Entscheidungsdatum
07.05.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2Spruch
W235 2239802-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2021, Zl. 1271113704-201131769, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.11.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX 08.2019 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt wurde und am XXXX 10.2020 in Rumänien einen Asylantrag stellte (vgl. AS 9).
1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. Sein Vater, sein Bruder und seine Schwester würden seit 2015 in Wien leben und seien anerkannte Flüchtlinge. Das Zielland des Beschwerdeführers sei Österreich gewesen, weil sein Vater und seine Geschwister hier seien. Am XXXX 04.2018 sei er aus Syrien ausgereist und in den Irak gefahren, wo er sich ein Jahr und drei Monate aufgehalten habe. Vom Irak aus sei der Beschwerdeführer über die Türkei nach Griechenland gelangt, wo er ein Jahr aufhältig gewesen sei. In der Folge sei er über Nordmazedonien und Serbien nach Rumänien gelangt. In Rumänien habe er Behördenkontakt gehabt und sei ca. 25 Tage geblieben. Er habe keinen Asylantrag gestellt, sondern ihm seien nur die Fingerabdrücke abgenommen worden. Dort sei er schlecht behandelt worden. Von Rumänien aus sei der Beschwerdeführer über Ungarn und die Slowakei nach Österreich gereist. Er wolle hier bei seiner Familie leben.
Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 13.11.2020 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Rumänien, Ungarn und Griechenland die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 37).
1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 19.11.2020 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien.
Mit Schreiben vom 03.12.2020 stimmte die rumänische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß § 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu und ergänzte dahingehend, dass der Beschwerdeführer am XXXX 10.2020 in Rumänien um Asyl angesucht habe und sein Akt nach wie vor in Bearbeitung sei (vgl. AS 59).
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 21.12.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Rumänien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde vom Beschwerdeführer am 22.12.2020 nachweislich übernommen (vgl. AS 161).
1.4. Am 18.01.2021 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren und seines rechtsfreundlichen Vertreters sowie unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er eingangs angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Der Beschwerdeführer sei Kurde und stamme aus der Region XXXX . Seit Anfang des Krieges habe sich seine psychische Situation verschlechtert. Derzeit wohne er bei seiner Familie. In Rumänien habe er viel Schlechtes erlebt. Er müsse auch zur Therapie. Sein nächster Arzttermin sei am XXXX 01.2021 und der Beschwerdeführer nehme seit ca. acht Tagen auch Medikamente, nämlich Trittico und Quentiapin. Sein Vater, sein Bruder und seine Schwester würden in Österreich leben. Sie seien asylberechtigt und der Beschwerdeführer lebe aktuell mit ihnen im selben Haushalt. Seine Angehörigen würden ihn finanziell unterstützen.
Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, die Abschiebung des Beschwerdeführers aus Österreich nach Rumänien zu veranlassen, gab er an er habe niemanden in Rumänien. Hier habe er seine Familie und daher wolle er nicht nach Rumänien zurück. Dort habe es im Camp nur Polizisten gegeben. Sie hätten ihn gezwungen, die Fingerabdrücke abzugeben. Entweder man gebe die Fingerabdrücke ab oder man werde geschlagen. Es habe auch keine freien Betten gegeben und es sei schmutzig und unhygienisch gewesen. Man habe keine Mahlzeiten und keine Lebensmittel bekommen. Auch habe es keine medizinische Betreuung gegeben. Deshalb habe der Beschwerdeführer das Camp verlassen. Der Beschwerdeführer werde nicht nach Rumänien zurückkehren. Er wolle hier bleiben, weil es ihm psychisch nicht gut gehe. Er habe eine Videoaufnahme von den Zuständen in Rumänien. Wenn er versucht habe, nach Österreich zu gelangen, sei er geschlagen worden. Es sei nicht anders möglich gewesen als auf diese Weise zu reisen, da der Beschwerdeführer das Alter für eine Familienzusammenführung schon überschritten habe. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Rumänien gab der Beschwerdeführer an, dass er diese nicht gelesen habe.
Am Ende der Einvernahme beantragte der Rechtsberater die Einholung eines psychologischen Gutachtens.
Ferner brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sich eine positive Entscheidung wünsche. Er habe seine Familie fünf Jahre nicht gesehen und wolle mit seiner Familie leben. Der Beschwerdeführer wolle in Österreich leben.
Der Beschwerdeführer legte nachstehende Unterlagen vor:
? Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom XXXX 01.2021 mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer seit XXXX 01.2021 in Behandlung ist sowie mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung samt medikamentöser Einstellung und Terminbestätigung für den XXXX 01.2021;
? Terminreservierung beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul und
? Mitgliedsbestätigung der „ XXXX “ vom XXXX 01.2021 samt Informationsmaterial
In der Folge gewährt das Bundesamt dem Beschwerdeführer eine Frist bis zum 25.01.2021 zur Vorlage sämtlicher Beweismittel.
1.5. Mit Stellungnahme vom 26.01.2021 brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters vor, dass er nicht nach Syrien zurückkehren könne. Er bemühe sich, sich in Österreich zu integrieren und sei durch seine Familie komplett finanziell abgesichert. Aufgrund von § 9 BFA-VG könne gegen den Beschwerdeführer keine Rückkehrentscheidung erlassen werden. Der Beschwerdeführer spreche sich gegen eine Weiterführung des Verfahrens in Rumänien aus, weil die Zustände, die Verfahrensumstände, die zu erwartende Verfahrensdauer und die Absicherung von Asylwerbern in Rumänien unter jeder Menschenwürde seien. Im Zuge der Einvernahme habe der Beschwerdeführer über Angstzustände, Panikattacken und konstanten Stress berichtet, was er mit einer möglichen Rückkehr nach Rumänien begründet habe. Die Familie des Beschwerdeführers befinde sich in Österreich. Betreffend die Länderfeststellungen zu Rumänien sei festzuhalten, dass eine Durchführung des Verfahrens in Rumänien mit massiven Einschränkungen und Unsicherheiten für den Beschwerdeführer verbunden sei, da nach Berichten von Amnesty International eine Verfahrensführung in Rumänien lang und in vielen Fällen nicht transparent bzw. nachvollziehbar sei. Die Unterbringungsquartiere seien in vielen Fällen mit Viehställen gleichzusetzen und könne die medizinische Versorgung nur als mangelhaft bezeichnet werden.
An bis dato noch nicht vorgelegten Unterlagen waren der Stellungnahme folgende Schreiben beigelegt:
? Undatierte „Sozialarbeiterische Stellungnahme zum Asylantrag“ einer Pastoralassistentin;
? Empfehlungsschreiben einer Bekannten vom XXXX 01.2021 und
? Bestätigung des Roten Kreuzes betreffend Beratungen des Vaters des Beschwerdeführers zu einem Antrag auf Familienzusammenführung vom XXXX 01.2021
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Rumänien zulässig ist.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Sonstige schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestünden nicht. Festgestellt werde, dass er in Rumänien einen Asylantrag gestellt habe und sich Rumänien mit Schreiben vom 03.12.2020 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Führung seines Asylverfahrens für zuständig erklärt habe. In Österreich würden der Vater, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers als anerkannte Flüchtlinge leben. Der Beschwerdeführer lebe mit den genannten Personen im gemeinsamen Haushalt. Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich könne nicht festgestellt werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Rumänien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 12 bis 20 unter Anführung von Quellen Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Rumänien und zur aktuellen Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellung zum psychischen Zustand aus dem vorgelegten medizinischen Befundbericht vom XXXX 01.2021 ergebe. Aus den Länderinformationen gehe hervor, dass ausreichend medizinische und psychologische Betreuung vorhanden sei. Daher sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Medikation und Psychotherapie in Rumänien fortsetzen könne. Dem Antrag des Rechtsberaters auf Einholung eines psychologischen Gutachtens werde nicht nachgekommen, da sich der Beschwerdeführer bereits in psychologischer Betreuung befinde. Aufgrund des Eurodac-Treffes und der Angaben des Beschwerdeführers stehe die Antragstellung in Rumänien fest. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben seien aufgrund der nichtanzuzweifelnden Angaben des Beschwerdeführers getroffen worden. Dass keine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Die Feststellungen zu Rumänien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren, jene zur Pandemie auf dem Amtswissen und den Angaben der John Hopkins University. Es sei darauf hinzuweisen, dass Rumänien als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen sei. Ferner sei hervorzuheben, dass in Rumänien ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei. Auch seien bis zur Bescheiderlassung keine Beweismittel eingelangt, sodass davon auszugehen sei, dass keine persönliche Dokumentation existiere. Der Vollständigkeit halber werde erwähnt, dass sich Rumänien mit Schreiben vom 03.12.2020 ausdrücklich bereit erklärt habe, den Beschwerdeführer im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-VO zur Prüfung seines Asylantrages zu übernehmen.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergebe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt sei. Zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen werde ausgeführt, dass eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen nur unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK falle, wenn zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit hinzukämen, die über übliche Bindungen hinausgehen würden. Im Fall des Beschwerdeführers gehe die Beziehung nicht über ein übliches verwandtschaftliches bzw. familiäres Maß hinaus. Betreffend das Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich sei anzumerken, dass seine Beziehungen in Österreich in einer Zeit entstanden seien, als ihm sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst hätte sein müssen. Angesichts des unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich habe der Beschwerdeführer nicht davon ausgehen können, dass ihm nur aufgrund der Anwesenheit von Verwandten in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich befindlichen Verwandten bestehe auch von Rumänien aus. Auch vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung der Dublin III-VO sowie von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Rumänien sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen, Rumänien treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Rumänien als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. In der Folge wurde unter Zitierung der Rechtsprechung des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes zu Überstellungsmöglichkeiten bei physischen oder psychischen Erkrankungen ausgeführt, dass sich aus dem vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen lebensgefährlich Erkrankten handle und daher eine Überstellung nach Rumänien von vornherein als unzulässig angesehen werden müsse. Ebenso wenig ergebe sich ein Hinweis auf anstehende oder dringliche ärztliche Behandlungen. Weiters seien für den Beschwerdeführer bei Bedarf in Rumänien Behandlungsmöglichkeiten gegeben und sei die unerlässliche medizinische Versorgung gewährleistet. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.
3. Am 18.02.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen erheblicher Verfahrensfehler und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen verfahrensrelevant ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Familie in Österreich habe. In Rumänien habe er keine Unterkunft und keine Existenz. Ferner wäre in Rumänien nicht damit zu rechnen, dass seine psychischen Probleme behandelt werden könnten. Daher wäre ohne Medikamente und unbehandelt eine akute Verschlechterung der psychischen Verfassung des Beschwerdeführers zu erwarten. In weiterer Folge wurde das Vorbringen aus der Stellungnahme vom 26.01.2021 nahezu wortwörtlich wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass die Zustände in den rumänischen Asylzentren schlecht seien. Die Asylwerber müssten auf dem nackten Boden am Gang schlafen und seien die Nassräume völlig verschmutzt. Auch kümmere sich niemand um die Entleerung der Mülleimer. Im vorliegenden Fall wäre das Selbsteintrittsrecht anzuwenden gewesen, um zu einem verfassungskonformen Ergebnis – nämlich zu einer Zuständigkeit Österreichs – zu gelangen.
Der Beschwerde waren nachstehende – noch nicht vorgelegte – Unterlagen beigelegt:
? Bescheid vom XXXX 12.2015, mit welchem dem Vater des Beschwerdeführers der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde;
? Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 07.2018, mit welchem dem Bruder des Beschwerdeführers (im Beschwerdeverfahren) der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde;
? erste Seite des Bescheides, mit welchem der Schwester des Beschwerdeführers der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde;
? Heiratsurkunde der Eltern des Beschwerdeführers vom XXXX 06.1993 (auch in deutscher Übersetzung vorgelegt);
? Verfahrenskarte des Beschwerdeführers;
? Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX 11.2020 betreffend den Beschwerdeführer;
? Bestätigung vom XXXX 02.2021, dass der Beschwerdeführer nach Erhalt eines positiven Asylbescheides das Bildungsangebot „ XXXX “ besuchen kann;
? Familienbuch des Beschwerdeführers (auch in deutscher Übersetzung vorgelegt);
? Auszüge aus den Konventionspässen des Vaters, des Bruders und der Schwester des Beschwerdeführers sowie diverse andere Ausweise seiner Angehörigen (E-Card, Bankkarte, Studentenausweis);
? Auszüge aus dem Zentralen Melderegister betreffend den Vater, den Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers vom XXXX 02.2017, vom XXXX 07.2017 und vom XXXX 05.2017 und
? zehn schlecht sichtbare bzw. erkennbare schwarz-weiß Kopien von Fotos, aus denen weder die Aufnahmedaten noch die Örtlichkeiten ersichtlich sind
4. Mit Bericht vom 21.04.2021 gab die Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dass der Beschwerdeführer am selben Tag ohne besondere Vorkommnisse auf dem Luftweg nach Rumänien überstellt worden war.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Syrien. Er hat Syrien im April 2018 verlassen und reiste in den Irak, wo er sich ca. ein Jahr und drei Monate aufgehalten hat. Vom Irak aus gelangte er über die Türkei nach Griechenland, wo er am XXXX 08.2019 erkennungsdienstlich behandelt wurde und ein Jahr verbracht hat. In der Folge reiste er über Nordmazedonien und Serbien illegal in Rumänien ein, wo er am XXXX 10.2020 einen Asylantrag stellte. Ohne auf das Ergebnis seines Asylverfahrens in Rumänien zu warten, begab sich der Beschwerdeführer nach einem Aufenthalt in Rumänien von ca. 25 Tagen unrechtmäßig nach Österreich und stellte am 13.11.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 19.11.2020 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien, welches von der rumänischen Dublinbehörde am 03.12.2020 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Rumäniens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Rumänien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Rumänien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Beim Beschwerdeführer wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, wogegen ihm Medikamente verschrieben wurden. In Österreich begab er sich am XXXX 01.2021 – sohin ca. zwei Monate nach der Einreise – in medizinische Behandlung. Eine darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit ist nicht ersichtlich. Sohin wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Rumänien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.
Seit dem Jahr 2015 leben in Österreich der Vater, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers. Alle drei Angehörigen sind anerkannte Konventionsflüchtlinge. Während seines Aufenthalts in Österreich lebte der Beschwerdeführer mit den genannten Angehörigen im gemeinsamen Haushalt. Das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses wird nicht festgestellt. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer am 21.04.2021 komplikationslos auf dem Luftweg nach Rumänien überstellt wurde.
1.2. Zum rumänischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Rumänien:
Zum rumänischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Rumänien und zur aktuellen Situation aufgrund des Corona-Virus wurden im angefochtenen Bescheid (vgl. Seiten 12 bis 20) Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.
Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:
a). Allgemeines:
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).
b). Dublin-Rückkehrer:
Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann am gleichen Tag einen Asylantrag stellen können.
? Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.
? Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.
? Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).
Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).
Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).
Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).
c). Non-Refoulement:
Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).
Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).
d). Versorgung:
Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timisoara, Somcuta Mare, Radauti, Galati, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).
Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).
Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagessätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbeding: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).
Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).
Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).
Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017 vgl. AIDA 27.3.2019).
[…]
Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Informationen über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).
e). Medizinische Versorgung:
Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).
Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In Radauti wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timisoara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).
Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).
f). Aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.
In Österreich gibt es mit Stand 01.02.2021, 08:00 Uhr: 414.398 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 7.721 Todesfälle; in Rumänien wurden zu diesem Zeitpunkt 728.743 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 18.335 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Menschen mit milden Symptomen erholen sich der WHO zufolge in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchen drei bis sieben Wochen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen – darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO – samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Rumänien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Syrien, zu seinem weiteren Reiseweg, einschließlich der Dauer der jeweiligen Aufenthalte im Irak und in Griechenland, zu seiner illegalen Einreise in Rumänien, zur unrechtmäßigen Einreise nach Österreich und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Erstbefragung sowie aus dem Akteninhalt. Dass sich der Beschwerdeführer ca. 25 Tage in Rumänien aufgehalten hat, gründet ebenso auf seinen eigenen Angaben in der Erstbefragung und ist auch aufgrund der Daten der Antragstellungen in Rumänien ( XXXX 10.2020) und Österreich (13.11.2020) nachvollziehbar. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur erkennungsdienstlichen Behandlung in Griechenland aus dem unbedenklichen Eurodac-Treffer der Kategorie 2.
Ebenso aus dem diesbezüglichen, unbedenklichen Eurodac-Treffer (Kategorie 1) ergibt sich zweifelsfrei die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am XXXX 10.2020 in Rumänien einen Asylantrag stellte. Der Beschwerdeführer brachte zwar in seiner Erstbefragung vor, dass er in Rumänien keinen Asylantrag gestellt habe, sondern ihm nur die Fingerabdrücke abgenommen worden seien (vgl. AS 27), hielt diese Angaben jedoch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht aufrecht. Dass der Beschwerdeführer in Rumänien keinen Asylantrag gestellt hat, ist jedenfalls vor dem Hintergrund des unbedenklichen Eurodac-Treffers nicht glaubhaft. Weiters hat die rumänische Dublinbehörde in ihrem Schreiben vom 03.12.2020 ebenfalls bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer am XXXX 10.2020 in Rumänien um Asyl angesucht habe und sein Akt nach wie vor in Bearbeitung sei (vgl. AS 59). Daher gründet die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet begeben hat, ohne auf das Ergebnis seines Asylverfahrens in Rumänien zu warten, ebenfalls auf dem Schreiben der rumänischen Dublinbehörde vom 03.12.2020, die der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zugestimmt hat.
Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch Rumänien ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit Rumäniens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise, wobei ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet wurde.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Dass beim Beschwerdeführer eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde, wogegen ihm Medikamente verschrieben wurden, gründet auf dem von ihm vorgelegten Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom XXXX 01.2021 (vgl. AS 189). Aus diesem Befundbericht ergibt sich auch die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer am XXXX 01.2021 und sohin ca. zwei Monate nach Antragstellung am 13.11.2020 in medizinische Behandlung begeben hat. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass es in Rumänien keine medizinische Betreuung gegeben habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass er sich lediglich 25 Tage in Rumänien aufgehalten hat und auch in Österreich erst ca. zwei Monate nach Einreise einen Arzt aufgesucht hat, sodass davon auszugehen ist, dass er zuvor keine Behandlung benötigte bzw. eine solche nicht für erforderlich gehalten hat. Auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme am 18.01.2021 ist zu entnehmen, dass er erst seit ca. acht Tagen Medikamente nehme (vgl. AS 177). Dem vom Rechtsberater in der Einvernahme ohne nähere Begründung gestellten Antrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens ist das Bundesamt zu Recht nicht nähergetreten, wobei hinzukommt, dass dieser Antrag in der Beschwerde nicht aufrechterhalten wurde. Dass eine darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit nicht ersichtlich ist, basiert auf dem Umstand, dass bis zur Überstellung am 21.04.2021 keine weiteren medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden. In einer Gesamtbetrachtung war sohin die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die seiner Überstellung nach Rumänien entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.
Die Feststellungen zu den in Österreich asylberechtigten Angehörigen (Vater, Bruder und Schwester) ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers und aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus den diesbezüglichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Vater und die Schwester sowie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend den Bruder des Beschwerdeführers und aus den vorgelegten Auszügen aus den Konventionspässen der genannten Angehörigen. Dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich mit seinen Angehörigen im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, gründet ebenso auf seinen eigenen Angaben und ist darüber hinaus auch aus den Eintragungen im Zentralen Melderegister ersichtlich (vgl. hierzu die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ZMR-Auszüge vom XXXX 02.2021 (Vater) sowie vom XXXX 05.2021 (Geschwister)). Entgegen der Behauptung im Verfahren ergibt sich die (Negativ)feststellung, dass das Vorliegen eines finanziellen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnisses nicht festgestellt wird, daraus, dass der Beschwerdeführer auf finanzielle Zuwendungen von Seiten seiner Angehörigen nicht angewiesen ist, da er als Asylwerber jederzeit Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nehmen kann. Wenn er dies nicht tut bzw. nicht getan haben sollte, beruht dies auf seiner eigenen Entscheidung und nicht etwa auf einer Weigerung der österreichischen Behörden, ihm diese Zuwendungen zu gewähren, sodass vom Vorliegen einer finanziellen Abhängigkeit nicht gesprochen werden kann. Auch wenn der Beschwerdeführer diverse Unterlagen vorgelegt hat, die auf Integrationsbemühungen schließen lassen, war schon aufgrund der Kürze seines Aufenthalts in Österreich von ca. fünf Monaten die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater oder beruflicher Bindungen im österreichischen Bundesgebiet zu treffen.
Letztlich ergibt sich die Feststellung zur komplikationslosen Überstellung des Beschwerdeführers nach Rumänien aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 21.04.2021.
2.2. Die Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Rumänien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.
Die Gesamtsituation des Asylwesens in Rumänien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass er diese nicht gelesen habe. Auch die Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters vom 26.01.2021 ist diesen Länderfeststellungen nicht substanziiert entgegengetreten. In der Stellungnahme wird zwar auf „Berichte von Amnesty International“ verwiesen, jedoch ohne diese zu konkretisieren, sodass nicht nachvollzogen werden kann, auf welche Berichte welchen Datums Bezug genommen wird. Auch das Vorbringen, betreffend die Länderfeststellungen zu Rumänien sei festzuhalten, dass eine Durchführung des Verfahrens in Rumänien mit massiven Einschränkungen und Unsicherheiten für den Beschwerdeführer verbunden sei, wurde lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt. Diesem Teil des Vorbringens lässt sich nicht entnehmen, auf welchen Länderfeststellungen es sich konkret bezieht bzw. auf welche Quellen es sich stützt. Ebenso wenig wurde in den schriftlichen Beschwerdeausführungen den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid konkret entgegengetreten. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.
Die Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell und nehmen auch auf die derzeitige Situation in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie Bezug. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr sowie auch die nunmehrige Zurücknahme von bereits erfolgten Lockerungen und/oder die Anordnung weiterer „Lockdowns“), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Rumänien nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann – und nur dann – Überstellungen durchgeführt werden, wenn Rumänien für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann, was gegenständlich der Fall ist, da der Beschwerdeführer bereits am 21.04.2021 nach Rumänien überstellt wurde, und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer im Überstellungszeitpunkt um keine vulnerable Person gehandelt hat und keine Anzeichen dafür vorlagen, dass er zu den Personengruppen mit einem erhöhten Risiko an COVID-19 zu erkranken – wie ältere und/oder immungeschwächte Personen – gehört.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).
3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) […]
Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller – der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können – sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen