TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/6 W103 2240142-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2021
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Entscheidungsdatum

06.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W103 2240142-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias StA. Spanien, alias StA. Litauen, alias StA. Russische Föderation, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2021, Zl.: XXXX , zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., III. bis VI. wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 55 FPG 2005 idgF und § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. ist mit der Maßgabe stattzugeben, dass dieser lautet: „Gemäß § 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wird Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen“.

III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF iVm § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG 2005 idgF mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 4 Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger der Ukraine, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt, seinen Angaben zufolge im Jahr 2014, aus der Ukraine kommend ins Bundesgebiet ein. Bereits zuvor hielt sich der BF zumindest zeitweise in den Jahren 2009, 2011 und 2013 im Bundesgebiet auf und wurde unter Angabe einer falschen Identität aktenkundig. Am 21.01.2021 wurde der BF bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle bei seinem unrechtmäßigen Aufenthalt betreten und führte einen gefälschten litauischen Personalausweis sowie einen gefälschten litauischen Führerschein mit. Aus diesem Grund wurde der BF festgenommen und ins PAZ Hernalser Gürtel verbracht. Mit Bescheid vom 22.01.2021 wurde über den BF die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 29.01.2021 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner am 29.01.2021 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgehaltenen niederschriftlichen Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er sei geschieden, bekenne sich zum christlichen Glauben und gehöre der Volksgruppe der Ukrainer an. Er spreche gut Ukrainisch und sein letzter ausgeübter Beruf sei beim Sonderkommando gewesen. Im Herkunftsstaat würde noch sein Vater leben, wobei ihm sein Aufenthalt unbekannt sei, seine Mutter sei bereits verstorben, sowie seine Schwester, sein Bruder und seine beiden Kinder, eine Tochter und ein Sohn würden ebenfalls in der Ukraine leben. Seine letzte Wohnsitzadresse sei in XXXX gewesen. Das Zielland des BF sei Österreich gewesen, weil er hier schon einmal im Jahr 2009 und 2011 gewesen sei. Aus dem Herkunftsstaat sei er im Mai 2014 illegal ausgereist. Der BF habe einen ukrainischen Reisepass besessen, der befinde sich jedoch bei einem Freund in Polen. Er sei von Österreich aus mehrmals zu diesem Freund nach Polen gereist und habe sich vor seiner Einreise nach Österreich in Ungarn aufgehalten. Zu seinen Fluchtgründen befragt, brachte der BF vor, er habe im August 2013 begonnen bei einem Sonderkommando („Berkut“) zu arbeiten. Mitte Dezember seien sie in die Nähe von Kiew versetzt worden. Damals sei Präsident Janukovic an der Macht gewesen und die Bevölkerung sei mit der Regierung nicht zufrieden gewesen, weshalb eine Revolution vorprogrammiert gewesen sei. „Berkut“ habe Befehle von zwei Personen namens XXXX und XXXX bekommen. Die Aufgabe des BF und seiner Kollegen sei es gewesen Provokationen jeglicher Art zu starten, mit dem Ziel, die Bevölkerung gegen den amtierenden Präsidenten aufzuhetzen. Für diese Tätigkeit habe er Geld bekommen und zwar zwischen 5000 und 12000 Hryvni pro Tag. Das Geld habe er von XXXX bekommen und habe der BF diese Tätigkeit von 27.12.2013 bis 28.02.2014 durchgeführt. Nachdem der Aufstand abgeklungen sei, sei der BF mit zwei seiner Kollegen geflüchtet. Sie seien nach XXXX , an der Grenze zu Ungarn, gefahren. Vier ihrer Kollegen seien spurlos verschwunden, deshalb seien sie geflüchtet. Sie hätten Angst gehabt, dass ihnen dasselbe passieren würde. Da der BF noch im Dienst gestanden habe und ohne Erlaubnis seinen Standort verlassen habe, gelte er als Deserteur. Der BF sei zuerst nach Ungarn gereist, dort habe er 3 Wochen verbracht, anschließend sei er nach Österreich gefahren. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte er um sein Leben. Die Personen, die ihnen Befehle gegeben hätten, seien weiterhin an der Macht.

Am 15.02.2021 wurde der Beschwerdeführer im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die ukrainische Sprache niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, er spreche Ukrainisch, Russisch, Polnisch, Slowakisch, Tschechisch, Portugiesisch, Italienisch und Spanisch. Er könne alle Sprachen in Wort und Schrift. Tschechisch und Slowakisch könne er mittelmäßig und Deutsch spreche er auch. Der BF habe 11 Jahre die Gesamtschule und viereinhalb Jahre die Universität in den Fächern Sport und Leichtathletik besucht, sowie abgeschlossen. Er habe dann in einer Fachschule als Fliesenleger angefangen, was er jedoch nicht abschließen konnte, weil die Schule geschlossen habe. Der BF habe 2 von 3 Jahren dort absolviert. Im August 2013 habe der BF angefangen im Herkunftsstaat bei der Polizei zu arbeiten. Es habe sich um eine Spezialeinheit mit dem Namen „Berkut“ gehandelt, die zur Polizei gehört habe. Davor habe der BF den Militärdienst absolviert, sowie die Universität und die Fachschule besucht. Die Universität und die Fachschule habe er als Fernstudium absolviert. Der BF nehme manchmal Medikamente gegen Sodbrennen, er leide an erhöhter Magensäure. Er habe auch Medikamente, die er bei Bedarf nehme. Angefangen habe das Problem nach Absolvierung des Militärdienstes und es sei schlimmer geworden. Der BF müsse einige Produkte meiden, damit dieses Problem nicht bestehe. Er habe sich an die Ärzte in der Ukraine gewandt und ihm sei gesagt worden, er müsse operiert werden oder ständig auf Lebensmittel verzichten, die die Bildung von Magensäure erhöhen. Im Herkunftsland habe der BF keine Strafrechtsdelikte begangen und verfüge dort noch über einen Bruder und eine Schwester. Diese würden im Oblast XXXX in der Stadt XXXX leben. Mit ihnen habe er selten Kontakt über WhatsApp. Besitztümer in der Ukraine habe er keine. Der BF habe auch wirtschaftliche Gründe gehabt sein Heimatland zu verlassen. Es habe dort schon immer Probleme mit der Arbeit gegeben. In Österreich habe der BF seine Dienste als Dolmetscher für kranke Menschen angeboten. Er habe sie zum Roten Kreuz oder ins Spital gebracht. Der BF habe auch andere illegale Arbeiten gemacht, wie beispielsweise als Parkett- oder Fliesenleger, was er bereits zwei Jahre gelernt habe. Außerdem sei er ein sehr guter Fachmann für Holzbearbeitung und Möbelherstellung. Er habe einige Maßküchen angefertigt und habe in seiner eigenen Wohnung die Einrichtung selbst hergestellt. Der BF habe EUR 1.400 bis 1.500 bei sich gehabt, es befinde sich jetzt bei der Behörde und er sei sofort bereit zu arbeiten. Er könne auf der Baustelle arbeiten und kenne sich sehr gut mit der Architektur aus. Auch Pläne könne er lesen und befinde sich in der XXXX ein Geschäft, der Besitzer sei Rumäne, das der BF mit einem zweiten selbständig restauriert habe. Ende März 2014 habe der BF sein Heimatland verlassen und seit etwa Ende April 2014 halte sich der BF in Österreich auf. Zuvor habe er sich zwei Wochen in Ungarn aufgehalten. Seit seiner Einreise befinde sich der BF in Österreich, wobei er das Bundesgebiet einige Male verlassen habe, um kurze Ausflüge zu machen.

Befragt dazu, warum der BF nicht schon früher einen Asylantrag gestellt habe, wenn er sich schon so lange in Österreich befinde, gab er an, nicht gewusst zu haben, dass seine Dokumente gefälscht seien. In Österreich habe er keine Verwandte, lediglich viele Freunde. Er habe im Bundesgebiet eine Lebensgefährtin, mit der er sich regelmäßig treffe, ein gemeinsamer Haushalt bestehe jedoch nicht. Manchmal würden sie sich bei ihm, manchmal bei ihr treffen. Sie reise sehr viel, weil sie Musikerin sei und oft nach Brasilien, Argentinien, Portugal oder die USA reise. Sie heiße XXXX , sei Österreicherin und 33 oder 34 Jahre alt. Der BF kenne sie seit 8 Monaten. Finanziell abhängig sei der BF von seiner Lebensgefährtin nicht.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass er bei einer Spezialeinheit gearbeitet habe. Seine Einheit habe aus 12 Personen bestanden und ihr Anführer sei XXXX gewesen. Im Jänner 2014 sei seine Einheit nach Kiew geschickt worden, um dort die beginnenden Unruhen in Schach zu halten, die Regierung zu schützen und das Volk daran zu hindern ins Parlament einzudringen. Ein Monat hätte er das gemacht und es habe noch mehrere Einheiten gegeben. Er erzähle nur von seiner Einheit. Nach einem Monat hätten sie verstanden, dass sie auf der falschen Seite wären, weshalb sie entschieden hätten, nicht mehr gegen das Volk vorzugehen, sondern auf der Seite des Volkes zu wirken. Zur damaligen Zeit habe ihr Anführer gesagt, er erteile ihnen keine Befehle mehr und sie sollten handeln, wie sie es für richtig hielten. Alle 12 Personen seiner Einheit seien dafür gewesen sich auf die Seite des Volkes zu stellen. Nach diesen Ereignissen, habe XXXX , die Rechte Hand von XXXX , mit ihrem Anführer XXXX Gespräche geführt, was ihre Aufgaben seien. Dann hätten XXXX , er sei Kurator gewesen, und XXXX , einem Initiator, Aufgaben verteilt. Sie hätten erfahren, dass es ihre Aufgabe sei auf dem Maidan für Aufruhr zu sorgen, mit dem Ziel die damalige Regierung zu stürzen. Für diese Tätigkeit habe der BF ordentlich Geld bekommen. Diese Auszahlungen hätten täglich oder jeden zweiten oder dritten Tag stattgefunden. Es seien Zahlungen zwischen USD 300 und USD 1.000 gewesen. XXXX habe das Geld an den Anführer ausbezahlt und dieser an sie. Diese Tätigkeit hätte der BF sicher ein Monat lang ausgeführt. Sie hätten das so lange gemacht, bis sie verstanden hätten, dass sie für eine Sache ausgenutzt würden und gemerkt hätten, dass sie nicht die Regierung schützen würden, sondern XXXX zum mächtigsten Präsidenten machen würden. Sie hätten verstanden, dass sie diejenigen sein würden, die die ganze Schuld tragen würden. Ihr Anführer hätte gesagt, sie würden diejenigen sein, die die ganze Schuld tragen würden. Er habe gesagt, dass er ihnen keine Befehle mehr geben würde, sondern sie machen sollten, was sie für richtig hielten. Das habe der BF den Männern gesagt, weshalb alle beschlossen hätten aufzuhören. Nachdem sie sich entschieden hätten, alles aufzugeben, hätten sie das nicht abrupt machen können. Sie hätten gesagt, sie würden zum Stützpunkt fahren, um eine Verschnaufpause zu machen. Der BF nehme an, dass der Anführer und XXXX miteinander gesprochen hätten. XXXX hätte ihnen nämlich gesagt, ihnen würde etwas passieren, sollten sie sich aus dem Staub machen. An diese Worte könne sich der BF heute noch erinnern. XXXX sei auch dabei gewesen und habe von Herzen gelacht. Sie seien dann einige Tage dortgeblieben, um ihre Flucht zu organisieren. Ein gewisser XXXX , er sei einen Rang höher als ein Major, jedoch niedriger als ein Collonal, habe ihnen geholfen einen Bus zu besorgen und den Stützpunkt zu verlassen. Am Tag ihrer Flucht seien 12 Personen Richtung XXXX gefahren, der BF habe dort Bekannte gehabt. Unterwegs seien 6 Personen ausgestiegen, weil sie eigene Wege gehen wollten. 6 seien weitergefahren und von diesen 6, die in XXXX angekommen seien, seien 3 Personen weiter nach Österreich gereist. Der BF sei dann in Österreich geblieben, doch die beiden anderen seien nach Italien gefahren. Der BF habe gehört, dass bereits 4 Personen seiner Mannschaft gestorben seien. Sie seien keines natürlichen Todes gestorben. Mit den beiden Kollegen, die sich in Italien befinden würden, habe der BF bis jetzt Kontakt. Der BF glaube, dass einer von ihnen bereits italienische Papiere habe. Der Stellvertreter des BF habe XXXX geheißen und sei nicht mehr am Leben. Seine Schwester habe von bestimmten Leuten eine Nachricht bekommen, dass den anderen dasselbe passieren würde.

Nachgefragt, habe der BF einen Posten mit der Bezeichnung Starschyna gehabt. In Österreich hätte diese Funktion einen Stern, bei ihnen sei es ein breiter Streifen. Damit könne man maximal 22 Männer führen. Ende Februar/Anfang März, es sei der 02.03. gewesen, habe der BF die Kaserne verlassen, 2014 wenn er richtigliege.

Befragt dazu, was nun der Unterschied sei, dass er für diese Tätigkeit nun den Befehl und Geld bekomme habe, zumal der BF bereits zuvor aufgegeben habe die Regierung zu schützen und das Volk zu unterstützen, führte der BF aus, dass sie erstens Änderungen im Land hätten herbeiführen wollen und zweitens sei es sehr gut bezahlt gewesen. Außerdem sei ihnen sehr viel versprochen worden, nämlich, dass der Präsident sich besser um das Volk kümmern würde und sie eine glückliche Zukunft hätten. Nachdem sie erfahren hätten, wer der nächste Präsident sein würde, hätten sie verstanden nur ausgenutzt worden zu sein. Bis dahin seien sie alle der Meinung gewesen, dass Julia Timuschenko neue Präsidentin werde. Auf Vorhalt, dass der BF doch auch freiwillig für Veränderung gestanden habe, gab er an, dass ihr Befehlshaber bis dahin XXXX gewesen, sie unter seinem Befehl gestanden seien und es gute Bezahlung gegeben habe, das sei ein guter Grund gewesen. Zusätzlich sei dazugekommen, dass XXXX und XXXX Waffen gebracht hätten, dafür sei ihnen auch mehr Geld angeboten worden. Es habe das Versprechen gegeben, viel mehr Geld zu bekommen. Ursprünglich hätten sie den Auftrag gehabt, den Präsidenten und das Parlament ohne Waffe zu schützen, für den Notfall hätten sie Gummigeschosse gehabt. Hinter ihnen habe es noch Berkut Abteilungen gegeben, die Waffen gehabt hätten. Nur in einem Extremfall hätte auf die Menschen geschossen werden sollen. Die Männer des BF hätten diese Waffen nicht angenommen, weil ihnen klargeworden sei, dass sie jemanden erschießen müssten. Bewaffnet seien sie mit Pistolen und Gummigeschossen gewesen, aber scharfe Waffen hätten sie abgelehnt. Während der Schießerei am Maidan könne der BF mit Sicherheit sagen, dass georgische Scharfschützen geschossen hätten. Diese Scharfschützen seien in Begleitung von XXXX in ein Gebäude mit Blick auf den Maidan gegangen. Dabei habe es sich entweder um ein Hotel oder ein Bürogebäude gehandelt. Sie seien mit XXXX 8 Leute gewesen und mit Snipergewehren ausgestattet gewesen. Der BF habe die Waffen nicht gesehen, sondern nur die Taschen der Gewehre. Er könne nur sagen, dass sie professionelle Scharfschützen gewesen seien und 4 davon Georgier gewesen seien. Befragt, woher der BF gewusst habe, dass es Scharfschützen gewesen seien, brachte er vor, dass er es anhand ihres Aussehens sagen konnte. Man sehe das anhand dessen, wie jemand gehe, sich benehme und seine Umgebung wahrnehme. Nachgefragt, welche Scharfschützengewehre in der Ukraine verwendet werden, gab der BF an, dass SWD verwendet würden, Snipergewehre Dragomanova Kilber 7, 62. Welche sie verwendet hätten, habe der BF nicht sehen können, weil sie in Taschen gewesen seien. Die Scharfschützen seien zu ihrem Stützpunkt gebracht worden und seien von dort aus mit drei Bussen voll mit Berkut Mitgliedern Richtung Maidan gefahren. Der Bus, indem der BF gesessen sei, habe XXXX und die Scharfschützen bis zu dem Haus begleitet. Nachdem die Leute im Haus gewesen seien, sei ihre Aufgabe erfüllt gewesen und sie hätten andere Aufgaben bekommen. Sie seien in zivil bekleidet gewesen und hätten den Stützpunkt nach diesem Ereignis für immer verlassen. XXXX hätte ihnen geholfen und sie hätten den Stütztpunkt verlassen. XXXX sei auch nicht mehr am Leben, angeblich sei er letztes Jahr am Coronavirus gestorben. Der BF habe gehört, dass er vier Jahre in Frankreich verbracht habe. Ob das stimme, wisse er nicht. Dann dürfte er zurückgekehrt sein und sei angeblich an Folgen des Coronavirus verstorben. Befragt dazu, was der BF gemacht habe, nachdem er die Scharfschützen zu dem Haus gebracht habe, gab er an, sie seien zu Fuß zurück zum Stützpunkt gegangen, das seien ca. 8 oder 9 km gewesen. Ihr Ziel sei gewesen so unauffällig wie möglich den Maidan zu verlassen. Sie hätten nicht wiedererkannt werden wollen, weil sie im ersten Monat keine Masken getragen hätten und die Teilnehmer sie vielleicht erkennen hätten können. Auf Vorhalt, dass es nicht unauffällig sei, wenn sie mit einem Bus vorgefahren wären, wobei 8 Leute ausgestiegen und in ein Haus gegangen, sowie der Rest zu Fuß nach Hause gegangen sei, sagte der BF, dass der Bus nicht direkt vor dem Haus stehen geblieben sei, sondern einige Gassen zuvor und die Autos, die Waffen transportiert hätten, bis zum Gebäude vorgefahren seien. Es seien noch andere beteiligt gewesen. Die Scharfschützen seien dann zu den Autos gegangen und hätten ihre Taschen mitgenommen, die für den BF wie Taschen mit Waffen ausgesehen hätten. Die Scharfschützen hätten die Taschen selbst ins Gebäude getragen. Es seien viele Menschen gewesen, die im Dienste XXXX da gewesen seien, mit dem Ziel, dass dieser Präsident werde. Damals hätte am Maidan ein Machtkampf stattgefunden, weil jeder der an die Macht wollte, dort seine Anhänger gehabt habe. Es sei viel los gewesen und aus allen Richtungen seien Busse gekommen.

Befragt dazu, an welchem Tag das gewesen sei und was an diesem Tag passiert sei, gab der BF an, dass er am 02.03.2014 den Stützpunkt verlassen hätte, weshalb es ca. 4 oder 5 Tage zuvor gewesen sein musste. Sie hätten keine Notizen machen und kein Telefon bei sich tragen dürfen. Sie seien deswegen durchsucht worden. Nachgefragt, was an diesem Tag passiert sei, oder, ob es ein Tag wie immer bei den Protesten am Maidan gewesen sei, vermeinte der BF, dass es die Aufgabe seiner Truppe und noch zweier weiterer Truppen in seinem Bus gewesen sei, die Scharfschützen zu begleiten, dann unauffällig wieder zu gehen und am Stützpunkt zu erscheinen. Nachdem sie aus dem Bus ausgestiegen seien, sie seien in zivil gewesen, hätten sie als Begleitung fungieren und sich so benehmen sollen, als wären sie Demonstranten, damit sie nicht als Mitglieder einer Spezialeinheit auffallen würden. Erneut nachgefragt, was an diesem Tag bei den Demonstrationen vorgefallen sei, oder, ob es ein Tag wie immer bei den Demonstrationen am Maidan gewesen sei, gab der BF an, dass alles sehr unübersichtlich gewesen sei und es Leute mit eigenen Waffen gegeben habe. Es seien Millionen Menschen dort gewesen und an allen Ecken sei etwas passiert, aber der BF würde nicht sagen, dass an diesem Tag nichts Außergewöhnliches passiert sei, was nicht schon vorher auch passiert sei. Befragt dazu, wann die Scharfschützen zum Stützpunkt zurückgekommen seien, gab der BF an, dass er sie nie wiedergesehen habe und sie an diesem Tag auch zum ersten Mal gesehen habe.

Gefragt, warum er sich in Österreich als spanischer Staatsbürger ausgegeben habe, brachte der BF vor, dass das im Jahr 2008 oder 2009 gewesen sei. Er habe damals die spanische Staatsbürgerschaft gehabt. Nachgefragt, sei ihm gesagt worden, dass ihm die Bedingung gestellt worden sei, dass er die ukrainische Staatsbürgerschaft ablegen müsse, wenn er die spanische behalten wolle, aber damit sei er nicht einverstanden gewesen. Die litauische Staatsbürgerschaft habe keine Bedingungen gehabt, aber wie sich herausgestellt habe, seien die gefälscht gewesen. Befragt dazu, woher der BF die litauischen Papiere gehabt habe, gab er an, seine Großmutter sei dort geboren. Er habe durch einen Bekannten in XXXX erfahren, dass es hier ein Büro gebe, dass sich mit litauischen Papieren beschäftige. Es sei ein gut eingerichtetes Büro gewesen, es sei ein Foto gemacht worden, der BF habe dort die Dokumente seiner Großmutter und einen Strafregisterauszug sowie eine Kopie seines ukrainischen Reisepasses vorgelegt. Das habe EUR 8.000 gekostet, EUR 3.000 habe der BF an Vorauszahlung geleistet und weitere EUR 5.000 bei der Abholung. Es habe ca. 5 bis 6 Monate gedauert, dass der BF die Dokumente bekommen habe. Er habe auch seinen ukrainischen Führerschein abgegeben, weshalb er einen litauischen bekommen habe. Befragt dazu, ob ihm nie der Gedanke gekommen sei, dass diese Dokumente bei den enormen Kosten gefälscht seien, brachte der BF vor, dass ihm das nicht verdächtig vorgekommen sei, weil er gewusst habe, dass falsche Dokumente von EUR 900 bis 1.500 gekostet hätten, weshalb er gedacht hätte, dass alles rechtens sei, wenn er so viel bezahle. Der Bekannte, der den BF vermittelt habe, sei ihm sehr seriös vorgekommen, aber den könne er seit 2 Jahren nicht mehr erreichen.

Gefragt, ob es Aufzeichnungen darüber gebe, dass der BF bei Berkut war, gab er an, dass er keinerlei Dokumente habe. Nachdem er beim Stützpunkt angekommen sei, seien die Dokumente zu seinem Vorgesetzen oder zur Verwaltung gekommen. Bei seiner Flucht habe er auch nicht nach Dokumenten fragen können. Der BF könne einen Polen XXXX finden oder erreichen, bei dem sich sein ukrainischer Reisepass und sein Ausweis von Berkut befinden würden. Zu ihm habe er seit 3 Jahren keinen Kontakt mehr. Gefragt, warum diese Dokumente in Polen seien, wenn sich der BF seit 2014 in Österreich befinde, brachte er vor, dass er nicht daran gedacht habe. Der BF habe gedacht er sei legal in Österreich und habe nie daran gedacht, dass er um Asyl ansuchen werde. Auf Vorhalt, dass der BF dann ohne Reisepass eingereist sei und sich litauische Dokumente in Österreich besorgt habe, vermeinte der BF nie Probleme mit den litauischen Dokumenten beim Reisen in der EU gehabt zu haben. Nach Österreich sei er mit einem gefälschten ukrainischen Reisepass eingereist, mit seinem echten Reisepass habe er nicht aus der Ukraine ausreisen können. Erneut vorgehalten, dass es keinen Sinn mache mit einem gefälschten Reisepass auszureisen und den originalen Reisepass mitzunehmen, brachte der BF vor, dass der Reisepass gefälscht sei und er den originalen nicht besitze, weil dieser am Stützpunkt sei und sich in Polen befinde. Für die Herstellung ukrainischer Dokumente sei eine Kopie verschickt worden. Der Reisepass sei zwar gefälscht, doch die Daten seien echt.

Ausgereist aus der Ukraine sei er mit einem Kleinbus nach Ungarn und zwar ohne Probleme mit dem gefälschten Reisepass, der sich bei XXXX befinde. Der BF hätte die Beamten an der Grenze geschmiert, sie hätten die Dokumente nicht sehr gut kontrolliert. Die Kontrollen seien nicht sehr streng gewesen. Richtig sei, dass die Daten im Reisepass seine Orginaldaten seien, nur das Dokument sei gefälscht. Seit 2014 sei der BF nicht mehr in der Ukraine gewesen, aber er habe gewollte. Sein Bruder sei seinetwegen bedroht worden und seine Schwester sei angerufen worden, wo sich der BF befinde. Befragt, wann die Bedrohungen seiner Geschwister stattgefunden hätten, führte der BF aus, dass er keinen direkten Kontakt zu seinen Geschwistern habe, sondern über seine Nichte und da erfahre er immer, dass sie bedroht werde. Wenn der BF mit seiner Schwester telefoniere, rufe sie immer von einem anderen Telefon an. Es rufe immer sie an. Mit seinem Bruder habe der BF wenig Kontakt, er trinke viel und plaudere dann vielleicht etwas aus.

Auf Vorhalt, dass das Vorbringen des BF weder dazu geeignet sei ihm Asyl, noch subsidiären Schutz zu gewähren, vermeinte der BF, dass er Schwierigkeiten habe dazu etwas zu sagen, er sei schockiert. Er erwarte nichts von Österreich, er wolle nur bitten hier bleiben zu dürfen, um nicht in die Ukraine zu müssen. Wenn er arbeiten dürfte, würde er hier seinen Beitrag leisten. Vielleicht auch nur, bis XXXX und XXXX hinter Gitter landen würden. Hinsichtlich seiner Rückkehrbefürchtungen führte der BF aus, dass er Zeuge von Straftaten sei, die von den bereits erwähnten Leuten organisiert und durchgeführt würden. Er glaube, er würde dort nicht lange am Leben bleiben. Sein Familienname stünde auf der schwarzen Liste und diese Leute seien noch an der Macht.

Befragt dazu, ob der BF eine Stellungnahme zu den Länderberichten abgeben wolle, führte er aus, diese Informationen auf Deutsch erhalten zu haben, weshalb er sich das nicht durchlesen habe können. Der BF habe Dokumente gelesen, auf denen stehe, dass politische Flüchtlinge Schutz bekommen würde. Er habe hier Namen genannt, die dafür verantwortlich seien, dass viele Menschen zu Schaden gekommen seien. Er könne das bei jedem Gericht wiederholen und bestätigen. Außerdem seien vier seiner Kameraden nicht mehr am Leben. Der BF habe Angst, dass ihm dasselbe passiere. Gefragt, ob der BF im Falle einer negativen Entscheidung freiwillig in den Herkunftsstaat zurückkehren würde, fragte er, ob er die Wahl hätte. Für die, die auf ihn warten würden, mache das keinen Unterschied. Der BF würde sowieso in seine Hände fallen. Es sei so, als würde man den Wölfen ein Lamm bringen, oder es komme von alleine. Der BF habe nicht gewusst, dass seine Dokumente falsch seien, er habe 7 Jahre in der Gewissheit gelebt, dass alles legal sei und er sich legal in Österreich aufhalte. In der Wohnung, in der er lebe, wohne er schon seit fast 4 Jahren. Hinsichtlich eines beabsichtigten Aufenthaltsverbots, gab der BF an, dass er sprachlos sei. Er sei sowieso eingesperrt, er habe nicht viel Auswahl. Für ihn mache es keinen Unterschied, ob er freiwillig ausreise, oder abgeschoben werde. Freiwillig werde er nicht ausreisen, weil das bedeuten würde, dass er sich dem Tod stelle. Der BF bitte, dass die Möglichkeit geprüft werden solle, damit er in Österreich bleiben und seinen Beitrag leisten könne. Er erwarte weder Hilfe, noch Unterstützung, sondern eine Möglichkeit hier bleiben zu dürfen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und der Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

In der Entscheidungsbegründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Beweggrund für das Verlassen seines Heimatlandes –Mitglied des Sonderkommandos Berkut gewesen zu sein und Scharfschützen im Rahmen der Proteste auf dem Maidan in ein Gebäude begleitet zu haben – sei nicht glaubhaft.

Dazu wurde im Rahmen der Beweiswürdigung erwogen:

„[…]

Zunächst ist anzumerken, dass Sie bereits in den Jahren 2009 und 2011 aktenkundig waren. Sie gaben sich damals als spanischer Staatsbürger aus und es wurde gegen Sie ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen, gültig bis 17.06.2016. Damals haben Sie ihre wahre Identität nicht preisgegeben und gingen der Schwarzarbeit nach. Um Ihre Abschiebung zu verhindern, pressten Sie sich aus der Schubhaft mittels Hungerstreiks frei. Ihre Ausreise aus dem Schengenraum haben Sie seit dem Jahr 2011 (Erlassung des Aufenthaltsverbotes) nicht nachgewiesen. Sie wechseln andauernd Identitäten, um die Behörden bewusst zu täuschen und im Unklaren zu lassen. Sie täuschen eine EWR-Bürgerschaft vor, im vollen Bewusstsein ihrer rechtlichen Vorteile. Am 21.01.2020 wurden Sie mit gefälschter litauischen ID-Card und gefälschtem litauischen Führerschein erneut in Österreich beim illegalen Aufenthalt betreten.

Dazu ist auf folgendes hinzuweisen: Der Richtigkeit der Angaben eines Asylwerbers über seine wahre Identität und seine tatsächliche Herkunft kommt grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die vom Asylwerber angegebenen Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag im Sinne des § 6 Z 3 AsylG 1997 vor (VwGH 30.11.2000, 99/20/0590, 30.01.2001, 2000/01/0106 und 27.09.2001, 2001/20/0393). Damit kommt neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat im Asylverfahren eine zentrale Bedeutung zu: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl VwGH 30.03.2006, 2003/20/0345). Stellt aber ein Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz unter Verwendung einer falschen Identität, bedeutet das, dass er damit nicht die Verfolgung seiner eigenen, sondern einer anderen Person behauptet.

Sie täuschten im gesamten behördlichen Verfahren über Ihre tatsächliche Identität und Ihre Herkunft. Daher leidet darunter Ihre gesamte Glaubwürdigkeit, da wohl in der Regel nur ein Asylwerber, der bewusst einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt, sich veranlasst sehen wird, die Behörde durch die Angabe einer falschen Identität und einer falschen Herkunft in die Irre zu leiten.

Zusätzlich kommt hinzu, dass Sie auch ständig widersprüchliche Angaben zu Ihrem Aufenthalt in der Ukraine machen. So gaben Sie in der Einvernahme zur Schubhaft am 22.01.2021 an, dass Sie das letzte Mal 2010 in der Ukraine waren. In der Einvernahme vom 15.02.2021 gaben sie völlig widersprüchlich an, dass Sie die Ukraine Ende März 2014 verlassen haben und auch Ihr Fluchtvorbringen soll sich in den ersten Monaten des Jahrs 2014 ereignet haben. Es wäre daher aber unmöglich, dass sich Ihr Fluchtvorbringen im Jahr 2014 ereignet haben kann, wenn Sie sich zu diesem Zeitpunkt schon 4 Jahre nicht mehr in Ihrem Heimatland aufgehalten haben.

Weiters kommt hinzu, dass eine Internetrecherche auf Wikipedia zur Spezialeinheit Berkut ( https://de.wikipedia.org/wiki/Berkut_(Spezialeinheit) ), zu der Sie angaben, dass Sie Mitglied dieser Einheit waren, Folgendes ergab:

„Am 21. Februar wurde die Vereinbarung über die Beilegung der Krise in der Ukraine zwischen der Janukowytsch-Regierung und der Opposition ausgehandelt. Noch während der Unterzeichnungszeremonie begann am 21. Februar der Abzug der Polizeieinheiten aus den Regierungskomplexen der Hauptstadt. Wer genau den Abzugsbefehl zu verantworten hatte, ist unklar. Der Stellvertretende Innenminister Viktor Dubovik befahl nach Angabe eines Kommandeurs, seine Berkut-Einheit abzurücken und vermittelte Kontakt zu Oppositionellen, die die Polizisten aus der Stadt eskortieren. Im Verlauf des 21. Februar wurden nahezu alle Polizeieinheiten und Wachen abgezogen, so dass der ukrainische Präsident Wiktor Janukowytsch beschloss aus Kiew zu fliehen.[6] Am 24. Februar wurde in der Werchowna Rada ein Gesetzentwurf zur Auflösung der Berkut-Einheiten eingereicht.[7] Der amtierende Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, verfügte am 26. Februar 2014 die Auflösung der Sondereinheit.[8]“

Sie gaben aber an 4 oder 5 Tage vor dem 02.03.2014, an diesem Tag haben Sie illegal Ihren Stützpunkt verlassen, an einer Operation am Maidan beteiligt gewesen zu sein und Scharfschützen zu einem Gebäude begleitet zu haben. Nachdem aber wie im oben angeführten Wikipedia Artikel ersichtlich die Sondereinheit zu diesem Zeitpunkt bereits abgezogen bzw. sogar aufgelöst war, kann dies so nicht stattgefunden haben.

Auch die Schilderung Ihrer Ausreise ist schlüssig nicht nachvollziehbar. Gaben Sie dazu nämlich an, dass Sie mit einem gefälschten Reisepass ausgereist sind, allerdings war nur das Dokument gefälscht, Ihre Daten waren korrekt. Somit wären Ihnen aber, wenn in dem gefälschten Reisepass Ihre tatsächlichen Daten enthalten sind, eine legale Ausreise nicht möglich gewesen, wenn Sie tatsächlich in der Ukraine gesucht werden würden. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Sie in der Einvernahme zur Schubhaft vom 22.01.2021 angegeben haben in Polen einen original ukrainischen Reisepass zu haben, der im Jahr 2001 ausgestellt wurde.

Ebenfalls kommt dazu, dass zwischen Ihrer Ausreise und Ihrer Antragstellung ca. sieben Jahre vergangenen sind, wenn man davon ausgeht, dass Sie im Jahr 2014 aus der Ukraine ausgereist sind. Es widerspricht aber jeder Lebensrealität, dass eine tatsächlich verfolgte Person über einen so langen Zeitpunkt keinen Antrag auf internationalen Schutz stellt, wenn diese so massiv bedroht ist, wie Sie bei Ihrer Antragstellung angegeben haben.

In Zusammenschau all dieser Faktoren kann die Behörde nur zu dem Schluss kommen, dass Ihr Vorbringen unglaubhaft ist. Sie sind persönlich unglaubwürdig.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben bzw. eine solche Verfolgung zukünftig zu erwarten hätten.

Sämtliche oben angeführten Erläuterungen deuten deshalb darauf hin, dass Sie Ihre Heimat einzig und allein aufgrund Ihres Wunsches Ihre Lebens- und Verdienstmöglichkeiten zu verbessern.

Dies ist zwar menschlich verständlich, kann jedoch nicht die Grundlage für Internationalen Schutz gemäß dem Asylgesetz darstellen.

Aufgrund der oa. Erwägungen ist es für die ho. Behörde erwiesen, dass Ihr Vorbringen unglaubhaft ist.

Eine individuelle, von staatlichen Stellen initiierte, Verfolgung oder Bedrohung Ihrer Person im Herkunftsland Ukraine konnte durch die Behörde nicht festgestellt werden.

Zusammenfassend gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere aber aufgrund des Vorbringens zu den Fluchtgründen zu dem Schluss kommt, dass Sie mit diesem keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnten.

Beweismittel, die einen gegenteiligen Schluss zuließen, haben Sie nicht in Vorlage gebracht

Die Behörde geht daher davon aus, dass Sie Ihr Heimatland in der Hoffnung auf Migration und diversen Sozialleistungen Richtung Europa verlassen haben.“

Der Beschwerdeführer verfüge im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte, sei arbeitsfähig, gesund und besitze Schulbildung sowie Berufserfahrung, sodass dieser in der Lage sein werde, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu bestreiten. Auch aufgrund der Länderfeststellungen sei jedenfalls anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seine existenziellen Grundbedürfnisse eigenständig werde bestreiten können. Somit sei keine reale Gefahr einer dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr drohenden realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 5 oder Nr. 13 zu erkennen.

Der Beschwerdeführer, welcher sich seit einem unbekannten Zeitpunkt in Österreich aufhalte, nach seinen Angaben seit 2014, habe im Bundesgebiet keine familiären Bindungen, ginge keiner Arbeit nach und sei weder Mitglied in einem Verein, noch einer Organisation, sodass eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in sein Recht auf Familien- und Privatleben begründe.

3. Mit für den eingebrachten Schriftsatz vom 02.03.2021 wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation die verfahrensgegenständliche vollumfängliche Beschwerde eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, die Behörde habe den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nicht entsprochen, da die belangte Behörde es unterlassen habe den BF ausreichend zur Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX zu befragen und sich mit dem konkreten Fluchtvorbringen nicht hinreichend auseinandersetzen würde. Entgegen der Ansicht des BFA habe der BF sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestalten sowie frei über die drohende Verfolgung gesprochen. Trotzdem habe sie belangte Behörde die Unglaubwürdigkeit des BF auf dessen falsche Identitäten gestützt, ohne sich ausreichend mit seinem Vorbringen auseinanderzusetzen. Der BF habe bezüglich seiner gefälschten Dokumente während der Einvernahme ausführlich erklärt, wie und wo er diese Dokumente ausstellen habe lassen. Der BF sei davon ausgegangen, dass diese echt seien und habe nicht die Absicht gehabt über seine Identität zu täuschen. Wenn die belangte Behörde dem BF vorwerfe, dass er erst jetzt nach 7 Jahren einen Asylantrag stelle, so habe der BF auch angegeben, dass er eine Asylantragstellung nicht für notwendig erachtet habe, weil er davon ausging, dass er sich legal in Österreich aufhalte. Das mangelhaft durchgeführte Ermittlungsverfahren und die mangelhafte Beweiswürdigung führe zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Fluchtvorbringens des BF. Hätte die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt, hätte sie feststellen müssen, dass dem BF auf Basis seiner glaubwürdig vorgebrachten Fluchtgründe in seiner Heimat eine asylrelevante Verfolgung drohe.

Beim BF handle es sich zwar um einen jungen, arbeitsfähigen Mann, jedoch sei zu berücksichtigen, dass er sich seit 7 Jahren nicht mehr in seiner Heimat befinde und dort über keinen Besitz verfüge. Im Falle einer Rückkehr wäre er auf sich allein gestellt und gezwungen, ohne Unterstützung Arbeit und Wohnraum zu suchen. Der BF habe sich in Österreich gut integriert, er spreche gut Deutsch und habe viele Freunde. Seine Lebensgefährtin sei ebenfalls österreichische Staatsbürgerin.

Vom erlassenen Einreiseverbot wegen Mittellosigkeit sei abzusehen gewesen, bzw. dieses mit einer kürzeren Dauer zu bemessen gewesen. Die belangte Behörde habe im gegenständlichen Fall keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF vorgenommen und die vermeintlich von ihm ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft. So sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der BF über ca. EUR 1.400 bis 1.500 verfüge. Der BF habe in Österreich zwar illegal gearbeitet, ihm sei das jedoch nicht bewusst gewesen, da er von der Echtheit seiner Dokumente ausgegangen sei. Die belangte Behörde habe sich überdies nicht ausreichend mit dem Privat- und Familienleben des BF auseinandergesetzt, weshalb dieser Spruchpunkt rechtswidrig sei.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 05.03.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Am 27.04.2021 langte ein Schreiben der Sta Wien zur Zl. 3 St 21/21g – 1 ein, indem mitgeteilt wird, dass gegen den BF eine Anklage wegen §§ 223 Abs 2 u 224 StGB erhoben wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehöriger der Ukraine, Angehöriger der ukrainischen Volksgruppe und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er stammt aus der Stadt XXXX , in der Westukraine. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde am 21.01.2021 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle bei seinem unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet betreten. Dabei führte der BF einen gefälschten litauischen Führerschein und einem gefälschten litauischen Personalausweis mit sich. Nach Festnahme des BF am selben Tag und Anordnung der Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung mit Bescheid am 22.01.2021, stellte der BF am 29.01.2021 aus dem Stande der Schubhaft den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bereits in den Jahren 2009, 2011 und 2013 befand sich der BF im Bundesgebiet in Schubhaft, wobei er die Aliasidentitäten XXXX und XXXX , geb. am XXXX führte und angab spanischer Staatsangehöriger zu sein. Im Zuge dieser Aufenthalte befand er sich ebenfalls ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und ging der Schwarzarbeit nach. Am 03.05.2011 wurde gegen den BF ein bis 17.06.2016 gültiges Aufenthaltsverbot zu Zl. XXXX auf seine Verfahrensidentität XXXX , geb. am XXXX erlassen. Im Jahr 2015 wurde gegen den BF bereits ein EAM-Verfahren geführt, dass jedoch wieder ad acta gelegt wurde.

Der BF verfügte, bis auf seinen Aufenthalt im Schubhaft von 29.10.2013 bis 05.11.2013, nie über eine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet.

Am 19.03.2021 reiste der BF freiwillig im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr auf dem Luftweg aus dem Bundesgebiet nach Kiew aus.

1.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aufgrund seiner Tätigkeit beim Sonderkommando Berkut und seiner Teilnahme im Rahmen dieses Sonderkommandos bei den Protesten am Maidanplatz verlassen hat. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Ukraine aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

1.3. Es besteht für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Ukraine keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Dieser liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat die Schule und eine Berufsausbildung als Parkett- und Fliesenleger angefangen, jedoch nicht abgeschlossen. Der BF verfügt über ein Hochschulstudium im Sportbereich, übte im Anschluss eine Erwerbstätigkeit aus und war dadurch zur eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in der Lage. Seine volljährigen Geschwister, ein Bruder und eine Schwester, halten sich unverändert im Herkunftsstaat auf. Überdies hat der BF zwei Kinder in der Ukraine. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und hat im Bundesgebiet keine ärztliche Behandlung in Anspruch genommen.

1.4. Der Beschwerdeführer ging im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Arbeit nach und hat keine Verwandten oder sonst enge soziale Bezugspunkte in Österreich. Der BF führt seit 8 Monaten eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, wobei kein gemeinsamer Haushalt und keine finanzielle Abhängigkeit besteht. Der BF wurde wegen §§ 127, 130 StGB von einem inländischen Gericht im Jahr 2011 und 2013 rechtskräftig verurteilt, wobei er sich vor diesem Gericht ebenfalls als spanischer Staatsbürger ausgab. Darüber hinaus hat er keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt. Der Beschwerdeführer war während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht selbsterhaltungsfähig.

1.5. Zum Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage in der Ukraine wird auf die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingeführten und teilweise im gegenständlichen Bescheid vom 17.02.2021 abgedruckten, von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestrittenen Herkunftslandquellen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und dem vorgebrachten Fluchtgrund:

2.1.1. Da der BF keine Unterlagen zur Bezeugung seiner Identität vorgelegt hat, steht diese nicht fest. Die Feststellungen über seine Herkunft, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus seinen dahingehend glaubhaften Angaben. Die Feststellungen zum gegenständlichen Verfahren und den bereits geführten Verfahren des BF im Bundesgebiet, seinen Anhaltungen in Schubhaft, seinen Aliasidentitäten, dem bereits erlassenen Aufenthaltsverbot und dem bereits geführten EAM-Verfahren im Jahr 2015, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einem IZR-Auszug. Überdies ist der BF diesen Feststellungen im Rahmen seiner gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten.

Dass der BF im Bundesgebiet, bis auf seinen Aufenthalt in Schubhaft, nie aufrecht gemeldet war, ergibt sich aus einem ZMR-Auszug.

2.1.2. Dass der BF am 19.03.2021 freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, ergibt sich aus der vorliegenden Ausreisebestätigung vom 23.03.2021.

2.1.2. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers resultieren aus dessen Angaben bei seinen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der Beschwerdeführer brachte vor, manchmal Medikamente gegen Sodbrennen zu nehmen, weil er an erhöhter Magensäure leide. Daraus ergibt sich weder eine schwerwiegende, noch eine lebensbedrohliche Erkrankung des BF. Überdies hat er keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt, die eine solche schwerwiegende Erkrankung bezeugen würden. Die Feststellungen über seine familiären und privaten Verhältnisse, seine (Hoch-)Schulbildung und seine Berufserfahrung ergeben sich aus seinen eigenen Angaben. Dass der BF seit 8 Monaten über eine Freundin im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen Angaben. Dabei gab er selbst vor, dass kein gemeinsamer Haushalt bestünde und seine Freundin viel reise. Finanziell sei der BF von ihr auch nicht abhängig. Der BF hat keinerlei Unterlagen zu seiner Integration vorgelegt oder ein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich seiner Integration erstattet, weshalb eine maßgebliche Integration des BF im Bundesgebiet nicht festgestellt werden kann. Wenn beschwerdeseitig vorgebracht wird, dass der BF gut Deutsch spreche, ist dem entgegenzuhalten, dass bei seiner Erstbefragung festgehalten wurde, dass er schlecht Deutsch spreche und wurden überdies keinerlei Unterlagen hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse vorgelegt.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Bescholtenheit des BF, beruht auf den Feststellungen im Bescheid der belangten Behörde, der in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Nachdem diese Verurteilungen im Strafregister nicht mehr zu ersehen sind, ist davon auszugehen, dass diese bereits getilgt sind.

2.1.3. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner Gefährdung von staatlicher oder privater Seite ausgesetzt sein wird, ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund, aus denen eine glaubhafte Verfolgung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat nicht ersichtlich wird. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer mit seinen unplausiblen und teils widersprüchlichen Ausführungen eine ihm im Herkunftsstaat drohende Verfolgung oder sonstige Gefährdung nicht glaubhaft darzustellen vermochte. Dieser berief sich in seinen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf, als Mitglied des Sonderkommandos Berkut an einer Operation am Maidan beteiligt gewesen zu sein und Scharfschützen zu einem Gebäude begleitet zu haben, weshalb er Gefahr liefe, nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat getötet zu werden.

Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen.

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472-10 mwN).

Im Sinne dieser Judikatur ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.

Zunächst ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass der BF zu seinem Aufenthalt in der Ukraine widersprüchliche Angaben getätigt hat. So habe er in der Einvernahme zur Schubhaft am 22.01.2021 angegeben, dass er das letzte Mal 2010 in der Ukraine gewesen sei. In der Einvernahme vom 15.02.2021 habe er völlig widersprüchlich dazu angegeben, die Ukraine Ende März 2014 verlassen zu haben und hätte sich der fluchtauslösende Vorfall in den ersten Monaten des Jahrs 2014 ereignet. Dieses Vorbringen ist völlig widersprüchlich und daher unglaubhaft. Diesen Ausführungen der belangten Behörde wurde überdies beschwerdeseitig substantiiert nicht entgegengetreten, zumal lediglich ausgeführt wurde, der BF habe detailliert, lebensnah und frei gesprochen.

Eine Internetrecherche der belangten Behörde zur Spezialeinheit Berkut und den Auseinandersetzungen am Maidan, habe überdies ergeben, dass die Vereinbarung über die Beilegung der Krise in der Ukraine zwischen der Janukowytsch-Regierung und der Opposition am 21.02.2014 ausgehandelt worden sei. Noch während der Unterzeichnungszeremonie hätte am 21.02.2014 der Abzug der Polizeieinheiten aus den Regierungskomplexen der Hauptstadt stattgefunden. Wer den genau den Abzugsbefehl zu verantworten gehabt habe, sei unklar. Der Stellvertretende Innenminister Viktor Dubovik habe nach Angabe eines Kommandeurs befohlen, seine Berkut-Einheit abzurücken und habe Kontakt zu Oppositionellen vermittelt, die die Polizisten aus der Stadt eskortiert hätten. Im Verlauf des 21.02.2014 seien nahezu alle Polizeieinheiten und Wachen abgezogen worden, so dass der ukrainische Präsident Wiktor Janukowytsch beschlossen habe aus Kiew zu fliehen. Am 24.02.2014 sei in der Werchowna Rada ein Gesetzentwurf zur Auflösung der Berkut-Einheiten eingereicht worden. Der amtierende Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, habe am 26.02.2014 die Auflösung der Sondereinheit verfügt.

Der belangten Behörde ist demnach überdies zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass das vom BF geschilderte Ereignis so nicht stattgefunden haben kann, zumal er angegeben habe 4 oder 5 Tage vor dem 02.03.2014, an diesem Tag habe er seinen Stützpunkt illegal verlassen, an jener Operation am Maidan beteiligt gewesen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt war die Sondereinheit jedoch bereits abgezogen bzw. sogar aufgelöst, weshalb das Vorbringen des BF schlicht unglaubhaft ist. Der BF verstrickt sich sohin auch hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der geschilderten Geschehnisse in Widersprüche, weshalb der Eindruck entsteht, er berichtet nicht von Selbsterlebtem. Dieser aufgezeigten zeitlichen Diskrepanz trat der BF in seiner Beschwerde überdies nicht entgegen.

In der Folge macht die belangte Behörde geltend, dass auch die Schilderungen zur Ausreise des BF nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar gewesen seien, dem vom BVwG grundsätzlich ebenso zuzustimmen ist. Hat der BF dazu zunächst angegeben, dass er mit einem gefälschten Reisepass ausgereist sei, wobei nur das Dokument gefälscht, seine Daten jedoch korrekt gewesen seien, wäre ihm doch, eine legale Ausreise nicht möglich gewesen, würde er tatsächlich in der Ukraine gesucht und hätte er sich mit einem gefälschten Reisepass, doch echten Daten ausgewiesen. Überdies hat der BF angegeben, in Polen einen original ukrainischen Reisepass zu haben. Insgesamt ist der Behörde daher zuzustimmen, dass dieses Vorbringen des BF schlicht unplausibel ist. Beschwerdeseitig wurde dazu lediglich vorgebracht, dass der BF in seiner Einvernahme ausführlich erklärt habe, wie und wo er sich seine gefälschten Dokumente ausstellen habe lassen. Das mag zwar zutreffen, doch ist dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert, zumal sich daraus die Logik der Verwendung eines gefälschten, doch mit korrekten Daten ausgestatteten ukrainischen Reisepasses, den der BF überdies nicht vorlegen konnte, nicht erschließt. Gesamtbetrachtend wäre dem BF eine Ausreise aus der Ukraine unter Verwendung seiner wahren Daten und damit Identität, ob mit einem gefälschten oder echten ukrainischen Reisepass darf diesfalls dahingestellt bleiben, nicht möglich gewesen, würde er tatsächlich von den ukrainischen Behörden gesucht.

Zutreffen ist auch, wie behördenseitig bereits ausgeführt, dass zwischen der Ausreise und der Asylantragstellung des BF ca. sieben Jahre vergangenen sind, wenn man davon ausgeht, dass der BF tatsächlich im Jahr 2014 aus der Ukraine ausgereist ist. Richtigerweise spricht schon allein dieser Umstand, dass eine angeblich verfolgte Person über einen so langen Zeitpunkt zuwartet einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, schon gegen eine vorliegende Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat. Wenn dem beschwerdeseitig entgegengehalten wird, dass der BF angegeben habe, eine Asylantragstellung für nicht notwendig erachtet zu haben, weil er davon ausgegangen sei, dass er sich legal in Österreich aufhalte, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF als ukrainischer Staatsangehöriger in der EU visumspflichtig ist und er sich mit litauisch gefälschten Dokumenten ausgewiesen hat, weshalb er mit diesem Vorbringen nicht durchzudringen vermag. Als erwachsenem Mann mit Hochschulbildung ist ihm durchaus zuzutrauen, sich über die geltenden visarechtlichen Vorschriften zu erkunden und ist schlicht nicht glaubhaft, dass er tatsächlich davon ausgegangen sei, er hätte sich gegen Bezahlung von EUR 8.000 echte litauische Dokumente beschafft und damit die Staatsangehörigkeit Litauens erworben, zumal er weder Staatsangehöriger Litauens ist, noch dort gewohnt hat.

Der BF hat überdies in seinen vorherigen behördlichen Verfahren über seine tatsächliche Identität und seine Herkunft getäuscht, zumal er mehrere Aliasidentitäten führt sowie vorgegeben hat spanischer Staatsangehöriger zu sein. Seine gesamte Glaubwürdigkeit leidet unter diesem wahrheitswidrigen Vorbringen.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der BF am 19.03.2021 freiwillig im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat zurückgekehrt ist, was schon grundsätzlich gegen eine aktuell vorliegende asylrelevante Verfolgung von entsprechender Intensität, spricht.

Insgesamt ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers der Eindruck einer geplanten Ausreise und eines konstruierten Fluchtgrundes aus wirtschaftlichen Gründen.

Der Beschwerdeführer hat eine ihm im Herkunftsstaat drohende Gefährdung mit seinen Angaben demnach nicht ansatzweise substantiiert oder nachvollziehbar dargestellt und kein mögliches Motiv für ein Interesse der ukrainischen Behörden speziell an seiner Person aufgezeigt. Insgesamt hat er, wie dargelegt, keinen Sachverhalt geschildert, dem sich eine in der Vergangenheit erlebte Verfolgung glaubhaft entnehmen ließe.

2.1.4. Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, vor deren Hintergrund eine (neuerliche) Niederlassung in der Ukraine für den Beschwerdeführer als individuell nicht zumutbar zu erachten wäre.

Der BF stammt nicht aus Gebieten der Ostukraine, in denen eine volatile Sicherheitslage herrscht, weshalb eine Rückkehr des BF in seine Herkunftsregion im Westen der Ukraine, der Stadt XXXX , möglich ist.

Die Ukraine gilt gemäß § 1 Herkunftsstaaten-Verordnung idF BGBl. II Nr. 25/2018 seit 15.02.2018 ex lege als sicheres Herkunftsland.

Dieser ist volljährig, leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, verfügt nach eigenen Angaben über Hochschulbildung und Berufserfahrung und ist mit der ukrainischen Sprache sowie den örtlichen und kulturellen Gegebenheiten des Herkunftsstaates vertraut. Er war bereits im Vorfeld der Ausreise in der Lage, seinen Lebensunterhalt durch Teilnahme am Erwerbsleben, eigenständig zu finanzieren und es sind keine Gründe ersichtlich, solche wurden auch nicht vorgebracht, weshalb ihm dies nach einer Rückkehr nicht neuerlich möglich sein sollte. Zudem hat er durch seine beiden Geschwister enge Angehörige im Herkunftsstaat, welche ihn im Bedarfsfall zusätzlich unterstützen könnten. Der BF verfügt auch über seine beiden Kinder, sohin über intensive familiäre Bindungen in der Ukraine. Darüber hinaus stünde ihm als ukrainischem Staatsbürger ein Rückgriff auf Leistungen des dortigen Sozialsystems offen, auch könnte er durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe nach § 52a BFA-VG vorübergehend das Auslangen im Heimatland finden. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht dem realen Risiko unterliegt, in eine die Existenz bedrohende Notlage zu geraten. Auch in der Beschwerde wurde nicht aufgezeigt, welche exzeptionellen Umstände im Falle des Beschwerdeführers vorliegen würden, die nunmehr – anders als in den Jahren vor seiner Ausreise – dessen Möglichkeit zur Sicherung seiner Existenzgrundlage ausschließen würden.

Überdies ist der BF, wie bereits ausgeführt, am 19.03.2021 freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt, was grundsätzlich gegen das Vorliegen asylrelevanter Verfolgung und vorhandene Rückkehrbefürchtungen spricht.

Vor dem Hintergrund der vom BF geäußerten Fluchtgründe kann sohin keine glaubwürdige Gefährdungssituation im Falle einer Rückkehr abgeleitet werden. Insgesamt konnte der BF eine Gefährdungssituation nicht hinreichend substantiieren, welcher er im Falle der Rückkehr in exponierter Weise ausgesetzt wäre. Unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Berichtslage, sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. familiäre Anknüpfungspunkte, selbständige berufliche Tätigkeit, usw.) ergibt sich, dass eine Rückkehr des BF in die Ukraine möglich ist.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19-Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen auch im Herkunftsland bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt (zu den aktuellen Zahlen vgl. WHO Weekly Epidemiological Update, 23.03.2021, abrufbar unter: https://www.who.int/publications/m/item/weekly-epidemiological-update-on-covid-19---23-march-2021). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion zu einer Hoch-Risikogruppe zählen würde.

2.5. Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein glaubhafter asylrelevanter Sachverhalt oder eine sonstige konkrete, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Bedrohungslage abzuleiten ist und muss daher auch eine allfällige Gefährdung des Beschwerdeführers vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen betrachtet werden.

Wenn die belangte Behörde im bekämpften Bescheid somit in einer vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beanstandenden Weise zum Ergebnis gelangt, dass die vom Beschwerdeführer angegebenen Ausreisegründe keine konkrete Rückkehrgefährdung aufzeigen, begegnet diese

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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