TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/5 W139 2230047-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2021
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Entscheidungsdatum

05.02.2021

Norm

ABGB §914
AVG §39 Abs1
AVG §39 Abs2
AVG §39 Abs2a
BVergG 2006 §163
BVergG 2006 §169
BVergG 2006 §174
BVergG 2006 §180
BVergG 2006 §187 Abs1
BVergG 2006 §2 Z10
BVergG 2006 §2 Z13
BVergG 2006 §2 Z16
BVergG 2006 §2 Z20
BVergG 2006 §2 Z33a
BVergG 2006 §2 Z37
BVergG 2006 §2 Z40
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §2 Z9
BVergG 2006 §228
BVergG 2006 §231
BVergG 2006 §240
BVergG 2006 §257 Abs1 Z2
BVergG 2006 §267
BVergG 2006 §269 Abs1 Z2
BVergG 2006 §269 Abs1 Z4
BVergG 2006 §269 Abs3
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §6
BVergG 2018 §249 Abs2
BVergG 2018 §302 Abs1 Z2
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §346
BVergG 2018 §347
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W139 2230047-2/27E

W139 2231375-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie Mag. Georg KONETZKY, als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und Dr. Theodor TAURER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH, Schottenring 14, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung ETCS Level 2 - Errichtung sowie Erhaltung, Instandhaltung, Servicierung und Umbau, Verfahrens-ID: 18115“ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft, Praterstern 3, 1020 Wien, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, 1010 Wien, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. zu W139 2230047-2: Der Antrag „das Bundesverwaltungsgericht möge [...] nach Durchführung des Nachprüfungsverfahrens die angefochtene Auftraggeberentscheidung (sonstige Festlegung [Entscheidung] des Auftraggebers während der Verhandlungsphase) gemäß Schreiben vom 20.03.2020, wonach der Labortest (i) bis spätestens 02.04.2020 und (ii) in Österreich durchzuführen ist, für nichtig erklären“, wird abgewiesen.

II. zu W139 2231375-1: Der Antrag „das Bundesverwaltungsgericht möge [...] nach Durchführung des Nachprüfungsverfahrens das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin gemäß Schreiben des Auftraggebers vom 19.05.2020 für nichtig erklären“, wird abgewiesen.

B)

zu W139 2230047-2 und W139 2231375-1:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 30.03.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin den gegenständlichen zur Zl. W139 2230047-2 protokollierten Antrag auf Nichtigerklärung der sonstigen Festlegung des Auftraggebers während der Verhandlungsphase gemäß dem Schreiben vom 20.03.2020, wonach der Labortest (i) bis spätestens 02.04.2020 und (ii) in Österreich durchzuführen ist, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht sowie auf Gebührenersatz.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Auftraggeberin habe die gegenständlichen Leistungen in einem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb nach dem Bestbieterprinzip im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Beabsichtigt sei der Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit zwei Unternehmern. Bei der angefochtenen Entscheidung handle es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung (sonstige Entscheidung/Festlegung während der Verhandlungsphase). Der Antrag sei rechtzeitig, die Pauschalgebühren seien entrichtet worden. Das Interesse der Antragstellerin am Abschluss des Vertrages ergebe sich aus der fristgerechten Abgabe ihrer ausschreibungskonformen Angebote, der Hinnahme einer wiederholten Schlussrunde und der Einführung des Labortests sowie Einbringung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages und des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie Entrichtung der erforderlichen Gebühren. Der Antragstellerin drohe ein Schaden in Form der bisher entstandenen Kosten der Angebotserstellung, der Entgang des erzielbaren Gewinnes sowie der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes für zukünftige Bewerbungen. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass die von der Auftraggeberin gewählte Vorgangsweise, die Durchführung des Labortests in Österreich bis spätestens 02.04.2020 zu fordern, die Antragstellerin, so wie allenfalls andere nicht in Österreich niedergelassene Bieter, aufgrund der vorherrschenden Ausgangs- und Reisebeschränkungen durch die Covid-19 Pandemie diskriminieren würde. Es wäre der Auftraggeberin ohne Weiteres möglich, eine nichtdiskriminierende Möglichkeit zu wählen, indem sie sich an die grundsätzliche Regelung des § 222 BVergG 2006 für die Bemessung und Verlängerung von Fristen halten würde, wonach Fristen so festzusetzen seien, dass den Bietern, so auch der Antragstellerin, ausreichend Zeit für die Vornahme der entsprechenden Handlungen verbleibe. Richtigerweise hätte die Frist bis zur Durchführung des Labortests – für alle – solange verlängert werden müssen, bis entweder eine Durchführung an dem von der Antragstellerin festgelegten Ort oder – wenn schon unbedingt in Österreich – dann ohne Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne Reisebeschränkungen und vor allem ohne dass sich die Antragstellerin bzw. ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter infolge Missachtung der gesetzlichen Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 strafbar machen müssten (1 m Abstand!; kein Betreten öffentlichen Raums ohne zwingenden Grund bzw anwendbare Ausnahme) möglich sei.

2. Mit Schriftsatz vom 02.04.2020 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3. Mit Beschluss vom 06.04.2020 wurden die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge „mit einstweiliger Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens (in eventu: für die Dauer von sechs Wochen) das Vergabeverfahren aussetzen und dem Auftraggeber das Ausscheiden der Antragstellerin sowie die Angebotsöffnung der Letztangebote untersagen; in eventu: das Vergabeverfahren aussetzen und dem Auftraggeber den Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagen; in eventu: dem Auftraggeber die Angebotsöffnung untersagen; in eventu: dem Auftraggeber den Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagen“ abgewiesen.

4. Mit Schriftsatz vom 09.04.2020 nahm die Auftraggeberin zum gesamten Antragsvorbringen der Antragstellerin Stellung und führte aus, dass die gegenständliche Ausschreibung die Errichtung sowie Erhaltung, Instandhaltung, Servicierung und den Umbau von ETCS Level 2 Ausrüstungsstufen des European Train Control Systems umfasse. In der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens seien mehrere Angebotsrunden durchgeführt worden, wobei die erste und zweite Angebotsrunde aus einem technischen Teil und einem kommerziellen Teil bestanden hätten. Bereits Punkt 3 der Präambel der Beilage A-2 Konformitätsnachweis zum Angebot laute: „Der AG behält sich vor die Angaben des Bieters zu verifizieren (z.B. Demonstration von Funktionalität im Labor).“ Aus diesem Grunde sei die Behauptung, dass Labortests nicht vorgesehen seien, falsch. Nach dem letzten technischen Angebot, welches in der zweiten Angebotsrunde abgefragt worden sei, seien die technischen Angebotsteile „eingefroren“ worden bzw. hätten diese von den Bietern nicht mehr geändert werden können. Mit der dritten Angebotsrunde sei lediglich ein weiteres kommerzielles Angebot, jedoch kein weiteres technisches Angebot eingeholt worden.

Da die beantragte EV abgewiesen worden sei, sei am 07.04.2020 die Öffnung der kommerziellen Angebote erfolgt. Aktuell prüfe die Antragsgegnerin die Angebote. Eine Ausscheidungsentscheidung sei noch nicht ergangen. Auch eine Entscheidung, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden solle, sei nach wie vor nicht erfolgt.

Aufgrund Änderungen, die nicht mehr im Rahmen der dritten Angebotsrunde hätten berücksichtigt werden können, die Ersparungspotentiale erwarten lassen würden, sei eine Wiederholung der geplanten letzten Angebotsrunde vergaberechtlich geprüft worden und im Ergebnis für zulässig befunden worden. Die Bieter seien daraufhin am 29.01.2020 über die geplante weitere Angebotsrunde informiert worden. Zusätzlich seien die Bieter darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Auftraggeberin plane, die im technischen Teil der Zweitangebote gemachten Angaben zu überprüfen. Die Antragsgegnerin habe sich von Anfang an vorbehalten, die technischen Angebote der Bieter im Labor überprüfen zu lassen. Diese Festlegung sei bereits präkludiert. Die Vorgangsweise sei mit allen Bietern in Aufklärungsgesprächen erläutert worden. Mit Schreiben vom 17.02.2020 seien die Bieter zur Abgabe eines weiteren kommerziellen Angebotes aufgefordert worden. Gleichzeitig sei den Bietern Beilage A-10 Testkonzept/-katalog übermittelt worden, worin bestandsfest festgelegt worden sei, dass die Labortests jedenfalls gewisse Grundvoraussetzungen, welche detailliert festgelegt worden seien, erfüllen müssten. Diese Anforderungen an die Topologie/Projektierung würden die Grundvoraussetzungen für den Labortest darstellen. Ebenso bestandsfest sei festgelegt, dass die Testdurchführung erst stattfinde, wenn die genannten notwendigen Vorbedingungen erfüllt seien. Dazu zähle gemäß Punkte 4.2. der Beilage A-10 Testkonzepte, dass der Bieter Laborräumlichkeiten zum von der Auftraggeberin genannten Termin bereitstellen müsse sowie, dass die Testdurchführung im Beisein der Auftraggeberin stattfinde. Weiters wurde festgesetzt, dass ein, im Labor real vorhandenes RBC (Hard- und Software samt Schnittstellen und Bedienoberfläche) getestet werde, welches über die notwendige Projektierung und Anbindung an die Umsysteme verfüge. Die Antragstellerin habe mit E-Mail vom 12.02.2020 als Ort für die Laborprüfung XXXX , Italien, genannt. Die Laborprüfung sollte am 26.03.2020 durchgeführt werden.

Am 09.03.2020 habe die italienische Regierung die zunächst lokal verhängten Sperrungen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf das ganze Staatsgebiet von Italien ausgeweitet, das Dekret sei am 10.03.2020 in Kraft getreten. Am selben Tag, unmittelbar nachdem die Reisewarnung für ganz Italien ausgesprochen worden sei, habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin per E-Mail mitgeteilt, dass eine Laborprüfung in Italien nicht (mehr) möglich sei. Falsch sei die Behauptung, dass in der Begründung der Antragsgegnerin lediglich die partielle Reisewarnung angeführt worden sei. Die Antragsgegnerin habe mit E-Mail vom 10.03.2020 bestandsfest festgelegt, dass bis 17.03.2020 ein alternatives Labor in Europa (außerhalb von Italien) zu nennen gewesen wäre. Am Sonntag den 15.03.2020 habe die österreichische Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der COVID-19 Epidemie beschlossen, in welchem gemäß § 2 Z 1 des COVID-19 Maßnahmengesetzes BGBl. II Nr 98/2020 festgelegt worden sei, dass folgende Ausnahme vom Verbot des Betretens öffentlicher Orte gelten würden: die Betretung öffentlicher Orte „die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann“ sei zulässig.

Mit Schreiben vom 17.03.2020 teilte die Antragstellerin mit, dass kein alternatives Labor genannt werden könne und eine Laborprüfung auch in XXXX nicht mehr möglich sei. Dies mit der Begründung, dass mit heutiger Wirksamkeit alle Büros der Antragstellerin geschlossen seien. Derzeit sei nicht bekannt wann die italienischen Büros der Antragstellerin wieder betriebsbereit seien, so dass derzeit und in naher Zukunft keine Fernverbindung zwischen dem Labor in XXXX und den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin bewerkstelligt werden könne.

Am 19.03.2020 habe der Workshop, mit dem die Laborprüfung vorbereitet werden sollte, stattgefunden. In der übermittelten Präsentation der Antragstellerin habe sie in Folie 8 festgehalten, dass sie abgesehen von den mangelnden Möglichkeiten die Laborprüfung durchzuführen, auch die bestandsfest festgelegten Mindestanforderungen der Beilage A-10 Testkonzept/-Katalog nicht erfülle.

Am 20.03.2020 sei die Verordnung gemäß des § 2 Z 1 COVID-19 Maßnahmengesetzes dahingehend geändert worden, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit der Abstand von einem Meter nur dann einzuhalten sei, „sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden könne.“ Aufgrund dieser Anpassung habe die Auftraggeberin der Antragstellerin mit E-Mail vom 20.03.2020 mitgeteilt, dass eine Laborprüfung unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen in Österreich möglich sei. Die Antragstellerin sei aufgefordert worden ein Labor in Österreich zu nennen, um die Laborprüfung durchzuführen, da eine Verschiebung der Laborprüfung auf unbestimmte Zeit, wie von der Antragstellerin vorgeschlagen nicht möglich sei. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin auch eingeräumt den ursprünglich festgelegten Zeitpunkt für die Laborprüfung nach hinten zu verschieben. Zudem habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt, dass die im Workshop vorgestellte Testdurchführung nicht die festgelegten Mindestanforderungen der Beilage A-10 Testkonzept/-katalog erfülle.

Die Antragstellerin bekämpfe gegenständlich die Festlegung der Antragsgegnerin in der E-Mail vom 20.03.2020. Es werde ausdrücklich bestritten, dass eine Benachteiligung der Antragstellerin vorliege und dass nur die Antragstellerin ein Labor in Österreich habe nennen sollen. Richtig sei, dass die festgelegten Anforderungen für alle Bieter gleichermaßen gegolten hätten. Alle anderen Bieter hätten die Laborprüfungen bereits entsprechend durchgeführt. Auch hätten entgegen den Angaben der Antragstellerin nicht alle anderen Bieter ursprünglich ein Labor in Österreich vorgesehen. Da die Bieter am 29.01.2020 über die beabsichtigte Laborprüfung informiert worden seien, hätten sie über zwei Monate Zeit gehabt, um die Laborprüfung vorzubereiten. Für alle Bieter seien dieselben Mindestanforderungen an die Laborprüfung festgelegt worden.

Bei den Festlegungen zu den Labortests handle es sich um Festlegungen zur technischen Angebotsprüfung. Die gegenständlich bekämpften Festlegungen in der E-Mail vom 20.03.2020 beträfen ausschließlich den Ort und den Zeitpunkt der Testdurchführung bzw. des Labortests, also den Ort und den Zeitpunkt der technischen Angebotsprüfung durch die Antragsgegnerin. Sofern sich das Vorbringen der Antragstellerin gegen die Festlegungen der Beilage A 10 Testkonzept/-katalog richte, werde festgehalten, dass diese Festlegungen bereits präkludiert seien. Dies gelte insbesondere für die Festlegung, dass die Laborprüfung Vorort und nicht über einen Fernzugriff zu erfolgen habe. Sofern sich das Vorbringen der Antragstellerin gegen die Festlegungen der E-Mail vom 10.03.2020 richte, wonach ein Labor außerhalb von Italien zu nennen gewesen sei, werde festgehalten, dass diese Festlegung bestandsfest und bereits präkludiert sei.

Es werde weiters festgehalten, dass Angebotsprüfungen eines österreichischen Auftraggebers üblicherweise in Österreich stattfinden würden. Die Auftraggeberin habe den Bietern entgegen kommen wollen und habe zunächst den Bietern überlassen, den Ort der Laborprüfung vorzuschlagen. Von der Auftraggeberin könne nicht erwartet werden, dass sie die Auswirkungen der aktuellen COVID-19 Pandemie bereits bei der Angebotsabgabe zu berücksichtigen gehabt hätte. Insbesondere habe die Auftraggeberin, aufgrund der zeitlich nicht absehbaren Dauer der COVID-19 Pandemie, nicht abwarten und die Laborprüfung und den Abschluss der technischen Angebotsprüfung bzw. den Abschluss des Vergabeverfahrens auf unbestimmte Zeit verschieben können. Etwaige Anpassungen hätten alle Bieter gleichermaßen getroffen. Sie seien erfolgt, um die technische Angebotsprüfung überhaupt abschließen zu können, die Antragstellerin sei nicht schlechter gestellt als andere Bieter, die ihre Laborprüfung ebenfalls im Ausland hätten durchführen wollen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin einen Subunternehmer genannt habe, der seinen Sitz in Österreich habe. Die Antragstellerin hätte daher die Möglichkeit gehabt, die Laborprüfung von Vornherein bei diesem Subunternehmer zu organisieren.

Einen öffentlichen Auftraggeber treffen keine gesetzlichen Verpflichtungen, ein Vergabeverfahren über den gesetzlichen Rahmen hinaus nach den individuellen Bieterbedürfnissen zu gestalten. Die Antragstellerin sei die einzige Bieterin gewesen, die eine Verschiebung der Laborprüfung auf unbestimmte Zeit geforderte habe, obwohl andere Bieter ebenfalls eine Laborprüfung außerhalb Österreichs hätten durchführen wollen. Die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin wie allen anderen Bietern die Möglichkeit eingeräumt, eine Laborprüfung in Österreich zu organisieren, weshalb diese Vorgehensweise unzulässig sein soll, sei nicht nachvollziehbar.

Sofern die Antragstellerin behaupte, die Frist für die Vorbereitung der Durchführung der Laborprüfung sei nicht angemessen, werde entgegnet, dass die Durchführung von Labortests bereits Ende Jänner angekündigt worden sei. Bereits am 17.02.2020 seien die Laborprüfungen schließlich fixiert und den Bietern die bestandsfesten Grundvoraussetzungen zur Erfüllung der Labortests schriftlich mitgeteilt worden. Den Bietern sei somit eine Frist von vier Wochen zur Verfügung gestanden. Gemäß den Gesetzeserläuterungen zum BVergG 2006 könne ein Auftraggeber eine angemessene Frist für die Vorlage bzw. Ergänzung der Nachweise festlegen, die durchaus auch kurz sein könne. Abhängig von der Art des durchgeführten Vergabeverfahrens seit somit auch eine sehr kurze Frist als angemessen anzusehen.

Die Antragstellerin hätte bei Einhaltung der üblichen Sorgfalt eines durchschnittlichen fachkundigen Bieters bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der umfangreichen Einschränkungen der italienischen Regierung am 09.03.2020 entsprechende erste Vorbereitungshandlungen für eine Laborprüfung außerhalb Italiens setzen müssen. Sofern die Antragstellerin behaupte, die Vorlaufzeit für die Organisation von Laborprüfungen in Österreich sei zu kurz, so sei ihr vorzuhalten, dass sie diesen Zeitmangel selbst zu vertreten habe. Sie habe auch nicht mitgeteilt, dass sie mehr Zeit benötige, sondern lediglich, dass die Laborprüfungen in naher Zukunft nicht in Italien stattfinden könnten.

Sofern die Bieter die Nachweise der bestandsfesten Mindestanforderungen nicht erbringen könnten, sei davon auszugehen, dass die Bieter unrichtige Angaben über jene Funktionen gemacht hätten, die bereits bei Angebotsvorlage hätten vorliegen müssen. Diesfalls würde aber ein Widerspruch zu den Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen vorliegen, der dazu führt, dass das davon betroffene Angebot nicht weiter berücksichtigt werden dürfe.

Die gegenständlich bekämpften Anforderungen (E-Mail vom 20.03.2020) seien daher fallbezogen schon deshalb nicht relevant, weil die Antragstellerin schon die bestandsfest festgelegten Grundanforderungen der Beilage A-10 Testkonzepte/-katalog sowie die mit E-Mail vom 10.03.2020 bestandsfest festgelegten Anforderungen an den Ort der Laborprüfung (außerhalb von Italien) nicht erfüllt habe. Das Angebot der Antragstellerin dürfe daher schon aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden.

Zur Gleichbehandlung der Bieter führte die Auftraggeberin aus, dass die Vorgaben für jeden einzelnen verbliebenen Bieter im gleichen Umfang gelten würden. Bei allen anderen Bietern sei die Laborprüfung in Österreich unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen erfolgt. Die Organisation der Laborprüfung läge in der Sphäre der Antragsteller und nicht in jener der Antragsgegnerin. Die aktuelle Covid-19 Situation dürfe auch nicht dazu führen, dass die Auftraggeberin auf die erforderlichen Nachweise und deren Überprüfung verzichten müsse. Sofern die Antragstellerin moniere, dass zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung der Antragstellerin bestanden hätte, vor Abgabe der Letztangebote eine Laborprüfung durchzuführen, werde darauf hinzuweisen, dass die Laborprüfungen bei allen anderen Bietern vor dem Ende der Angebotsfrist erfolgt seien. Alle Bieter hätten für die Vorbereitung der Laborprüfung gleich lange Zeit gehabt.

Zur Fortführung des Vergabeverfahrens im Hinblick auf das 4. COVID-19-Gesetz führte die Auftraggeberin aus, dass mit dem 4. COVID-19 Gesetz, BGBl. I Nr. 24/2020, die Bestimmungen des verwaltungsrechtlichen COVID-19 Begleitgesetzes- COVID-19-VwBG, BGBl. 1 Nr.16/2020 weitestgehend zurückgenommen worden seien. Die Sondersituation im Bereich des öffentlichen Auftragswesens würde Adaptionen der allgemeinen Regelung erforderlich machen, um wirtschaftliche Schäden möglichst gering zu halten. Insbesondere die nach § 1 COVID-19-VwBG vorgesehene Unterbrechung der Fristen in anhängigen behördlichen Verfahren sei für den Bereich der Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen frühzeitig beendet und zum „regulären“ Fristenregime zurückgekehrt worden, um unabsehbare und unerwünschte negative wirtschaftliche Konsequenzen zu vermeiden. Wie im Bericht des Budgetausschusses richtig festgehalten worden sei, würden sämtliche Festlegungen und Entscheidungen bis zum in § 2 COVID-19-VwBG bestimmten Zeitraum (30.04.2020) nicht mehr bestandsfest werden und einem Auftraggeber die Rechtssicherheit nehmen, da Entscheidungen bis dahin angefochten werden könnten. Ein Zuwarten mit der Vergabe bis zum Ende der Fristenhemmung gemäß COVID-19-VwBG würde vor allem bei derzeit laufenden, regulären Vergabeverfahren (zB. Infrastrukturprojekten) entweder zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit oder zu einer derzeit nicht absehbaren Verzögerung führen. Daraus folge, dass der Gesetzgeber in Vergabeverfahren die Folgen der allgemeinen Fristenhemmung des § 1 COVID-19-VwBG nie intendiert habe. Die sich daraus ergebenden unabsehbaren negativen wirtschaftlichen Konsequenzen sollten nach dem Willen des Gesetzgebers sogar möglichst vermieden und nicht noch beschleunigt werden. Zusammengefasst sei daher festzuhalten, dass die Festlegungen nicht vergaberechtswidrig seien, weshalb der Nachprüfungsantrag abzuweisen sei. Die Antragsgegnerin stelle die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge die Anträge der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren vom 30.03.2020 zurück-, in eventu abweisen.

5. Mit Schriftsatz vom 20.04.2020 nahm die Antragstellerin zum Vorbringen der Antragsgegnerin Stellung und brachte vor, dass sie ausdrücklich jene Feststellungen aus dem Schreiben vom 20.03.2020 der Antragsgegnerin bekämpfe, wonach die Antragstellerin die Laborprüfung bis zum 02.04.2020 in Österreich durchzuführen habe.

Zur Dringlichkeit der Umsetzung des ETCS-Level 2 Systems brachte die Antragstellerin vor, dass die in der Planungsphase befindliche Umsetzung schrittweise projektiert und sich über den Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken werde. Es sei daher auszuschließen, dass eine verhältnismäßige Verlängerung der Frist zur Durchführung der Labortests die Sicherheit des österreichischen Schienennetzes, welches bereits zum jetzigen Zeitpunkt auch ohne Vorhandensein des österreichischen ETCS-Level 2-Systems einen hohen Sicherheitsstandard vorweise, beinträchtigen würde. Ein Zuwarten hätte daher keinerlei Einfluss auf den derzeitigen Schienenbetrieb der Antragsgegnerin. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin nach einer Verfahrensdauer von einem Jahr und neun Monaten sowie einer kommerziellen Wiederholung der Schlussrunde nun plötzlich auf die Durchführung der Labortests in Österreich bis spätestens 02.04.2020, also knapp vor der Frist zur Legung des letzten kommerziellen Angebots, bestanden habe. Wie die Antragsgegnerin selbst ausgeführt habe, hätte mit der Durchführung der Labortests lediglich geprüft werden sollen, ob die bereits „eingefrorenen“ technischen Angebotsteile plausibel und nachvollziehbar seien. Daraus folge gleichzeitig, dass die Überprüfung mittels eines Labortests völlig losgelöst sei und daher weder in zeitlicher Hinsicht, noch unter dem Aspekt der festgelegten Verfahrensabfolge, eine verfahrensrechtliche Notwendigkeit bestehe, die Labortests vor der kommerziellen Schlussrunde durchzuführen. Eine verhältnismäßige Fristverlängerung habe daher keine Besser- oder Schlechterstellung der Bieter zur Folge.

Zur Verschiebung des Labortermins und der Verlängerung der Frist führte die Antragstellerin aus, dass sie entgegen den Behauptungen der Auftraggeberin keineswegs die Verschiebung der Labortests auf unbestimmte Zeit verlangt habe. Vielmehr habe sie in ihrem Schreiben vom 17.03.2020 den Termin zur Durchführung der Labortests zu einem Zeitpunkt verschieben wollen, an welchem sich die Gesundheitssituation verbessert habe und die Einschränkungen der Sondermaßnahmen in Österreich und Italien aufgehoben worden wären. Der Antragstellerin habe auf Grund der rasanten Ausbreitung der COVID-19 Pandemie nicht zugemutet werden können, den exakten Zeitpunkt für den Labortest vorherzusehen. Es sei keine andere Möglichkeit geblieben, als diese Verschiebung der Frist an die Lockerung der Sondermaßnahmen zu knüpfen. Das Ansuchen der Antragstellerin vom 17.03.2020 sei ausschließlich auf Grund der Widrigkeiten in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie erfolgt und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, die Labortests in Italien oder einem anderen europäischen Labor durchzuführen. Die Antragsgegnerin habe in diesem Schreiben vom 20.03.2020 angeführt, dass die Einreise bei Vorlage von entsprechenden ärztlichen Attesten möglich sei. Diesbezüglich werde festgehalten, dass Italien zu diesem Zeitpunkt auf den Höhepunkt der COVID-19 Pandemie zusteuerte. Der Antragstellerin sei es faktisch und rechtlich unmöglich gewesen, ein Attest für die Mitarbeiter für berufliche Zwecke zur Einreise nach Österreich zu erhalten. Der Antragsgegnerin habe bekannt sein müssen, dass die Antragstellerin kein entsprechendes Labor in Österreich installiert habe und dass eine gänzliche Neueinrichtung eines solchen Labors üblicherweise mehrere Monate in Anspruch nehmen würde. Eine so kurzfristige Laboreinrichtung in einem Zeitraum von nicht einmal zwei Wochen sei schon unter normalen Umständen ein aussichtsloses Unterfangen. In Anbetracht der COVID-19 Pandemie hätte die Antragsgegnerin damit jedoch etwas geradezu Unmögliches verlangt.

Zum Vorhalt, die Antragstellerin hätte den Zeitmangel für die Organisation der Laborprüfung in Österreich selbst zu vertreten, werde festgehalten, dass die Antragstellerin bis zum 20.03.2020 gar nicht damit rechnen habe können, die Laborprüfung in Österreich durchführen zu müssen. Erst mit Schreiben vom 10.03.2020 habe die Auftraggeberin in Abweichung ihrer ursprünglichen Festlegung, wonach die Bieter den Ort des Labortests bekanntzugeben hätten, festgelegt, dass ein alternatives Labor in Europa, außerhalb von Italien, von der Antragstellerin mitzuteilen sei. Die Festlegung vom 20.03.2020 (Laborprüfung in Österreich) könne nur so interpretiert werden, dass sie die Festlegung vom 10.03.2020 (Laborprüfung in Europa, außerhalb Italiens) außer Kraft setze. Wenn nun die Auftraggeberin behaupte, dass die Antragstellerin innerhalb der bestandsfest festgelegten Frist nicht nachgewiesen habe, dass eine Laborprüfung außerhalb von Italien möglich sei, so ginge dieses Vorbringen völlig ins Leere, da die Antragstellerin dazu gar nicht verpflichtet sei.

Wenn die Antragsgegnerin nun argumentiere, dass die Subunternehmerin die Durchführung der Labortests bewerkstelligen hätte können, so werde entgegnet, dass die Subunternehmerin im Stadium des Vergabeverfahrens lediglich als (technische) Beraterin herangezogen worden sei, über kein entsprechendes Labor in Österreich verfüge und daher keine Vereinfachungen für eine kurzfristige Laboreinrichtung zu erwarten gewesen wären.

Zur Fristbemessung in Hinblick auf das 4.COVID-19 Gesetz führte die Antragstellerin aus, dass im gegenständlichen Verfahren ein Vergabeverfahren zur Beschaffung sicherheitskritischer Schieneninfrastruktur vorliege. Keinesfalls handle es sich bei dem gegenständlichen Verfahren um eine „Notvergabe“, die zur Verhütung und Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 förderlich sei und bei der die gesetzlichen Mindestfristen nicht zu beachten wären. Jedenfalls werde auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Justiz, Stabsstelle Bereich Vergaberecht, vom 30.03.2020 bezüglich der Anwendung der vergaberechtlichen Regelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise verwiesen. Unter Punkt C.1. dieses Rundschreibens werden die Auftraggeber vor dem Hintergrund der derzeitigen Umstände zur Prüfung aufgefordert, ob die in den laufenden Verfahren festgelegten Fristen zu verlängern seien. Eine derartige Verlängerung sei insbesondere deswegen geboten, da die aktuellen Einschränkungen des Arbeitsalltages die Prozesse der Unternehmen verlangsamen bzw. verunmöglichen würden. Mit dem Rundschreiben ergehe damit die ausdrückliche Empfehlung, Fristen in laufenden Verfahren großzügig zu bemessen.

Zur Festlegung „Labortest Vorort in Österreich“ führte die Antragstellerin aus, dass das BVergG zwar keine Bestimmungen vorsehe, wonach Angebotsprüfungen ausländischer Bieter im Ausland stattfinden müssten, jedoch sei ebenso wenig darauf abzustellen, in welchem geographischen bzw. örtlichen Rahmen ein österreichischer Auftraggeber die vergaberechtlichen Verfahrensschritte setze. Wie von der Antragsgegnerin festgelegt, sei von Anfang an allen Bietern zugestanden, den Ort zur Durchführung der Labortests selbst auszuwählen.

Zur Diskriminierung führte die Antragstellerin aus, dass erst durch die nachträgliche Festlegung der Testdurchführung in Österreich eine negative Diskriminierung der Antragstellerin eingetreten sei. Weiters sei nicht ersichtlich, woraus die Antragsgegnerin ableite, dass die für die Laborprüfung festgelegten Anforderungen von der Antragstellerin nicht erfüllt werden würden, obwohl ein Labortest noch gar nicht stattgefunden habe. Gegenstand des Workshops sei weder die Nachweiserbringung irgendwelcher technischer Anforderungen noch die Nachprüfung der Angaben im technischen Letztangebot gewesen. Eine Ausscheidensentscheidung aufgrund von Mutmaßungen der Antragsgegnerin im Rahmen des Vorbereitungsworkshops sei daher jedenfalls unzulässig und von den vergaberechtlichen Verfahrensbestimmungen nicht gedeckt.

6. Am 05.05.2020 wurde für den 04.06.2020 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Hierbei wurde die Auftraggeberin aufgefordert zur Stellungnahme der Antragstellerin vom 20.04.2020 bis 14 Tage vor der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen.

7. Am 19.05.2020 wurde das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden.

8. Mit Schriftsatz vom 28.05.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 29.05.2020 eingelangt, stellte die Antragstellerin einen zur Zl. W139 2231375-1 protokollierten Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung vom 19.05.2020 und regte im Sinne einer ökonomischen Verfahrensführung eine Verbindung der Verfahren mit dem Nachprüfungsverfahren zu Zl. W139 2230047 an.

Die Antragstellerin wiederholte den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt. Mit Schreiben vom 19.05.2020 habe die Auftraggeberin, unter Angabe mehrere Gründe mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden werde. Der vorliegende Nachprüfungsantrag der Antragstellerin richte sich gegen das mit Schreiben vom 19.05.2020 mitgeteilte Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin und somit gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 16 BVergG 2006. Der Nachprüfungsauftrag sei zulässig, die Pauschalgebühren seien entrichtet worden. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.

Begründend führte die Antragstellerin aus, dass die Ausscheidensentscheidung jeglicher faktischen und rechtlichen Grundlage entbehre und daher rechtwidrig und nicht mit den Verfahrensbestimmungen des gegenständlichen Vergabeverfahrens in Einklang zu bringen sei.

Zum Durchführungsort der Laborprüfung (Punkt 1.1.1. der Ausscheidensentscheidung) gab die Antragstellerin an, dass die Auftraggeberin innerhalb eines Monats mehrmals ihre Festlegung auf den Ort zur Durchführung der Labortests zu einem Zeitpunkt geändert habe, als sich die COVID-19 Pandemie in Österreich bzw. Italien bereits auf dem Höhepunkt befunden habe.

Mit Schreiben vom 10.03.2020 habe die Auftraggeberin ihre Festlegung geändert und die Antragstellerin aufgefordert die Laborprüfung in Europa, außerhalb Italiens durchzuführen. Die Auftraggeberin habe in ihrer Ausscheidensentscheidung vom 19.05.2020 ihre eigene Festlegung vom 10.03.2020 ignoriert, wohl um nicht eingestehen zu müssen, dass sie ihre Festlegung vom 10.03.2020 selbst revidiert habe. Die Auftraggeberin behaupte nun in ihrer Ausscheidensentscheidung vom 19.05.2020, dass die mit Schreiben vom 10.03.2020 getroffene Festlegung von der Antragstellerin nicht bekämpft worden sei und damit bestandsfest geworden sei. Da aber die Festlegung vom 10.03.2020 von der Auftraggeberin selbst durch Änderung des Ortes zur Durchführung der Laborprüfung außer Kraft gesetzt worden sei, bestehe seitens der Antragstellerin keine Verpflichtung ein Labor in Europa, außerhalb von Italien bekannt zu geben. Aus diesem Grund habe auch keine Notwendigkeit bestanden die Festlegung vom 10.03.2020 zu bekämpfen. Zum Schreiben der Antragstellerin vom 10.04.2020 sei festzuhalten, dass dieses mit der Intention verfasst und übermittelt worden sei, der Auftraggeberin die Bereitschaft der Antragstellerin zur Durchführung der Labortests darzulegen. Der von der Auftraggeberin behauptete Ausscheidensgrund liege daher nicht vor.

Es liege auch kein Wegfall der Eignung vor, wie in Punkt 1.1.2. der Ausscheidensentscheidung angeführt worden sei. Weder die Ausbreitung der Pandemie noch die damit einhergehenden Maßnahmen der italienischen Regierung seien für die Antragstellerin vorhersehbar gewesen. Die Schließung der Büroräumlichkeiten der Antragstellerin und damit auch die Schließung der Testräume in XXXX , sei vielmehr auf behördliche Anordnung erfolgt und stelle somit eine aus dem öffentlichen Interesse resultierende Verpflichtung zum Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit dar. Dass die Antragsgegnerin die Betriebsbereitschaft bzw. die Verfügbarkeit der Büroräumlichkeiten der Antragstellerin als Eignungskriterium erachte, sei verfehlt. Keinesfalls stelle die (dauerhafte) Betriebsbereitschaft bzw. die Verfügbarkeit des Testlabors zur Durchführung der Simulation ein technisches Eignungskriterium dar. Lediglich der Nachweis der Testmerkmale bzw. Anforderungen aus dem Konformitätsnachweis würden Eignungskriterien bilden, jedoch nicht die Betriebsbereitschaft der Laborräumlichkeiten. In der Ausschreibungsunterlage sei die durchgehende Bereitschaft der Laborräumlichkeiten auch nicht als Eignungskriterium festgelegt. Dies gehe auch aus Punkt 4.2.4. der Beilage A-10 Testkonzept/-Katalog hervor, wonach die Testdurchführung dem Bieter obliege und erst zu erfolgen habe, wenn die notwendigen Vorbedingungen erfüllt seien. Unter der Annahme, dass die Betriebsbereitschaft der Laborräumlichkeiten als Eignungskriterium zu qualifizieren wäre, würde dieses Kriterium aber gleichermaßen für alle Bieter gelten müssen, sodass potentiell auch die anderen Bieter von dem Vergabeverfahren auszuscheiden seien, da auch diese mit der Schließung ihrer für die Laborprüfung notwendigen Betriebsstätten aufgrund der europaweisen Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der COVID-19 Pandemie konfrontiert gewesen seien. Der von der Auftraggeberin vorgebrachte Ausscheidensgrund liege daher nicht vor.

Zu den Angaben, dass keine ausschreibungskonforme Überprüfung der Mindestanforderungen vorliege wie in Punkt 1.1.3 der Ausscheidensentscheidung angeführt worden sei, führte die Antragstellerin aus, dass in Zusammenhang mit der Durchführung des Abstimmungsworkshops festzuhalten sei, dass dieser lediglich zur Vorbereitung der Laborprüfung abgehalten worden sei. Die Nachweiserbringung oder Demonstration der Testmerkmale (technische Mindestanforderungen) sei nicht Gegenstand des Abstimmungsworkshops gewesen, sondern erst im Rahmen der Laborprüfung zu ermitteln. Die Behauptungen der Auftraggeberin, wonach die Laborprüfung auch deshalb nicht durchgeführt hätte werden können, weil nicht nachgewiesen worden sei, dass die Mindestanforderungen erfüllt seien, entbehre daher jeglicher Grundlage. Die Antragstellerin habe noch gar nicht die Möglichkeit gehabt, die Mindestanforderungen im Rahmen der Laborprüfung nachzuweisen. Die Beurteilung der Mindestanforderungen ohne Durchführung einer entsprechenden Laborprüfung, käme einer Vorwegnahme des Testergebnisses gleich. Die Antragstellerin habe in ihrem Antwortschreiben vom 24.03.2020 detailliert Stellung zu den Mindestanforderungen genommen und damit sämtliche Anfragen seitens der Auftraggeberin klargestellt. Aus diesem Grund liege auch kein Ausscheidensgrund vor.

Zur Strafregisterbescheinigung von XXXX , wie in Punkt 1.2. der Ausscheidensentscheidung angeführt, führte die Antragstellerin aus, dass die Strafregisterbescheinigung von XXXX mit dem Erstangebot am 29.04.2019, gemeinsam mit den Strafregisterauszügen der seit Übermittlung der Teilnahmeunterlage neu hinzugetretenen Geschäftsführungsmitglieder, eingereicht worden seien. Die Strafregisterbescheinigung von XXXX sei mit 21.03.2019 datiert. Dementsprechend sei der Nachweis der Antragstellerin, dass im Zeitpunkt der Abgabe des Teilnahmeantrages am 25.07.2018 keine Verurteilungen bei XXXX vorlagen, erbracht worden. Aus diesem Grunde liege kein Ausscheidensgrund vor.

Zum Ausscheidenspunkt Schlüsselpersonen gemäß Punkt 1.3. der Ausscheidensentscheidung brachte die Antragstellerin wie folgt vor:

Zum Projektleiter XXXX behauptete die Auftraggeberin, dass für zwei Referenzprojekte falsche Angaben gemacht worden seien. Dieser sei bis inklusive Jänner 2012 beim Referenzprojekt XXXX als Projektleiter tätig gewesen. Hinsichtlich der Inbetriebnahme habe es Diskrepanzen gegeben, sodass es mehrere mögliche „Inbetriebnahmezeitpunkte“ gegeben habe. Der Auftraggeberin seien diese Umstände bekannt gewesen, weswegen diese Diskrepanz insbesondere in der ersten Verhandlungsrunde bzw. im ersten Aufklärungsgespräch am 19.06.2019 zwischen der Auftraggeberin und der Antragstellerin diskutiert worden sei. Um diese Diskrepanz zwischen den verschiedenen Inbetriebnahmezeitpunkten klarzustellen, habe die Auftraggeberin daher vorgeschlagen Punkt 1.4. des entsprechenden Formblattes A.1. Projekterfahrung XXXX als mit „Nein“ angekreuzt zu betrachten, was auch im Protokoll festgehalten worden sei. Somit sei aber die Behauptung des Auftraggebers, wonach die Antragstellerin falsche Angaben im Zusammenhang mit der Schlüsselperson XXXX abgegeben habe, nicht richtig. Selbst wenn sich die Angaben als unzutreffend herausgestellt haben sollten, so sei der Antragstellerin keinerlei Verschulden daran vorzuwerfen. Darüber hinaus habe die Auftraggeberin die im Erstangebot übermittelten Unterlagen akzeptiert und die Antragstellerin auch zur Legung eines Zweitangebotes bzw. Letztangebotes eingeladen. Ein Ausschlussgrund liege daher nicht vor.

Zum Technischen Projektleiter XXXX , in Punkt 1.3.3. der Ausscheidensentscheidung brachte die Antragstellerin vor, dass die im Formblatt angeführten Referenzprojekte separate Referenzprojekte darstellen würden, welche parallel von XXXX abgewickelt worden seien. Der im Rahmen der ersten Aufklärungs- bzw. Verhandlungsrunde vom 19.06.2019 von der Auftraggeberin getätigten Aufforderung, Bestätigungen des jeweiligen Referenzauftraggebers vorzulegen, sei nachgekommen worden, da die Antragstellerin für das Referenzprojekt „ XXXX “ die Bestätigung des diesbezüglichen Referenzauftraggebers mit ihrem Zweitangebot vom 04.10.2019 vorgelegt habe. Für das zweite Referenzprojekt habe aufgrund interner Vorgaben des Referenzauftraggebers keine Bestätigung eingeholt werden können. Mit Vorlage der Bestätigung seien die Mindestanforderungen somit sehr wohl erfüllt, da lediglich mindestens ein Referenzprojekt nachzuweisen gewesen sei. Die Auftraggeberin habe das Erstangebot darüber hinaus auch akzeptiert und die Antragstellerin zur Legung eines Zweitangebotes bzw. Letztangebotes eingeladen. Somit liege auch in diesem Punkt kein Ausscheidungs- bzw. Ausschlussgrund vor, da die Antragstellerin weder unrichtige Angaben gemacht habe, noch die Mindestanforderungen nicht erfüllt hätten.

Zum Test Manager XXXX gemäß Punkt 1.3.4. der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass hinsichtlich des Referenzprojektes „ XXXX “ keine Bestätigung des Referenzauftraggebers vorgelegt worden sei, da diese von einem Mitarbeiter der XXXX unterfertigt worden sei. Dazu sei auszuführen, dass die XXXX ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der XXXX sei und somit zur Gänze in das Konzerngefüge der XXXX integriert sei. Die Bestätigung erfolgte daher auch im Namen des entsprechenden Referenzauftraggebers. Richtig sei des Weiteren, dass für zwei andere Referenzprojekte keine Bestätigung des Referenzauftraggebers vorgelegt bzw. ein Referenzprojekt nicht in Betrieb genommen worden sei. Dies führe jedoch nicht zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren, sondern lediglich zu einem Punkteabzug im Rahmen der Zuschlagsbewertung. Ein Ausschlussgrund liege daher nicht vor.

Zur Subunternehmernennung XXXX gemäß Punkt 1.3.4.3 der Ausscheidensentscheidung, gab die Antragstellerin an, dass die Schlüsselperson XXXX in einem arbeitnehmerähnlichen Vertragsverhältnis zur XXXX stehe. Die Antragstellerin habe deshalb keine Subunternehmernennung vorgenommen. Die XXXX sei jedoch vollständig in das Konzerngefüge der XXXX integriert, weshalb auch das Teaming Agreement abgeschlossen worden sei. In Italien würden derartige Vereinbarungen regelmäßig abgeschlossen werden. Aufgrund des auslaufenden Vertragsverhältnisses habe die Antragstellerin in ihrem Zweitangebot XXXX als Subunternehmer genannt. Im Teaming Agreement sei festgehalten worden, dass er im Falle der Erteilung des Zuschlages der Antragstellerin zur Verfügung stehen würde. Deshalb liege auch in diesem Punkt kein Ausschlussgrund vor.

Zur Stellvertreterin „Fachexpertin Quality“ in der Person von XXXX gemäß Punkt 1.3.5 der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass sie in ihrem Aufklärungsschreiben vom 24.04.2020 klargestellt habe, dass XXXX als Stellvertreterin „Fachexperte Quality“ nicht mehr zur Verfügung stehe. Im gleichen Schreiben habe die Antragstellerin XXXX als Schlüsselperson Stellvertreterin „Fachexperte Quality“ genannt und alle erforderlichen Unterlagen nachgereicht. Die Antragstellerin habe daher den Mangel, der in der Verfügbarkeit der ursprünglich nominierten (nicht bewertungsrelevanten) Schlüsselperson gelegen sei, behoben, indem sie eine neue Stellvertreterin „Fachexperte Quality“ nominiert habe. Der Weggang von XXXX sei nicht in der Sphäre der Antragstellerin gelegen, sondern sei auf deren eigenen Wunsch erfolgt, woran sie natürlich nicht habe gehindert werden können. Auch aus diesem Punkt lägen keine Gründe vor, die zu einem Ausschluss der Antragstellerin führen würden.

Zur Arbeitskräfteüberlassung XXXX gemäß Punkt 1.3.6. der Ausscheidensentscheidung sei festzuhalten, dass die Antragstellerin den Aufforderungen der Auftraggeberin jederzeit nachgekommen sei. Im Rahmen der Aufklärungs- bzw. Verhandlungsgespräche sei das Thema der Zurverfügungstellung erörtert worden, die Übermittlung der Einverständniserklärung zur Arbeitskräfteüberlassung sei zu diesem Zeitpunkt nicht von der Auftraggeberin angefordert worden. Erst mit Aufklärungsersuchen vom 20.04.2020 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin aufgefordert, die Einverständniserklärungen zur Arbeitskräfteüberlassung der einzelnen Arbeitnehmer vorzulegen. Die Antragstellerin habe dieser Aufforderung mit Schreiben vom 24.04.2020 Folge geleistet und die entsprechenden Unterlagen übermittelt. Nicht richtig sei somit die Behauptung der Auftraggeberin, wonach beizubringende Nachweise erst nach mehrfachem Aufklärungs- und Verbesserungsersuchen vorgelegt worden seien. Damit liege auch in diesem Punkt kein Ausscheidensgrund vor.

Zum Vorwurf der mangelnden beruflichen Zuverlässigkeit gemäß Punkt 1.4. der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass der Ausschluss wegen mangelnder beruflicher Zuverlässigkeit keinesfalls gerechtfertigt sei und auf keines der in der Ausscheidensentscheidung angeführten Projekte zutreffe. Dass es im Referenzprojekt XXXX zu massiven Mängeln und Ungereimtheiten gekommen sei, sei nicht richtig und könne nicht nachvollzogen werden. Der Antragstellerin seien keine derartigen Mängel bekannt. Vielmehr habe die dortige Auftraggeberin die erforderlichen Mitwirkungsleistungen und die weitere Umsetzung aus unterschiedlichen Erwägungen nicht erbracht und das Projekt bislang nicht fortgesetzt. Entgegen den Ausführungen der Auftraggeberin habe die Antragstellerin zwar die Inbetriebnahme des XXXX Projektes angeführt, jedoch später die technische Abnahme dieses Projektes präzisiert. Ein Widerspruch zu den abgegebenen Angaben sei daher nicht ersichtlich. Auch sei keine Reduktion des Leistungsumfanges, sondern lediglich eine Projektsuspension infolge eines in der Sphäre der dortigen Auftraggeberin liegenden Grundes vorgelegen. Gegen dementsprechende Mutmaßungen der Auftraggeberin verwehre sich die Antragstellerin entschieden.

Zum Referenzprojekt XXXX führte die Antragstellerin aus, dass entgegen den Behauptungen der Auftraggeberin bei dem angeführten Projekt keine Mängel und Ungereimtheiten aufgetreten seien, die einer Inbetriebnahme entgegengestanden hätten. Die Antragstellerin habe zwar die Inbetriebnahme des XXXX Projektes angeführt, jedoch später die technische Abnahme dieses Projektes präzisiert. Ein Widerspruch zu den abgegebenen Angaben sei daher nicht ersichtlich. Auch habe keine Reduktion des Leistungsumfanges, sondern lediglich eine Projektsuspension infolge eines in der Sphäre der dortigen Auftraggeberin liegenden Grundes vorgelegen. Aus derzeitigen Verhandlungen mit dem für den weiteren Ausbau des angeführten Projektes zuständigen Unternehmen würden sich allerdings keine Mängel und Ungereimtheiten beim bislang erfolgten Projektausbau ableiten lassen.

Zum Projekt „ XXXX “ führte die Antragstellerin aus, dass infolge einer Geheimhaltungsvereinbarung zwischen einem Tochterunternehmen der Antragstellerin und der XXXX lediglich kursorisch über dieses Projekt berichtet werden könne. Zudem handle es sich hier ebenfalls weder um ein Referenzprojekt der Antragstellerin noch um dieselbe Technologie für das gegenständliche Projekt. Im November 2017 sei der XXXX eine Kündigungserklärung der XXXX zugestellt worden. Diese habe sich dabei auf angebliche Verzögerungen bei der Fertigstellung und angebliche Nichteinhaltung anderer vertraglicher Verpflichtungen berufen. Diese Kündigung sei angefochten worden und die Entscheidung werde für Mitte März 2021 erwartet. Die Antragstellerin habe sehr wohl Auskunft zum angeführten Projekt gegeben. Weitere Ausführungen würden jedoch jeglicher Rechtsgrundlage entbehren, da es sich weder um ein Referenzprojekt noch um ein Projekt der Antragstellerin handle. Mangels Einbeziehung der Antragstellerin in das oben angeführte Schiedsverfahren sowie mangels Feststellung einer schweren Verfehlung der Antragstellerin, liege der Ausschlussgrund des § 229 Abs. 2 Z 5 BVergG jedenfalls nicht vor.

Zum XXXX führte die Antragstellerin aus, dass sie den Vorwurf, wonach das XXXX , auf das Entschiedenste zurückweise. Zum festgestellten Sachverhalt führte sie aus, dass XXXX XXXX Die XXXX habe eine Untersuchung vorgenommen und die Erkenntnisse in einem Bericht zusammengefasst, welcher Empfehlungen an die XXXX sowie an ein Unternehmen der XXXX enthalten habe. Dem vorgenannten Unternehmen sei empfohlen worden, XXXX . Seitens dieses Unternehmens sei als Sofortmaßnahme an XXXX vorgeschlagen worden, um allfällige XXXX Empfehlungen umzusetzen. Aus der Dokumentation sei ersichtlich, dass von einem Schadensersatzanspruch oder einer Vertragsbeendigung keine Rede sei. Wie bereits angeführt könne lediglich eine schwere Verfehlung der Antragstellerin den Ausschlussgrund des § 229 Abs 2 Z 5 BVergG erfüllen, nicht jedoch allfällige, nicht einmal den Tatbestand von Verfehlungen erfüllende Maßnahmen, seitens eines verbundenen Unternehmens.

Zum Vorwurf der Änderung des Bieters gab die Antragstellerin an, dass die XXXX bereits im November 2015 ein großes Aktienpaket von XXXX erworben habe und ein Übernahmeangebot für die restlichen Unternehmensanteile vorgelegt habe. Im Herbst 2015 habe die XXXX eine Beteiligungsmehrheit von XXXX am Grundkapital und somit Kontrolle über die Antragstellerin erhalten. Im November 2018 habe XXXX gemäß des genannten Vertrages XXXX des Grundkapitals der Antragstellerin gehalten. Im Januar 2019 habe nach Abschluss des von der XXXX festgelegten Verfahrens zum Erwerb des gesamten Aktienkapitals der Antragstellerin, XXXX eine Beteiligung in Höhe von XXXX des Grundkapitals der Antragstellerin erhalten. Am 30.10.2019 seien die Gesellschaften XXXX und XXXX im Wege einer gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung in die XXXX verschmolzen. Als Folge dieser Umstrukturierungsmaßnahmen sei nunmehr XXXX , anstelle der XXXX Gesellschafterin der XXXX . zur XXXX gekommen. Die personellen und materiellen Ressourcen für die Ausführung der im Rahmen dieses Vergabeverfahrens zu vergebenden Dienstleistungen seien jederzeit unverändert zur Verfügung gestanden. Darüber sei die Auftraggeberin mündlich informiert worden, die laut mündlicher Bestätigung keine weiteren Informationen hierzu gefordert habe. Von einer Änderung der tatsächlichen Identität der Antragstellerin könne nicht gesprochen werden. Aus vergaberechtlicher Perspektive beurteile die Auftraggeberin den vorstehend angeführten Erwerbsvorgang nicht richtig, da bei Kapitalgesellschaften neben dem Trennungsprinzip (dh Trennung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter) auch der Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktien/Gesellschaftsanteile, insbesondere bei an der Börse notierten Aktiengesellschaften gelte. Hier bewirke eine Änderung unterschiedlicher Investoren eben keine Änderung der Identität als juristische Person. Die Übertragung von Gesellschafteranteilen an der Antragstellerin sei daher nicht als Auftragnehmerwechsel zu werten. Im konkreten Fall sei ein finanzkräftiger Investor hinzugekommen, was unter Berücksichtigung der hL für eine Bejahung der Eignung der Antragstellerin spreche.

Die Antragstellerin stellte die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge ein Nachprüfungsverfahren einleiten, eine mündliche Verhandlung anberaumen, nach Durchführung des Nachprüfungsverfahrens das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin gemäß Schreiben der Auftraggeberin vom 19.05.2020 für nichtig erklären sowie der Antragstellerin den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zusprechen und der Auftraggeberin die Zahlung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution gemäß § 19a RAO zu Handen der Antragstellerin auftragen. Des Weiteren beantragte die Antragstellerin Akteneinsicht im Sinne des § 17 AVG.

9. Die Auftraggeberin nahm mit Replik vom 29.05.2020 zur Stellungnahme der Antragstellerin vom 20.04.2020 Stellung und teilte mit, dass das Angebot der Antragstellerin mit Schreiben vom 18.05.2020, der Antragstellerin am 19.05.2020 zugestellt, gemäß § 229 Abs 1 Z 5 und Z 7 BVergG 2006 (§ 249 Abs 2 Z 8 und Z 10 lit c BVergG 2018) und § 230 Z 3 BVergG 2006 sowie gemäß § 269 Abs 1 Z 2 und Z 5 BVergG 2006 (§ 302 Abs 1 Z 2 und Z 5 BVergG 2018) sowie § 269 Abs 3 BVergG 2006 (§ 302 Abs 3 BVergG 2018) aus dem gegenständlichen Vergabeverfahren zwingend auszuscheiden bzw. das Unternehmen der Antragstellerin auszuschließen war.

Zur Stellungnahme der Antragstellerin vom 20.04.2020 führte die Auftraggeberin hinsichtlich der Dringlichkeit der Umsetzung des ETCS-Level 2-Systems aus, dass es sich um ein Vergabeverfahren hinsichtlich der Beschaffung einer sicherheitskritischen Schieneninfrastruktur handle. Das European Train Control System Level 2 (ETCS L2) sei ein für das Zugsicherungssystem unabdingbarer Bestandteil, dessen wesentliche Funktion die Steuerung der Sicherheit des Bahnverkehrs in Europa sei. Eine nicht rechtzeitige Inbetriebnahme von ETCS L2 könne nicht nur den Bahnverkehr in Österreich behindern, sondern auch die Sicherheitsleistung auf dem österreichischen Schienennetz einschränken. Die Antragstellerin hätte etwa zwei Monate Zeit gehabt, den Labortest vorzubereiten. Die Frist für die Durchführung des Labortests sei für alle Bieter gleich bemessen worden. Im Rahmen des Aufklärungsgespräches zum Drittangebot der Antragstellerin am 11.02.2020 sei der Zeitpunkt für die Durchführung der Laborprüfung um eine Woche auf die Kalenderwoche 13/2020 verschoben worden. Die Auftraggeberin habe das Ende der Frist für die Laborprüfung nicht so gesetzt, dass die Frist zwingend vor Abgabe der kommerziellen Angebote hätte enden müssen. Dies habe sich zufällig ergeben. Die Frist für die Durchführung der Laborprüfung der Antragstellerin sei schließlich mit dem gegenständlich angefochtenen Schreiben nochmals verlängert worden und zwar auf den 02.04.2020. Die Auftraggeberin habe die Fristen im Sinne der Gleichbehandlung der Bieter für alle im gegenständlichen Vergabeverfahren verbliebenen Bieter gleich festgelegt.

Zu Punkt 3 der Stellungnahme der Antragstellerin, Verschiebung des Labortermins und Verlängerung der Frist, führte die Auftraggeberin aus, dass die gegenständlich bekämpften Festlegungen, die ursprünglichen Festlegungen hätten berichtigen und die Frist verlängern sollen. Sofern daher die gegenständliche Berichtigung für nichtig erklärt werden sollte, sei für die Antragstellerin nichts gewonnen, da diesfalls die ursprünglichen Festlegungen bzw. die ursprüngliche Frist (Durchführung des Labortests bis 26.03.2020) gelten würde. Die Antragstellerin habe die Verschiebung des Labortests auf eine de-facto unbestimmte Zeit verlangt, weil ein Zeitraum „in naher Zukunft“ oder bis sich die „Gesundheitssituation verbessert [hat] und die Einschränkungen und Sondermaßnahmen in Österreich und in Italien aufgehoben werden“ nicht bestimmt sei. Alternative konkrete Vorschläge, wo und wann die Laborprüfung möglich sei, seien nicht genannt worden. Es sei einer öffentlichen Auftraggeberin aber nicht zumutbar, das Vergabeverfahren auf unbestimmte Zeit zu unterbrechen, weil ein Bieter einen Nachweis nicht innerhalb der festgelegten Frist erbringen könne. Es liege im Ermessen der Auftraggeberin, eine Fristverlängerung im Sinne der Bietergleichbehandlung bei allen Angeboten oder bei keinen Angeboten einzuräumen. Die Auftraggeberin habe auf die aktuelle Situation reagiert und die Frist für die Durchführung der Laborprüfung angemessen und gleich lange erstreckt. Im Übrigen sei die Entwicklung der Coronavirus-Situation in Italien für die Antragstellerin absehbar gewesen. Bereits am 22.02.2020 seien die ersten Todesfälle in Italien aufgrund der Coronavirus-Infektion bekannt gewesen und die Zahl der Infektionen vor allem in XXXX innerhalb der nächsten Tage rapide angestiegen. Bereits am 24.02.2020 habe Italien die meisten Ansteckungsfälle nach China und Südkorea verzeichnet. Der Antragstellerin hätte die Situation und die Entwicklungen in XXXX daher spätestens am 22.02.2020 bekannt sein müssen. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als die italienische Regierung Bewegungsbeschränkungen erlassen habe, hätte die Antragstellerin reagieren und ein alternatives Labor nennen müssen. Demzufolge sei es ihr auch zumutbar gewesen, eine konkrete Frist für die Durchführung der Laborprüfung festzulegen. Insgesamt seien der Antragstellerin mehr als zwei Monate seit der Mitteilung über die Durchführung der Laborprüfung bzw. mehr als fünf Wochen seit Beginn der Coronakrise in XXXX und der Aufforderung zur Nennung eines alternativen Labors in Österreich eingeräumt worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weswegen es der Antragstellerin rechtlich unmöglich gewesen sei, ein Attest für ihre Mitarbeiter einzuholen, welches ein Einreisen nach Österreich ermöglicht hätte.

Zur Behauptung der Antragstellerin, wonach die gänzliche Neueinrichtung eines Labors mehrere Monate beanspruchen würde, führte die Auftraggeberin aus, dass es sich beim gegenständlichen „Labor“ nicht um einen „Reinraum“ oder um einen Raum wie in einem Chemielabor handle. Es werde lediglich ein einziger Büroraum samt Rechner bzw. Computer benötigt, wobei alle wesentlichen Komponenten in einem einzigen Schaltschrank (in der Dimension von ca 60 cm Breite x 150 cm Höhe x 60 cm Tiefe) untergebracht werden könnten, welcher ebenfalls transportierbar gewesen wäre. Daneben würden noch „normale“ PCs benötigt werden. Es wäre daher für die Antragstellerin leicht möglich gewesen, ein Zimmer anzumieten (beispielsweise bei ihrer österreichischen Subunternehmerin) und den seit der Aufforderung vom 29.01.2020 vorinstallierten bzw. vorbereiteten Schaltschrank samt den darin montierten Rechnern mit einem Kleintransporter nach Österreich zu bringen. Dieser Ab- bzw. Aufbau der benötigten Hardware wäre innerhalb von circa einem Tag möglich gewesen. Die kritische Ressource sei nicht die Hardware, sondern die Software und deren Projektierung gewesen. Die Antragstellerin habe lediglich eine Woche vor dem ursprünglich geplanten Labortermin im Rahmen des Vorbereitungsworkshops selbst zugestanden, die festgelegten Mindestanforderungen an die Laborprüfung in XXXX (sic!) nicht erfüllen zu können. Auf der im Zuge des Workshops übergebenen Präsentation seien auf Folie 8 fünf Abweichungen dargestellt worden, sodass die Antragstellerin in diesen Punkten die festgelegten Mindestanforderungen nicht erfüllt habe. Damit habe sie die in der Beilage A-10 Testkonzept bestandsfest festgelegten Mindestanforderungen nicht erfüllt, weshalb die Grundvoraussetzungen für die Durchführung des Labortests nicht gegeben gewesen seien.

Die Festlegung der Auftraggeberin vom 10.03.2020, wonach die Laborprüfung außerhalb von Italien stattfinden müsse und ein alternatives Labor in Europa zu nennen gewesen sei, sei bestandsfest. Eine Laborprüfung in Österreich sei aufgrund der von der österreichischen Regierung erlassenen Maßnahmen möglich gewesen. Dass ein ausländischer Bieter gegenüber einem inländischen Bieter aufgrund von Umständen, die sich im Ausland ereignen würden, höhere Erschwernisse habe, liege nicht in der Sphäre der Auftraggeberin. Im konkreten Fall habe die Antragstellerin Erschwernisse gehabt, welche aufgrund von Maßnahmen der italienischen Regierung entstanden seien. Dieser Umstand könne der Auftraggeberin nicht zugerechnet werden. Wie etwaige Probleme bei der Zustellung von Angeboten, die immer zu Lasten der Bieter gehen würden, müsse dies auch im Zusammenhang mit der Pandemie gelten, wenn etwa dadurch gewisse Nachweise nicht rechtzeitig erbracht werden könnten. Auch wenn Fristen gegebenenfalls angemessen erstreckt werden sollten, bestehe jedenfalls keine Verpflichtung, eine Frist auf eine unbestimmte Zeit zu erstrecken bzw. das Vergabeverfahren so lange zu unterbrechen, bis ein Bieter alle Nachweise beischaffen könne. Gemäß § 90 BVergG 2006 könne die Auftraggeberin die Ausschreibungsunterlagen berichtigen, sofern die Änderungen erforderlich seien, daher sei die Festlegung, dass die Nachweisführung bzw. die Laborprüfung in Österreich stattzufinden haben, nicht unzulässig. Die Grenze für die Zulässigkeit einer Berichtigung bemesse sich danach, ob die Änderung zu einer inhaltlich wesentlichen anderen Ausschreibung geführt hätte. Die Auftraggeberin habe sich das Recht vorbehalten, „im Zuge [der] Konkretisierung [in der 2. Stufe] und im Laufe des weiteren Verfahrens Änderungen bzw. Anpassungen vorzunehmen“ (Pkt 3.1 der Teilnahmeunterlagen). Die Änderung der Ausschreibungsunterlagen und damit die Festlegung der Laborprüfung in Österreich sei aufgrund der aktuellen Coronavirus-Situation jedenfalls erforderlich und sachlich gerechtfertigt gewesen.

Zur angeblichen Diskriminierung der Antragstellerin führte die Auftraggeberin aus, dass die Antragstellerin keiner negativen Diskriminierung unterliege, weil alle Bieter aufgrund der aktuellen Situation zur Vornahme der Laborprüfung in Österreich verpflichtet worden seien. Daher seien alle Bieter formal gleichbehandelt worden. Es liege aber keine versteckte Diskriminierung vor.

10. Mit Schriftsatz vom 05.06.2020 erstattete die Auftraggeberin Stellungnahme zum gesamten Antragsvorbringen der Antragstellerin vom 28.05.2020.

Zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit hätten die Bewerber die in Punkt 13.1 der Teilnahmeunterlagen erforderlichen Unterlagen, beispielsweise einen Auszug aus dem Strafregister betreffend die Bewerber bzw. jener Personen, die in der Geschäftsführung tätig seien oder eine gleichwertige Bescheinigung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes des Bewerbers, vorlegen müssen. Falsch sei daher die Behauptung der Antragstellerin, dass lediglich Strafregisterauskünfte für Personen vorzulegen gewesen wären, die als Geschäftsführer tätig seien, vielmehr seien diese für jene Personen vorzulegen, die in der Geschäftsführung tätig seien. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien auch Prokuristen in der Geschäftsführung tätig, worauf die Bewerber in den Teilnahmeunterlagen ausdrücklich hingewiesen worden seien.

Die „ XXXX “ sei anhand des vom Bieter rechtsgültig ausgefüllten Formblattes Schlüsselpersonal sowie der Vorlage der verlangten Nachweise nachzuweisen. Das Referenzprojekt werde

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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