusammenfassend zur Ansicht, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Gewerbetreibende die ihm zu übertragenden Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere sowie nicht übermäßige Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen – ausübt. Die Vertrauenswürdigkeit ist nach wie vor nicht gegeben und somit auch von einer negativen Prognose auszugehen.
Die beantragte Durchführung eines Lokalaugenscheines konnte unterbleiben, indem beschwerdeführerseits nicht dargetan wurde, welche Erkenntnisse dadurch gewonnen hätten werden können, hat der Beschwerdeführer doch selbst zugestanden, die im Gegenstand erforderlichen Geräte gar nicht zu besitzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068).
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrzeug-Überprüfung; wiederkehrende Begutachtung; Ermächtigung; Widerruf; Vertrauenswürdigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.478.002.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021