TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/4 W159 2219412-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.05.2021

Norm

AVG §39a
AVG §53a
AVG §53b
AVG §74
AVG §75
AVG §76
BFA-VG §53 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W159 2219412-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Mag. Ferdinand KALCHSCHMID, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2–4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, 117013910 - 180542975 BMI-BFA_TIROL_RD, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG aufgetragen, dem Bund entstandene Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt € 101,40 zu ersetzen.

Das BFA traf soweit wesentlich folgende Feststellungen: „Dem Bund entstanden bzw. entstehen durch die gegen Sie gesetzten Maßnahmen Kosten in der Höhe von 101,40 €. Die Dolmetschleistung wurde für die Einvernahme zur Prüfung von aufenthaltsbeendender Maßnahmen gem. dem 8. Hauptstück des FPG benötigt.“

Rechtlich begründend führte das BFA im Wesentlichen aus: „Ihnen wurden Kosten mit Mandatsbescheid vorgeschrieben. Aufgrund Ihrer rechtzeitigen Vorstellung werden nach zeitgerechter Durchführung des Ermittlungsverfahrens die Kosten wie folgt festgestellt:

Durch die angeführten Maßnahmen bzw. Verfahrenshandlungen entstehen dem Bund die Ihnen nunmehr vorgeschriebenen Kosten, nämlich die Kosten für

–        Dolmetschleistungen in der Höhe von 101,40 €

Es werden Ihnen also nunmehr im ordentlichen Verfahren insgesamt 101,40 € vorgeschrieben.“

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin macht er im Wesentlichen geltend, sich seit seinem dritten Lebensjahr in Österreich aufzuhalten und der bosnischen Sprache nicht mächtig zu sein. Dass der zur Einvernahme am 19.11.2018 hinzugezogene Dolmetscher nicht benötigt werde, sei zu Beginn der Einvernahme dem Leiter der Amtshandlung mitgeteilt worden. Die Amtshandlung sei auf Deutsch geführt worden. Der Dolmetscher sei nicht fortgeschickt worden.

II. Erwägungen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde am 19.11.2018 vor dem BFA im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters und eines Dolmetschers für die bosnische Sprache niederschriftlich einvernommen. Zu Beginn der Einvernahme wurde protokolliert, dass der Beschwerdeführer außer Deutsch keine Sprachen spreche. Auch der bosnischen Sprache sei er nicht ganz mächtig.

Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2018, 13-117013910/180542975, wurden dem XXXX für seine Tätigkeit als Dolmetscher am 19.11.2018, von 08:00 Uhr bis 08:55 Uhr, Dolmetschergebühren in der Höhe von insgesamt € 101,40 zugesprochen.

Der Beschwerdeführer hält sich seit seinem dritten Lebensjahr in Österreich auf und war erstmalig am 04.01.2007 im Bundesgebiet gemeldet. Der Beschwerdeführer ist nur in Österreich zur Schule gegangen.

Festgestellt wird, dass die Leiterin der Amtshandlung spätestens zu Beginn der Einvernahme am 19.11.2018 in Kenntnis darüber war, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers für die bosnische Sprache nicht notwendig war.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem eindeutigen und unbestrittenen Akteninhalt. Das BFA ist dem Beschwerdevorbringen in der Beschwerdevorlage nicht substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A:

§ 28 VwGVG lautet:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

§ 53 BFA-VG lautet:

„Kostenersatz

§ 53. (1) Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden - soweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht - zu ersetzen:

1. Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2. Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

[…]

(4) § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Kosten gemäß Abs. 1, die uneinbringlich sind, trägt der Bund.“

Gem. § 3 Ab 2 Z 6 BFA-VG ist zur Vorschreibung von Kosten gem. § 53 leg. cit die belangte Behörde sachlich zuständig.

Die §§ 53a und 53b AVG lauten:

„Gebühren der nichtamtlichen Sachverständigen

§ 53a. (1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes - GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

(2) Die Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.

(3) Die Gebühr ist dem nichtamtlichen Sachverständigen kostenfrei zu zahlen. Bestimmt die Behörde eine höhere Gebühr, als dem nichtamtlichen Sachverständigen gezahlt wurde, so ist der Mehrbetrag dem nichtamtlichen Sachverständigen kostenfrei nachzuzahlen. Bestimmt die Behörde eine niedrigere Gebühr oder übersteigt der dem nichtamtlichen Sachverständigen gezahlte Vorschuss die von ihr bestimmte Gebühr, so ist der nichtamtliche Sachverständige zur Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages zu verpflichten.

(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 33/2013)

Gebühren der nichtamtlichen Dolmetscher

§ 53b. Nichtamtliche Dolmetscher haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 des Gebührenanspruchsgesetzes - GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Unter nichtamtlichen Dolmetschern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch die nichtamtlichen Übersetzer zu verstehen. § 53a Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2 und 3 ist sinngemäß anzuwenden.“

Die §§ 74–76 AVG lauten:

„Kosten der Beteiligten

§ 74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

Kosten der Behörden

§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.

(3) Die gesetzlichen Bestimmungen über die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes bleiben unberührt.

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.

(4) Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
(5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind – falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben – von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.“

§ 39a AVG lautet:

„Dolmetscher und Übersetzer

§ 39a. (1) Ist eine Partei oder eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, taubstumm, taub oder stumm, so ist erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher (Amtsdolmetscher) beizuziehen. Die §§ 52 Abs. 2 bis 4 und 53 sind anzuwenden.

(2) Als Dolmetscher im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die Übersetzer.“

Gemäß §§ 53b iVm § 53a AVG hat somit ein nichtamtlicher Dolmetscher Anspruch auf bestimmte Gebühren nach dem GebAG. Diese Gebühren sind Barauslagen (§ 76 Abs. 1 2. Satz AVG). Die Gebühren sind im Anwendungsbereich des AVG gegenüber dem nichtamtlichen Dolmetscher mit Bescheid zu bestimmen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind Dolmetscherkosten als Barauslagen einer Behörde erst dann erwachsen, wenn sie gegenüber dem nichtamtlichen Dolmetscher mit Bescheid bestimmt sowie ausgezahlt wurden (VwGH 24.6.2003, 2001/01/0260; zur ähnlichen Rechtslage bei nichtamtlichen Sachverständigen etwa VwGH 15.11.2001, 2000/07/0282).

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG hat der Fremde Dolmetschkosten, die dem Bund im Rahmen von Verfahrenshandlungen nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG entstehen, zu ersetzen. Dementsprechend regelt § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG als Sonderbestimmung zum V. Teil des AVG die Kostenfrage hinsichtlich der Dolmetscherkosten in den angeführten Verfahren.

Die Vorgängerbestimmung des § 53 BFA-VG stellt § 113 FPG aF dar (siehe VwGH 15.12.2011, 2011/18/02649) und können die zu diesen Bestimmungen durch deren Auslegung und hierzu ergangene Judikatur entwickelten Grundsätze auch hier angewandt werden. Die Regelung des § 113 FPG aF schuf der Gesetzgeber in Reaktion auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Verschuldensfrage iSd § 76 Abs. 2 AVG. § 53 BFA-VG stellt die Nachfolgeregelung dar, die im Zuge der Einrichtung des BFA durch das FNG notwendig geworden ist. Dementsprechend ist § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG als so weit als lex specialis zum § 76 AVG dahingehend zu verstehen, dass es eine Tragung der Dolmetscherkosten als Barauslagen iSd § 76 Abs. 1 2. Satz AVG durch den Fremden jedenfalls und unabhängig von einem verfahrenseinleitenden Antrag iSd § 76 Abs. 1 1. Satz AVG oder einem Verschulden iSd § 76 Abs. 2 AVG regelt.

Wie bereits erwähnt sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Dolmetscherkosten als Barauslagen iSd § 76 AVG erst dann einer Behörde erwachsen, wenn diese dem Dolmetscher gegenüber mit Bescheid bestimmt, sowie ausgezahlt wurden (vgl. z.B. VwGH 24.6.2003, 2001/01/0260; zur ähnlichen Rechtslage bei nichtamtlichen Sachverständigen etwa VwGH 15.11.2001, 2000/07/0282). Bereits vor Fassung des § 53a Abs. 2 AVG idF BGBl. I 2013/33 (hiermit wurde ua. in § 53a Abs. 2 Satz 1 AVG die Wendung „mit Bescheid“ ausdrücklich aufgenommen) ging die höchstgerichtliche Judikatur davon aus, dass die Dolmetscherkosten per Bescheid festzustellen sind, welcher ausschließlich das Verhältnis zwischen der Behörde und den Sachverständigen betrifft, was die Behörde jedoch grundsätzlich nicht daran hindert, die Gebühr (schon vor ihrer bescheidmäßigen Bestimmung) faktisch auszubezahlen (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG § 53a Rz 15 f., sowie Rz 19; vgl. auch hg. Erkenntnis vom 28.07.2016, W155 2119637-1 mwN oder VwGH 19.10.2001, 98/02/0129).

Die oa. Überlegungen müssen auch für Dolmetscherkosten iSd § 53 BFA-VG gelten, zumal die Grundsätze der §§ 74 und 75 AVG auch hier anwendbar sind und § 53 BFA-VG lediglich regelt, welche Kosten zu erstatten sind (vgl. auch Szymansky in Schrefler-König/Szymansky, Fremdenpolizei- und Asylrecht [2014], § 53 BFA-VG, Anm. 1).

§ 113 Abs. 1 FPG normiert - inhaltlich ebenso wie davor § 103 Abs. 1 FrG 1997 und vor diesem § 79 Abs. 1 FrG 1993 – eine Pflicht des Fremden zum Ersatz der bei der Durchsetzung eines gegen ihn bestehenden und nicht befolgten Aufenthaltsverbotes entstandenen Kosten. Es kann kein Zweifel bestehen, dass nur „notwendige Kosten“ zu ersetzen sind. Bei Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen zur Durchführung einer Abschiebung erforderlich sind, sodass sich die dabei angefallenen Kosten in diesem Sinn als „notwendig“ erweisen, kommt der Behörde aber ein weiter Spielraum zu (VwGH 20.11.2008, 2007/21/0488).

Ob eine Partei oder eine zu vernehmende Person ausreichend sprachkundig ist, hängt von den Anforderungen des konkreten Einzelfalls ab. Es ist daher nicht erforderlich, dass die betreffende Person einwandfrei Deutsch spricht (VwGH 11.05.1990, 89/18/0163; 02.09.1992, 92/02/0162). Die Annahme hinreichender Sprachkenntnisse einer zu vernehmenden Person ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn Gewissheit besteht, dass sie alle Fragen verstehen und daher zweckentsprechend beantworten kann, die für die rechtliche Beurteilung der Sache von Bedeutung sind (VwGH 19.2.2003, 99/08/0146; 19.3.2003, 98/08/0028). Daher berechtigt der Umstand, dass sich eine Partei im normalen Leben hinreichend verständigen kann, noch nicht zu dem Schluss, sie sei auch in der Lage, ihr gegenüber mündlich gebrauchte (verfahrens)rechtliche Ausdrücke (z.B. Auskunftsbegehren nach § 26 AuslBG) zu verstehen und die Auswirkungen ihrer Handlungen und Unterlassungen auf ihre künftige prozessrechtliche Situation zu begreifen (VwGH 22.10.2003, 2000/09/0115; vgl auch Kolonovits, Sprachenrecht in Österreich [1999] 419; Hengstschläger/Leeb, AVG § 39a Rz 7 [Stand 01.07.2005, rdb.at]).

Im Verfahren nach § 76 AVG kann die Partei, der die dem nichtamtlichen Sachverständigen bezahlten Gebühren als der Behörde erwachsene Barauslagen vorgeschrieben werden, mangels Bindungswirkung des Bescheides, mit dem die Gebühren des Sachverständigen festgesetzt wurden, zulässigerweise geltend machen, die Gebühren des Sachverständigen seien überhöht, sie stünden ihm daher nicht bzw. nicht in voller Höhe zu (VwGH 18.03.2004, 2002/03/0225, und 08.06.2005, 2002/03/0076).

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im Beschwerdeschriftsatz wird zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides insbesondere darauf hingewiesen, dass die Bestellung eines Dolmetschers nicht notwendig gewesen wäre, weil der Beschwerdeführer Deutsch spreche.

In der Einvernahme am 19.11.2018 wurde eingangs festgehalten, dass der Beschwerdeführer nur der deutschen Sprache mächtig ist.

Angesichts dieser Tatsachenlage konnte aber die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig gewesen wäre und daher zwingend ein Dolmetscher für den am 19.11.2018 stattfindenden Termin zu bestellen gewesen wäre. Zwar ist zutreffend, dass Beschwerdeführer in asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren häufig über nicht derart gute Deutschkenntnisse verfügen, um einer Einvernahme uneingeschränkt folgen zu können, sodass für eine solche die Bestellung eines Dolmetschers in der Regel erforderlich ist.

Im konkreten Fall liegt aber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine Ausnahme vor, weil der Beschwerdeführer bereits im Alter von drei Jahren nach Österreich kam und mit der deutschen Sprache ab dem Volksschulalter regelmäßig konfrontiert war. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 19.11.2018 eingangs angegeben, nur Deutsch zu sprechen.

Es lagen daher für die belangte Behörde maßgebliche Indizien für den Umstand vor, dass der Beschwerdeführer für den am 19.11.2018 geladenen Termin einer Einvernahme in Deutsch ohne Probleme folgen hätte können, sodass die Beiziehung eines Dolmetschers „voreilig“ erfolgt ist und nicht zwingend erforderlich gewesen wäre (vgl. dazu bereits die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH, wonach jeweils bei der Frage, ob eine Partei oder eine zu vernehmende Person ausreichend sprachkundig ist, auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist und es nicht einmal erforderlich ist, dass die betreffende Person einwandfrei Deutsch spricht).

Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur „notwendige Kosten“ zu ersetzen sind, die gegenständliche Dolmetscherbestellung jedoch aus den oben dargelegten Gründen nicht „notwendig“ gewesen wäre, ist der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Im Übrigen sind die Dolmetscherkosten in Anbetracht der Abwesenheit des Beschwerdeführers wohl uneinbringlich.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG – ungeachtet des diesbezüglichen Parteiantrags – eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. auch § 24 Abs. 4 VwGVG).

Zu B:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme Barauslagen Behebung der Entscheidung Deutschkenntnisse Dolmetschgebühren Einvernahme ersatzlose Behebung Kassation Kostenbestimmungsbescheid Kostenbestimmungsbeschluss Mandatsbescheid notwendige Kosten Sprachkenntnisse Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2219412.1.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten