Entscheidungsdatum
07.07.2021Norm
KFG 1967 §57a Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch die Rechtsanwaltspartnerschaft B, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 21. Jänner 2021, ***, betreffend den Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 30. August 2010, ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von folgenden Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, erteilt. Der Begutachtungsstelle wurde die Begutachtungsstellennummer *** zugewiesen.
Der Ermächtigungsumfang lautet wie folgt:
1 Kraftrad
Motorfahrrad L1e
Dreirädrige Kleinkrafträder L2e FZ SZ
Motorrad L3e FZ SZ
Motorrad mit Beiwagen L4e FZ SZ
Motordreirad L5e FZ SZ
2 Kraftwagen (jeweils hzG)
Vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge L6e FZ SZ
Vierrädrige Kraftfahrzeuge L7e FZ SZ
2.1 Kraftwagen zur Personenbeförderung
PKW/Kombi bis 2800 kg M1 FZ SZ
Omnibus bis 2800 kg M2 FZ SZ
2.2 Kraftwagen zur Güterbeförderung
Lastkraftwagen bis 2800 kg N1 FZ SZ
Kraftwagen, die nicht unter Punkt 2.1, Punkt 2.2 und Punkt 4 (Sonstige) fallen, über 50 km/h Bauartgeschwindigkeit (abgeleitete Fahrzeuge, Spezialkraftwagen, selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Sonderkraftfahrzeuge)
bis 2800 kg FZ SZ
3 Anhänger
bis 750 kg O1 ungebremst
bis 750 kg Einachsanhänger Mehrachsanhänger O1 gebremst
Anhänger
>750 kg bis 3500 kg Einachsanhänger Mehrachsanhänger O2
Lof-Anhänger bis 3500 kg R1, R2
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 8. August 2016, ***, wurde die der A GmbH erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen hinsichtlich folgender Fahrzeugarten mit sofortiger Wirkung widerrufen:
1 Kraftrad
Motorfahrrad L1e
Dreirädrige Kleinkrafträder L2e FZ SZ
Motorrad L3e FZ SZ
Motorrad mit Beiwagen L4e FZ SZ
Motordreirad L5e FZ SZ
2 Kraftwagen (jeweils hzG)
Vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge L6e FZ SZ
Vierrädrige Kraftfahrzeuge L7e FZ SZ
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 9. August 2016,
***, wurde die Ermächtigung erweitert und wie folgt neu gefasst:
2 Kraftwagen (jeweils hzG)
2.1 Kraftwagen zur Personenbeförderung
PKW/Kombi bis 2800 kg M1 FZ SZ
PKW/Kombi > 2800kg bis 3500kg M1 FZ SZ
2.2 Kraftwagen zur Güterbeförderung
LKW bis 2800 kg N1 FZ SZ
LKW > 2800kg bis 3500 kg N1 FZ SZ
2.3 Kraftwagen, die nicht unter Z. 2.1., 2.2 und 4 (Sonstige) fallen, über 50 km/h Bauartgeschwindigkeit
Abgeleitete Fahrzeuge bis 2800 kg FZ SZ
Abgeleitete Fahrzeuge > 2800 kg bis 3500 kg FZ SZ
Spezialkraftwagen bis 2800 kg FZ SZ
Spezialkraftwagen > 2800 kg bis 3500 kg FZ SZ
Selbstfahrende Arbeitsmaschinen > 50 km/h bis 2800 kg FZ SZ
Selbstfahrende Arbeitsmaschinen > 50 km/h > 2800 kg bis 3500kg FZ SZ
Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h bis 2800 kg FZ SZ
Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h > 2800 kg bis 3500 kg FZ SZ
3 Anhänger
Anhänger O1 ungebremst bis 750 kg O1
Anhänger O1 gebremst bis 750 kg Einachsanhänger O1
Anhänger O1 gebremst bis 750 kg Mehrachsanhän- O1
ger
Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Einachsanhänger O2
Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Mehrachsanhän- O2
ger
Lof-Anhänger R1 bis 3500 kg R1
Lof-Anhänger R2 bis 3500 kg R2
Die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen wird ebenso für Fahrzeuge der oben angeführten Fahrzeugklassen mit elektrischem Antrieb erteilt.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 18. November 2016, ***, wurde die der A GmbH erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen hinsichtlich folgender Fahrzeugarten mit sofortiger Wirkung widerrufen:
Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h bis 2800 kg FZ SZ
Sonderkraftfahrzeuge > 50 km/h > 2800 kg bis 3500 kg FZ SZ
Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Einachsanhänger O2
Anhänger O2 > 750 kg bis 3500 kg Mehrachsanhän- O2
ger
Eingeschränkt auf die Anhänger, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen
Lof-Anhänger R1 bis 3500 kg R1
Lof-Anhänger R2 bis 3500 kg R2
Mit Schreiben des Landeshauptmannes von NÖ vom 16. Dezember 2016, ***, wurden der A GmbH folgende Anordnungen erteilt:
„- Sie haben bei der wiederkehrenden Begutachtung und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden und die Gutachten richtig und vollständig auszufüllen, insbesondere sind bei Fahrzeugen der Klasse O2 die Bremswerte der Feststellbremse anzugeben.
- Sie haben sicherzustellen, dass die gutachterliche Beurteilung des technischen Fahrzeugzustandes auf einer tatsächlich durchgeführten, umfassenden Prüfungsbefundung beruht.“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 2021, ***, wurde die der A GmbH erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***, ***, widerrufen.
In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
Am 11. Jänner 2021 seien bei einer Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt worden:
- Nichteinhaltung der Einschränkungen (keine O2 mit Lenkberechtigung BE): schwerer Mangel
Gutachtennummer *** geeignete Person C (h.zul. Gesamtgewicht 3500 kg)
Gutachtennummer ***, ***, *** geeignete Person D (h.zul. Gesamtgewicht 3500 kg)
Gutachtennummer ***, ***, ***, ***, *** geeignete Person D (h.zl. Gesamtgewicht 3000 kg)
- Begutachtungsplaketten unvollständig: schwerer Mangel
Fehlende verlochte Plakette (***)
- Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt: schwerer Mangel
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3632 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3957 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3707 U/min, lt. Zulassungsschein 3800 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3696 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3626 U/min, lt. Zulassungsschein 3800 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3682 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3602 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3692 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3664 U/min, lt. Zulassungsschein 4200 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3627 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3967 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3789 U/min, lt. Zulassungsschein 4200 U/min Nenndrehzahl
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3598 U/min, lt. Zulassungsschein 3600 U/min Nenndrehzahl, lt. Messschrieb Konditionierungsdrehzahl 4273 U/min, Abregeldrehzahl 3598 U/min
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3974 U/min, lt.
Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl, lt. Messschrieb
Konditionierungsdrehzahl 4919 U/min, Abregeldrehzahl 3974 U/min
Gutachtennummer ***, Abregeldrehzahl lt. Gutachten 3762 U/min, lt. Zulassungsschein 4000 U/min Nenndrehzahl, lt. Messschrieb Konditionierungsdrehzahl 5098 U/min, Abregeldrehzahl 3762 U/min
Der Revisionsbeamte habe Herrn D gefragt, wie dieser beim Gutachten Nr. *** den Bremsentest des Fahrzeuges *** durchgeführt habe. Dieser habe angegeben, seinen Kollegen fragen zu müssen, da er nur das Gutachten geschrieben habe (Herr D ist im Gutachten als geeignete Person eingetragen).
Während der Revision sei das Fahrzeug *** wiederkehrend begutachtet worden, die Abgasmessung sei von einer nicht geeigneten Person überprüft worden, da zur Zeit der Abgasmessung lt. Messschrieb die einzige im Betrieb anwesende geeignete Person beim Revisionsbeamten anwesend gewesen sei.
Die Behörde könne sich angesichts der Überschreitung des Ermächtigungsumfanges und der nicht ordnungsgemäßen Durchführung der Abgasmessung in zahlreichen Fällen derzeit nicht davon ausgehen, dass die der A GmbH anvertraute hoheitliche Tätigkeit entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausgeübt werde.
Daran könnten auch die im Anschluss an die Revision ergriffenen Maßnahmen nichts ändern.
Das öffentliche Interesse an der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen und am Ausschluss nicht vertrauenswürdiger Personen von der Begutachtungstätigkeit gemäß § 57a Abs. 4KFG 1967 überwiege das wirtschaftliche Interesse des Ermächtigungsinhabers an der weiteren Ausübung der erteilten Ermächtigung.
Dagegen hat die A GmbH mit Schriftsatz vom 18. Februar 2021 fristgerecht Beschwerde erhoben und die Behebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung, gestellt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Behörde nach Abgabe einer Stellungnahme des bei der Beschwerdeführerin als Prüfer tätigen D der Beschwerdeführerin nicht gesondert mitgeteilt habe, dass die Behörde beabsichtige, auf Grundlage dieser Stellungnahme die Ermächtigung zu widerrufen, weshalb der Beschwerdeführerin faktisch das rechtliche Gehör genommen worden sei.
Was die unrichtigen Abgasmessungen betreffe, so habe das verwendete Abgastestgerät nicht ordnungsgemäß funktioniert, was aber nicht aufgefallen sei. Die ermittelten Drehzahlen hätten durchaus nachvollziehbare Ergebnisse erbracht und seien für den Prüfer nicht auffällig gewesen. Technische Irrtümer seien nicht geeignet, die Zuverlässigkeit des Prüfers in Zweifel zu ziehen. Es sei zwar formal richtig, dass bei den Abgasmessungen die Nenndrehzahl nicht erreicht worden sei und die Abgasmessungen zu den einzelnen Gutachten nicht als gültig angesehen werden können, doch sei damit der Schutzzweck des Gesetzes, nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen, nicht verletzt. Insbesondere ergebe sich dadurch keine Beeinträchtigung der Vertrauenswürdigkeit des Prüfers, weil er die Fehlfunktion des Abgastesters nicht erkannt habe. Es ergebe sich aus Vorgutachten vergangener Jahre, dass die Abgaswerte der betreffenden Fahrzeuge stets eingehalten worden seien.
Die fehlende Plakette *** sei unrichtig gestempelt gewesen (*** statt ***), und sei beim Abkratzen zerstört worden. Dazu hätte der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***, Herr E, einvernommen werden müssen. Aus einem einmaligen fehlerhaften Lochen einer Plakette könne nicht auf fehlende Vertrauenswürdigkeit geschlossen werden.
Was die Überschreitung des Ermächtigungsumfanges betreffe, so habe es ursprünglich eine Berechtigung zur Begutachtung auch der Klasse O2 gegeben. Man sei irrtümlich davon ausgegangen, dass diese Berechtigung unverändert vorliege
Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin einen nicht vertrauenswürdigen Prüfer einsetze und hätte die Ermächtigung daher nicht widerrufen werden dürfen. Allenfalls wäre die Entziehung der Ermächtigung als gelinderes Mittel lediglich bescheidmäßig anzudrohen gewesen.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2021 hat die Landeshauptfrau von Niederösterreich die gegenständliche Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 10. Juni 2021 gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis aufgenommen wurde durch Vorbringen des Beschwerdeführervertreters, der Zeugen F, E, D, C und des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen G sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und den Gerichtsakt.
Der Zeuge F gab an, dass eine geraume Anzahl von Fahrzeugen der Klasse O2, welche nur mit Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, begutachtet worden sei. Für diese Fahrzeuge habe keine Ermächtigung bestanden, da diese mit Bescheid vom 18.11.2016 widerrufen worden sei. Die Gutachten seien von Herrn D und Herrn C erstattet worden, letzterer habe wenigstens eine Lenkberechtigung der Klasse B+E gehabt.
Zum Punkt „Begutachtungsplaketten unvollständig“: Die Plakette *** sei am 20.12.2018 mit dem Grund „falsches Kennzeichen“ storniert, am selben Tag ein neues Gutachten mit dem richtigen Kennzeichen ausgestellt worden. Die Gutachten vom 3.9.2018 und vom 20.12.2018 hätten identische Werte in allen Punkten aufgewiesen, es sei daher aus seiner Sicht davon auszugehen, dass am 20.12.2018 keine neuerliche Begutachtung stattgefunden habe, sondern einfach ein neues Gutachten ausgedruckt und die richtige Plakette angebracht worden sei. Die stornierte Plakette habe nicht aufgefunden werden können.
Zum Punkt „Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt“: Er habe festgestellt, dass es eine geraume Anzahl von Gutachten gebe, wo die Nenndrehzahl laut Zulassungsschein bei der Abgasprüfung nicht erreicht worden sei. Sämtliche dieser Fahrzeuge hätten keinen Überlastschutz gehabt. Herr D habe dazu gesagt, dass es Probleme mit der Drehzahlabnahme beim Messgerät gebe. Er habe sich von Herrn D einen Abgastest demonstrieren lassen, es habe in diesem Fall jedenfalls kein Problem mit der Drehzahlabnahme gegeben und habe die Abgasmessung ordnungsgemäß funktioniert. Eine Abgasmessung, bei der die Nenndrehzahl laut Zulassungsschein nicht erreicht werde, sei als nicht gültig anzusehen.
Er habe das Gutachten Nr. *** herausgesucht (Steyr 712M – Pinzgauer 3-achsig), bei dem die zweite und dritte Achse ohne Antriebsausgleich sei. Es sei ihm bekannt, dass ein derartiges Fahrzeug nicht auf dem normalen Bremsenprüfstand überprüft werden könne und habe er Herrn D, der als Gutachter in diesem Gutachten angegeben sei, nach der Vorgangsweise bei diesem Bremsentest gefragt, indem es dafür verschiedene Möglichkeiten gebe. Herr D habe dazu überhaupt keine Angaben machen können und gesagt, dass er seinen Kollegen C dazu fragen müsse, er selbst habe nur das Gutachten geschrieben.
Es sei ihm weiters aufgefallen, dass ein Mechaniker das Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** auf der Prüfgrube und mit dem Spieldetektor überprüft habe. Die einzige im Betrieb anwesende geeignete Person, Herr D, sei während der gesamten Revision von 8:10 Uhr bis ca. 10:10 Uhr beim Revisionsbeamten anwesend gewesen. Er habe in weiterer Folge in der ZBD gesehen, dass an diesem Tag ein Gutachten für dieses Fahrzeug erstellt worden sei und habe daher das Gutachten, den Bremsentest und den Abgasmessschrieb Messschrieb angefordert. Laut dem Messschrieb sei die Abgasmessung um 9:11 Uhr durchgeführt worden, indem Herr D um diese Zeit bei der Revision anwesend gewesen sei, sei davon auszugehen, dass das Fahrzeug zumindest teilweise von einer nicht geeigneten Person wiederkehrend begutachtet worden sei.
Der Zeuge E gab an, dass er bei der A Gmbh beschäftigt sei. Beim Fahrzeug seiner Frau sei am 3.9.2018 eine wiederkehrende Begutachtung durchgeführt und eine Plakette aufgeklebt worden. Erst geraume Zeit später sei ihm aufgefallen, dass die Plakette das falsche Kennzeichen *** eingestanzt gehabt habe, richtig wäre *** gewesen. Am 20.12.2018 sei die Plakette ausgetauscht worden, ob an diesem Tag auch eine wiederkehrende Begutachtung stattgefunden habe, wisse er nicht. Er glaube, dass Herr D die falsche Plakette abgelöst und weggeworfen habe.
Der Zeuge D gab an, dass er gewerberechtlicher Geschäftsführer und geeignete Person zur Durchführung wiederkehrender Begutachtungen im Betrieb A GmbH sei. Der handelsrechtliche Geschäftsführer habe keine einschlägige kfz-technische Ausbildung und kenne sich in kraftfahrzeugtechnischen Belangen gar nicht aus.
Er habe nicht gewusst, dass die Ermächtigung zur Durchführung wiederkehrender Begutachtungen von Fahrzeugen der Klasse O2, welche nur mit Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, widerrufen worden war. Es sei gleich am Tag der Revision diese Ermächtigung wieder beantragt worden. Die Probefahrt bei diesen Fahrzeugen habe immer Herr C durchgeführt, indem dieser die entsprechende Lenkberechtigung habe. Es sei ein Fehler gewesen, dennoch sich selber als Gutachter in diese Gutachten hineingeschrieben zu haben, obwohl eigentlich die Begutachtung von Herrn C durchgeführt worden sei.
Mittlerweile werde das nicht mehr so gehandhabt, es werde nur mehr die Peron als Gutachter eingetragen, die auch tatsächlich die Begutachtung durchgeführt habe.
Zur „fehlenden verlochten Plakette“ gebe er an, dass er am 3.9.2018 das Gutachten fälschlich auf das Kennzeichne *** ausgestellt und auch eine Plakette mit diesem Kennzeichen aufgeklebt habe. Am 20.12.2018 habe er das Gutachten storniert und mit dem richtigen Kennzeichne neu erstellt. Wenn ihm vorgehalten werde, dass in diesem Gutachten sämtliche Werte identisch mit den Werten des Gutachtens vom 3.9.2018 seien, so gebe er an, dass er scheinbar keine neuerliche Begutachtung durchgeführt, sondern einfach das Gutachten neu ausgedruckt habe. Die falsche Plakette sei beim Ablösen von der Windschutzscheibe zerstört und weggeworfen worden, er habe nicht gewusst, dass er die Plakette aufheben hätte sollen.
Zu den „nicht ordnungsgemäß durchgeführten Abgasmessungen“ gebe er an, dass aus seiner Sicht der Abgastester falsch eingestellt gewesen sei, was bis zur Revision aber nicht aufgefallen sei. Es sei bisher immer ein Drehzahlstoß abgegeben worden, um die Maximaldrehzahl zu erreichen und danach ein zweiter Drehzahlstoß abgegeben worden, um die Abgastrübung messen zu können. Das sei seit Jahren so gemacht worden und sei nicht aufgefallen, dass gar nicht die Abregeldrehzahl bzw. die Nenndrehzahl laut Zulassungsschein erreicht worden sei. Das sei ein Fehler gewesen, das müsse er jetzt zugeben. Zu 90% hätten er oder Herr C die Abgastest durchgeführt, es könne aber durchaus auch sein, dass jemand anderer den Abgastest gemacht habe. Es sei nach der Revision lediglich die Einstellung der Mindestdrehzahl beim Abgastester durch einen Servicetechniker eingestellt worden.
Sie seien einfach bei der Anschaffung des Gerätes nicht richtig eingeschult worden und hätten deshalb dieses nicht richtig voreingestellt.
Die Begutachtung des Fahrzeuges Steyr 712M habe er gemeinsam mit Herrn C gemacht, er habe, als ihn der Revisionsbeamte nach der Bremsenprüfung gefragt habe, nicht mehr gewusst, wie sie das damals gemacht hätten.
Es sei richtig, dass er am 11.1.2021 während der gesamten Revisionsdauer beim Revisionsbeamten gewesen sei. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** sei während dieser Zeit von einem Mechaniker angesehen worden, auch auf der Prüfgrube und der Rüttelplatte. Er habe danach das Fahrzeug auch noch einmal angesehen und die erforderlichen Überprüfungen gemacht, mit Ausnahme jedoch der Abgasmessung, es gebe nur den Abgasmessschrieb von 9:11 Uhr, die Abgasmessung habe er nicht wiederholt. Zumindest die Abgasmessung sei bei diesem Fahrzeug nicht von einer geeigneten Person gemacht worden.
Der Zeuge C gab an, er habe bis zur Revision geglaubt, dass die Firma die Ermächtigung für Fahrzeuge der Klasse O2, welche nur mit Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, hätte. Es habe ihm nie jemand gesagt, dass diese Ermächtigung widerrufen gewesen sei, weder Herr D, noch der Chef, Herr H, noch der handelsrechtliche Geschäftsführer I habe ihm das jemals gesagt.
Was die mangelhaften Abgasmessungen betreffe, habe beim neuen Abgasmessgerät, da sie seit 2019 hätten, die Drehzahl manuell eingestellt werden müssen, beim alten Abgasmessgerät habe das automatisch funktioniert. Auf dem Abgasmessschrieb sei einfach nur „Abgastest bestanden“ gestanden, er habe dann nicht mehr nachgeschaut, ob die Abregeldrehzahl mit der Nenndrehzahl im Zulassungsschein übereinstimme. Das sei erst bei der Revision aufgefallen.
Zum „Bremsentest 3-achsiger Pinzgauer“: Er glaube, dass er die wiederkehrende Begutachtung und den Bremsentest gemeinsam mit Herrn D gemacht habe es sei vorher beim Bundesheer angefragt worden, wie die Bremsen bei einem derartigen Fahrzeug zu testen seien. Er habe an die Bremsenprüfung im Detail keine Erinnerung mehr.
Sowohl der Chef H als auch der handelsrechtliche Geschäftsführer I seien keine Kraftfahrzeugtechniker, sie fragten ihn (C) oft technische Details, indem sie es selber offensichtlich nicht wüssten. Überprüfungen von Gutachten hätten nie stattgefunden. Seit der Revision hätte sich an der täglichen Arbeit nichts geändert, nur mit den Abgastests werde es jetzt anders gemacht. Die Chefs seien mit dem Revisionsergebnis nicht zufrieden gewesen, aber irgendwelche Konsequenzen habe es nicht gegeben.
Der kraftfahrzeugtechnische Amtssachverständige erstattete folgendes Gutachten:
„Am 11. Jänner 2021 wurde von F in der Prüfstelle in ***, Prüfstelle A GmbH mit der Prüfstellnr. ***, eine Revision durchgeführt und einige Mängel festgestellt, die in einem Gutachten zusammengefasst wurden.
Der erste Mangel betrifft die Ermächtigungsüberschreitung. Der Sachverständige hat festgestellt, dass einige Fahrzeuge der Klasse O2 begutachtet wurden, obwohl für diese Fahrzeuge die Lenkberechtigung B + E notwendig gewesen wäre und die Firma zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung keine entsprechende Ermächtigung für diese Anhänger besessen hat. Am 18. November 2016 wurde die Ermächtigung der Klasse O2 - jedenfalls eingeschränkt auf die Anhänger, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen - wiederrufen. Es war laut Aktenlage von diesem Datum bis zum 01. Februar 2017 keine entsprechende geeignete Person in der Firma genannt, die eine entsprechende Lenkberechtigung B + E gehabt hat. Mit Schreiben vom 01. Februar 2017 wurde Herr C von der Behörde als geeignete Person zur Kenntnis genommen, der diese Lenkberechtigung B + E besitzt. Im Zeitraum beginnend mit dem Widerruf am 18. November 2016 bis am 1. Februar 2017 wurden 5 Fahrzeuge bzw. Anhänger der Klasse O2 geprüft, wobei für einen Anhänger mit dem Kennzeichen ***, es handelt sich um einen Anhänger der Marke Böckmann mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 2.400 kg, auf alle Fälle eine Lenkberechtigung der Klasse B + E notwendig gewesen wäre. Nach dem 01. Februar 2017 wurde eine entsprechende Ermächtigung der Klasse O2 uneingeschränkt bis heute nicht erteilt, es war aber Herr C als geeignete Person genannt, der wie vorher bereits erwähnt die entsprechende Lenkberechtigung wenigstens hätte.
Als weiterer Mangel wurde im Gutachten vermerkt, dass die Plakette ***, die am 20. Dezember 2018 storniert wurde, nicht im Betrieb auffindbar war. Der Gatte der Zulassungsbesitzerin des betreffenden Fahrzeuges meinte, es wurde am 20. Dezember 2018 die alte Plakette vom Fahrzeug entfernt und eventuell weggeschmissen. Das ursprüngliche Gutachten zu dem Fahrzeug wurde am 03. September 2018 von Herrn D erstellt, als Kennzeichen wurde *** im Gutachten vermerkt. Am 20. Dezember 2018 dürfte der Fehler aufgefallen sein, es wurde am 20. Dezember 2018 um ca. 08:13 Uhr ein neues Gutachten erstellt, in welchem das richtige Kennzeichen, nämlich ***, vermerkt wurde. In diesem Gutachten sind die ermittelten Bremswerte, die Siedetemperatur, als auch die Abgaswerte komplett ident. Aus technischer Sicht wäre das nicht möglich, wenn eine neuerliche Überprüfung durchgeführt worden wäre. Es ist sogar dann nicht möglich, wenn z.B. die Bremsenprüfung zwei Mal direkt hintereinander durchgeführt wird, dass man die gleichen Werte erreicht. Dies ist auch für die Bremsflüssigkeit und Abgaswerte so zu sehen. Wird ein neues Gutachten ausgestellt (was in diesem Fall notwendig gewesen ist, da das Kennzeichen im Gutachten falsch geschrieben wurde), ist aus technischer Sicht auf alle Fälle eine neue Begutachtung durchzuführen und sind die entsprechenden Werte in das Gutachten einzutragen.
(Hätte es sich lediglich um eine verdruckte Plakette gehandelt, hätte dies mit einer Ersatzplakette durchgeführt werden können und es hätte keiner neuerlichen Begutachtung bedurft.)
Beim Revisionsgutachten wurden unter dem Punkt „Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt“ zahlreiche Gutachten aufgelistet, bei welchen beim Messstoß bzw. den eingetragenen Drehzahlwerten diese nicht die Mindestdrehzahlen erreichten. Die Mindestdrehzahlen bei Fahrzeugen, welche keine Drehzahlbegrenzung besitzen, sind immer die im Zulassungsschein eingetragenen Nenndrehzahlen. Bei diesen im Gutachten aufgelisteten Fahrzeugen wurde die Nenndrehzahl laut Gutachten nicht erreicht und hätte somit aus technischer Sicht die Abgasprüfung nicht für eine Begutachtung gemäß § 57a herangezogen werden dürfen.
Bei der Revision wurde ein Fahrzeug der Marke Steyr Typenbezeichnung 712M beschrieben, es handelt sich um einen „Pinzgauer“, der dreiachsig ausgeführt ist. Bei diesem Fahrzeug liegt die Schwierigkeit darin, dass die zweite und dritte Achse direkt ohne Ausgleich gekoppelt ist und eine Bremsenprüfung ohne spezielle Vorkehrungen nicht durchgeführt werden kann. Zum Zeitpunkt der Revision konnte Herr D, der als Gutachter im Gutachten gemäß § 57a beschrieben ist, nicht sagen, wie die Bremsenprüfung durchgeführt wurde, um die entsprechenden Werte, welche im Gutachten eingetragen wurden, festgestellt wurden. In der heutigen Verhandlung hat Herr D, wie auch die zweite geeignet Person Herr C angegeben, dass sie jeweils von der zweiten nicht im Bremsenprüfstand befindlichen Achse jeweils ein Rad abmontiert haben. Eine Prüfung in dieser Form ist möglich, ein Abmontieren der Räder jedoch nicht vorgesehen bei der § 57a Überprüfung.
Aus technischer Sicht ist es natürlich möglich - wenn die geeignete Person bei der Prüfung anwesend ist -, dass eine weitere Person, nennen wir sie Hilfsprüfer, gewisse Arbeiten am Fahrzeug durchführt. Die Bremsenprüfung z.B. bzw. das Bremsensteigen selber, ist aus technischer Sicht von der geeigneten Person durchzuführen, nämlich deshalb, da bei z.B. Lufteinschlüssen im Bremssystem dies übers Bremspedal von einem erfahrenen Mechaniker bzw. einer geeigneten Person erfasst werden kann. Macht die geeignete Person diese Tätigkeiten nicht selber, kann diese aus meiner Sicht das Bremssystem nicht ordnungsgemäß begutachten. Bei der Abgasmessung ist es so, dass dies mit einem Gasstoß durchgeführt werden muss. Sollte die geeignete Person nicht direkt aufs Gas steigen, hat die geeignete Person jedenfalls die Prüfung so zu überwachen, um sicher zu gehen, dass die Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt wird.
Im Mängelkatalog ist die erforderliche Abgasprüfung beschrieben, es ist vermerkt, dass mit einem Gasstoß mindestens die Nenndrehzahl, welche auch im Zulassungsschein vermerkt ist, erreicht werden muss. Wird am Abgasausdruck eine Drehzahl beschrieben, die nicht mindestens der Abregeldrehzahl bzw. der Nenndrehzahl, die niedriger als die Abregeldrehzahl ist, erreicht, ist die Abgasmessung aus technischer Sicht ungültig. Die Drehzahl muss ja vom Gutachter in das Begutachtungsprogramm eingetragen werden bzw. vor Unterschrift dieses Gutachten auch auf Schlüssigkeit überprüft werden. Ob der Abgastester einen Defekt gehabt hat, kann heute nicht ermittelt werden, nach den Aussagen der zwei geeigneten Personen dürfte es sich um eine Einstellung handeln, die jetzt eingestellt wurde, d.h. dass vor der Prüfung eine Mindestdrehzahl eingegeben wird, um bereits beim Drehzahltest am Tester zu sehen, dass die entsprechende Drehzahl nicht erreicht wurde. Dies ist aus technischer Sicht lediglich eine Hilfestellung, jedoch nicht notwendig, da die ermittelten Drehzahlen auf jedem Abgasmessstreifen sichtbar sind und diese mit der Nenndrehzahl im Zulassungsschein verglichen werden kann und muss.
Zur wiederkehrenden Begutachtung ist der Zulassungsschein auf alle Fälle vom Zulassungsbesitzer vorzulegen und es kann die geeignete Person jederzeit dies überprüfen.
Die Auswertung, welche Gutachten die Firma A durchgeführt hat, speziell im Zeitraum vom Widerruf der Klasse O2 mit Lenkberechtigung B + E vom 18. November 2016 bis am 01. Februar 2017 wurde mit Hilfe der zentralen Begutachtungsdatenbank durchgeführt. Dies ist eine Datenbank, die alle in Österreich erstellten und abgeschlossenen Gutachten beinhaltet. Es wurde bei der Suche in dieser Datenbank der Zeitraum, die Firma mittels Begutachtungsstellennummer und die Fahrzeugklasse eingeschränkt. In diesem Fall wurden vom System 5 Anhänger der Klasse O2 ausgeworfen. Bei einem Anhänger ist es auf Grund des sehr hohen höchstzulässigen Gesamtgewichts notwendig, die Führerscheinklasse B+E zu besitzen, um diesen ziehen zu dürfen. Dieses Fahrzeug - wie bereits vorher erwähnt - besitzt das Kennzeichen ***.“
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hiezu wie folgt erwogen:
Folgende Feststellungen werden der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Am 11. Jänner 2021 wurden bei einer Revision Mängel bei der wiederkehrenden Begutachtung (Revisionszeitraum: 1.1.2019 bis 10.1.2021) in der verfahrensgegenständlichen Prüfstelle festgestellt:
- Begutachtung Fahrzeugkategorie, für die keine Ermächtigung bestand: es wurden zumindest neun Fahrzeuge der Klasse O2, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, wiederkehrend begutachtet, obwohl diese Ermächtigung (Anhänger O2, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. November 2016, ***, mit sofortiger Wirkung widerrufen worden war: schwerer Mangel.
- Plaketten unvollständig (fehlende verlochte Plakette): die stornierte Plakette *** war nicht im Betrieb auffindbar: schwerer Mangel
- Am 03.09.2018 wurde das Fahrzeug *** begutachtet, das Gutachten Nr. *** ausgestellt und die Begutachtungsplakette *** aufgeklebt, am 20.12.2018 wurde dieses Gutachten storniert, ein neues Gutachten (Nr. ***) ausgedruckt, die neue Begutachtungsplakette *** aufgeklebt, ohne eine neuerliche wiederkehrende Begutachtung durchgeführt zu haben: schwerer Mangel
- Abgasmessung nicht ordnungsgemäß durchgeführt: bei 15 Fahrzeugen (ohne Überlastschutz) wurden bei der Abgasmessung die Mindestdrehzahlen nicht erreicht: schwerer Mangel
- Am 11.01.2021 wurde für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** das positive Gutachten Nr. *** ausgestellt, obwohl die Abgasmessung nicht von einer geeigneten Person durchgeführt wurde: schwerer Mangel
Zu diesen Feststellungen gelangte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden, anlässlich der Revision beanstandeten, von der Beschwerdeführerin ausgestellten Gutachten in Verbindung mit der glaubwürdigen Zeugenaussage des Revisionsbeamten F sowie dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen.
Beschwerdeführerseits ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten worden.
In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
§ 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) lautet:
Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.
Gemäß § 57a Abs. 2a leg. cit. hat der Landeshauptmann regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.
Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes - nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen - obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, VwGH 8. September 2016, Ra 2014/11/0082).
Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).
Der VwGH hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).
Wie oben dargelegt, hat die Beschwerdeführerin - obwohl diese nicht im Besitz einer Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Anhängern der Klasse O2, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, neun Fahrzeuge dieser Klasse wiederkehrend begutachtet und positive Gutachten gemäß § 57a KFG 1967 für diese Fahrzeuge ausgestellt.
Dieses Verhalten zeugt von auffallender Ignoranz gegenüber den rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen einzuhalten sind. Dass die geeigneten Personen D und C überhaupt nicht Bescheid wussten, dass die Ermächtigung zur Begutachtung von Anhängern der Klasse O2, welche nur mit einer Lenkberechtigung der Klasse B+E gezogen werden dürfen, mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 18. November 2016, ***, mit sofortiger Wirkung widerrufen und keine neuerliche Ermächtigung für diese Fahrzeuge beantragt und erteilt worden war, diese daher wiederholt wiederkehrende Begutachtungen derartiger Anhänger vorzunahmen, ohne dass dies der Beschwerdeführerin aufgefallen wäre, ist nicht mit einem mit den rechtlichen Werten verbundenen Persönlichkeitsbild in Einklang zu bringen.
Auch die Ausstellung eines positiven Gutachtens, obwohl an diesem Tag überhaupt keine Überprüfung des Fahrzeuges stattgefunden hat, ist eine gravierende Fehlleistung im Zusammenhang mit der wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen.
Schwer wiegen ebenso die inkorrekten Abgasmessungen bei 15 Gutachten, indem die jeweiligen Nenndrehzahlen nicht erreicht wurden und die Werte nicht für eine positive Begutachtung hätten herangezogen werden hätten dürfen. Wenn beschwerdeführerseits dazu ausgeführt wird, dass das Abgastestgerät nicht ordnungsgemäß funktioniert habe, was dem Prüfer aber nicht aufgefallen sei, so geht dieses Vorbringen ins Leere. Wird am Abgasausdruck – wie im Gegenstand – eine Drehzahl beschrieben, die nicht mindestens die Abregeldrehzahl bzw. die Nenndrehzahl erreicht, ist die Abgasmessung ungültig. Die Drehzahl ist vom Gutachter in das Begutachtungsprogramm einzutragen und muss der Gutachter vor Abschluss des Gutachtens dieses auf Schlüssigkeit überprüfen. Die ermittelten Drehzahlen sind auf jedem Abgasmessstreifen sichtbar und müssen diese mit der Nenndrehzahl im Zulassungsschein verglichen werden. Wenn diese Diskrepanz (Drehzahl auf dem Abgasmessschrieb – Nenndrehzahl laut Zulassungsschein) den Prüfern nicht aufgefallen ist, so liegt dem eine grob sorgfaltswidrige Vorgehensweise zugrunde.
Das Vorbringen, dieselben Fahrzeuge hätten im Jahr vor den beanstandeten Abgasmessungen konforme Abgaswerte gehabt, geht ebenfalls ins Leere. Mit der Erstattung eines Gutachtens gemäß § 57a KFG 1967 wird der Fahrzeugzustand am Tag der Ausstellung dieses Gutachtens beurteilt und dokumentiert. Wie oben ausgeführt, hätten die ermittelten Werte nicht für ein positives Gutachten herangezogen werden dürfen. Ob und inwieweit das Fahrzeug in der Vergangenheit die Voraussetzungen für eine positive wiederkehrende Begutachtung erfüllt hat, ist dabei nicht von Belang.
Die Durchführung einer Abgasmessung im Rahmen einer § 57a KFG 1967-Begutachtung durch eine andere als die geeignete Person sowie das Fehlen der verlochten Plakette runden das Bild eines auffallend sorglosen Umganges mit der erteilten Ermächtigung zur Durchführung wiederkehrender Begutachtungen noch ab.
Nicht einmal die behördlichen Anordnungen vom 16. Dezember 2016 konnten die Beschwerdeführerin zu einer mängelfreien Begutachtungstätigkeit anhalten.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gelangt daher zusammenfassend zur Ansicht, dass keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Gewerbetreibende die ihm zu übertragenden Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere sowie nicht übermäßige Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen – ausübt. Die Vertrauenswürdigkeit ist nach wie vor nicht gegeben und somit auch von einer negativen Prognose auszugehen.
Die beschwerdeführerseits vertretene Auffassung, es gehe im Gegenstand um die Vertrauenswürdigkeit der geeigneten Person (Beschwerdeschrift Seite 8 1. Absatz, Seite 12, 2. Absatz), ist unzutreffend.
Vielmehr ist ein zur wiederkehrenden Begutachtung Ermächtigter (Verein oder Gewerbetreibender) dann vertrauenswürdig, wenn ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass der Verein oder Gewerbetreibende die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem genannten Verwaltungszweck ausübt. Die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten durch das geeignete Personal erschüttert die Vertrauenswürdigkeit der ermächtigten Person (hier: GmbH) auch dann, wenn die Unternehmensleitung von den Vorgängen keine Kenntnis hatte, weil sie ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist (VwGH 17.12.2002, 2001/11/0061).
Im Gegenstand wurde nicht einmal behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der A GmbH, I, im Betrieb irgendein Kontrollsystem eingerichtet hätte, um Fehlleistungen, wie sie im Gegenstand in großer Anzahl vorgekommen sind, zu verhindern.
Indem seitens der handelsrechtlichen Geschäftsführerung keinerlei Kontroll- und Aufsichtspflicht über die geeigneten Personen D und C nachgekommen wurde (so haben diese zeugenschaftlich ausgeführt, dass die Vorgesetzten mangels Fachkompetenz gar nicht in der Lage gewesen seien, Gutachten nach § 57a KFG 1967 auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen und tatsächlich auch keine wie immer gearteten Kontrollen stattgefunden haben), muss sie die widerrechtlichen Handlungen der geeigneten Personen gegen sich gelten lassen und ist nach dem oben Ausgeführten die Vertrauenswürdigkeit der Ermächtigten, der A GmbH, erschüttet.
Bei der gebotenen Beurteilung des auf Grund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin gewonnenen Persönlichkeitsbildes kann somit aber nicht gesagt werden, dass sie (derzeit) die spezifische Vertrauenswürdigkeit aufweist, indem die Geschäftsführung sich immer noch auf die rechtmäßige und sorgfältige Begutachtung der von ihr namhaft gemachten geeigneten Person verlassen muss, noch immer keinerlei Art von Kontrolltätigkeit im Betrieb vorgesehen ist. Es wurde im Unternehmen der Beschwerdeführerin auch zwischenzeitlich kein funktionierendes Schulungs- und Kontrollsystem eingeführt, es ist nicht gelungen, der Kraftfahrbehörde oder dem erkennenden Gericht ein Qualitätssicherungskonzept zu präsentieren, aus welchem ein Vorgehen abzuleiten ist, wie beschwerdeführerseits eine Wiederholung der damaligen Vorkommnisse verhindert und eine ordnungsgemäße Begutachtungstätigkeit sichergestellt werden soll.
Der eingetretene Verlust der Vertrauenswürdigkeit hat zwingend den Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 zur Folge. Für eine „formlose Androhung des Widerrufs im Wiederholungsfall“ bietet das Gesetz keine Handhabe (VwGH vom 04.05.2020, Ra 2018/11/0172).
Wenn beschwerdeführerseits gerügt wird, dass eine Verletzung des Parteiengehörs eingetreten sei, weil die Behörde nach dem gewährten Parteiengehör an die Beschwerdeführerin vom 18. Jänner 2021 und der daraufhin erfolgten Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt habe, dass aufgrund dieser Angaben der Widerruf der Ermächtigung beabsichtigt sei, so ist dem entgegen zu halten, dass ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs durch die mit der Beschwerdeerhebung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert ist (VwGH 3.9.2001, 99/10/0011 u.v.a.).
Darüber hinaus zielt das Recht auf Anhörung der Partei nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes, nicht aber auf die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes (VwGH vom 01.02.1995, 94/18/104 u.v.a).
Gegenstand des Parteiengehörs kann nur das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens, nicht aber die von einer Behörde auf Grund des maßgeblichen Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht ins Auge gefassten Vorgangsweise bilden (VwGH vom 5.7.2000, 2000/03/0019).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068).
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrzeug-Überprüfung; wiederkehrende Begutachtung; Ermächtigung; Widerruf; Vertrauenswürdigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.338.001.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021