TE Bvwg Erkenntnis 2021/2/22 W105 2123297-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.02.2021
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Entscheidungsdatum

22.02.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W105 2123297-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.12.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I., II., IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 13.11.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX alias XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 23.02.2022 erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 18.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 03.03.2016, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgeführt, dass für die freiwillige Ausreise des BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung besteht (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis vom 03.01.2018, Zl. XXXX , wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten als unbegründet ab. Gleichzeitig wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 02.01.2019 erteilt.

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF nicht glaubhaft machen habe können, dass er in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung maßgeblicher Intensität ausgesetzt sei. Es hätten sich für den BF vor dem Hintergrund der spezfiischen Länderfeststellungen konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung nach Afghanistan ergeben. Beim BF handle es sich umeinen jungen Mann ohne Schulbildung mit Berufserfahrung als Wachpersonal. Die Familie befinde sich im Iran. Der BF leide an schweren Migräneanfällen, deren Behandlung einer Medikation bedürfe, die in Afghanistan nicht erhältlich sei. Ohne diese Medikation könne nicht von einer Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben und in weiterer Folge von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werden. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, welche unter Berücksichtigung der oben dargelegten persönlichen Verhältnisse des BF und der derzeit in Afghanistan vorherrschenden Versorgungsbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmeschliche und erniedrigende Behandlung darstellen würde.

Am 13.11.2018 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung und legte dem Antrag ein Konvolut an Beweismitteln zum Nachweis seiner Integrationsbemühungen bei.

Diesbezüglich wurde er am 14.12.2018 seitens des BFA niederschriftlich einvernommen und gab im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll:

Er nehme derzeit die Medikamente Dymista gegen Kopfweh und Saroten gegen Stress und Schlaflosigkeit ein. Seine Mutter sei verstorben, jedoch würden seien Tante, sein Onkel sowie sein Vater und seine Halbgeschwister im Iran leben. Er habe einen entfernen Verwandten in Herat, konret den Neffen seiner Großmutter. In Herat sei er eine Nacht aufhältig gewesen. Er habe in Österreich A1 Deutschkurse besucht und für die Gemeinde gearbeitet. Er arbeite seit einem Monat bei der Firma XXXX . In Bezug auf etwaige Rückkehrbefürchtungen gab er an, dass er in Afghanistan keinen Platz hätte, an den er zurückkehren könne. Er habe auch niemanden, der ihn unterstützen könne. Würde er in sein Heimatdorf zurückkehren, müsste er mit den Taliban zusammenarbeiten, da er keine andere Wahl habe.

In der Folge wurde dem BF mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.12.2018, Zl. XXXX , der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. XXXX , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die mit Erkenntis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. XXXX , erteilte befristete Aufenthaltsberechtitung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG enzogen (Spruchpunkt II.), der Antrag vom 13.11.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt III.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen (Spruchpunkt V.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.).

Begründend für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde im angefochtenen Bescheid zur Situation des BF im Fall der Rückkehr ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten aktuell nicht vorlägen. Die subjektive Lage des BF hätte sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als ihm nun sehr wohl eine Rückkehr nach Afgahnistan, speziell nach Herat oder Mazar-e Sharif zuzumuten sei umso mehr er einen Zuwachs an Lebenserfahrung gesammelt habe, sodass er nun auch auf sich allein gestellt seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Was die Lebenserfahrung betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass er mit seinem Aufenthalt in Österreich auch unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was ihm im Falle einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes zugutekommen und hilfreich sein werde. Es sei auf internationale und nationale Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer in Afghanistan hinzuweisen. Bezüglich seiner starken Migräneanfälle sei darauf hinzuweisen, dass er zur Zeit keine spezielle Medikation benötige, da er derzeit lediglich das Medikament Dymista sowie gegen Schlaflosigkeit Saroten einnehme. Weitere Medikamente nehme er im Gegensatz zur Situation zum Zeitpunkt der Gewährung des subsidiären Schutzes nicht ein. Da er in Österreich einer Arbeit nachgehe, sei seine grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben gesichert. Wie sich erkennen lasse habe er zwischenzeitlich eine völlig geänderte Situation im Falle einer Rückkehr zu erwarten, umso mehr er zum Zeitpunkt der Schutzgewährung noch eine Person gewesen sei, der man ohne familiären Background die Rückkehr nach Afghanistan nicht zumuten könne, vor allem weil die nunmehr vorliegenden Netzwerke aller Art nicht in der nunmehr bestehenden Form vorgelgen seien und er nunmehr keiner speziellen Behandlung oder Medikation aufgrund seiner starken Migräneanfälle mehr bedürfe. Der BF könne eine innerstaatliche Fluchtalternative (IFA) mit den Städten Mazar-e-Sharif und Herat in Anspruch nehmen und er würde eben dort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Mit seiner neu gewonnenen Lebenserfahrung sei es ihm auch möglich und zumutbar in Afghanistan, speziell in Herat oder Mazar-e Sharif zu leben und sich aus eigenen ein notdürftges Überleben zu sichern und könne er auf eine Vielzahl an nationalen und internationalen Einrichtungen zurückgreifen, die Rückkehrer unterstützen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 07.01.2019, in welcher der BF im Wesentlichen geltend machte, dass er bis ca. seinem 10. Lebensjahr in Afghanistan gelebt habe. Seien Mutter sei bereits verstorben, sein Vater lebe mit seinen Geschwistern im Iran. Es würden keine nahen Verwandten von ihm in Afghanistan leben. Die belangte Behörde übersehe, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor höchst volatil sei. Zudem stelle sich die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wohnraum insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt sowie finanzielle Unterstützung nur unzureichend dar, weshalb diese mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert wären. In Afghanistan existiere keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Im vorliegenden Fall ergebe sich aufgrund der persönlichen Situation des BF eine spezifische Vulnerabilität seiner Person. Es handle sich bei ihm zwar um einen arbeitsfähigen jungen Mann, jedoch verfüge er über keine Schul- und Berufsausbildung. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er im Iran aufgewachsen sei und keinen Kontakt zu Familienangehörigen in Afghanistan habe. Zudem sei der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch ohne familiären Background eine Rückkehr nach Mazar-e Sharif oder Herat zumutbar sei, darauf zu verweisen, dass eine andere rechtliche Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhaltes nicht die Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzes rechtfertige. Aufgrund seiner persönlichen Umstände sowie der allgemeinen Rahmenbedingungen vor Ort drohe ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der oben dargelegte Verfahrensgang.

Der am XXXX geborene strafgerichtlich unbescholtene BF ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der BF stammt aus der Provinz Badghis, wo er bis zu seinem 10. Lebensjahr lebte, bevor er mit seiner Familie in den Iran zog. Der BF ist arbeitsfähig und spricht Dari. Er hat verfügt über keine Schul- oder Berufsausbildung. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Die Familienverhältnisse des BF in Bezug auf Afghanistan haben sich seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. XXXX , nicht verändert, insbesondere verfügt der BF abseits eines entfernten Vewandten nach wie vor nicht über ein soziales Netzwerk in seinem Herkunftsstaat.

Der BF nimmt aktuell gegen Kopfschmerzen das Medikament „Dymista“ sowie gegen Schlaflosigkeit das Medikament „Saroten“ ein. Das ihm ursprünglich aufgrund starker Migräneanfälle verschriebene Medikament „Zomig Nasalspray“ wird von ihm aktuell nicht eingenommen.

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in seiner Herkunftsprovinz Badghis sowie in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, kann nicht festgestellt werden, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2018, Zl. XXXX , wesentlich und nachhaltig verbessert haben.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Sitiuation sowie zur Sicherheitslage im Herkunftsland des BF wird – wie bereits im angefochtenen Bescheid – (auszugsweise) Folgendes festgestellt:

1.       Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle „Uranus“ statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des „Pashtunistan Square“ im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ – Al Jazeera (21.11.2018): ‘Brutal and barbaric’: Victims recount horror of Kabul attack, https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ – Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security, https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA – Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan: 67 morti in 24 ore, http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison, https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

DZ – Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

DZ – Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

IFQ – Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi, https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistan-attacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

KP – Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabul-over-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

LE – L’Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-la-lecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

NYT – New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering, https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

SS – Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83, https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

TNAE – The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack, https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

TS – Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u.a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten: Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018)Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert: davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018)

Quellen:

AAN – Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election Day Three: Looking at Kandahar’s upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-three-looking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

AAN – Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-evening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

AAN – Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two: A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

AAN – Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One: A rural-urban divide emerging, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

AFP – Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaotic-afghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

AJ – Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week-181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

CNN – Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/index.html, Zugriff 29.10.2018

LS – La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan, http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-in-afghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

RN – Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-al-voto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

UNAMA – United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018), https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan – Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 – 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes: Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah-Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte – laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat – Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven „selbsternannten“ ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 – 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 – 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 – 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 – 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

(UNAMA 15.7.2018)

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine „nationale Politik für zivile Schadensminimierung und -prävention“ und das Protokol V der „Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände“, welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der „ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken“. Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 – 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o.D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

Quellen:

-        AAN – Afghanistan Analysts Network (9.10.2018): Afghanistan Election Conundrum (16): Basic facts about the parliamentary elections, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-election-conundrum-16-basic-facts-about-the-parliamentary-elections/, Zugriff 19.10.2018

-        AAN – Afghanistan Analysts Network (26.9.2018): Afghanistan Election Conundrum (14): District council and Ghazni parliamentary elections quietly dropped, https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-election-conundrum-14district-council-and-ghazni-parliamentary-elections-quietly-dropped/, Zugriff 2.10.2018

-        AAN – Afghanistan Analysts Network (4.8.2018): Qari Hekmat’s Islan Overrun: Taleban defeat 'ISKP' in Jawzjan, https://www.afghanistan-analysts.org/qari-hekmats-island-overrun-taleban-defeat-iskp-in-jawzjan/, Zugriff 31.8.2018

-        AJ – Al Jazeera (19.8.2018): Afghanistan’s Ghani declares Eid ceasefire with Taliban, https://www.aljazeera.com/news/2018/08/afghanistan-ghani-declares-eid-ceasefire-taliban-180819143135061.html, Zugriff 31.8.2018

-        ANSA – Agenzia Nationale Stampa Associata (13.8.2018): Afghanistan: a Ghazni 120 morti, http://www.ansa.it/sito/notizie/mondo/asia/2018/08/13/afghanistan-a-ghazni-120-morti_695579f5-407b-4e4f-8814-afcd60397435.html, Zugriff 31.8.2018

-        BFA Staatendokumentation (15.10.2018a): kartografische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Mai-September 2018, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

-        BFA Staatendokumentation (15.10.2018b): grafische Darstellung der sicherheitsrelevanten Vorfälle Q2 und Q3, liegt im Archiv der Staatendokumentation vor

-        CBS News (14.8.2018): Taliban overruns Afghan base, killing 17 soldiers, https://www.cbsnews.com/news/afghanistan-base-overrun-taliban-faryab-afghan-troops-killed-ghazni-fight/, Zugriff 31.8.2018

-        GT – Gulf Today (12.9.2018): Scores killed in Afghan suicide attack, http://gulftoday.ae/portal/efd26c1a-5e54-42e8-a810-7e18341d14e4.aspx, Zugriff 2.10.2018

-        IEC – Independent Election Commission of Afghanistan (o.D.), http://www.iec.org.af/pdf/vr-2018/vr-statistics.pdf, Zugriff 19.10.2018

-        NYT – The New York Times (21.9.2018): The Death Toll for Afghan Forces Is Secret. Here’s Why, https://www.nytimes.com/2018/09/21/world/asia/afghanistan-security-casualties-taliban.html, Zugriff 3.10.2018

-        SIGAR – Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2018): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2018-07-30qr.pdf, Zugriff 31.8.2018

-        TG – The Guardian (19.8.2018): Afghan president announces conditional ceasefire with Taliban, https://www.theguardian.com/world/2018/aug/19/afghan-ashraf-ghani-conditional-ceasefire-taliban-eid-al-adha, Zugriff 31.8.2018

-        Tolonews (28.9.2018): Candidates Begin Campaign For Parliamentary Elections, https://www.tolonews.com/elections-2018/candidates-begin-campaign-%C2%A0parliamentary-elections, Zugriff 19.10.2018

-        Tolonews (23.9.2018): Alarm Bells Ring Over High ANA Casualty Rate, https://www.tolonews.com/afghanistan/alarm-bells-ring%C2%A0over%C2%A0high%C2%A0ana%C2%A0casualty-rate, Zugriff 3.10.2018

-        Tolonews (19.8.2018): Ghani Announces Conditional Ceasefire, https://www.tolonews.com/afghanistan/ghani-announces-conditional-ceasefire, Zugriff 31.8.2018

-        UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018a): Preliminary findings indicate airstrike killed 12 civilians in Maidan Wardak province, https://unama.unmissions.org/preliminary-findings-indicate-airstrike-killed-12-civilians-maidan-wardak-province, Zugriff 2.10.2018

-        UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (25.9.2018b): Concern about rising number of civilian casualties from airstrikes, https://unama.unmissions.org/concern-about-rising-number-civilian-casualties-airstrikes, Zugriff 2.10.2018

-        UNAMA – UN Assistance Mission in Afghanistan (17.9.2018): Briefing to the United Nations Security Council by the Secretary-General’s Special Representative for Afghanistan, Mr. Tadamichi Yamamoto, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/17_september_2018_srsg_briefing_security_council_english.pdf, Zugriff 19.10.2018

-        UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (15.7.2018): Midyear Update on the Protection of Civilians in Armed Conflict: 1 January to 30 June 2018, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_update_2018_15_july_english.pdf, Zugriff 31.8.2018

-        UNGASC – General Assembly Security Council (10.9.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_12_sept.pdf

-        UNGASC – General Assembly Security Council (6.6.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, Report of the Secretary General https://unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_6_june.pdf, Zugriff 31.8.2018

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule „Malika Omaira“ in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule „Biba Hawa“ im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i-Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

Quellen:

AFP – Agence France-Presse (11.9.2018): Student killed in twin bomb attack near Afghan girls‘ school, https://www.afp.com/en/news/23/student-killed-twin-bomb-attack-near-afghan-girls-school-doc-1904hc1, Zugriff 11.9.2018

AJ – Al Jazeera (10.9.2018): Afghanistan: Bomb attack hits Ahmed Shah Massoud supporters, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-bomb-attack-hits-ahmed-shah-massoud-supporters-180909112746171.html, Zugriff 11.9.2018

AJ – Al Jazeera (6.9.2018): Afghanistan: Two journalists among 20 killed in Kabul blasts, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/afghanistan-deadly-suicide-attack-kabul-sports-club-180905142909428.html, Zugriff 11.9.2018

CNN – Cable News Network (6.9.2018): Two journalists among 20 killed in wrestling club blasts in Kabul, https://edition.cnn.com/2018/09/06/asia/kabul-attack-wrestling-intl/index.html, Zugriff 11.9.2018

FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (3.8.2018): Totei bei Angriff auf Schiiten-Moschee, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-tote-bei-angriff-auf-schiiten-moschee-15721269.html, Zugriff 21.8.2018

Khaama Press (10.9.2018a): Taliban militants overrun Khamab district in Jawzjan proince, https://www.khaama.com/taliban-militants-overrun-khamab-district-in-jawzjan-province-05929/, Zugriff 11.9.2018

Khaama Press (10.9.2018b): ISIS claims suicide attack on the supporters of Massoud in Kabul, https://www.khaama.com/isis-claims-suicide-attack-on-the-supporters-of-massoud-in-kabul-05926/, Zugriff 11.9.2018

LWJ – Long War Journal (10.9.2018): Taliban threatens Sar-i-Pul City, captures district in Jawzjan, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/09/taliban-threatens-sar-i-pul-city-captures-district-in-jawzjan.php, Zugriff 11.9.2018

LWJ – Long War Journal (30.8.2018): Faryab capital under Taliban threats as Afghan troops desert bases, https://www.longwarjournal.org/archives/2018/08/faryab-capital-under-taliban-threat-as-afghan-troops-desert-bases.php, Zugriff 11.9.2018

RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (11.9.2018): Suicide Attack, Bombing Strike Eastern Afghanistan, https://www.rferl.org/a/suicide-attack-bombings-strike-eastern-afghanistan/29483707.html, Zugriff 11.9.2018

RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.9.2018): At Least 20 People Reported Killed, Including Two Journalists, In Twin Kabul Blasts, https://www.rferl.org/a/at-least-four-killed-in-suicide-attack-at-wrestling-club-in-kabul/29473678.html, Zugriff 11.9.2018

RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (17.8.2018): 'Goodbye, Dad': Father Remembers Afghan Twins Killed In Kabul Bombing, https://www.rferl.org/a/goodbye-dad-father-remembers-afghan-twins-killed-in-kabul-bombing/29439516.html, Zugriff 20.8.2018

SO - Spiegel Online (5.9.2018): Tote und Verletzte bei Doppelanschlag in Kabul, http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-tote-und-verletzte-bei-doppelanschlag-in-kabul-a-1226712.html, Zugriff 11.9.2018

TG – The Guardian (5.9.2018): At least 20 people killed in separate bombings at Kabul wrestling club, https://www.theguardian.com/world/2018/sep/05/at-least-20-people-killed-in-separate-bombings-at-kabul-wrestling-club, Zugriff 11.9.2018

Tolonews (11.9.2018): Suicide Bomber Targets Protest in Nangarhar; Eight Killed, https://www.tolonews.com/afghanistan/suicide-bomber-targets-protest-nangarhar Zugriff 11.9.2018

Tolonews (10.9.2018a): Center of Jawzjan‘s Kham Aab District falls to Taliban, https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/center-jawzjan%E2%80%99s-kham-aab-district-falls%C2%A0-taliban, Zugriff 11.9.2018

Tolonews (10.9.2018b): Dozens of Afghan Forces Killed in North, https://www.tolonews.com/index.php/afghanistan/afghan-forces-suffer-huge-casualty-toll-%C2%A0north, Zugriff 11.9.2018

TWP – The Washington Post (11.9.2018): Afghan official: Suicide bomber kills 20 in Nangarhar, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghan-official-suicide-bomber-kills-20-in-nangarhar/2018/09/11/3ba8ec50-b5a8-11e8-ae4f-2c1439c96d79_story.html?noredirect=on&utm_term=.2748ace6475c, Zugriff 11.9.2018

2.       Politische Lage

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015).

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 einigten sich die beiden Kandidaten Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah Mitte 2014 auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) (AM 2015; vgl. DW 30.9.2014). Mit dem RNE-Abkommen vom 21.9.2014 wurde neben dem Amt des Präsidenten der Posten des CEO (Chief Executive Officer) eingeführt, dessen Befugnisse jenen eines Premierministers entsprechen. Über die genaue Gestalt und Institutionalisierung des Postens des CEO muss noch eine loya jirga [Anm.: größte nationale Versammlung zur Klärung von wichtigen politischen bzw. verfassungsrelevanten Fragen] entscheiden (AAN 13.2.2015; vgl. AAN o.D.), doch die Einberufung einer loya jirga hängt von der Abhaltung von Wahlen ab (CRS 13.12.2017).

Die afghanische Innenpolitik war daraufhin von langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungslagern unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah geprägt. Kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 wurden schließlich alle Ministerämter besetzt (AA 9.2016).

Parlament und Parlamentswahlen

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus dem Unterhaus, auch wolesi jirga, „Kammer des Volkes“, genannt, und dem Oberhaus, meshrano jirga auch „Ältestenrat“ oder „Senat“ genannt. Das Unterhaus hat 250 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz im Unterhaus reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 20.4.2018, USDOS 15.8.2017, CRS 13.12.2017, Casolino 2011). Die Mitglieder des Unterhauses haben ein Mandat von fünf Jahren (Casolino 2011). Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von ca. 25% im Unterhaus (AAN 22.1.2017).

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze (IPU 27.2.2018). Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für behinderte Personen bestimmt. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 20.4.2018; vgl. USDOS 15.8.2017).

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leider die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 5.2018).

Die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen konnten wegen ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden. Daher bleibt das bestehende Parlament weiterhin im Amt (AA 9.2016; vgl. CRS 12.1.2017). Im September 2016 wurde das neue Wahlgesetz verabschiedet und Anfang April 2018 wurde von der unabhängigen Wahlkommission (IEC) der 20. Oktober 2018 als neuer Wahltermin festgelegt. Gleichzeitig sollen auch die Distriktwahlen stattfinden (AAN 12.4.2018; vgl. AAN 22.1.2017, AAN 18.12.2016).

Parteien

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o.D.). Der Terminus „Partei“ umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z.B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018).

Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).

Parteienlandschaft und Opposition

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u.a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vgl. Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018).

Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezb-e Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle „Coalition for the Salvation of Afghanistan“, auch „Ankara Coalition“ genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) (AB 18.11.2017; vgl. AAN 6.5.2018).

Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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