TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/5 W183 2234987-1

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Veröffentlicht am 05.05.2021
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Entscheidungsdatum

05.05.2021

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W183 2234987-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.07.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.        XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) verließ im Jahr 2019 Syrien, stellte am 16.10.2019 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 17.07.2020 wurde die Beschwerdeführerin von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu ihren Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.

Im behördlichen Verfahren gab die Beschwerdeführerin als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass sie Syrien des Krieges wegen verlassen habe und da die Kämpfe zwischen Kurden und Türken zugenommen hätten, was einerseits zu vermehrten Rekrutierungsversuchen durch kurdische Gruppen und andererseits zu einer unsichereren Lage geführt habe. So seien viele Kinder entführt worden und sei es auch für sie nicht mehr sicher gewesen, in die Schule zu gehen. Sie habe in Syrien niemanden mehr, im Falle einer Rückkehr würde sie sterben oder vergewaltigt.

2.       Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 01.09.2020) wurde der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführerin drohe in Syrien keine asylrelevante Verfolgung.

Das BFA stellte der Beschwerdeführerin amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

3.       Mit Schriftsatz vom 04.09.2020 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides. Begründend wurde ausgeführt, die gesamte Familie der Beschwerdeführerin habe Syrien verlassen; mehreren Verwandten sei bereits der Status von Asylberechtigten zuerkannt worden und würde der Beschwerdeführerin eine regimekritische Gesinnung unterstellt werden. Auch würde die PYD/YPG Minderjährige rekrutieren.

4.       Mit Schriftsatz vom 07.09.2020 (eingelangt am 11.09.2020) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5.       Mit Schreiben vom 11.12.2020 erklärten die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und die Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung) die Zurücklegung der ihnen im Rahmen der Rechtsberatung gem. § 52 BFA-VG erteilten Vollmachten in allen anhängigen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Ausnahme jener in Beilage A genannten mit 31.12.2020; die Beschwerdeführerin ist von dieser Ausnahme nicht umfasst. Ab 01.01.2021 ist sie folglich ohne Rechtsvertretung, da keine neue Vollmacht eingelangt ist.

6.       Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 29.04.2021 eine Strafregisterabfrage und eine ZMR-Auskunft durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Die Beschwerdeführerin ist eine minderjährige syrische Staatsangehörige im 18. Lebensjahr, die der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört und deren Identität feststeht. Sie ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten und hat keinen Asylausschlussgrund gesetzt. Der XXXX wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 09.12.2019 die Obsorge für die Beschwerdeführerin übertragen.

1.2. Die Beschwerdeführerin stammt aus Ras al-Ayn (Provinz Al-Hasaka). Über ihr Herkunftsgebiet üben – nach einer türkischen Militäroffensive – aktuell die Türkei und ihr nahestehende bewaffnete Gruppierungen die Kontrolle aus. Die Beschwerdeführerin reiste unter Umgehung von Grenzkontrollen aus Syrien aus.

1.3. Die Beschwerdeführerin ist ledig und hat keine Kinder. Ihre Mutter und ihre ca. 13 und 10 Jahre alten Brüder sowie ihre ca. 4 Jahre alte Schwester leben in der Türkei. Ihr Vater lebt in Dubai. In Syrien leben auch keine weiter entfernten Verwandten der Beschwerdeführerin, die ihr Schutz bieten könnten, da auch ihre Cousins, Onkel und Tanten ausgereist sind. Die Beschwerdeführerin könnte im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien auf kein verlässliches, stabiles familiäres Netzwerk, das – oder eine männliche Bezugsperson, die – ihr ausreichenden Schutz bieten würden, zurückgreifen. Die Beschwerdeführerin wäre daher im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien als alleinstehende Frau anzusehen, da sie ohne männlichen Schutz und auf sich allein gestellt wäre.

1.4. Mehrere Onkel der Beschwerdeführerin halten sich in Österreich auf, sie haben Syrien verlassen, um sich dem Militärdienst zu entziehen und wurde ihnen aufgrund ihrer Militärdienstverweigerung in Österreich mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts der Status von Asylberechtigten zuerkannt ( XXXX , geb. XXXX , mit Erkenntnis vom 13.03.2018, XXXX , und XXXX , geb. XXXX , mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 23.10.2019, XXXX , ausgefertigt am 08.11.2019, XXXX ).

1.4. Die Beschwerdeführerin könnte nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes sind (wie über den Flughafen von Damaskus), sicher und legal nach Syrien zurückkehren.

1.5. Die Beschwerdeführerin würde diesfalls am jeweiligen Grenzkontrollposten kontrolliert werden und besteht das reale Risiko, dass sie dabei verhaftet und zumindest einer mit Folter verbundenen mehrtägigen Anhaltung zugeführt wird, da man dieser als illegal ausgereister, rückkehrender Syrerin, die aus einem Gebiet stammt, das derzeit nicht unter der Kontrolle des Regimes ist, deren Onkel sich dem Militärdienst durch Flucht ins Ausland entzogen haben, eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellen würde.

1.6. Ebenso droht der Beschwerdeführerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung in Form geschlechtsspezifischer bzw. sexualisierter Gewalt, die entweder von Vertretern des syrischen Regimes ausgeht oder – wenn diese von privaten Verfolgern ausgeübt wird – vor der diese nicht gewillt sind, sie zu schützen. Als junger, alleinstehender Frau ohne männlichen Schutz und ohne familiäres Netzwerk, der aufgrund der Militärdienstverweigerung ihrer Onkel eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, ist die Beschwerdeführerin besonders vulnerabel. Nicht nur droht ihr generell als junger, lediger, alleinstehender Frau in Syrien von geringer sozialer und wirtschaftlicher Machtposition sexuelle Ausbeutung, sondern setzt das Regime auch bewusst sexualisierte Gewalt spezifisch gegen Angehörige der Opposition und ihre Familienangehörigen ein.

1.7.    Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Aus der aktuellen Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS (abgerufen am 26.04.2021, Version 2) ergibt sich wie folgt:

Zu türkischen Militäroperationen in Syrien:

Seit August 2016 ist die Türkei im Rahmen der Operation "Euphrates Shield" in Syrien aktiv. Die Operation zielte auf zum damaligen Zeitpunkt vom sogenannten Islamischen Staat (IS) gehaltene Gebiete, sollte jedoch auch dazu dienen, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) davon abzuhalten, ein autonomes Gebiet entlang der syrisch-türkischen Grenze zu errichten. Die Türkei sieht die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) und die YPG als Bedrohung der türkischen Sicherheit (CRS 2.1.2019).

Im März 2018 nahmen Einheiten der türkischen Armee und der mit ihnen verbündeten Freien Syrischen Armee (FSA) im Rahmen der Operation "Olive Branch" die zuvor kurdisch kontrollierte Stadt Afrin ein (Bellingcat 1.3.2019). Bis März 2018 hatte die türkische Offensive Berichten zufolge den Tod Dutzender Zivilisten und laut den Vereinten Nationen (UN) die Vertreibung Zehntausender zur Folge. Von der Türkei unterstützte bewaffnete Gruppierungen, die mit der FSA in Zusammenhang stehen, beschlagnahmten, zerstörten und plünderten das Eigentum kurdischer Zivilisten in Afrin (HRW 17.1.2019). Seit der Offensive regiert in Afrin ein Mosaik von türkisch-unterstützten zivilen Institutionen und unterschiedlichsten Rebelleneinheiten, die anfällig für innere Machtkämpfe sind (Bellingcat 1.3.2019). Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN warnte, dass die Menschenrechtssituation in Orten wie Afrin, Ra's al-'Ain und Tel Abyad düster, und Gewalt und Kriminalität weit verbreitet seien (UN News 18.9.2020).

Nachdem der ehemalige US-Präsident Donald Trump Anfang Oktober 2019 ankündigte, die US-amerikanischen Truppen aus der syrisch-türkischen Grenzregion abzuziehen, startete die Türkei am 9.10.2019 eine Luft- und Bodenoffensive im Nordosten Syriens. Im Zuge dessen riefen die kurdischen Behörden eine Generalmobilisierung aus. Einerseits wollte die Türkei mit Hilfe der Offensive die YPG und die von der YPG geführten Syrian Democratic Forces (SDF) aus der Grenzregion zur Türkei vertreiben, andererseits war das Ziel der Offensive einen Gebietsstreifen entlang der Grenze auf syrischer Seite zu kontrollieren, in dem rund zwei der ungefähr 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge, die in der Türkei leben, angesiedelt werden sollen (CNN 11.10.2019). Der UN zufolge wurden ebenfalls innerhalb einer Woche bis zu 160.000 Menschen durch die Offensive vertrieben und es kam zu vielen zivilen Todesopfern (UN News 14.10.2019). Es gab Befürchtungen, dass es aufgrund der Offensive zu einem Wiedererstarken des sogenannten Islamischen Staates (IS) kommt (TWP 15.10.2019). Medienberichten zufolge seien in dem Gefangenenlager 'Ain Issa 785 ausländische IS-Sympathisanten auf das Wachpersonal losgegangen und geflohen (DS 13.10.2019). Nach dem Beginn der Operation kam es außerdem zu einem Angriff durch IS-Schläferzellen auf die Stadt Raqqa. Die geplante Eroberung des Hauptquartiers der syrisch-kurdischen Sicherheitskräfte gelang den Islamisten jedoch nicht (DZ 10.10.2019).

Die syrische Armee von Präsident Bashar al-Assad ist nach einer Einigung mit den SDF am 14.10.2019 in mehrere Grenzstädte eingerückt, um sich der "türkischen Aggression" entgegenzustellen, wie Staatsmedien berichten (DS 15.10.2019). Laut der Vereinbarung übernehmen die Einheiten der syrischen Regierung in einigen Grenzstädten die Sicherheitsfunktionen, die Administration soll aber weiterhin in kurdischer Hand sein (TWP 15.10.2019). Das Regime ist jedenfalls in allen größeren Städten im Nordosten präsent (AA 4.12.2020).

Nach Vereinbarungen zwischen der Türkei, den USA und Russland richtete die Türkei eine "Sicherheitszone" in dem Gebiet zwischen Tal Abyad und Ra's al-'Ain ein (SWP 1.1.2020; vgl. AA 19.5.2020), die 120 Kilometer lang und bis zu 14 Kilometer breit ist (AA 19.5.2020).

Auch seit Ende der türkischen Militäroperation "Peace Spring" im Oktober 2019 kommt es immer wieder zu lokalen Auseinandersetzungen und Kampfhandlungen (AA 4.12.2020). Im August 2020 wurde im Nordosten Syriens eine steigende Zahl von Übergriffen nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen, syrischer Regierungskräfte und der SDF im Süden der Kontaktlinie des Gebiets zwischen Tal Abyad und Ra's al-'Ain gemeldet. Sowohl die SDF als auch die pro-Regime-Kräfte erlebten einen Anstieg der Zahl der Angriffe des IS. Haftanstalten, in denen IS-Kämpfer festgehalten werden, berichten von zunehmenden Unruhen mit immer wiederkehrenden Aufständen und versuchten Ausbrüchen (UN SC 20.8.2020).

Zur Rückkehr:

Es liegen widersprüchliche Informationen vor, ob Personen, die nach Syrien zurückkehren möchten, eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen, oder nicht. Laut Deutschem Auswärtigen Amt müssen syrische Flüchtlinge, unabhängig von politischer Ausrichtung, vor ihrer Rückkehr weiterhin eine Überprüfung durch die syrischen Sicherheitsdienste durchlaufen (AA 19.5.2020). Auch laut International Crisis Group (ICG) stellt unabhängig davon, welchen administrativen Weg ein rückkehrwilliger Flüchtling wählt, die Sicherheitsfreigabe durch den zentralen Geheimdienstapparat in Damaskus (oder die Verweigerung einer solchen) das endgültige Urteil dar, ob es einem Flüchtling möglich ist sicher nach Hause zurückzukehren (ICG 13.2.2020). Im Gegensatz dazu berichtet der Danish Immigration Service (DIS) auf Basis von Interviews, dass Syrer, die außerhalb Syriens wohnen und nicht von der syrischen Regierung gesucht werden, keine Sicherheitsfreigabe benötigen, um nach Syrien zurückzukehren. Weiters berichtete Syria Direct gegenüber DIS, dass lediglich Syrer im Libanon, die über "organisierte Gruppenrückkehr" nach Syrien zurückkehren möchten, eine Sicherheitsfreigabe benötigen (DIS 12.2020).

Ein Punkt, der nach wie vor schwer zu ermitteln ist, ist der Anteil der Antragsteller, denen die Rückkehr nicht genehmigt wurde (ICG 13.2.2020). Er wird von den verschiedenen Quellen mit 5% (SD 16.1.2019), 10% (Reuters 25.9.2018), bis hin zu 30% (ABC 6.10.2018) angegeben. In vielen Fällen wird auch Binnenvertriebenen die Rückkehr in ihre Heimatgebiete nicht erlaubt (USDOS 11.3.2020).

Gründe für eine Ablehnung können (wahrgenommene) politische Aktivitäten gegen die Regierung bzw. Verbindungen zur Opposition oder die Nicht-Erfüllung der Wehrpflicht sein (Reuters 25.9.2018; vgl. ABC 6.10.2018, SD 16.1.2019). Einige Beobachter und humanitäre Helfer behaupten, dass die Bewilligungsrate für Antragsteller aus Gebieten, die als regimefeindliche Hochburgen identifiziert wurden, nahezu Null ist (ICG 13.2.2020). Kriterien und Anforderungen, um ein positives Ergebnis zu erhalten, sind nicht bekannt. Es gibt Berichte, denen zufolge Rückkehrer trotz positiver Sicherheitsüberprüfung Opfer willkürlicher Verhaftung, Folter oder Verschwindenlassens geworden und vereinzelt in Haft ums Leben gekommen sein sollen (AA 19.5.2020).

Personen, die von der syrischen Regierung gesucht werden, und darum die Genehmigung zur Rückkehr nicht erhalten, sind aufgefordert ihren „Status zu klären“, bevor sie zurückkehren können (Reuters 25.9.2018; vgl. SD 16.1.2019). Einem syrischen General zufolge müssen Personen, die aus dem Ausland zurückkehren möchten, in der entsprechenden syrischen Auslandsvertretung „Versöhnung“ beantragen und unter anderem angeben, wie und warum sie das Land verlassen haben und Angaben über Tätigkeiten in der Zeit des Auslandsaufenthaltes etc. machen. Diese Informationen werden an das syrische Außenministerium weitergeleitet, wo eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wird. Syrer, die über die Landgrenzen einreisen, müssen dem General zufolge dort ein „Versöhnungsformular“ ausfüllen (DIS 6.2019). Um im Falle der Rückkehr einer Verhaftung zu entgehen, versuchen Syrer, Informationen über ihre Sicherheitsakte zu erhalten und diese, wenn möglich, zu bereinigen. Persönliche Kontakte und Bestechungsgelder sind die gängigsten Mittel und Wege zu diesem Zweck, doch aufgrund ihrer Informalität und der Undurchsichtigkeit des syrischen Sicherheitssektors sind solche Informationen und Sicherheitsfreigaben nicht immer zuverlässig, und nicht jeder kann sie erhalten (ICG 13.2.2020).

Zwar schützt der Genehmigungsprozess potenzielle Rückkehrer nicht vor Misshandlung durch die Milizen oder zukünftiger Verfolgung, trägt jedoch dazu bei, die Unsicherheit zu verringern, mit der sie konfrontiert sind, und nimmt ihnen damit ein Element der Abschreckung (ICG 13.2.2020).

Der Sicherheitssektor kontrolliert den Rückkehrprozess in Syrien. Die Sicherheitsdienste institutionalisieren ein System der Selbstbeschuldigung und Informationsweitergabe über Dritte, um große Datenbanken mit Informationen über reale und wahrgenommene Bedrohungen aus der syrischen Bevölkerung aufzubauen. Um intern oder aus dem Ausland zurückzukehren, müssen Geflüchtete umfangreiche Formulare ausfüllen (EIP 6.2019).

Syrer benötigen in unterschiedlichen Lebensbereichen eine Sicherheitsfreigabe von den Behörden, so z.B. auch für die Eröffnung eines Geschäftes, eine Eheschließung und Organisation einer Hochzeitsfeier, um den Wohnsitz zu wechseln, für Wiederaufbautätigkeiten oder auch, um eine Immobilie zu kaufen (FIS 14.12.2018; vgl. EIP 6.2019). Die Sicherheitsfreigabe kann auch Informationen enthalten, z.B. wo eine Person seit dem Verlassen des konkreten Gebietes aufhältig war. Der Genehmigungsprozess könnte sich einfacher gestalten für eine Person, die in Damaskus aufhältig war, wohingegen der Aufenthalt einer Person in Orten wie Deir ez-Zour zusätzliche Überprüfungen nach sich ziehen kann. Eine Person wird für die Sicherheitserklärung nach Familienmitgliedern, die von der Regierung gesucht werden, befragt, wobei nicht nur Mitglieder der Kern- sondern auch der Großfamilie eine Rolle spielen (FIS 14.12.2018).

Es ist schwierig, Informationen über die Lage von Rückkehrern in Syrien zu erhalten. Regierungsfreundliche Medien berichten über die Freude der Rückkehrer (TN 10.12.2018), oppositionelle Medien berichten über Inhaftierungen und willkürliche Tötungen von Rückkehrern (TN 10.12.2018; vgl. TWP 2.6.2019, FP 6.2.2019). Zudem wollen viele Flüchtlinge aus Angst vor Repressionen der Regierung nicht mehr mit Journalisten (TN 10.12.2018) oder sogar mit Verwandten sprechen, nachdem sie nach Syrien zurückgekehrt sind (SD 16.1.2019; vgl. TN 10.12.2018). Zur Situation von rückkehrenden Flüchtlingen aus Europa gibt es, wohl auch aufgrund deren geringen Zahl, keine Angaben (ÖB 29.9.2020).

Die syrische Regierung führt Listen mit Namen von Personen, die als in irgendeiner Form regierungsfeindlich angesehen werden. Die Aufnahme in diese Listen kann aus sehr unterschiedlichen Gründen erfolgen und sogar vollkommen willkürlich sein. Zum Beispiel kann die Behandlung einer Person an einer Kontrollstelle, wie einem Checkpoint, von unterschiedlichen Faktoren abhängen, darunter die Willkür des Personals am Kontrollpunkt oder praktische Probleme, wie die Namensgleichheit mit einer von der Regierung gesuchten Person. Personen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, können unterschiedliche Konsequenzen von Regierungsseite zu gewärtigen haben, wie Festnahme und im Zuge dessen auch Folter. Zu als oppositionell oder regierungsfeindlich angesehenen Personen gehören einigen Quellen zufolge unter anderem medizinisches Personal, insbesondere wenn die Person in einem von der Regierung belagerten oppositionellen Gebiet gearbeitet hat, Aktivisten und Journalisten, die sich mit ihrer Arbeit gegen die Regierung engagieren und diese offen kritisieren, oder Informationen oder Fotos von Geschehnissen in Syrien, wie Angriffe der Regierung, verbreitet haben sowie allgemein Personen, die offene Kritik an der Regierung üben. Einer Quelle zufolge kann es sein, dass die Regierung eine Person, deren Vergehen als nicht so schwerwiegend gesehen wird, nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit festnimmt (FIS 14.12.2018). Jeder Geheimdienst führt eigene Fahndungslisten und es findet keine Abstimmung und Zentralisierung statt. Daher kann es trotz positiver Sicherheitsüberprüfung eines Dienstes jederzeit zur Verhaftung durch einen anderen kommen (AA 4.12.2020).

Ein weiterer Faktor, der die Behandlung an einem Checkpoint beeinflussen kann, ist das Herkunftsgebiet oder der Wohnort einer Person. In einem Ort, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, zu wohnen oder von dort zu stammen kann den Verdacht des Kontrollpersonals wecken (FIS 14.12.2018).

Laut ICG ist nicht immer klar, wen die syrische Regierung als Gegner ansieht, bzw. kann sich dies im Laufe der Zeit auch ändern. Demnach gibt es keine Gewissheit darüber, wer vor einer Verhaftung sicher ist. Viele Flüchtlinge, mit denen ICG Gespräche führte, berichteten, dass der Verzicht auf regimefeindliche Aktivitäten keine sichere Rückkehr garantiert (ICG 13.2.2020).

Es wurde regelmäßig von Verhaftungen von und Anklagen gegen Rückkehrer gemäß der Anti-Terror-Gesetzgebung berichtet, wenn diesen Regimegegnerschaft unterstellt wird. Diese Berichte erscheinen laut deutschem Auswärtigem Amt glaubwürdig, konnten im Einzelfall aber nicht verifiziert werden (AA 13.11.2018).

Es muss davon ausgegangen werden, dass syrische Sicherheitsdienste in der Lage sind, exil-politische Tätigkeiten auszuspähen und darüber zu berichten (ÖB 29.9.2020; vgl. TWP 2.6.2019). Es gab Berichte, dass syrische Sicherheitsdienste mit Drohungen gegenüber noch in Syrien lebenden Familienmitgliedern Druck auf in z.B. Deutschland lebende Verwandte ausübten (AA 13.11.2018). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exil-politischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (STDOK 8.2017). Der Sicherheitssektor nützt den Rückkehr- und Versöhnungsprozess, um, wie in der Vergangenheit, lokale Informanten zur Informationsgewinnung und Kontrolle der Bevölkerung zu institutionalisieren. Die Regierung weitet ihre Informationssammlung über alle Personen, die nach Syrien zurückkehren oder die dort verblieben sind, aus. Historisch wurden Informationen dieser Art benutzt, um Personen, die aus jedwedem Grund als Bedrohung für die Regierung gesehen werden, zu erpressen oder zu verhaften (EIP 6.2019). Das Schreiben eines „taqrir“ (Bericht), d.h. die Meldung von Personen an die Sicherheitsbehörden, ist seit Jahrzehnten Teil des Lebens im ba'athistischen Syrien, der laut ICG auch unter den Flüchtlingen im Libanon fortbesteht. Motive sind dabei persönliche Bereicherung, Begleichen von Rechnungen oder Vermeidung selbst zur Zielscheibe zu werden. Sogar Regimebeamte geben zu, dass Verhaftungen aufgrund unbegründeter Denunziationen erfolgen (ICG 13.2.2020).

Es gibt Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Personen, die nach Syrien zurückgekehrt waren (IT 17.3.2018). Hunderte syrische Flüchtlinge wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und verhört – inklusive Geflüchteten, die aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrten, IDPs aus von der Opposition kontrollierten Gebieten, und Personen, die in durch die Regierung wiedereroberten Gebieten ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung unterschrieben haben. Sie wurden gezwungen, Aussagen über Familienmitglieder zu machen und in manchen Fällen wurden sie gefoltert (TWP 2.6.2019; vgl. EIP 6.2019).

Syrische Flüchtlinge benötigen für die Heimreise üblicherweise die Zustimmung der Regierung und die Bereitschaft, vollständige Angaben über ihr Verhältnis zur Opposition zu machen. In vielen Fällen hält die Regierung die im Rahmen der „Versöhnungsabkommen“ vereinbarten Garantien nicht ein, und Rückkehrer sind Schikanen oder Erpressungen durch die Sicherheitsbehörden oder auch Inhaftierung und Folter ausgesetzt, mit dem Ziel Informationen über die Aktivitäten der Flüchtlinge im Ausland zu erhalten (TWP 2.6.2019).

Nach Einschätzung des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des Internationalen Komitees vom roten Kreuz (IKRK) sind die Bedingungen für eine umfassende Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien in Sicherheit und Würde aufgrund weiter bestehender signifikanter Sicherheitsrisiken für die Zivilbevölkerung in ganz Syrien weiterhin nicht gegeben (AA 4.12.2020).

Zu Sicherheits- und Nachrichtendiensten:

Die Sicherheitskräfte nutzen eine Reihe an Techniken, um Bürger einzuschüchtern oder zur Kooperation zu bringen. Diese Techniken beinhalten im besten Fall Belohnungen, andererseits jedoch auch Zwangsmaßnahmen wie Reiseverbote, Überwachung, Schikanen von Individuen und/oder deren Familienmitgliedern, Verhaftungen, Verhöre oder die Androhung von Inhaftierung. Die Zivilgesellschaft und die Opposition in Syrien erhalten spezielle Aufmerksamkeit von den Sicherheitskräften, aber auch ganz im Allgemeinen müssen Gruppen und Individuen mit dem Druck der Sicherheitsbehörden umgehen (GS 11.2.2017; vgl. USDOS 11.3.2020).

Zu Folter, Haftbedingungen und unmenschlicher Behandlung:

NGOs berichten glaubhaft, dass die syrische Regierung und mit ihr verbündete Milizen physische Misshandlung, Bestrafung und Folter an oppositionellen Kämpfern und Zivilisten begehen (USDOS 11.3.2020; vgl. TWP 23.12.2018). Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und Minderjährigen sind weit verbreitet. Die Regierung nimmt hierbei auch Personen ins Visier, denen Verbindungen zur Opposition vorgeworfen werden (USDOS 11.3.2020). Es sind zahllose Fälle dokumentiert, bei denen Familienmitglieder wegen der als regierungsfeindlich wahrgenommenen Tätigkeit von Verwandten inhaftiert und gefoltert wurden, auch wenn die als regierungsfeindlich wahrgenommenen Personen ins Ausland geflüchtet waren (AA 4.12.2020).

Zur Einreise nach Syrien:

Infolge der COVID-19-Pandemie wurden sowohl der Flughafen Damaskus als auch die Grenzen zu den Nachbarländern geschlossen (AA 19.5.2020). Es gab jedoch bereits wieder Lockerungen für Reisen in das Ausland als auch bei der Einreise nach Syrien. Der Flugbetrieb am internationalen Flughafen in Damaskus wurde wiederaufgenommen (BMEIA 19.8.2020). Es kommt jedoch zu verstärkten Einreisekontrollen, Gesundheitsprüfungen und Einreisesperren (AA 19.8.2020).

Zur Situation alleinstehender Frauen:

Das syrische Familienbild und die Rolle der Frau sind tief in sozialen, religiösen und lokalen patriarchalischen Traditionen verwurzelt (ÖB 29.9.2020). Durch den anhaltenden Konflikt und die damit einhergehende Instabilität sowie sich verschlechternde wirtschaftliche Situation hat sich die Situation der Frauen zunehmend erschwert (ÖB 29.9.2020; vgl. SNHR 25.11.2019).

Da Frauen immer wieder Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden, zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben (STDOK 8.2017; vgl. UNFPA 10.3.2019). Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (STDOK 8.2017). Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit aus Angst vor sexueller Gewalt kann auch selbstauferlegt sein (UNFPA 10.3.2019). Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein als prekär bezeichnet (STDOK 8.2017).

Mit keiner oder nur schwacher Rechtsdurchsetzung und begrenztem effektivem Schutz in diesem Bereich haben alle Arten von Gewalt gegen Frauen an Verbreitung und Intensität zugenommen, darunter Versklavung, Zwangsheirat mit Vertretern bewaffneter Gruppen, häusliche Gewalt und Vergewaltigung (WB 6.2.2019). Vergewaltigungen sind weit verbreitet, auch die Regierung und deren Verbündete setzten Vergewaltigung gegen Frauen, aber auch gegen Männer und Kinder, welche als der Opposition zugehörig wahrgenommen werden, ein, um diese zu terrorisieren oder zu bestrafen. Das tatsächliche Ausmaß von sexueller Gewalt in Syrien lässt sich nur schwer einschätzen, weil viele Vergehen nicht angezeigt werden (USDOS 11.3.2020).

Vergewaltigung außerhalb der Ehe ist zwar laut Gesetz strafbar, die Regierung setzt diese Bestimmungen jedoch nicht effektiv um. Außerdem kann der Täter eine Strafminderung erlangen, wenn er das Opfer heiratet, um so das soziale Stigma einer Vergewaltigung zu vermeiden (USDOS 11.3.2020). Die gesellschaftliche Tabuisierung von sexueller Gewalt führt zu einer Stigmatisierung von Frauen, die in Haft waren, zur Erniedrigung von Opfern, Familien und Gemeinschaften und zu einer hohen Dunkelziffer bezüglich der Fälle von sexueller Gewalt. Eltern oder Ehemänner verstoßen oftmals Frauen, die während der Haft vergewaltigt wurden oder wenn eine Vergewaltigung auch nur vermutet wird (STDOK 8.2017; vgl. SHRC 24.1.2019). Es gibt Fälle von Frauen, die nach einer Vergewaltigung Opfer von Ehrenmorden werden (USDOS 13.3.2019; vgl. SHRC 24.1.2019, MRG 5.2018b). Berichten zufolge kam es seit dem Ausbruch des Konfliktes zu einem Anstieg an Ehrenmorden infolge des Konfliktes (USDOS 11.3.2020). Bei sogenannten Ehrenverbrechen in der Familie, die in ländlichen Gebieten bei fast allen Glaubensgemeinschaften vorkommen, besteht kein effektiver staatlicher Schutz (AA 4.12.2020).

Alleinstehende Frauen sind in Syrien aufgrund des Konfliktes einem besonderen Risiko von Gewalt oder Schikane ausgesetzt, jedoch hängt dies von der sozialen Schicht und der Position der Frau bzw. ihrer Familie ab. Man kann die gesellschaftliche Akzeptanz von alleinstehenden Frauen aber in keinem Fall mit europäischen Standards vergleichen, und Frauen sind potentiell Belästigungen ausgesetzt (STDOK 8.2017). Vor dem Hintergrund der Geschlechterungleichheit versetzen Armut, Vertreibung, die Tatsache ein weiblicher Haushaltsvorstand oder jung und außerhalb der elterlichen Aufsicht zu sein, Frauen und Mädchen in eine „Position reduzierter Macht“ und erhöhen damit das Risiko von sexueller Ausbeutung. Unverheiratete Mädchen, Witwen und geschiedene Frauen sind diesbezüglich besonders vulnerabel (UNFPA 10.3.2019).

In Syrien ist es fast undenkbar als Frau alleine zu leben, da eine Frau ohne Familie keine gesellschaftlichen und sozialen Schutzmechanismen besitzt. Beispielsweise würde nach einer Scheidung eine Frau in den meisten Fällen wieder zurück zu ihrer Familie ziehen. Vor dem Konflikt war es für Frauen unter bestimmten Umständen möglich alleine zu leben, z.B. für berufstätige Frauen in urbanen Gebieten (STDOK 8.2017).

Die Wahrnehmung von alleinstehenden Frauen durch die Gesellschaft unterscheidet sich von Gebiet zu Gebiet. Damaskus-Stadt ist weniger konservativ als andere Gebiete und es wird von Frauen berichtet, die dort in der Vergangenheit alleine lebten. In konservativen Gegenden bekommen allein lebende Frauen jedoch „einen gewissen Ruf“ (SD 30.7.2018).

Der Wegfall des Ernährers im Zuge des Konflikts stellt viele Frauen vor das Problem ihre Familien versorgen zu müssen. So stieg die Anzahl der Haushalte mit weiblichen Vorständen im Zuge des Konflikts (WB 6.2.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (4.12.2020): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://milo.bamf.de/milop/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/684459/684542/60 38295/22065632/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt,_Bericht_%C3%BCber_die_Lage_in_der_Arabischen_Republik_Syrien_(Stand_November_2020),_04.12.2020.pdf?nodeid=224799 18&vernum=-2, Zugriff 18.1.2021

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Aus dem InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017 (Februar 2020) der UNHCR ergibt sich wie folgt:

Den Vereinten Nationen und Menschenrechtsbeobachtern zufolge werden willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, Inhaftierungen unter lebensbedrohlichen Umständen, systematische und weitverbreitete Folter und sonstige Formen der Misshandlung, einschließlich sexueller Gewalt, Strafverfolgung nach der zu weit gefassten Antiterrorgesetzgebung unter Verletzung des Rechts des Beschuldigten auf ein faires Verfahren vor Antiterror- und militärischen Feldgerichten sowie summarische und außergerichtliche Hinrichtungen weiterhin in großem Umfang dokumentiert. Sie richten sich überwiegend gegen Personen, die tatsächlich oder vermeintlich Gegner der Regierung sind. Zu den Personen, denen regelmäßig eine regierungsfeindliche Gesinnung unterstellt wird, zählen Zivilpersonen (und insbesondere Männer und Jungen im kampffähigen Alter) aus (ehemals) von der Opposition kontrollierten Gebieten; Wehrdienstverweigerer und Deserteure; Mitglieder lokaler Räte; Aktivisten; Journalisten und Bürgerjournalisten aus der Zivilbevölkerung; Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen und Freiwillige des Zivilschutzes; medizinische Fachkräfte; Verteidiger der Menschenrechte sowie Hochschullehrkräfte und -wissenschaftler. Die tatsächliche oder vermeintliche oppositionelle Haltung einer Person wird häufig Personen in ihrem Umfeld zugeschrieben, einschließlich Familienmitgliedern.

Neben der Gefahr, durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss getötet oder von Konfliktparteien gezielt festgenommen, entführt und gefoltert zu werden, sind Frauen und Mädchen geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt, einschließlich sexueller und häuslicher Gewalt, „Ehrendelikten“, Kinder- und Zwangsehen sowie Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Zwangsprostitution. Geschlechtsspezifische Gewalt ist allgegenwärtig. Sie ist überall anzutreffen: zuhause, in Schulen, auf Marktplätzen, Straßen. Seit dem Ausbruch des syrischen Konflikts ist sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt eine tragische Begleiterscheinung dieses Bürgerkriegs. Während sich die Zahl der Kriegsparteien vervielfachte, nahmen auch die Formen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt zu, die mittlerweile in jeder Provinz des Landes dokumentiert sind, einschließlich Vergewaltigungen, sexueller Übergriffe, sexueller Folter und sexueller Erniedrigung. Zwar haben Syrer jeglichen Hintergrunds unfassbares Leid durch sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt erfahren, doch sind Frauen und Mädchen in überproportionalem Maß betroffen gewesen und aus einer Vielzahl von Gründen Opfer von Gewalt geworden, unabhängig vom Täter und der geografischen Region. Viele Frauen sind für das Wohlergehen ihrer Familien verantwortlich, da unzählige Männer getötet, verhaftet oder vertrieben wurden. Die Zahl der Haushalte, die von Frauen geführt werden, wächst rapide an, da Männer über 15 Jahren von regierungstreuen Truppen – bzw. überwiegend von den Regierungstruppen selbst – systematisch und massenweise festgenommen werden und verschwinden. Auch wenn viele Frauen mehr Verantwortung übernommen haben und Rollen einnehmen, die traditionell mit Männern in Verbindung gebracht werden, leitet sich daraus keine Autorität ab. Frauen, denen es in der öffentlichen Wahrnehmung an einem „männlichen Beschützer“ fehlt, sind in besonderem Maße von Ausbeutung, sexueller Gewalt und Armut bedroht. Frauen und Mädchen, die entweder allein sind oder Kinder haben und darüber hinaus keinen Familienanschluss, sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt zu werden oder in extreme Armut abzurutschen.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV), der Beschwerdeschriftsatz, die Länderinformation der Staatendokumentation – Syrien, Version 2, aus dem COI-CMS mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten, der Obsorgebeschluss des Bezirksgerichts, die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts, mit denen den Onkeln der Beschwerdeführerin der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde und die Strafregisterabfrage vom 29.04.2021.

2.2.    Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:

2.2.1.  Aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2018, XXXX , mit welchem der XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich, dass deren Identität aufgrund des vorgelegten Reisepasses feststeht. Diese bestätigt wiederum die Identität der Beschwerdeführerin; außerdem wurde jener mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 09.12.2019, Zl. XXXX , aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses die Obsorge für die Beschwerdeführerin übertragen. Aufgrund dessen steht die Identität der Beschwerdeführerin fest. Sie gab gleich zu Beginn ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde an, dass ihr Nachnahme „ XXXX “ statt „ XXXX “ laute (AS 114f.) und wird sie daher auch so geführt. Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf eine eingeholte Strafregisterauskunft, ebenso wie die Feststellung fehlender Asylausschlussgründe, die sich auch darauf gründet, dass solche Gründe nicht in Ansatz zu sehen oder hervorgekommen sind.

Dass die Beschwerdeführerin aus Ras al-Ayn (Provinz Al-Hasaka) stammt, ergibt sich aus ihren glaubwürdigen, gleichbleibenden Angaben, die überdies mit den Angaben übereinstimmen, die ihre Onkel jeweils in ihren eigenen Asylverfahren gemacht haben. Die aktuellen Machtverhältnisse ergeben sich aus einer Nachschau auf https://syria.liveuamap.com vom 29.04.2021. Dass diesen eine türkische Militäroffensive vorausgegangen ist, ergibt sich aus der aktuellen Länderinformation, siehe dazu auch die Länderfeststellungen unter 1.7. Dass die Beschwerdeführerin unter Umgehung von Grenzkontrollen aus Syrien ausgereist ist, ergibt sich sowohl aus ihren glaubwürdigen Angaben als auch aus dem Umstand, dass sie über keinen Reisepass verfügt.

Die Familiensituation der Beschwerdeführerin ergibt sich aus ihren glaubwürdigen, gleichbleibenden Angaben. Bereits die belangte Behörde hat ihrem Bescheid unterstellt, dass die Beschwerdeführerin ledig ist und keine Kinder hat; trotz ihrer Minderjährigkeit hat die Behörde jedoch nichts zum Verbleib ihrer Familie festgestellt. Ihre Angaben wurde jedoch dem Bescheid als wahr unterstellt, da die Behörde diesen zwar die Asylrelevanz, nicht jedoch die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat. Auch das Bundesverwaltungsgericht erkennt keinen Grund, an den Angaben der Beschwerdeführerin zu zweifeln, wird demnach von den Angaben der Beschwerdeführerin ausgegangen und waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen. Die Feststellungen zur Situation der Beschwerdeführerin als alleinstehende Frau im Falle ihrer Rückkehr ergibt sich aus der Zusammenschau ihrer Angaben und den aktuellen Länderinformationen. Die Feststellungen zur Zuerkennung der Status von Asylberechtigten an die Onkel der Beschwerdeführerin aufgrund deren Militärdienstverweigerung ergibt sich aus den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2018, XXXX , sowie vom 23.10.2019, XXXX (mündliche Verkündung), gekürzt ausgefertigt am 08.11.2019, XXXX . Die Beschwerdeführerin hat von Anfang an auf ihre in Österreich lebenden Verwandten hingewiesen und lebt sie auch derzeit im gemeinsamen Haushalt mit u.a. XXXX und XXXX , wie sich aus dem aktuellen ZMR-Auszug ergibt.

2.2.2.  Die Feststellung, dass eine Rückkehr nach Syrien nur über vom Regime kontrollierte Grenzübergänge wie den Flughafen von Damaskus sicher und legal möglich ist, ergibt sich aus den aktuellen Länderberichten bzw. aus dem Umstand, dass die Behörde eine andere Möglichkeit nicht aufgezeigt hat. Die Feststellungen hinsichtlich der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung sowie des Risikos geschlechtsspezifischer bzw. sexualisierter Gewalt ergeben sich aus den angeführten, aktuellen Länderberichten, die unter 1.7. näher ausgeführt werden, und hat die belangte Behörde diese Länderberichte auch ihrer eigenen Entscheidung unterstellt bzw. über die Staatendokumentation Zugriff auf die aktuelle Version dieser Berichte.

2.2.3.  Zur Situation in Syrien

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.7. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Auch die belangte Behörde hat diese Länderberichte ihrer Entscheidung unterstellt und wurde diesen auch in der Beschwerde betreffend den hier entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien.

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die Beschwerdeführerin würde im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Einreise über einen vom Regime kontrollierten Grenzübergang als illegal ausgereiste, alleinstehende Rückkehrerin, die aus einem Gebiet stammt, das derzeit nicht unter der Kontrolle des Regimes ist, genauer überprüft werden. Dabei würde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass sich ihre Onkel dem Militärdienst entzogen haben. Daher besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass man die Beschwerdeführerin festnehmen, dieser wegen der oben dargestellten Entziehung mehrerer Verwandter vom Militärdienst eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellen und diese zumindest für einige Tage anhalten und im Rahmen dieser Anhaltung der Folter unterwerfen würde. Weiters droht der Beschwerdeführerin nach einer Rückkehr als alleinstehender Frau ohne männlichen Schutz und ohne familiäres Netzwerk mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung in Form geschlechtsspezifischer bzw. sexualisierter Gewalt, da sie diesem Risiko einerseits generell als junge, ledige, alleinstehende Frau in Syrien von geringer sozialer und wirtschaftlicher Machtposition besonders ausgesetzt ist, und da andererseits das Regime sexualisierte Gewalt auch spezifisch gegen Angehörige der Opposition und ihre Familienangehörigen einsetzt und die Beschwerdeführerin aufgrund der Militärdienstverweigerung ihrer Onkel in dieser Hinsicht für das Regime ein geeignetes Ziel darstellt. Aufgrund ihrer besonders vulnerablen Position wäre sie dieser Art von Attacken schutzlos ausgeliefert.

Daher liegt eine der Beschwerdeführerin objektiv drohende asylrelevante Verfolgung vor.

3. Die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz durch das Bundesamt steht mangels einer diesbezüglichen relevanten Änderung der Rechts- oder Tatsachenlage einer Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegen (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/18/0054).

4. Da darüber hinaus keine von der Beschwerdeführerin verwirklichte Asylausschluss- oder -endigungsgründe festzustellen waren, ist der Beschwerde der Beschwerdeführerin stattzugeben, dieser der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen und auszusprechen, dass der Beschwerdeführerin somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 – der diesbezüglich § 24 Abs. 4 VwGVG vorgeht (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) – kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde; diese hat lediglich die sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen übersehen und waren daher nur Rechtsfragen zu klären.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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