Entscheidungsdatum
29.04.2021Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W174 2183377-1/20E
W174 2183387-1/21E
W174 2183383-1/15E
W174 2207838-1/15E
IM NAMEN der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria Mugli-Maschek als Einzelrichterin, über die Beschwerden 1.) der XXXX , geboren am XXXX , 2.) des XXXX , geboren am XXXX 3.) des XXXX , geboren am XXXX , und 4.) des XXXX , geboren am XXXX , beide gesetzlich vertreten durch XXXX , alle StA. Afghanistan, alle vertreten durch die BBU GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017, jeweils betreffend 1.) Zl. 1100344103 - 52063818/BMI-BFA_STM_AST_01_TEAM_01, 2.) Zl.1100343901 - 152063745/
BMI-BFA_STM_AST_01_TEAM_01, 3.) Zl. 1126020000 - 161110700/BMI-BFA_STM_AST_01_
TEAM_01 und 4.) vom 14.9.2018, Zl. 1194274000 – 180531353/BMI-BFA_STM_AST_01_
TEAM_01 nach einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind Ehegatten und die Eltern des minderjährigen Dritt- und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer reisten nach Österreich ein und stellten am 28.12.2015 Anträge auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gaben die Beschwerdeführer im Wesentlichen an, aus Kabul zu stammen, afghanische Staatsangehörige, verheiratet und schiitischen Glaubens zu sein. Die Erstbeschwerdeführerin gehöre der Volksgruppe der Tadschiken und der Zweitbeschwerdeführer der Volksgruppe der Hazara an.
Zu ihrem Fluchtgrund brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Erstbeschwerdeführerin seit ihrer Kindheit mit ihrem Cousin väterlicherseits verlobt gewesen sei, den sie aber nicht gewollt habe. Schon in der Schule habe sie sich in den Zweitbeschwerdeführer verliebt, der auch um ihre Hand angehalten habe, was aber ihr Vater verwehrt hätte. Vor ca. drei Monaten hätten sie bei einem Freund des Zweitbeschwerdeführers miteinander geschlafen und die Erstbeschwerdeführerin sei schwanger geworden. Da ihre Schwester dies erfahren und der Familie erzählt habe, seien die beiden geflohen und hätten unterwegs im Iran geheiratet.
3. Am 11.8.2016 brachte die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertretung für den im Bundesgebiet nachgeborenen Drittbeschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
4. Anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) am 14.9.2017 und am 24.11.2017 brachte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, afghanische Staatsbürgerin und schiitischen Glaubens zu sein sowie der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. In Kabul habe sie zwölf Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen.
Sie sei mit dem Zweitbeschwerdeführer verheiratet, gemeinsam hätten sie ein Kind (den Drittbeschwerdeführer). Letzterer habe keine eigenen Fluchtgründe.
Die Erstbeschwerdeführerin sei in Kabul geboren, habe ein paar Jahre mit ihrer Familie in Pakistan gelebt, bevor sie im Alter von sechs Jahren wieder nach Kabul zurückgekehrt sei, wo sie sich von da an immer aufgehalten habe. Bis zur Ausreise sei die Beschwerdeführerin zur Schule gegangen, gearbeitet habe sie nicht. In Kabul befänden sich noch ihre Eltern, zwei Schwestern und zwei Brüder. Seit ein paar Monaten stehe die Beschwerdeführerin zu einer Schwester in Kontakt, zu den anderen Verwandten hätte sie keine Beziehung mehr.
Ausgereist sei die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen, weil sie den Zweitbeschwerdeführer geliebt habe und ihre Familie gegen ihn gewesen wäre. Nachdem sie verbotenerweise von ihm schwanger geworden sei, seien die beiden ausgereist.
Kennengelernt hätte sie ihn knapp zwei Jahre vor der Ausreise auf dem Schulweg. Danach hätten sie telefonischen Kontakt gehabt, der Zweitbeschwerdeführer habe seine Mutter, die Großmutter und die Schwester zu den Angehörigen der Erstbeschwerdeführerin geschickt, um um deren Hand anzuhalten, was ihr Vater jedoch abgelehnt habe, weil sie ihrem Cousin versprochen worden wäre, den die Erstbeschwerdeführerin jedoch nicht hätte heiraten wollen. Insgesamt habe die Familie ihres Gatten drei oder vier Mal um ihre Hand angehalten, zuletzt vier Monate vor der Ausreise. Die Erstbeschwerdeführerin habe dabei immer den Tee gebracht, jedoch dann den Raum verlassen müssen. Wann die Familie ihres Mannes das erste Mal bei ihr gewesen sei, wisse die Erstbeschwerdeführerin nicht mehr genau.
Zuvor hätten sie sich oft auf dem Schulweg gesehen. Am ersten Tag habe ihr nunmehriger Mann nur „Hallo“ gesagt, am nächsten Tag hätte er ihr seine Telefonnummer gegeben. Danach hätten sie immer telefoniert, sich nach dem Nachmittagskurs der Erstbeschwerdeführerin in einem Restaurant und vier oder fünf Monate vor der Ausreise dann im Haus eines Freundes des Zweitbeschwerdeführers getroffen und nach einiger Zeit dort intimen Kontakt gehabt. Miteinander geschlafen hätten sie insgesamt zweimal. Wann das erste Mal gewesen sei, wisse die Beschwerdeführerin nicht mehr, das zweite Mal wäre zwei Monate vor der Ausreise gewesen. Sie habe es ihrer Schwester erzählt, die sie zum Arzt gebracht, angeschrien und sogar geschlagen hätte. Den Namen des Arztes könne die Erstbeschwerdeführerin nicht nennen, ebenso wenig den Zeitpunkt, an dem sie dort gewesen sei. Der Arzt habe ihr mitgeteilt, sie sei schwanger. Fünf bis sechs Tage danach sei sie gemeinsam mit ihrem nunmehrigen Mann geflüchtet. Bei einer Rückkehr habe sie Angst vor ihrer Familie.
Der Zweitbeschwerdeführer erklärte im Wesentlichen, der Volksgruppe der Hazara anzugehören und schiitischer Moslem zu sein. In Kabul habe er zwölf Jahre die Schule besucht, mit Matura abgeschlossen und sei anschließend zwei Jahre an der Uni gewesen und habe das Studium Rechnungswesen und Buchhaltung absolviert. Er sei mit der Erstbeschwerdeführerin verheiratet, sie hätten ein gemeinsames Kind, den Drittbeschwerdeführer. Der Zweitbeschwerdeführer sei in Kabul geboren, nachdem die Taliban an die Macht gekommen seien, habe er sich sechs Jahre im Iran aufgehalten, von seiner Rückkehr ungefähr 2001 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 wieder in Kabul. Vor seiner Ausreise nach Europa habe er für eine Sicherheitsfirma gearbeitet, zuvor bei einer Logistikfirma.
Bezüglich seiner Fluchtgründe brachte er vor, seine jetzige Frau auf dem Schulweg kennengelernt zu haben, als er selbst unterwegs zur Arbeit gewesen sei. Nachdem er ihr seine Telefonnummer gegeben habe, hätten sie fünf oder sechs Monate telefonischen Kontakt gehabt und sich anschließend auf ihrem Schulweg persönlich getroffen. Seine Mutter und seine Großmutter hätten um ihre Hand angehalten, die Erstbeschwerdeführerin habe dann gesagt, sie könnten sich auf dem Schulweg nicht mehr treffen. Kennengelernt hätten sie sich ein Jahr und ein paar Monate vor der Ausreise. Insgesamt sei die Mutter mit nahen Angehörigen (Großmutter und Schwester) dreimal bei der Familie seiner Gattin gewesen, einmal ungefähr sieben Monate vor der Ausreise, beim zweiten Mal ein oder zwei Monate später, beim dritten Mal zwei Monate vor der Ausreise. Beim ersten Mal hätten sie deren Vater nicht angetroffen, beim zweiten Mal hätte dieser nein gesagt.
Einige Zeit hätten sich die beiden nicht mehr gesehen, jedoch telefonischen Kontakt gehabt. Als er auf das Haus eines Freundes aufgepasst habe, hätten sie sich dort zwei oder dreimal getroffen und geredet. Einmal, drei oder vier Monate vor der Ausreise oder weniger, zwei oder drei Monate vor der Ausreise, wären sie intim gewesen. Zwei Wochen später hätte er noch einmal mit ihr geschlafen. Nach dem ersten Mal habe seine Mutter das dritte Mal die Familie seiner Frau aufgesucht. Nach dem zweiten intimen Kontakt hätte ihm die Erstbeschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie schwanger sei. Dies sei ungefähr vier oder fünf Tage vor der Ausreise gewesen.
Persönlich bedroht worden sei der Zweitbeschwerdeführer nie, die Familie seiner Frau habe er nie gesehen. Außer den Problemen mit seiner Frau habe es nichts gegeben, sein Vater sei schon vorher geflohen, der Zweitbeschwerdeführer habe wegen dessen Fluchtgrund jedoch keine Probleme gehabt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde er seine Frau verlieren, sie würde von ihrer eigenen Familie getötet.
5. Mit den gegenständlichen im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge der Erstbeschwerdeführerin, des Zweitbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
6. Dagegen wurde rechtzeitig mit gemeinsamem Schriftsatz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Schwangerschaft der Erstbeschwerdeführerin Verfolgung durch deren Familie drohe, weil der außereheliche Geschlechtsverkehr als Schande angesehen werde. Da die Erstbeschwerdeführerin überdies ihren Cousin versprochen gewesen sei, wäre auch dieser in seiner Ehre verletzt und trachte nach Rache an den Beschwerdeführern. Zudem fürchte die Erstbeschwerdeführerin als Frau mit westlicher Einstellung auch deswegen Verfolgung in Afghanistan. Neu vorgebracht wurde. der Drittbeschwerdeführer wäre allein schon aufgrund seines in Afghanistan auffälligen Vornamens ständiger Diskriminierung ausgesetzt.
7. Am 7.6.2018 wurde für den nachgeborenen Viertbeschwerdeführer durch die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertretung ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eingebracht.
Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.8.2018 gab diese im Wesentlichen an, dass ihr Sohn afghanischer Staatsbürger, Hazara und schiitischer Moslem sei. In Afghanistan wäre er von der gleichen Gefahr wie seine Eltern bedroht. Weil sie dort nicht offiziell verheiratet seien und ihr Kind als uneheliches gelte, wäre es logisch, dass sie sie töteten. Die Erstbeschwerdeführerin brachte erstmals vor, sie würde deswegen durch die Polizei und das Gericht verfolgt und sogar gesteinigt. Zudem sei ihre Familie dadurch ein Feind geworden. Erstmals gab sie auch an, ihre Angehörigen glaubten, die Erstbeschwerdeführerin wäre entführt und hätten deshalb ihre Fotos und Personalien überall hingeschickt, obwohl sie freiwillig mit ihrem Mann weggegangen sei. In Österreich hätte sie standesamtlich geheiratet, wozu sie die Kopie einer Heiratsurkunde vorlegte.
Die rechtliche Vertretung erklärte hierzu, dass der Vater der Erstbeschwerdeführerin seine Tochter als Entführte suche, weil sie als Ledige verschwunden sei, worauf die Todesstrafe stehe.
8. Mit dem im Spruch viertgenannten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Viertbeschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde dem Viertbeschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Viertbeschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Viertbeschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Viertbeschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
9. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde in vollem Umfang erhoben.
10. Am 12.6.2019 folgte eine Beschwerdeergänzung betreffend den Viertbeschwerdeführer. Angefügt wurde das ÖSD Zertifikat A1 der Erstbeschwerdeführerin.
Am 24.2.2020 wurden dem Bundesverwaltungsgericht diverse Integrationsunterlagen der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers vorgelegt.
11. Am 9.12.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt mich teilnahm.
Die Erstbeschwerdeführerin erklärte im Wesentlichen zunächst wie bisher, afghanische Staatsbürgerin, in Kabul geboren, verheiratet und schiitische Muslima zu sein. Zu Zeiten der Taliban sei sie mit ihrer Familie nach Pakistan geflüchtet und im Alter von ca. sechs Jahren zurück nach Kabul gezogen, wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt, bis zur zwölften Klasse die Schule und im Jahr 2014 maturierte habe. Anschließend hätte sie einen Beruf ausüben wollen, was ihr jedoch von ihrer Familie nicht erlaubt worden sei.
Auf dem Schulweg habe sie ihr Mann mehrmals gesehen und ihr dann eines Tages – fast zwei Jahre vor der Ausreise – seine Telefonnummer zugeworfen, woraufhin sie zunächst ca. sechs Monate lang heimlich im telefonischen Kontakt gestanden seien. Ungefähr ein Jahr vor der Ausreise, während eines Nachmittagskurses hätten sie sich in einem kleinen Restaurant erstmals persönlich getroffen. Ungefähr sechs bis sieben Monate vor ihrer Ausreise hätten sie sich das erste Mal im Haus seines Freundes getroffen, in dem sie insgesamt dreimal gewesen wären. Zweimal hätten sie dort intimen Verkehr miteinander gehabt. Das erste Mal sei gewesen, nachdem ihre Familie den Heiratsantrag seiner Familie abgelehnt hätte. Wie viel Zeit dazwischen vergangen sei, wisse die Erstbeschwerdeführerin nicht mehr. Der erste intime Kontakt sei ca. drei bis vier Monate vor der Ausreise gewesen. Auch könne die Erstbeschwerdeführerin nicht sagen wie viel Zeit bis zum zweiten intimen Kontakt vergangen sei, es sei jedoch ungefähr zwei Monate vor der Ausreise gewesen.
Insgesamt dreimal hätten die Angehörigen ihres Mannes bei ihr Zuhause um sie angehalten, zwischen dem ersten und zweiten Besuch seien zwei Monate vergangen, das dritte Mal seien sie zwei Monate vor der Ausreise gekommen. Die Erstbeschwerdeführerin sei jedoch von klein auf Ihrem Cousin väterlicherseits versprochen gewesen, sie hätte ihn jedoch nicht gemocht.
Von ihrer Schwangerschaft habe die Beschwerdeführerin vier bis fünf Tage vor ihrer Ausreise von einem Arzt erfahren. Kenntnis von der Schwangerschaft habe nur ihre Schwester gehabt, die sie zum Arzt begleitet habe. Die Schwester hätte sie dort schon angeschrien und Zuhause geschlagen.
Wegen der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin und weil ihre Eltern strikt gegen ihre Beziehung gewesen seien und die Erstbeschwerdeführerin die Todesstrafe erwartet hätte, wären sie zur Ausreise gezwungen gewesen.
Standesamtlich geheiratet hätten die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer in Österreich, im Iran hätten sie vor einem Prediger die Ehe schließen lassen.
Beim Zweitbeschwerdeführer handle es sich um einen sehr liebevollen Mann, der sich um sie und die Kinder kümmere. Er respektiere und unterstütze ihre Wünsche und Vorstellungen vom Leben. Seit fünf Jahren befänden sie sich in Österreich und sie habe noch nie erlebt, dass er ausgerastet sei. Streitigkeiten wie sie in jeder Familie vorkämen, meisterten sie gut, die Erstbeschwerdeführerin habe ihren Gatten jedoch noch nie aggressiv erlebt. Falls es zu unhöflichen Szenen kommen sollte, würde sie eine Zeit lang nicht mit ihm sprechen. Falls es zu Gewalttätigkeiten komme, würde sie sich von ihm trennen und nur unter der Voraussetzung, dass er das nie wiederhole wegen der Kinder wieder zusammenziehen.
Die Erstbeschwerdeführerin trage draußen Jeans und T-Shirt, zu Hause Shorts und Trägerleiberl. Im Protokoll wurde dazu festgehalten, dass die Erstbeschwerdeführerin Jeans und einen Wollpullover trage, geschminkt sei und lackierte Fingernägel habe. Sie selbst erklärte, sie entscheide, was sie anziehe. Bei Behörden trage sie natürlich dezente Sachen, ihren Mann frage sie lediglich nach seiner Meinung, wie sie ausschaue und ob ihr die Farbe passe.
Diese Freiheiten habe sie in Afghanistan in keiner Hinsicht gehabt. Sie sei Zuhause traditionell gekleidet gewesen und habe Kopftuch tragen müssen. Auch draußen hätte sie ein Kopftuch getragen samt einem langen Mantel, der bis unter das Knie gereicht habe. Zuhause hätten ihre Eltern entschieden, wie sie sich kleiden solle und was sie machen dürfe, draußen die Gesellschaft. Wenn sie sich ein bisschen anders angezogen habe, hätten sie sie getadelt und aufgefordert, sich sofort umzuziehen. In Afghanistan sei sie wie eine eingesperrte Sklavin gewesen, habe nur zur Schule und nach Hause gehen dürfen. Hier dürfe sie frei entscheiden, was sie anziehe, wohin sie gehe. Beispielsweise treibe sie Sport mit Freunden, wozu sie Fotos zeigte, wo sie in Sportkleidung mit Freundinnen in der Natur abgebildet ist.
Tagsüber bringe sie ihren Sohn in den Kindergarten, gehe danach in den Park, mit Freunden Kaffeetrinken oder Radfahren. Zudem erledige sie die Einkäufe für Zuhause. Wenn viel einzukaufen sei, gehe sie gemeinsam mit ihrem Mann, ansonsten lasse sie die Kinder bei ihm und gehe alleine. Die Erstbeschwerdeführerin habe bereits das Niveau A2 erreicht und B1 angefangen, was jedoch coronabedingt unterbrochen worden sei. Zudem habe sie freiwillig in Pflegeheimen gearbeitet, sich mit alten Menschen unterhalten und dabei auch ihre Deutschkenntnisse erweitert. Hierzu wurde eine Bestätigung vorgelegt.
Den Arzt besuche sie meistens alleine. Wenn eines der Kinder krank sei, dann passe einer von ihnen auf das andere Kind auf, meistens sei sie es, die mit dem Kind zum Arzt gehe. Radfahren gehe sie sowohl mit ihrem Mann als auch mit Freundinnen. Zudem mache sie auch gerne Aerobic und schwimme. Gemeinsam mit Ihrer Schwiegermutter habe sie im Sommer einen Schwimmkurs besucht und dabei Bikini getragen. Sie habe Kontakt zu anderen Familien und Personen in Österreich, die sie namentlich nannte. Dazu wurden Empfehlungsschreiben vorgelegt. Vor Corona hätten sie sich alle einmal im Monat getroffen und etwas unternommen. Wenn sie selbst nicht zu Hause sei, kümmere sich meistens ihr Mann um die Kinder; wenn sie gemeinsam etwas unternehmen wollten, passe die Schwiegerfamilie auf die Kinder auf.
Ihr Gatte habe auch im Pflegeheim gearbeitet, die beiden hätten sich abgewechselt. Zusätzlich zu dieser Arbeit habe er auch in der Nachbarschaft Gartenarbeiten verrichtet. Sie hätten sich ausgemacht, dass, wenn beide berufstätig seien, sie sich die Zeiten so eingeteilten, dass einer Zuhause auf die Kinder schaue. Falls dies nicht möglich wäre, würden sie die Kinder zu seiner Familie bringen.
Das Geld verwalteten sie beide. Sie ließen es Zuhause und jeder nehme sich, wie viel er brauche. Da Bankomatkarten teuer seien hätten sie sich für eine gemeinsame entschieden.
Wenn sie in Österreich bleiben könne, wolle sie den Führerschein machen, auf jeden Fall einen Beruf ausüben, eine Lehre dazu absolvieren und selbstständig sein. Sie wäre gerne Krankenschwester oder Altenpflegerin.
Bezüglich ihrer Kinder wünsche sie sich, dass sie sich gut ausbildeten und in die Richtung gingen, die sie wollten. Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes habe sie sich eine Spirale einsetzen lassen, damit sie ihre Ausbildung machen und arbeiten könne.
Sie habe deswegen vor der Behörde ausdrücklich gesagt, dass ihr älterer Sohn keine eigenen Fluchtgründe habe, weil sie eine Familie seien, seine Eltern in Afghanistan eine Sünde begangen hätten und er laut dem islamischen Gesetz als uneheliches Kind gelte.
Vorgelegt wurde ein Unterstützungsschreiben für die Familie. Zur Integration wurde darauf hingewiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin im Juli 2019 ein ÖSD Zertifikat A2 erworben und 2017 den Werte- und Orientierungskurs besucht habe und außerordentlich gut integriert sei.
In weiterer Folge wurde der Zweitbeschwerdeführer einvernommen und gab im Wesentlichen zunächst an, afghanischer Staatsangehöriger, Hazara, schiitischer Moslem und in der Provinz Kabul geboren zu sein.
Er habe viele Dokumente vorgelegt, vor allem sein Maturazeugnis, sein Studiendiplom und Arbeitsbestätigungen. Studiert habe er Rechnungswesen.
Vor dem ersten Treffen mit seiner Gattin seien sie ungefähr fünf bis sechs Monate in telefonischem Kontakt gestanden. Er habe sie auf ihrem Schulweg, den er auf seinem Weg zur Arbeit passiert habe, gesehen und ihr seine Nummer zugeworfen. Nachdem ihre Schule zu Ende gewesen sei, habe sie mit einem Kurs begonnen, den sie täglich besucht habe. Da habe er sie eines Tages unterwegs kurz gefragt, ob sie ihn treffen wolle. Getroffen hätten sie sich zunächst in einem Restaurant. Kurz vor ihrer Ausreise aus Afghanistan, er glaube, drei oder vier Monate davor, hätten sie sich zum ersten Mal im Haus seines Freundes getroffen. Insgesamt sei es zweimal dazu gekommen, ein drittes Mal habe nicht stattgefunden. Zweimal vor der Ausreise hätten sie intimen Kontakt miteinander gehabt, wann das erste Mal gewesen sei, wisse der Beschwerdeführer nicht mehr, er glaube es seien dreieinhalb oder vier Monate vor der Ausreise gewesen. Das zweite Mal vermutlich ein oder zwei Monate, er wisse es nicht mehr.
Insgesamt dreimal hätten seine Angehörigen um die Hand seiner Frau angehalten. Ihr Vater sei dagegen gewesen, weil sie von klein auf jemandem anderen versprochen gewesen wäre.
Von der Schwangerschaft habe er ca. fünf bis sechs Tage vor der Flucht telefonisch erfahren.
In Österreich gehe meistens seine Gattin einkaufen und er passe auf die Kinder auf. Manchmal gingen sie auch zusammen. Wenn eines der Kinder krank sei, bringe es meistens die Erstbeschwerdeführerin zum Arzt. Von ihm habe sie das Fahrradfahren gelernt, seine Schwester habe ihr das Schwimmen beigebracht. Gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester gehe sie sehr oft schwimmen. Dabei trage sie normale Kleidung, die man beim Schwimmen trage und die wie Unterwäsche ausschaue. Dies sei für ihn in Ordnung, sie solle sich wohlfühlen. Zudem hätten sie näher genannte österreichische Freunde, mit denen seine Frau auch alleine unterwegs sei. Wenn sie draußen sei, passe er auf die Kinder auf.
Es sei ihr Wunsch zu arbeiten, sie lerne Deutsch, um später Krankenschwester zu werden. Das Geld der Familie sei meistens bei seiner Frau, aber es handle sich um keine große Summe. Sie hätten ein gemeinsames Konto und gemeinsame Ausgaben.
Der Zweitbeschwerdeführer sei persönlich in Afghanistan nie bedroht worden, aber Hazara würden dort allgemein benachteiligt. Bei einer Rückkehr würde er samt seiner Familie getötet werden, weil er eine große Sünde begangen und die Ehre eines Mannes weggenommen habe.
Seitens der erkennenden Richterin wurde auf das vorgelegte Informationsmaterial zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat verwiesen und eine Frist von 14 Tagen für eine schriftliche Stellungnahme gewährt.
12. Diese Stellungnahme langte beim Bundesverwaltungsgericht am 25.1.2021 ein.
13. Mit Schriftsatz vom 19.4.2021 wurde den Beschwerdeführern das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 01.04.2021, unter Einräumung einer Stellungnahmefrist von einer Woche ab Zustellung übermittelt.
14. Am 19.4.2021 wurde unter Anschluss der zuvor bereits übermittelten Stellungnahme vom 22.01.2021 (vgl. Pkt. 12) eine unter der Bedingung einer für die Beschwerdeführer positiven Entscheidung gegebene Zusage betreffend den Zweitbeschwerdeführer für seine unbefristete Einstellung in Vollzeit in einem Gastrobetrieb in Graz vorgelegt.
15. Mit Schriftsatz vom 26.04.2021 wurde betreffend die aktuellen Länderinformationen ua zur schwierigen Situation in Afghanistan für Frauen, Kinder, dem bevorstehenden Abzug der Truppen der USA und den großen Problemen aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie, die den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr drohten Stellung genommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichem Sachverhalt aus:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind Ehegatten und die Eltern des minderjährigen Dritt- und des minderjährigen Viertbeschwerdeführers.
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer schlossen bereits vor ihrer Einreise ins Bundesgebiet (traditionell) nach dort, im Iran, geltendem islamischen Recht die Ehe, in Österreich heirateten sie nochmals standesamtlich.
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer stammen aus Kabul und sind schiitischen Glaubens. Die Erstbeschwerdeführerin gehört der Volksgruppe der Tadschiken und der Zweitbeschwerdeführer der Volksgruppe der Hazara an. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer wurden im Bundesgebiet geboren.
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer maturierten in Kabul, der Zweitbeschwerdeführer absolvierte dort ein Studium in Rechnungswesen und war bei verschiedenen Firmen erwerbstätig.
Die Erstbeschwerdeführerin gehört zur sozialen Gruppe der afghanischen Frauen. Die ganze Familie ist westlich orientiert, die Erstbeschwerdeführerin führt mittlerweile einen westlichen, selbstständigen und selbstbestimmten Lebensstil. Diese Lebensführung ist zu solch einem Bestandteil ihrer Identität geworden, dass nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken.
1.2. Zur Lage im Herkunftsland:
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Stand 1.4.2021, die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarf afghanischer Asylsuchender, Stand 30.08.2018, die EASO Guidelines, die Analyse der Staatendokumentation Gesellschaftlichen Einstellung zu Frauen in Afghanistan, Stand 25.6.2020 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Afghanistan vom 3.5.2019 über Kinderehen, Zwangsehen (siehe Anlagen) stellen einen integrierten Bestandteil dieses Erkenntnisses dar und werden als Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde, den vorliegenden Gerichtsakten und dem vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren, vor allem der Einvernahme der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung und dem persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin dort gewinnen konnte.
2.1. Die oben genannten Feststellungen zu Person und Herkunft der Beschwerdeführer resultieren aus ihren dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten und ihren diesbezüglich einheitlichen und glaubwürdigen Angaben und Sprachkenntnissen.
Die Feststellungen zur Erstbeschwerdeführerin als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frau ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin und ihres Gatten (des Zweitbeschwerdeführers) in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem persönlichen Eindruck, der dort gewonnen werden konnte.
Die Erstbeschwerdeführerin vermochte zu überzeugen, dass sie sich einer westlichen Wertehaltung und einem westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild zugewandt hat, danach lebt und daran festzuhalten gewillt ist, wobei ihr westlich orientierter Lebensstil auch von ihrem in Österreich lebenden Ehegatten mitgetragen wird.
Die erkennende Richterin gewann im Rahmen der Verhandlung den Eindruck, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine Frau handelt, die das streng konservativ-afghanische Frauenbild und die konservativ-afghanische Tradition ablehnt, demgegenüber bereits stark westliche Werte verinnerlicht hat und – aus Überzeugung und in Abkehr zu der konservativ-afghanischen Tradition – auch danach lebt.
Die Erstbeschwerdeführerin hat in der Beschwerdeverhandlung verdeutlicht, dass sie ihr Äußeres und ihre Lebensführung an das Leben westlicher Frauen anpasst und dass sie sich vor – in Afghanistan für Frauen üblichen – traditionellen Einschränkungen und gesellschaftlichen Vorgaben fürchtet. Sie hat glaubhaft dargelegt, vom Willen getragen zu sein, den Alltag selbstständig und ohne Hilfe ihres Ehemannes zu bestreiten, sich in Österreich entsprechend weiterzubilden und beruflich Fuß zu fassen. Sie verwaltet mit ihrem Gatten gemeinsam das Geld der Familie, geht alleine einkaufen, zu (österreichischen) Freunden und Ärzten oder bringt den Sohn in den Kindergarten. Ihre (westliche) Kleidung sucht sie sich selbst aus, sie treibt Sport, ua Aerobic, fährt Fahrrad und geht Schwimmen, wobei sie Bikini trägt. Sie kümmert sich selbst um die Familienplanung und hat sich eine Spirale einsetzen lassen, um Zeit für eine Ausbildung und Berufstätigkeit zu haben. Auch besuchte sie bereits Sprachkurse bis zu B1, war ehrenamtlich tätig und strebt einen Beruf im Pflegebereich an. Für sich und ihre Kinder wünscht sie sich ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben.
Insgesamt führt die Erstbeschwerdeführerin mittlerweile einen westlichen, selbstständigen und selbstbestimmten Lebensstil, der zu solch einem Bestandteil ihrer Identität geworden ist, dass nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken.
2.2. Die getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan beruhen auf den angeführten Quellen. Diese Berichte verschiedener anerkannter und zum Teil in Afghanistan agierenden Institutionen, ergeben in ihrer Gesamtheit ein nachvollziehbares und schlüssiges Bild über die Lage im Heimatland der Beschwerdeführer. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Die Länderfeststellungen wurden den Beschwerdeführern vorgehalten und es wurde ihnen nicht entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf die vorliegenden anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich die Zuständigkeit der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuständigen Einzelrichterin vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte ist mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts durch das Verwaltungsgerichtsverfahrens (VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG idgF bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zweck des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG idgF sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß §§ 16 Abs 6 und 18 Abs 7 BFA-VG idgF sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
3.2. Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht. Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Als Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "begründete Furcht vor Verfolgung" (VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthalts zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011 ua).
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233, mwH).
Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081; VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Eine Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zahl 98/01/0370; 22.10.2002, Zahl 2000/01/0322).
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Die Erstbeschwerdeführerin gehört zur sozialen Gruppe der afghanischen Frauen.
Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Verfolgung vom Heimatstaat ausgeht. Auch eine private Verfolgung kann insoweit maßgeblich sein, als der Heimatstaat nicht gewillt oder in der Lage ist, Schutz vor solcher Verfolgung zu gewähren. Es sind daher konkrete Feststellungen zur Lebensweise der Asylwerberin im Entscheidungszeitpunkt zu treffen und ist ihr diesbezügliches Vorbringen einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/18/0388).
Wie oben in den Feststellungen und der Beweiswürdigung gezeigt, führt die Erstbeschwerdeführerin mittlerweile einen westlichen, selbstständigen und selbstbestimmten Lebensstil. Diese Lebensführung ist zu solch einem Bestandteil ihrer Identität geworden, dass nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken.
Den getroffenen Länderfeststellungen sowie den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.8.2018 (siehe Abschnitt III.A.7f.) ist zu entnehmen, dass die Fortführung dieser Lebensweise in Afghanistan zu einer asylrelevanten Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen führen würde.
Auf Grund der Ermittlungsergebnisse ist daher davon auszugehen, dass sich die Erstbeschwerdeführerin aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung, nämlich aus Gründen ihrer politischen Gesinnung bzw. Religion (überwiegende Orientierung an dem als "westlich“ zu bezeichnenden Frauen- und Gesellschaftsbild) und ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der westlich orientierten afghanischen Frauen außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für die Beschwerdeführerin nicht, weil im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von einer derartigen Verfolgung auszugehen wäre.
Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und § 6 AsylG 2005) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist nicht hervorgekommen.
Der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.
§ 34 Abs. 1 AsylG 2005 lautet: „Stellt ein Familienangehöriger von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; 2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, so gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.“
Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).
Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen. Gemäß Abs. 5 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
Familienangehörige sind gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ua, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Nach den Materialien (RV 952, 22. GP, 54) dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist, Familienangehörigen (§ 2 Abs. 1 Z 22) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (vgl. VwGH 15.11.2018, 2018/19/0004).
Da der Zweitbeschwerdeführerin bereits aus dem Titel der "westlichen Orientierung" und in der Folge den übrigen Beschwerdeführern gemäß § 34 Abs. 1 und 2 AsylG Asyl zu gewähren war, war auf das übrige asylrelevante Fluchtvorbringen nicht weiter einzugehen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass den Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Deshalb war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage Konversion ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Zudem ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen oder es steht in vielen Punkten die Tatfrage im Vordergrund.
Anlagen
Schlagworte
Asyl auf Zeit Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit inländische Schutzalternative innerstaatliche Fluchtalternative mündliche Verhandlung Nachfluchtgründe soziale Gruppe Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung westliche Orientierung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W174.2183377.1.00Im RIS seit
15.09.2021Zuletzt aktualisiert am
15.09.2021