TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/28 W179 2235571-1

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Veröffentlicht am 28.04.2021
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Entscheidungsdatum

28.04.2021

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §22
B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51 Abs1
RGG §1
RGG §2
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
ZustG §17 Abs2
ZustG §26 Abs1
ZustG §26 Abs2

Spruch


W179 2235571-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb am XXXX , wohnhaft in XXXX XXXX , gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , Zl XXXX , Teilnehmernummer XXXX , betreffend einen Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren, zu Recht erkannt:

SPRUCH

A) Beschwerde

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

B) Revision

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte unter Verwendung eines von der belangten Behörde aufgelegten Formulars einen mit XXXX datierten (am gleichen Tag per E-Mail übermittelten und bei der belangten Behörde einlangenden) (Folge-)Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren ein, machte einen XXXX -Personen-Haushalt geltend und kreuzte als Anspruchsgrundlage den Punkt „Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz“ an.

Auf diesem Antragsformular findet sich nachstehender Hinweis:

„Legen Sie dem Antrag unbedingt eine Kopie der Bestätigung Ihrer Anspruchsberechtigung und die Nachweise der Einkommen ALLER im Haushalt lebenden Personen in Kopie bei. (…) legen Sie die Kopien der Meldebestätigungen ALLER im Haushalt lebenden Personen bei.“

Dem Antrag waren 1.) Meldebestätigungen über einen aufrechten Hauptwohnsitz an antragsgegenständlicher Adresse aller im Antrag angeführten Personen einschließlich des Beschwerdeführers, 2.) eine Bezugsbestätigung des XXXX vom XXXX für eine im Antrag angeführte Person über Leistungen im Zeitraum von XXXX bis XXXX , 2.) eine Bestätigung über den Bezug von XXXX für das Jahr XXXX des Finanzamtes XXXX vom XXXX , 3.) eine Bezugsbestätigung des XXXX vom XXXX für den Beschwerdeführer über Leistungen im Zeitraum von XXXX bis XXXX sowie 4.) eine Schulbesuchsbestätigung für das XXXX für eine im Antrag angeführte Person, ausgestellt am XXXX , beigeschlossen.

In einem weiteren, am gleichen Tag bei der belangten Behörde einlangendem E-Mail übermittelte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über den Bezug von XXXX des Finanzamtes XXXX vom XXXX .

2. Mit Schreiben vom XXXX trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Antrags auf Befreiung von den Rundfunkgebühren die Vorlage eines Nachweises der aktuellen Einkommen bzw Tätigkeiten zweier im Antrag angeführter Personen auf.

3. Am XXXX reichte der Beschwerdeführer eine Schulbesuchsbestätigung für eine im Antrag angeführte Person, ausgestellt vom XXXX am XXXX , nach.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren zurück und sprach aus, dass die Rundfunkgebühren fristgerecht zu bezahlen seien. Begründend stützte sie sich auf das Fehlen des Nachweises des aktuellen Einkommens bzw des Schulbesuchs einer im Antrag angeführten Person.

5. Gegen den vorliegenden Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde unter Beischluss eines Mietvertrages über die antragsgegenständliche Wohnung vom XXXX sowie von Studienbestätigungen für das Wintersemester XXXX für eine im Antrag angeführte Person vom XXXX . Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er habe die Aufforderung zur Nachreichung von Unterlagen nicht erhalten. Zudem sei seine Monatsmiete zu berücksichtigen.

6. Die belangte Behörde legt den Akt des Verwaltungsverfahrens vor, erstattet keine Gegenschrift und gibt an, dass ihre Schriftstücke als nichtbescheinigte Sendungen versandt werden und daher der Erhalt des Aufforderungsschreibens nicht nachgewiesen werden könne.

7. Der Beschwerdeführer reichte am XXXX eine weitere Schulbesuchsbestätigung und am XXXX eine Schulbesuchsbestätigung sowie eine Mitteilung des Finanzamtes XXXX vom XXXX über den Bezug der XXXX nach.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.

Das Aufforderungsschreiben der belangten Behörde vom XXXX wurde als Brief ohne Zustellnachweis abgesandt.

Der angefochtene Bescheid wurde als Brief ohne Zustellnachweis zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben mittels Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den Gerichtsakt – insbesondere in den angefochtenen Bescheid, die dagegen erhobene Beschwerde und die vorgelegten Beweismittel.

Im Einzelnen ist zu erwägen:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen beruhen auf den unzweifelhaften, von der belangten Behörde bzw der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Unterlagen.

Die Zustellung des Aufforderungsschreibens ohne Zustellnachweis ergibt sich aus der Stellungnahme der belangten Behörde in der Beschwerdevorlage.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheids ohne Zustellnachweis ergibt sich aus der Aktenlage und dem hg Amtswissen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Da selbst bei (hypothetischer) Zustellung des angefochtenen Bescheids noch am Tag seiner Ausfertigung ( XXXX ) die Beschwerdeerhebung mit Eingang XXXX binnen der anzuwendenden Rechtsmittelfrist von – 4 Wochen – rechtzeitig wäre, ist die Beschwerde jedenfalls fristgerecht erhoben worden.

3.1 Rechtsnormen:

a) Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz:

§ 13 Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 5/2008, lautet wortwörtlich: „(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

b) Rundfunkgebührengesetz und Fernmeldegebührenordnung:

Die §§ 1, 2, 3, 4 und 6 Rundfunkgebührengesetz (RGG), BGBl I Nr 159/1999 idF BGBl I Nr 70/2016, lauten (auszugsweise) wortwörtlich:

„Rundfunkempfangseinrichtungen

§ 1. (1) Rundfunkempfangseinrichtungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind technische Geräte, die Darbietungen im Sinne des Artikels I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, unmittelbar optisch und/oder akustisch wahrnehmbar machen. (2) Die für Rundfunkempfangseinrichtungen geltenden fernmelderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.

Gebührenpflicht, Meldepflicht

§ 2. (1) Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten. (2) Die Gebührenpflicht nach § 1 besteht nicht, wenn 1. dem Rundfunkteilnehmer eine Befreiung (§ 3 Abs. 5) erteilt wurde oder 2. für den Standort bereits die Gebühren nach § 3 entrichtet werden. Standort ist die Wohnung oder eine sonstige Räumlichkeit bzw. ein geschlossener Verband von Räumlichkeiten mit einheitlichem Nutzungszweck, wo eine Rundfunkempfangseinrichtung betrieben wird. (3) (…)

Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen (…)

(2) (…)

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl Nr 170/1970 in der jeweils geltenden Fassung, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

Einbringung der Gebühren

§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der “GIS Gebühren Info Service GmbH” (Gesellschaft).

(2) bis (5) (…)

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden. (2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden. (3) bis (5) (…).“

Die Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl I Nr 170/1970 idF BGBl I Nr 70/2016, lautet (auszugsweise):

„ABSCHNITT XI

Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

- der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

- der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien: 1.Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung; 2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994; 3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand, 4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, 5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, 6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1983, 7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

(2) Über Antrag sind ferner zu befreien: 1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen a) Blindenheime, Blindenvereine, b) Pflegeheime für hilflose Personen, wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt. 2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen; b) Heime für solche Personen, wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt. 3.(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt. (2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung. (3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. (4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden. (5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen: 1.den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen, 2.anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus: 1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben, 2. der Antragsteller muss volljährig sein, 3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein, 4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) 1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar: 1.in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen, 2.im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens. (2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann. (3) Die Finanzbehörden haben der GIS Gebühren Info Service GmbH bei Vorliegen der Zustimmung der Betroffenen über Anfrage die Einkommensverhältnisse des Antragstellers und aller mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mitzuteilen; der Nachweis hat die Summe sämtlicher Einkünfte im Sinne von § 48 Abs. 3 zu umfassen. Unbeschadet des Vorliegens einer Zustimmung der Betroffenen dürfen Auskünfte über die Einkommensverhältnisse nur insoweit eingeholt und gegeben werden, als im Einzelfall berechtigte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit von Angaben des Antragstellers entstanden sind, die durch Befragung der Betroffenen voraussichtlich nicht ausgeräumt werden können. (4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. (5) Die GIS Gebühren Info Service GmbH kann die in Betracht kommenden Träger der Sozialversicherung um Auskunft über das Bestehen der für die Befreiung maßgeblichen Voraussetzungen ersuchen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; diese sind ihrerseits zur kostenfreien Auskunft verpflichtet. (6) (…)

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen. (…)“

3.2 Zu Spruchpunkt A) Beschwerde:

1. Die belangte Behörde hat nach § 6 Abs 1 RGG das AVG anzuwenden. In der Aufforderung zur Beibringung weiterer Nachweise binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger (und dann auch erfolgter) Zurückweisung ist ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG zu sehen.

2. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darf das Bundesverwaltungsgericht (früher die Berufungsbehörden) im Falle einer Beschwerde gegen eine behördlich erfolgte Zurückweisung ausschließlich über die Rechtmäßigkeit derselben erkennen, jedoch nicht über den zugrundeliegenden Antrag (vgl zB VwGH 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0002).

Sache im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit alleine die Frage, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgt ist, nicht jedoch der Antrag. (Soweit die beschwerdeführende Partei mit der Beschwerde Unterlagen vorlegt, sind diese insoweit unbeachtlich.)

3. Von dem Beschwerdeführer wurden im Zeitpunkt der Antragstellung die gemäß § 50 Fernmeldegebührenordnung geforderten Nachweise nicht (vollständig) erbracht. Mit Schriftsatz vom XXXX wurde der Beschwerdeführer deshalb ua aufgefordert, Nachweise des aktuellen Einkommens bzw der Tätigkeiten zweier im Antrag angeführter Personen innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens nachzureichen.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer lediglich einen Teil der zu erbringenden Nachweise bis zur Bescheiderlassung vorlegte. Die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde macht geltend, dass der Beschwerdeführer die Aufforderung der belangten Behörde zur Nachreichung von Unterlagen nicht erhalten habe.

Gemäß § 22 erster Satz AVG ist eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen, wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen. Ist das nach Auffassung der Behörde nicht der Fall und wird demgemäß eine Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, so wird ein Dokument gemäß § 26 Abs 1 Zustellgesetz zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs 2 Zustellgesetz) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird. Bestehen Zweifel darüber, ob bzw wann das Dokument beim Empfänger einlangte, hat die Behörde nach § 26 Abs 2 zweiter Satz Zustellgesetz Tatsache und Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen.

Aus § 22 AVG ist abzuleiten, dass es Sache der Behörde ist, die aktenmäßigen Grundlagen dafür zu schaffen, dass der Beginn eines Fristenlaufes kalendermäßig festgestellt werden kann. Die Behörde muss bei Zustellung ohne Zustellnachweis die Folgen dafür auf sich nehmen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat daher die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss – mangels Zustellnachweises – der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl ua VwGH 29. März 2012, 2011/12/0179 mH auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] Seite 2046, E 1-3 wiedergegebene Judikatur; siehe zB auch VwGH vom 14. Oktober 2011, 2009/09/0244).

Da die belangte Behörde die Zustellung des Verbesserungsauftrages nicht nachweisen kann und der Bestreitung der Zustellung durch den Beschwerdeführer nicht wirksam entgegenzutreten vermag (vgl dazu Hengstschläger/Leeb, AVG2 [2014] § 22 Rz 3), muss die Behauptung der Partei iSd angeführten Rechtsprechung über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde erfolgte somit mangels Verbesserungsauftrages in unzulässiger Weise. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid infolge Rechtswidrigkeit ausweislich § 28 Abs 1, 2 und 5 VwGVG aufzuheben.

4. Als Folge der Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren einerseits in den Zustand vor Bescheiderlassung zurück, andererseits ist der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers (wieder) unerledigt.

Die belangte Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob in Hinblick auf den Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebühr iSd § 47 ff Fernmeldegebührenordnung vorliegen und in weiterer Folge über den Antrag neuerlich entscheiden.

5. Bei diesem Ergebnis konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3.3 Zu Spruchpunkt B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren war die Rechtsfrage zu klären, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgte.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. (Vgl die oa angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.)

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor. Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

angemessene Frist Berechnung Bindungswirkung Einkommensnachweis ersatzlose Behebung Kassation Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen Prüfumfang Rundfunkgebührenbefreiung Spruchpunktbehebung Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Zurückweisung Zustellmangel Zustellung ohne Zustellnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W179.2235571.1.00

Im RIS seit

10.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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