TE Vfgh Erkenntnis 1995/3/9 B1866/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.1995
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des zweiten Satzes in §45 Abs2 Wr BauO 1930 mit E v 02.03.95, G291/94.

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Wiener Landesregierung enteignete mit Bescheid vom 26. Jänner 1972 gemäß §39 der BauO f Wien idF LGBl. 15/1970 zugunsten der Stadt Wien eine Teilfläche eines zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 839 KG Erlaa gehörigen Grundstücks zwecks Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche (Straße). Als Rechtsnachfolger der enteigneten Liegenschaftseigentümer beantragte der Beschwerdeführer am 16. März 1993 die Rückübereignung der Grundfläche und machte geltend, daß die im Enteignungsbescheid vorgeschriebene Frist von zwei Jahren für den Beginn des Straßenausbaus nicht eingehalten worden sei. Mit Bescheid vom 20. September 1993 wies die Wiener Landesregierung den Antrag ab und begründete dies im wesentlichen damit, daß die einjährige Frist des zweiten Satzes im §45 Abs2 der BauO f Wien idF der Novelle LGBl. 18/1976 von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers nicht wahrgenommen worden sei; unter Bedachtnahme auf die Übergangsbestimmung des ArtII der Bauordnungsnovelle 1976 komme die frühere (keine Fallfrist vorsehende) Gesetzeslage nicht in Betracht.

2. Gegen den Bescheid vom 20. September 1993 richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie eine Rechtsverletzung wegen Anwendung als verfassungswidrig kritisierter Bestimmungen im §45 der BauO f Wien idF der Novelle 1976 sowie des ArtII dieser Novelle geltend gemacht und die Bescheidaufhebung begehrt wird.

Die Wiener Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

1. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes ("Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Verwirklichung des Tatbestandes, an den der Rückübereignungsanspruch geknüpft ist, zu stellen.") im §45 Abs2 der BauO f Wien idF der Novelle LGBl. 18/1976 ein und hob sodann mit dem am 2. März 1995 gefällten Erkenntnis G291/94 diese Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.

2. Für die vorliegende Beschwerdesache folgt daraus, daß die belangte Landesregierung eine verfassungswidrige Gesetzesvorschrift anwendete; daß deren Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war, ist offenkundig.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt, weshalb diese Entscheidung aufzuheben war.

III. Der Zuspruch der Prozeßkosten stützt sich auf §88 VerfGG; im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in Höhe von 3.000 S enthalten.

IV.

Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B1866.1993

Dokumentnummer

JFT_10049691_93B01866_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten