TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/30 W114 2225510-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2021
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Entscheidungsdatum

30.04.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VermG §15
VermG §17 Z1
VermG §17 Z2
VermG §18a Abs1
VermG §18a Abs2
VermG §18a Abs3
VermG §3 Abs3
VermG §8
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W114 2225510-1/22E

W114 2225556-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch XXXX , vom 07.09.2019 gegen den Umwandlungsbescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 08.08.2019, Geschäftsfallnr. 2181/2019/19, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.02.2021 und am 14.04.2021 zu Recht:

A)

Der Umwandlungsbescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 08.08.2019, Geschäftsfallnr. 2181/2019/19 wird insoweit abgeändert, als die Koordinaten der gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 der Grundstücke mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt von XXXX einerseits, und den Grundstücken mit den Gst.Nrn. 1717/4 und 159/2 jeweils KG 14411 Neumarkt der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs andererseits, folgende Koordinaten aufweisen:

Grenzpunkt 8604: Y [m]: -95016.63 und X [m]: 334182.97

Grenzpunkt 8607: Y [m]: -95017.34 und X [m]: 334182.15

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 03.11.2011 stellte die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs als Eigentümerin ihres Grundstückes mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt einen Antrag auf Umwandlung vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster.

2. Das Grundstück der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt grenzt unter anderem auch an die Grundstücke von XXXX , im Weiteren Beschwerdeführer, mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt.

3. Am 16.12.2011 fand eine Grenzverhandlung an Ort und Stelle unter Leitung des örtlich zuständigen Vermessungsamtes St. Pölten statt, bei der der Grenzverlauf zwischen dem Grundstück mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt einerseits und den Grundstücken mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt andererseits besprochen wurde. Übereinstimmend wurde dabei sowohl von den Beschwerdeführern als auch von der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs vorgetragen, dass der gemeinsame Grenzverlauf zwischen diesen Grundstücken in einem Grenzpunkt „266“ beginnt und in einem Grenzpunkt „8607“ endet. Eine Einigung über den gesamten Grenzverlauf zwischen den Eigentümern dieser Grundstücke konnte dabei nicht erzielt werden.

Bereits in dieser Grenzverhandlung am 16.12.2011 wurden die Beschwerdeführer mündlich vom Vermessungsamt St. Pölten aufgefordert binnen 6 Wochen ein zur Festlegung der Grenze bestimmtes gerichtliches Verfahren einzuleiten.

4. Der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom damals im Instanzenzug zuständigen Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen stattgegeben und die Angelegenheit mit Bescheid vom 06.06.2012, GZ 1231/2012, zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Vermessungsamt St. Pölten zurückverwiesen.

5. In der neuerlich durchgeführten Grenzverhandlung am 15.10.2012 konnte zwischen den Beschwerdeführern als Eigentümer der Grundstücke mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt einerseits und der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs als Eigentümer des umzuwandelnden Grundstückes mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt andererseits Einvernehmen darüber erzielt werden, dass der Grenzverlauf zwischen den Grenzpunkten 8636, 8607 und 8604 jeweils geradlinig verläuft. In dieser Grenzverhandlung wurden den Beschwerdeführern und der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs vom Vermessungsamt St. Pölten auch die gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 in Natura gezeigt. Sowohl die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs als auch die Beschwerdeführer, damals rechtsverbindlich durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten, stimmten damals der gezeigten Position der Grenzpunkte 8604 und 8607 zu und bestätigten das durch Unterfertigung einer entsprechenden Zustimmungserklärung iSd § 43 Abs. 6 VermG.

Dieser Grenzverhandlung lag ein Lageplan des Vermessungsamtes St. Pölten zur Geschäftszahl 1957/2012 zugrunde, in welchem vom Vermessungsamt St. Pölten mit schwarzer Linie ein Grenzverlauf beginnend im gemeinsamen Grenzpunkt 266, weiterlaufend über den gemeinsamen Grenzpunkt 8410, weiterlaufend über den gemeinsamen Grenzpunkt 15461, weiterlaufend über den gemeinsamen Grenzpunkt 8633, weiterlaufend über den gemeinsamen Grenzpunkt 8604 und endend im Punkt 8607 eingezeichnet wurde.

Da sich die Beschwerdeführer und die Umwandlungswerberin darüber hinaus in dieser Grenzverhandlung jedoch neuerlich nicht auf einen Grenzverlauf einigen konnten, wurden die Beschwerdeführer neuerlich vom Vermessungsamt St. Pölten am 15.10.2012 auf den Gerichtsweg verwiesen.

6. Auch gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, wobei das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen nunmehr mit Bescheid vom 12.06.2013 zu GZ 5491/2012 die Entscheidung des Vermessungsamtes St. Pölten bestätigte.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 18.03.2013, B 826/2013-6, die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese an den Verwaltungsgerichtshof ab. Der Verwaltungsgerichtshof seinerseits stellte das bei ihm anhängige Verfahren mit Beschluss vom 28.11.2014, 2013/06/0161-12, ein, da zwischenzeitig beim BG Melk von den Beschwerdeführern das geforderte zivilgerichtliche Verfahren anhängig gemacht und entschieden wurde und somit das höchstgerichtliche Verfahren gegenstandslos wurde.

7. Zu 20 C 33/14m-8 wurde vom BG Melk (Fr. Ybbs) am 03.04.2014 Folgendes erkannt:

„Die Eigentumsgrenze zwischen dem Grundstück der klagenden Parteien Nr. 159/1, KG 14411 Neumarkt, einerseits, und dem Grundstück Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt der beklagten Partei andererseits verläuft zwischen den im, einen integrierenden Bestandteil dieses Urteiles bildenden, Lageplan des Vermessungsamtes St. Pölten zur Grenzverhandlung A1957/2012 vom 15.10.2012 dargestellten Vermessungspunkten 8604 und 266 gemäß des in der digitalen Katastralmappe (digitaler Grundsteuerkataster) mit Stand 29.7.2013 dargestellten Grenzverlauf, wie dieser als schwarze Linie im Lageplan ersichtlich ist.“

Dieses Urteil wurde nicht angefochten und damit rechtskräftig.

7. Sowohl die Ergebnisse der Grenzverhandlungen vom 16.12.2011 als auch vom 15.10.2012 und das Urteil des BG Melk (Fr. Ybbs) vom 03.04.2014, Rs 20 C 33/14m-8, berücksichtigend wurde das beim Vermessungsamt St. Pölten zu 1957/2011/19 geführte Umwandlungsverfahren nunmehr zu Geschäftsfallnummer 2181/2019/19 fortgesetzt, am 01.07.2016 eine Vermessung durchgeführt und am 05.02.2019 der für das weitere Verfahren herangezogene Plan erstellt.

Dieser Plan enthält in einer Beilage „Koordinatenverzeichnis“ auch die erforderlichen Unterlagen, um eine angestellte Transformation der Punkte 8604 und 8607 nachvollziehen zu können, und damit auch die Koordinaten aller relevanten gemeinsamen Grenzpunkte, sodass daraus eine punktgenaue Lage auch der in der gegenständlichen Angelegenheit beanstandeten gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 entnommen werden kann.

Für die Grenzpunkte 8604 und 8607 wurden dabei folgende Koordinaten festgelegt:

„Grenzpunkt 8604: Y [m]: -95016.67 und X [m]: 334183.04

Grenzpunkt 8607: Y [m]: -95017.38 und X [m]: 334182.22“

8. Auf der Grundlage dieser Unterlagen wurde mit Umwandlungsbescheid des Vermessungsamtes St. Pölten vom 08.08.2019, Geschäftsfallnummer 2181/2019/19, dem Antrag der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs vom 03.11.2011 auf Umwandlung ihres Grundstückes mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster stattgegeben und dieses Grundstück vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster umgewandelt.

Im Wesentlichsten zusammengefasst wurde diese Entscheidung damit begründet, dass die Beschwerdeführer und die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs sich bei den Grenzverhandlungen am 16.12.2011 und am 15.10.2012 auf die in der angefochtenen Entscheidung fixierten Grenzpunkte 8607 und 8604 und den dazwischenliegenden geradlinigen Grenzverlauf geeinigt hätten, und der weitere gemeinsame Grenzverlauf zwischen dem umzuwandelnden Grundstück und dem Grundstück der Beschwerdeführer zur Gst.Nr. 159/1 KG 14411 Neumarkt vom Grenzpunkt 8604 bis zum Grenzpunkt 266 im Urteil des BG Melk (Fr. Ybbs) vom 03.04.2014, Rs 20 C 33/14m-8 rechtsverbindlich festgelegt worden wäre.

Dieser Bescheid wurde jeweils gesondert beiden Beschwerdeführern am 12.08.2019 zugestellt.

9. Innerhalb offener Frist erhoben die Beschwerdeführer, zuerst vertreten durch XXXX , XXXX , XXXX , und zuletzt vertreten durch XXXX , XXXX , XXXX , mit Schriftsatz vom 07.09.2019 Beschwerde.

In der Begründung führten Sie im Wesentlichsten zusammengefasst aus, dass die gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 der gemeinsamen Grenze zwischen dem umzuwandelnden Grundstück der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt einerseits und ihren Grundstücken mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt andererseits falsch transformiert worden wären, und daher der diesbezügliche Grenzverlauf nicht rechtskonform sei.

10. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 17.02.2021 wurde auch von den Beschwerdeführern zugestimmt, dass der gemeinsame Grenzverlauf zwischen dem umzuwandelnden Grundstück der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt einerseits und ihren Grundstücken mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt andererseits im Grenzpunkt 266 beginnt, jeweils geradlinig zu den gemeinsamen Grenzpunkten 8410, 15461, 8633, 8604 führt und im gemeinsamen Grenzpunkt 8607 endet. Dabei wurde von den Beschwerdeführern auch den gemeinsamen Grenzpunkten 266, 8410, 15461 und 8633 hinsichtlich ihrer Position bzw. hinsichtlich der sich aus der Vermessungsurkunde (des Vermessungsamtes St. Pölten) vom 05.02.2019 ergebenden Koordinaten zugestimmt.

11. Im Anschluss an diese mündliche Verhandlung wurden von den Beschwerdeführern zwei private Sachverständigengutachten bei XXXX , XXXX , XXXX , eingeholt, deren Ergebnis dem BVwG und damit auch allen anderen Parteien der gegenständlichen Beschwerdeverfahren zur Verfügung gestellt wurden. In diesen beiden Gutachten kommt XXXX sachverständig auf der Grundlage einer von ihm vorgenommenen Transformation der Punkte 8604 und 8607 zum Ergebnis, dass der Grenzpunkt 8604 die Koordinaten: Y [m]: -95016.63 und X [m]: 334182.97 und der Grenzpunkt 8607 die Koordinaten: Y [m]: -95017.34 und X [m]: 334182.15 haben sollte.

12. In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 14.04.2021 wurde dazu von den Beschwerdeführern ausgeführt, dass sie den Grenzpunkten 8604 und 8607 dann zustimmen, wenn diese die in den beiden eingeholten Privatsachverständigengutachten von XXXX genannten Koordinaten aufweisen.

Auch der Vertreter des Vermessungsamtes St. Pölten bestätigte in der fortgesetzten Verhandlung die Richtigkeit der Ausführungen von XXXX und erhob gegen diese beiden Gutachten keinen Einwand. Er äußerte auch keinerlei Bedenken, wenn auch die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs den in den beiden Gutachten von XXXX errechneten Positionen der beiden Grenzpunkte 8604 und 8607 zustimmen sollte.

13. Da die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung entschuldigt nicht anwesend war, wurde vom BVwG mit der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs schriftlich Kontakt aufgenommen und um eine Zustimmung zu der von XXXX errechneten Positionierung der Grenzpunkte 8604 und 8607 und des damit in Zusammenhang stehenden Grenzverlaufes geworben.

14. Mit Schreiben vom .04.2021 führte XXXX in seiner Funktion als Bürgermeister der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs und damit als legitimierter Vertreter der Marktgemeinde u.a. Folgendes aus:

„Die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs als Eigentümerin der Grundstücke mit den Gst.Nrn. 1717/4 und 159/2 jeweils KG 14411 Neumarkt erklärt rechtsverbindlich und übereinstimmend mit Frau XXXX und Herrn XXXX als Eigentümer der Grundstücke mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt, dass der gemeinsame Grenzpunkt 8604 die Koordinaten: Y [m]: -95016.63 und X [m]: 334182.97 sowie der gemeinsame Grenzpunkt 8607 die Koordinaten Y [m]: -95017.34 und X [m]: 334182.15 hat.“

15. Damit liegt auch hinsichtlich der Grenzpunkte 8604 und 8607 und damit hinsichtlich des gesamten gemeinsamen Grenzverlaufes zwischen dem umzuwandelnden Grundstück der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt einerseits und den Grundstücken der Beschwerdeführer mit den Gst.Nrn. 159/1 und 159/13 jeweils KG 14411 Neumarkt anderseits vollkommene Übereinstimmung der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs und der Beschwerdeführer vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang wird vom BVwG auch festgestellt bzw. zu Feststellungen erklärt.

1.2. Ergänzend wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer durch die Zustimmung zur von XXXX errechneten Positionierung der gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 durch die Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs, der zuvor auch die Beschwerdeführer in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 14.04.2021 rechtsverbindlich zugestimmt haben, in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG schad- und klaglos gestellt wurden. Damit kann die in der angefochtenen Entscheidung verfügte Umwandlung vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster des Grundstückes mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt – nach Korrektur der Koordinaten der Grenzpunkte 8604 und 8607 im Sinne des Spruches der gegenständlichen Entscheidung – mit sofortiger Wirkung durchgeführt werden. Selbst bei einer allfälligen außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof kommt einem solchen außerordentlichen Rechtsmittel keine automatische aufschiebende Wirkung zu. Mangels Vorliegens einer erforderlichen Beschwer würde selbst bei Erhebung eines entsprechenden außerordentlichen Rechtsmittels einer parallel dazu beantragten aufschiebenden Wirkung der Erfolg versagt bleiben.

2. Beweiswürdigung:

Der wiedergegebene Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den, vom Vermessungsamt St. Pölten dem BVwG vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2021 und vom 14.04.2021. Widersprüchlichkeiten liegen nicht vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das Vermessungsgesetz (VermG) sieht die Entscheidung durch Senate nicht vor.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 138/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus § 3 Abs. 3 VermG ergibt sich die Zuständigkeit des BVwG zur verfahrensgegenständlichen Entscheidung.

3.2. Rechtsgrundlagen:

Das Bundesgesetzes vom 03.07.1968 über die Landesvermessung und den Grenzkataster (Vermessungsgesetz – VermG), BGBl. Nr. 306/1968, idF BGBl. Nr. 51/2016, lautet auszugsweise:

„Abschnitt II

Der Grenzkataster

§ 8. Der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster ist bestimmt:

1.       zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke,

[…].“
„Abschnitt III

Neuanlegung des Grenzkatasters

§ 15. (1) Die Einführung des Grenzkatasters in einer Katastralgemeinde erfolgt

1.       durch die grundstücksweise vorzunehmende Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster (teilweise Neuanlegung §§ 16 bis 20) oder

[…].“

„§ 17. Die Umwandlung (§ 15 Abs. 1 Z 1) erfolgt

1.       auf Antrag des Eigentümers gemäß § 18,

2.       auf Grund einer zu diesem Zwecke vorgenommenen Grenzvermessung (§ 34 Abs. 1),

[…].“
„§ 18a. (1) Sind bei Anträgen gemäß § 17 Z 1 nicht alle Zustimmungserklärungen im Protokoll gemäß § 43 Abs. 6 beigebracht worden, so hat das zuständige Vermessungsamt ein Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Erlangung fehlender Zustimmungen zum Grenzverlauf einzuleiten.

(2) Können im Zuge des Ermittlungsverfahrens die fehlenden Zustimmungserklärungen nicht erlangt werden, so sind mit Einverständnis des Antragstellers zur Fortführung des Verfahrens jene Eigentümer, die für die Grenzfestlegung erforderlich sind, zu einer Grenzverhandlung zu laden. Die Bestimmungen der §§ 24 bis 28 Abs. 1 sind anzuwenden.

(3) Das Vermessungsamt hat die Niederschrift mit dem Ergebnis der Grenzverhandlung zusammen mit einer planlichen Darstellung und den Koordinaten der vermessenen Grenzpunkte dem Antragsteller zur Überarbeitung durch den Planverfasser zuzustellen. In der Folge hat der Antragsteller dem Vermessungsamt den überarbeiteten Plan zu übergeben, der das Ergebnis der Grenzverhandlung oder eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens zu enthalten hat.

[…].“
„§ 28. (1) Die Grundlage für die Anlegung des Grenzkatasters bilden

1. die Niederschriften über die Grenzverhandlungen in den Fällen, in denen der Grenzverlauf festgelegt wurde (§ 25 Abs. 1) oder in denen der von den übrigen beteiligten Eigentümern angegebene Grenzverlauf maßgebend ist (§ 25 Abs. 3 und 5),

2. rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen im streitigen oder, wenn ihnen nicht ein späteres Urteil entgegensteht, im außerstreitigen Verfahren,

3. gerichtliche Vergleiche.

(2) Auf Grund der im Abs. 1 angeführten Urkunden und auf Grund der Vermessung ist unter Berücksichtigung der inzwischen im Grundsteuerkataster vorgenommenen Eintragungen vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen der Entwurf des Grenzkatasters zu erstellen und das Richtigstellungsverfahren anzuordnen.“

3.3. Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

Mit den im Zuge des Ermittlungsverfahrens zu den gegenständlichen beim BVwG geführten Beschwerdeverfahren rechtskonform eingeholten Zustimmungen der Beschwerdeführer und der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs zu den Koordinaten des Grenzpunktes 8604: Y [m]: -95016.63 und X [m]: 334182.97 und den Koordinaten des Grenzpunktes 8607: Y [m]: -95017.34 und X [m]: 334182.15 erfolgte eine Einigung bzw. ein Vergleich der Beschwerdeführer und der Marktgemeinde Neumarkt an der Ybbs hinsichtlich des in den gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtenen gemeinsamen Grenzverlaufes ihrer Grundstücke. Das bedeutet, dass sobald die Koordinaten der gemeinsamen Grenzpunkte 8604 und 8607 entsprechend geändert worden sind, alle erforderlichen Zustimmungen gemäß § 17 Abs. 3 VermG aller erforderlichen Grundstückseigentümer für eine Umwandlung des Grundstückes mit der Gst.Nr. 1717/4 KG 14411 Neumarkt der Umwandlungswerberin vorliegen und dessen Umwandlung vom Vermessungsamt St. Pölten vorgenommen werden kann. Ein Vergleich bzw. eine Einigung auf einen gemeinsamen Grenzverlauf kann in jeder Lage eines Umwandlungsverfahrens oder eines deswegen beim BVwG eingeleiteten Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG – solange eine Entscheidung des jeweiligen Entscheidungsträgers (entweder des jeweils örtlich zuständigen Vermessungsamtes oder des BVwG) noch nicht ergangen ist – erfolgen. Eine solche Einigung ist jedenfalls bei der zu erlassenden Entscheidung mitzuberücksichtigen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer solchen (zur Einigung im Bereich umstrittener Grenzverläufe: bspw. VwGH 28.03.2006, 2004/06/0157; VwGH 12.07.2012, 2012/06/0234 oder insbesondere VwGH 24.01.2013, 2012/06/0181; zur mangelnde Beschwer: neben vielen anderen: VwGH 25.08.2016, Ro 2014/17/0148).

Schlagworte

Bescheidabänderung Einvernehmen Grenzkataster Grenzpunkt Grenzverhandlung Grenzverlauf Grenzvermessung Grundsteuerkataster mündliche Verhandlung Umwandlung Umwandlungsbescheid Umwandlungsbeschluss Vermessung Zustimmungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W114.2225510.1.00

Im RIS seit

13.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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