TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/3 W238 2190912-2

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Veröffentlicht am 03.05.2021
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Entscheidungsdatum

03.05.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W238 2190912-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018, Zahl XXXX , betreffend Erlassung eines Einreiseverbotes zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 1 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)       Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer stellte am 05.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, Außenstelle XXXX (im Folgenden: BFA), vom 01.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit näherer Begründung Beschwerde. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 03.04.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Beschwerdeverfahren wurde zu Zahl 2190912-1 protokolliert.

4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.10.2018 wurde der Beschwerdeführer (erstmals) rechtskräftig nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 22.10.2018 wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein für die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt I.). Weitere Spruchpunkte enthält der Bescheid nicht. Begründend stützte sich die belangte Behörde auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers. Die neuerliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Verhängung des Einreiseverbotes erachtete das BFA für nicht erforderlich, da das gegenständliche Einreisverbot aufgrund des „engen zeitlichen Konnex[es]“ mit der am 01.03.2018 erlassenen Rückkehrentscheidung verbunden werde.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der mit näherer Begründung die Rechtswidrigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes unter Bezugnahme auf eine bereits früher erlassene Rückkehrentscheidung sowie die unangemessene Dauer des Einreiseverbotes gerügt wurden.

7. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 26.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 05.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit Bescheid des BFA vom 01.03.2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde. Unter einem wurden die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan sowie die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise ausgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführers Beschwerde.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , Zahl XXXX , vom 04.10.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 Abs. 1 Z 2 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 2 2. Fall SMG; §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 4 Z 1 SMG; §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 1 6. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 22.10.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt, ohne dieses mit einer unter einem erlassenen Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Nach Erlassung dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer in Österreich noch zweimal rechtskräftig (jeweils nach dem SMG) verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde erweist sich als rechtzeitig und zulässig, sie ist auch begründet.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. § 53 Abs. 1 FPG normiert, dass mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden kann. Die Voraussetzungen für ein höchstens mit zehn Jahren zu befristendes Einreiseverbot nach § 53 Abs. 3 FPG, nämlich dass bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar, liegen im gegebenen Zusammenhang insbesondere dann vor, wenn ein Drittstaatsangehöriger im Sinne der Z 1 dritter Fall von einem Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.

Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und des damit verbundenen Einreiseverbotes steht unter dem Vorbehalt des § 9 Abs. 1 BFA-VG.

3.2. Die Erlassung eines Einreiseverbotes setzt voraus, dass es „mit“ einer Rückkehrentscheidung erlassen, also mit ihr verbunden wird. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.10.2018 erließ das BFA jedoch ausschließlich ein (befristetes) Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG. Soweit sich die belangte Behörde auf einen „engen zeitlichen Konnex“ mit der Rückkehrentscheidung vom 01.03.2018 beruft bzw. die Erlassung des Einreiseverbotes ausdrücklich „mit der damaligen Rückkehrentscheidung“ verbindet, ist auf den eindeutigen Wortlaut des § 53 Abs. 1 FPG zu verweisen, nach dem die Möglichkeit der Erlassung eines Einreiseverbotes die Verbindung mit einer gleichzeitig zu erlassenden Rückkehrentscheidung voraussetzt (vgl. in diesem Sinne auch Art. 11 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie, wonach Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot „einher“ gehen; zur Rechtsprechung vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349 und VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0209, wonach die Erlassung eines Einreiseverbotes die Erlassung einer Rückkehrentscheidung voraussetzt; s. auch VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0146; 08.03.2021, Ra 2020/01/0178).

Der angefochtene Bescheid war somit ersatzlos zu beheben.

Angemerkt wird, dass das beim Bundesverwaltungsgericht bislang anhängig gewesene (Asyl-)Verfahren (betreffend den Bescheid vom 01.03.2020) mit verfahrensleitendem Beschluss vom heutigen Tag gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt wurde, weil sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen hat und eine Entscheidung ohne eine weitere Einvernahme bzw. Verhandlung nicht erfolgen kann.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Im vorliegenden Beschwerdefall nimmt das Bundesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 zweiter Satz BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG Abstand, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Pkt. II.3.2. zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W238.2190912.2.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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