TE Bvwg Beschluss 2021/4/29 W279 2241502-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2021
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Entscheidungsdatum

29.04.2021

Norm

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §334 Abs3
BVergG 2018 §350
BVergG 2018 §351
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W279 2241502-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. KOREN im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „A08 Innkreis Autobahn, INB Ort – Suben, km 62,0 – km 74,0, Bauleistungen“ der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), vergebende Stelle ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, vertreten durch FSM Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wiesingerstraße 3, 1010 Wien, aufgrund des Antrags der Antragstellerin XXXX GmbH, Donaufelder Straße 101/7/4, 1210 Wien, vertreten durch E+H Eisenberger+Herzog Rechtsanwalts GmbH, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien, vom 15.04.2021, folgenden Beschluss:

A)

Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge „der Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagen, betreffend die bekämpfte Direktvergabe für Brückensanierungsmaßnahmen im Streckennetz der A8 Innkreis Autobahn im Bereich zwischen Ort im Innkreis und Suben (km 62,0 – km 74,0) den Zuschlag zu erteilen“ wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Antrag vom 15.04.2021, beim BVwG eingebracht am selben Tag, begehrte die Antragstellerin die „Wahl der Direktvergabe der [Auftraggeberin] für die Brückensanierungsmaßnahmen im Streckennetz der A8 Innkreis Autobahn im Bereich zwischen Ort im Innkreis und Suben (km 62,0 – km 74,0) für nichtig“ zu erklären sowie in eventu festzustellen, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens „ohne vorherige Bekanntmachung […] rechtswidrig war“ und dass „die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung […] rechtswidrig war“. Beantragt wurde überdies die im Spruch genannte einstweilige Verfügung zu erlassen sowie die Auftraggeberin dazu zu verpflichten, der Antragstellerin die entrichtende Pauschalgebühr binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründend wurde von der Antragstellerin Folgendes ausgeführt:

Mit Bekanntmachung vom 16.12.2020, Nr. 2020/S 245-606069, sei der gegenständliche Bauauftrag von der Auftraggeberin europaweit als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben worden. Dieser Bauauftrag umfasse unter anderem die Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen an insgesamt sieben Autobahnbrücken sowie an elf Unterführung- und Überführungsbauwerken im genannten Streckennetz. An diesem Verfahren sei die Antragstellerin nicht selbst als Bieterin beteiligt gewesen, sondern habe als Subunternehmerin für mehrere Bieter des Vergabeverfahrens für den Leistungsteil „Lieferung und Montage von Fahrbahnübergangskonstruktionen inklusive Polymerbetonbalken“ teilgenommen, nachdem der Einsatz von Subunternehmern gemäß Punkt 1.1.29, B.1 allgemeine Ausschreibungsbestimmungen ausdrücklich zulässig gewesen sei.

Im Leistungsverzeichnis der Ausschreibung seien bei den relevanten Positionen ausdrücklich zugelassene Schweißkonstruktionen ohne Verschraubungen und geschraubte Konstruktionsteile deklariert worden. Die Antragstellerin habe nach dem Zuschlag an die XXXX GmbH & Co. KG (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) erfahren, dass entgegen dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses die gegenständlichen Fahrbahnübergangskonstruktionen offenbar nicht wie ausgeschrieben, sondern als geschraubte Konstruktionen umgesetzt werden sollen. Entsprechend werde das Gewerk auch nicht mit der Antragstellerin – wie im offenen Verfahren angeboten –durchgeführt, sondern ein anderes Unternehmen als Subunternehmer mit dem Leistungsteil „Lieferung und Montage der Fahrbahnübergangskonstruktionen“ betraut.

Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Auftraggeberin mit der mitbeteiligten Partei die abweichende Ausführung des gegenständlichen Bauauftrages ohne vorherige Bekanntmachung eines Vergabeverfahrens vereinbart habe oder vereinbaren wollen würde, ohne dass die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen würden. Nachträgliche Änderungen des Vertragsinhaltes ohne neuerliche Ausschreibung seien nur in den engen Grenzen des § 365 BVergG 2018 zulässig, nämlich nur dann, wenn eine unwesentliche Vertragsänderung vorliege. In der ursprünglichen Ausschreibung sei aber laut Leistungsverzeichnis unter anderem eine wesentliche Bedingung gewesen, dass die Fahrbahnübergangskonstruktionen als „Schweißkonstruktion ohne Verschraubungen und geschraubte Konstruktionsteile“ auszuführen sein. Das Abgehen von dieser Voraussetzung sei im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur als wesentliche Vertragsänderung zu werten, weswegen eine neuerliche Ausschreibung hätte stattfinden müssen. Dies sei von der Auftraggeberin unterlassen worden. Eine solche nachträgliche freihändige Vertragsveränderung stelle nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine unzulässige Direktvergabe dar, welche von der Antragstellerin mit dem gegenständlichen Antrag bekämpft werde.

Hinsichtlich der Zulässigkeit führte die Antragstellerin aus, dass der Nachprüfungsantrag binnen offener Frist gestellt werde. Diese betrage nämlich bei der Durchführung einer Direktvergabe gemäß § 343 Abs. 2 BVergG 2018 zehn Tage ab dem Zeitpunkt in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Gegenständlich habe die Antragstellerin am 07.04.2021 mündlich durch die Auftraggeberin von der wesentlichen Vertragsveränderung und damit der unzulässigen Direktvergabe erfahren.

Bezüglich der Antragslegitimation verwies die Antragstellerin einleitend unter anderem auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die fehlerhafte Wahl eines Vergabeverfahrens ohne Bekanntmachung bekämpft werden könne, und zwar auch durch jene Unternehmen, die nicht eingeladen wurden, an dem betreffenden Vergabeverfahren teilzunehmen.

Die antragstellende Gesellschaft sei im Bereich der Brückensanierungen auf die Planung, Fertigung und Montage von Fahrbahnübergangskonstruktionen und Brückenlagern spezialisiert. Aufträge in diesem Bereich würden nahezu ausschließlich von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, wovon die Auftraggeberin für den österreichischen Markt den bedeutendsten Anteil abdecke. Die Antragstellerin habe daher höchstes Interesse am Vertragsabschluss, weil sie durch ebensolche Aufträge, wie den nun vergebenen, auch ihre Erträge erwirtschafte. Der Antragstellerin drohe bei endgültigem Entgang des Auftrages nicht nur ein Schaden in Gestalt des entgangenen angemessenen Gewinns, sondern auch in Gestalt frustrierter Aufwendungen in Höhe von bereits aufgewendeten rund € 16.000 netto für Planungsleistungen für das Detailprojekt. Bei rechtskonformer Vorgangsweise der Auftraggeberin, eine wesentliche Vertragsänderung nur nach neuer Ausschreibung vorzunehmen, hätte die Antragstellerin zudem die Möglichkeit, als Subunternehmerin oder als Teil einer Bietergemeinschaft am durchzuführenden Verfahren teilzunehmen. Sie sei daher jedenfalls zur Antragstellung im gegenständlichen Verfahren berechtigt.

Da einem Nachprüfungsantrag keine aufschiebende Wirkung zukomme, könnte die vergebende Stelle im Verfahren fortfahren und mit der mitbeteiligten Partei die Vertragsänderung im Wege einer unzulässigen Direktvergabe vornehmen. Der Anspruch der Antragstellerin auf Nichtigerklärung dieser Direktvergabe könne nur wirksam gesichert werden, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in einem Stand gehalten werde, der keine vollendeten Tatsachen schaffe. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens sei für die Antragstellerin das notwendige und geeignete Mittel zur Verhinderung der durch die aufgezeigten Rechtswidrigkeiten drohenden Schäden.

Diesem Interesse der Antragstellerin stünden keine besonderen Interessen der Auftraggeberin entgegen. Diese hätte allfällige Verzögerungen des Verfahrens durch Nachprüfungsanträge bereits in die zeitliche Kalkulation einzubeziehen. Überdies sei dem provisorischen Rechtsschutz Vorrang vor der Zuschlagserteilung einzuräumen und eine einstweilige Verfügung nur dann nicht zu erlassen, wenn es ganz besondere Gründe für eine solche Ausnahme von diesem Prinzip fordern. Auch würden besondere öffentliche Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens nicht vorliegen.

2.       Mit Schreiben vom 20.04.2021 erteilte die Auftraggeberin die allgemeinen Auskünfte. Überdies teilte sie mit, dass sie sich grundsätzlich nicht gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung ausspreche.

3.       Mit Schreiben vom 23.04.2021 nahm die Auftraggeberin Stellung. Einleitend hielt die Auftraggeberin fest, dass die Antragstellerin – entgegen ihrer Annahme – von der mitbeteiligten Partei nicht als Subunternehmerin genannt wurde. Ebenso sei die Festlegung, dass die Fahrbahnübergangskonstruktionen als Schweißkonstruktionen ohne Verschraubungen und geschraubte Konstruktionsteile zur Ausführung gelangen, während des Vergabeverfahrens unverändert beibehalten worden. Weder das Angebot der mitbeteiligten Partei noch die Auftraggeberin in ihrer Zuschlagserteilung seien von der Vorgabe abgewichen. Auch nach Zuschlagserteilung sei keine abweichende Ausführung beauftragt worden. Der Leistungsvertrag sei vielmehr nach wie vor in der zugeschlagenen Fassung gültig.

Die Korrespondenz zwischen der Antragstellerin und der mitbeteiligten Partei sei ohne Belang für das vorliegende Verfahren. Die mitbeteiligte Partei habe die Antragstellerin nicht als Subunternehmerin herangezogen. Die Auftraggeberin habe der Antragstellerin lediglich die ausschreibungskonforme Realisierung des Vorhabens bestätigt.

Weiters wurde ausgeführt, dass die Einbringung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ausschließlich bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung möglich sei. Eine allfällige Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens könne nach diesem Zeitpunkt nicht mehr in einem Nachprüfungsverfahren bekämpft werden. Nach Vertragsabschluss oder nach Widerrufserklärung eingebrachte Nachprüfungsanträge seien somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Die Auftraggeberin habe bereits am 16.03.2021 und somit lange vor der Einleitung des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens das ausschreibungskonforme Angebot der mitbeteiligten Partei zugeschlagen. Es sei dabei weder vor noch nach Zuschlagserteilung zu einer Vertragsänderung gekommen. Die von der Antragstellerin bekämpfte Entscheidung (Wahl des Vergabeverfahrens) sei somit inexistent und ihr Antrag zurückzuweisen. Zudem sei die einstweilige Verfügung nicht zu erlassen, weil die Voraussetzungen aufgrund der vor Einleitung des gegenständlichen Verfahrens erfolgten Zuschlagserteilung nicht gegeben seien.

Auch das Eventualbegehren der Antragstellerin auf Feststellung der rechtswidrigen Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sei zurück- bzw. abzuweisen, weil die von der Antragstellerin vorgebrachte wesentliche Vertragsveränderung gemäß § 365 BVergG 2018 nicht vorliege, da die Auftraggeberin weder vor noch nach Zuschlagserteilung eine Änderung der Ausführung beauftragt hätte.

Beantragt wurde, dass der Antrag der Antragstellerin (inklusive jenem auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) gänzlich als unzulässig zurück-, in eventu abgewiesen werde.

4.       Ebenfalls mit Schreiben vom 23.04.2021 erhob die mitbeteiligte Partei begründete Einwendungen. Demnach gehe die Antragstellerin von einem falschen Sachverhalt aus. Die mitbeteiligte Partei habe sie nicht als Subunternehmerin genannt und es sei keine von der Ausschreibung abweichende Ausführung vereinbart worden. Ebenso sei es zu keiner Änderung des Leistungsverzeichnisses nach der Zuschlagserteilung gekommen.

Selbst bei einer Annahme eines rechtswidrigen Zuschlags weise die mitbeteiligte Partei darauf hin, dass die Antragstellerin nicht die geeigneten Rechtsmittel ergriffen hätte. Diese habe nämlich nicht innerhalb der Stillhaltefrist die bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung angefochten, sodass die Auftraggeberin berechtigt gewesen sei, der mitbeteiligten Partei den Zuschlag zu erteilen. Eine spätere Anfechtung dieser Zuschlagsentscheidung oder der Zuschlagserteilung sei nach den vergaberechtlichen Bestimmungen nicht mehr möglich. Dies gelte auch für den Versuch, die Unzulässigkeit des vorliegenden Vertragsabschlusses mittels Feststellungsantrag durchzusetzen. Dieser sei nämlich gemäß § 354 Abs. 4 BVergG 2018 explizit unzulässig, wenn der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens hätte geltend gemacht werden können. Eine allfällige Ausschreibungswidrigkeit des Angebots der mitbeteiligten Partei hätte daher im Wege der Anfechtung der rechtskonform bekanntgegebenen Zuschlagsentscheidung erfolgen müssen.

Der Anträge gegen die vermeintliche Direktvergabe und die behauptete Vertragsänderung nach Zuschlagserteilung gingen überdies ins Leere, weil die Auftraggeberin dieses Vergabeverfahren nicht gewählt und keine Vertragsänderung vereinbart habe.

Wiewohl die mitbeteiligte Partei keine Parteistellung im Verfahren hinsichtlich der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung habe, weise sie dennoch daraufhin, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht infrage komme, weil es das von der Antragstellerin behauptete und durch die einstweilige Verfügung zu sichernde Vergabeverfahren nicht gäbe.

Beantragt werde, dass sämtliche Anträge der Antragstellerin zurück-, in eventu abgewiesen werden.

5.       Mit hg. GZ W279 2241502-2/11Z wurde die Antragstellerin am 26.04.2021 aufgefordert, die Differenz zur Pauschalgebühr hinsichtlich einer einstweiligen Verfügung bei Bauaufträgen im Oberschwellenbereich iHv 3.241 EUR zu entrichten.

6.       Mit Schreiben vom 27.04.2021 nahm die Antragstellerin erneut Stellung. Darin führte sie aus, dass aus dem beigelegten E-Mail-Verlauf mit der mitbeteiligten Partei hervorgehe, dass die Antragstellerin mit der Ausführung des Gewerks beauftragt werden sollte. Da der mitbeteiligten Partei der Zuschlag erteilt wurde, die Antragstellerin allerdings keinen Auftrag erhalten habe, ergebe sich zwangsläufig, dass mit der Ausführung des Gewerks ein anderes Unternehmen beauftragt worden sei oder noch werden solle. Nach der Marktkenntnis der Antragstellerin verfüge aber kein anderer Mitbewerber über die im Leistungsverzeichnis geforderte Schweißkonstruktion, sodass ohne abweichende Ausführung eine Beauftragung eines anderen Unternehmens nicht möglich sein kann. Durch den nachträglichen Verzicht auf diese Voraussetzung und Gestattung einer geänderten Ausführung mit Zustimmung des Bauherrn liege aber eindeutig eine wesentliche Änderung und damit unzulässige Direktvergabe vor.

Die Stellungnahme der Auftraggeberin sei insoweit verfehlt, als das ursprüngliche Verfahren gar nicht bekämpft werde. Vielmehr wende sich die Antragstellerin gegen die freihändige Vergabe der dem ursprünglichen Leistungsverzeichnis nicht entsprechenden Ausführung. Sofern diese Änderung der Ausführung noch nicht von der Auftraggeberin beauftragt wurde, sei das BVwG vor erfolgter Zuschlagserteilung zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuständig und es sei dem Antrag darauf jedenfalls stattzugeben. Nur durch Untersagung der Zuschlagserteilung betreffend die bekämpfte Direktvergabe bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das BVwG könne der Abschluss einer unzulässigen Direktvergabe zu den geänderten Konditionen verhindert und der Rechtsschutz gewahrt werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) schrieb unter der Bezeichnung „A08 Innkreis Autobahn, INB Ort – Suben, km 62,0 – km 74,0, Bauleistungen“ unter dem CPV-Code „45233110-3 Bauarbeiten für Autobahnen“ einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip aus. Vergebende Stelle ist dabei die ASFINAG Baumanagement GmbH (allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin).

Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte in Österreich über die elektronische Vergabeplattform ProVia am 11.12.2020. Die Veröffentlichung der Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte am 16.12.2020 unter der Zl. 2020/S 245-606069 (allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin; Anlage A zum Antrag der Antragstellerin; Stellungnahme der Auftraggeberin vom 23.04.2021).

Die Auftraggeberin teilte den Bietern am 02.03.2021 über die elektronische Vergabeplattform mit, der mitbeteiligten Partei den Zuschlag erteilen zu wollen. Diese Mitteilung der Zuschlagsentscheidung blieb unbekämpft, sodass die Auftraggeberin der mitbeteiligten Partei nach Ablauf der Stillhaltefrist am 16.03.2021 durch Übermittlung der Bestellurkunde den Zuschlag erteilte (Stellungnahme der Auftraggeberin vom 23.04.2021; Beilage 2 und 3 zu den allgemeinen Auskünften; begründete Einwendungen der mitbeteiligten Partei vom 23.04.2021).

Die Antragstellerin selbst nahm nicht als Bieterin am Verfahren teil, sondern trat als Subunternehmerin auf. (Antrag der Antragstellerin vom 15.04.2021).

2.       Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammer genannten Quellen. Es besteht kein Anlass, an deren Richtigkeit zu zweifeln.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) Zurückweisung des Antrages

§ 334 BVergG 2018 lautet auszugsweise:

„(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig

1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;

2. in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;

3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde;

4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde;

5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 4 bis 9, § 162 Abs. 1 bis 5, § 316 Abs. 1 bis 3 oder § 323 Abs. 1 bis 5 rechtswidrig war;

6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;

7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs. 9.“

Die Zuständigkeiten des BVwG nach § 334 BVerG 2018 sind abschließend geregelt (vgl. VwGH 18.01.2021, Ra 2019/04/0047, Rz 18 mwN) und bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich, dass ein nicht abgeschlossenes Vergabeverfahren Voraussetzung für die Zuständigkeit des BVwG ist, einstweillige Verfügungen zu erlassen (vgl. dahingehend auch VwGH Punkt 22.03.2000, 2000/04/0033, Punkt III.3.). Nach Zuschlagserteilung ist das BVwG daher nicht mehr zuständig, einstweilige Verfügungen zu erlassen (vgl. Reisner in Gölles, BVergG § 334 Rz 11 [Stand 01.10.2019, rdb.at] sowie die darin zitierte Judikatur des BVwG zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 312 Abs. 2 BVergG 2006).

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zeitlich nach der Zuschlagserteilung gestellt. Das BVwG ist nach §334 BVergG Abs. 2 bis zur Zuschlagserteilung für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuständig. Im die Zuständigkeit des BVwG nach Zuschlagserteilung regelnden Abs. 3 leg.cit. sind einstweilige Verfügungen textlich nicht angeführt, die Unzuständigkeit des BVwG für einstweilige Verfügungen nach Zuschlagserteilung ist aus dem reinen Gesetzestext zweifelsfrei ablesbar. Das BVwG ist somit nicht mehr für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuständig und der Antrag wegen Unzuständigkeit des befassten Bundesverwaltungsgerichtes zurückzuweisen.

Nachdem die Zurückweisung bereits aus diesem Grund zu erfolgen hat, ist das Vorliegen einer Antragslegitimation der nicht als Bieterin, sondern als Subunternehmerin auftretenden Antragstellerin nicht zu prüfen.

Über den Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 18.01.2021, Ra 2019/04/0047 und VwGH 22.03.2000, 2000/04/0033); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bauauftrag Direktvergabe einstweilige Verfügung Provisorialverfahren Untersagung der Zuschlagserteilung Unzuständigkeit BVwG Vergabeverfahren Zeitpunkt Zurückweisung Zuschlagserteilung Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W279.2241502.1.00

Im RIS seit

13.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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