TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/10 W168 2233154-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.05.2021
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Entscheidungsdatum

10.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W168 2233154-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2020, Zl. 1097010205/180922675, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 um zwei Jahre verlängert.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet am 26.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 27.02.2017, Zl. 1097010205/151871479, wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.02.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) insbesondere ausgeführt, dass berücksichtigt werden müsse, dass anhand der im Verfahren herangezogenen Länderdokumente die allgemeine Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz Nangarhar aufgrund der derzeitigen Unruhen in jüngster Zeit nicht als ausreichend stabil zu bewerten sei. Zwar verfüge der BF über familiäre Anknüpfungspunkte, jedoch könne daraus nicht abgeleitet werden, dass seine Familie ihn auch finanzieren werde. Darüber hinaus verfüge der BF an keinem anderen Ort in Afghanistan über familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte, zudem verfüge der BF über keine besonderen beruflichen Qualifikationen und würde nach einem Auslandsaufenthalt ohne Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse zurückkehren, sodass er nach den Länderfeststellungen mit Schwierigkeiten im existenzgefährdenden Ausmaß zu rechnen hätte. Es sei sohin nicht ersichtlich, wie er im Falle einer Rückkehr-auf sich alleine gestellt-in einem der übrigen Landesteile in der Lage sein soll, für sich eine ausreichende Lebensgrundlage zu schaffen. Sohin sei es ihm derzeit nicht zuzumuten, in seine Heimatregion zurückzukehren, da er für den Fall einer Abschiebung nach Afghanistan aufgrund der prekären Lage in seiner Heimatprovinz und mangels tragfähigen sozialen Netzes und entsprechender beruflicher Qualifikationen in eine aussichtslose Situation kommen würde, sodass diese im Blickwinkel des Artikels 3 EMRK unzulässig sei.

2. Am 01.02.2018 beantragte der BF durch seine gesetzliche Vertretung die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Mit Bescheid vom 20.02.2018, Zl. 1097010205/151871479, wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.02.2020 erteilt.

3. Aus einem Aktenvermerk des BFA vom 28.09.2018 geht hervor, dass im Zuge der Prüfung hinsichtlich der Prüfung der weiteren Erteilung der Aufenthaltsberechtigung Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung infolge geänderter persönlicher Umstände nicht mehr vorliegen würden.

4. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.10.2018 führte der BF aus, dass er mit vier weiteren Mitbewohnern in einer Mietwohnung lebe und von einer Sozialleistung lebe. Er besuche derzeit einen Kurs auf dem Niveau A2, einen A1 Kurs habe er bereits abgeschlossen und beziehe Sozialleistungen. Auf Vorhalt, wieso er die Zeit seit dem 26.11.2015 nicht genutzt habe, um sich in den österreichischen Sozialmarkt zu integrieren, entgegnete der BF, dass er vor Aufnahme einer Arbeitstätigkeit noch Deutsch lernen müsse. Zur Frage, ob er Mitglied in einem Verein sei, erklärte der BF, dass er in einem Fitness Club sei. Neben seiner serbischen Freundin habe er zudem auch österreichische Freunde. Die Frage, ob er in Österreich Verwandte habe, wurde vom BF verneint. Befragt, wo sich seine Familienangehörigen derzeit aufhalten würden, erwiderte der BF, dass er mit seinen Angehörigen zuletzt vor eineinhalb Jahren in Kontakt gestanden sei und sie sich damals in Pakistan aufgehalten hätten. Nachgefragt, wieso er mit seiner Familie keinen Kontakt mehr habe, replizierte der BF, dass sie eine Rückkehr nach Afghanistan angekündigt hätten, er aber nunmehr nicht wisse, wo sich diese aufhalten würden. Sein Schwager lebe in der Nähe von Jalalabad, der BF habe dessen Nummer jedoch verloren. Die Frage, ob er in regelmäßigen Kontakt mit Familienangehörigen stehe, wurde vom BF verneint.

Befragt, ob er in Afghanistan je einer Beschäftigung nachgegangen sei, gab der BF zu Protokoll, dass er in Pakistan nach dem Tod seines Vaters für zwei oder drei Jahre auf einer Baustelle gearbeitet habe. In seiner Heimatregion gebe es aktuelle eine Talibanpräsenz. Seine Familie habe keine Besitztümer im Herkunftsstaat, da sein Schwager ein Grundstück verkauft habe, um ihm die Flucht zu ermöglichen. Er wisse nichts über den genauen Verbleib seines Bruders. Ansonsten habe er im Heimatland auch keine Großeltern mehr, seine Onkeln und Tanten kenne er nicht. Die Frage, ob er in seinem Heimatland, in Österreich oder in einem anderen Land strafbare Handlungen begangen habe oder vorbestraft sei, wurde vom BF verneint. Dem BF wurde vorgehalten, dass er mittlerweile volljährig sei, über Schulausbildung verfüge und auch in der Baubranche gearbeitet habe, weshalb die Umstände, aufgrund derer ihm im Jahr 2017 subsidiärer Schutz gewährt worden sei, nicht mehr vorliegen würden. Auf die Frage, welche Befürchtungen er für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland, speziell nach Herat, Mazar e-Sharif oder Kabul habe, brachte der BF vor, dass ihm sein Schwager mitgeteilt habe, dass die Taliban jeden entführen würden. Bei einer Rückkehr wäre sein Leben in Gefahr.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurde eine Teilnahmebestätigung über die Absolvierung eines Werte- und Orientierungskurses vom 05.04.2017 in Vorlage gebracht.

5. In einem Aktenvermerk vom 25.10.2018 wurde vom BFA ausgeführt, dass das Aberkennungsverfahren einzustellen gewesen sei.

6. In einem Aktenvermerk vom 30.11.2018 wurde vom BFA ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung infolge geänderter persönlicher Umstände nicht mehr vorliegen würden. Somit sei von einer Erfüllung des Tatbestandes nach § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG auszugehen.

7. In einem weiteren Aktenvermerk vom 19.12.2018 wurde vom BFA ausgeführt, dass ein Endigungsgrund nicht vorliege bzw. nicht hervorgekommen sei, da die Verlängerung zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, wo der BF bereits volljährig gewesen sei. Sonstige Aberkennungsgründe würden nicht vorliegen bzw. sind nicht hervorgekommen.

8. Aus einem Protokollsvermerk und einer gekürzten Urteilsausfertigung vom 19.06.2019 geht hervor, dass der BF das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2 a 2. Fall SMG begangen habe und zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden sei.

9. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 26.07.2019 wurde vom BF ausgeführt, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Auf Aufforderung, seine persönlichen Verhältnisse darzulegen, führte der BF an, dass er mit drei Mitbewohnern in einer Mietwohnung lebe und 170,- Euro zahle. Befragt, wie er in Österreich den Lebensunterhalt bestreite, brachte der BF vor, dass er bereits gearbeitet habe, nunmehr jedoch einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt habe. Aufgrund einer juckenden Hauterkrankung habe der BF das Haus nicht mehr verlassen können. Nachgefragt, wieso er aktuell keiner Erwerbstätigkeit nachgehe bzw. bereits früher gearbeitet habe, obwohl er bereits seit Februar 2017 subsidiär schutzberechtigt sei, erklärte der BF, dass er nur einen Deutschkurs besucht habe, jedoch keine Prüfung ablegen habe können, da er nicht richtig schreiben beherrscht habe. Auf Vorhalt, wieso ihm nach über zweieinhalb Jahren nur ein Deutschkurs angeboten worden sei, führte der BF an, dass er nicht gesund gewesen sei und daher keinen Antrag abgegeben habe. Er habe sich jedoch bereits als Servicekraft sowie bei einem Getränkeshop, bei einem Pizzashop und einem türkischen Shop beworben. Auf Vorhalt, dass aus einem Sozialversicherungsauszug hervorgehe, dass er kurzfristig als Arbeiter beschäftigt gewesen sei und auf die Frage, um welche Beschäftigungen es sich dabei gehandelt habe, gab der BF zu Protokoll, dass er Fließbandarbeiten durchgeführt habe. Da er jedoch krank geworden sei, habe er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Der BF wolle schreiben lernen, weshalb er nunmehr beabsichtige, einen weiteren Deutschkurs zu besuchen. In Österreich besuche er regelmäßig ein Fitnesscenter und habe Freunde im Bundesgebiet. Auf Aufforderung, seinen Tagesablauf näher zu beschreiben, führte der BF an, dass er einen Deutschkurs mache und anschließend in ein Fitnesscenter gehe.

Zu seinen Familienangehörigen befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er zuletzt nicht mehr mit ihnen gesprochen habe und in Österreich lediglich drei oder viermal mit diesen in Kontakt gestanden sei. Zuletzt habe er mit seinem Schwager gesprochen, als dieser gerade in Nangarhar aufhältig gewesen sei. Nachgefragt, wo sich seine Mutter und seine Geschwister aufhalten würden, entgegnete der BF, dass sein Vater bereits vor längerer Zeit verstorben sei und seine restlichen Familienmitglieder nach Afghanistan zurückgeschoben worden seien, weshalb ihn sein Schwager, der auch für den Lebensunterhalt seiner Familienmitglieder sorge, weggeschickt habe. Die Frage, ob er mit seiner Familie in regelmäßigen Kontakt stehe, wurde vom BF verneint und ausgeführt, dass er die Nummer, die er von seinen Angehörigen bekommen habe, nicht mehr funktioniere und diese seine neue Nummer nicht mehr hätten. Befragt, wann und zu wem er zuletzt Kontakt gehabt habe, replizierte der BF, dass er vor sieben oder acht Monaten mit seinem Schwager in Kontakt gewesen sei und dieser ihm mitgeteilt habe, dass es seiner Mutter gut gehe. Da die Handynummer seines Schwagers jedoch nicht mehr erreichbar sei, könne er keinen Kontakt mehr zu seinen Familienmitgliedern herstellen. Zur Frage, ob er in Afghanistan weitere Angehörige habe, entgegnete der BF, dass er den Namen eines Onkels, der in Nangarhar befinde, nicht kenne und keinen Kontakt zu diesem habe. Die Frage, ob er im Herkunftsstaat noch freundschaftliche Kontakte habe, wurde vom BF verneint. Auf Nachfrage, ob er eine Schule besucht habe, erwiderte der BF, dass er lediglich ungefähr drei Jahre Koranunterricht erhalten habe und er den Koran auswendig lernen habe müssen. Anschließend habe er in Pakistan drei Jahre auf einer Baustelle gearbeitet. Die Frage, ob seine Familie im Herkunftsstaat Besitztümer habe, wurde vom BF verneint.

Auf Vorhalt, dass er in Österreich bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sei und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monate und drei Jahren verurteilt worden sei und auf Aufforderung, diese Straftat zu erklären, gab der BF an, dass er diese Drogen selbst konsumiere. Zum weiteren Vorhalt, dass er volljährig sei, über Lebenserfahrung sowie Arbeitserfahrungen verfüge, weshalb die Umstände, aufgrund derer ihm im Jahr 2017 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, nicht mehr vorliegen würden, erwiderte der BF, dass er sich nach Nangarhar begeben würde, aber sein Leben bei einer Rückkehr zerstört wäre.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF mehrere Abrechnungsbelege vom Februar 2019-April 2019 in Vorlage gebracht.

10. Am 14.02.2020 stellte der BF einen weiteren Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

11. Mit Bescheid vom 08.06.2020 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen gem. § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), sein Antrag auf Verlängerung vom 14.02.2020 wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.);die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VII.). Gegen den BF wurde überdies ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass dem BF mit Bescheid des BFA vom 27.02.2017 der Status des subsidiären Schutzes lediglich zuerkannt worden sei, weil das BFA damals davon ausgegangen sei, dass die Sicherheitslage in Afghanistan bzw. Nangarhar schlecht wäre und es zum damaligen Entscheidungszeitpunkt noch notwendig gewesen sei, dass man familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte besitze, um zurückkehren zu können. Zudem sei das BFA davon ausgegangen, dass der BF außerhalb Afghanistan aufgewachsen sei. Seine Minderjährigkeit sei in die Entscheidung des BFA eingeflossen. Wenn man nunmehr den Ausführungen im Bescheid folge, dass es damals noch notwendig gewesen sein soll, dass familiäre Anknüpfungspunkte für eine Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative notwendig gewesen wären, habe sich die subjektive Lage des BF dahingehend verändert, dass er uneingeschränkt arbeitsfähig sei, eine weitere Sprache gelernt habe, nunmehr volljährig sei und lesen und schreiben könne. Zudem könnte den BF seine Familie in Afghanistan/Nangarhar im Falle einer Rückkehr vor allem im organisatorischen bzw. finanziellen Bereich unterstützen. Der BF habe es durch seinen Einsatz und Lernwillen auch geschafft, eine fremde Sprache zu erlernen und sei auch in einem fremden Land in der Lage gewesen, eine Beschäftigung zu finden, zudem habe der BF in Österreich an Lebenserfahrung dazugewonnen. Er könnte nun im Falle einer Rückkehr auf seine Bildung, den Rückhalt der Familie und seine Berufserfahrungen zurückgreifen. Es hätten sich damit die persönlichen Umstände des BF derart geändert, dass nun eine Rückkehr in sein Heimatland problemlos möglich sei, zumal er nun auch ein volljähriger und leistungsfähiger Mann sei.

12. Am 06.07.2020 erhob der BF durch seinen im Spruch genannten Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Ausgeführt wurde, dass sich an den persönlichen Verhältnissen des BF in den letzten Jahren nichts Wesentliches geändert habe. Da der BF am XXXX geboren worden sei und der Verlängerungsbescheid mit 20.02.2018 datiert sei, sei der BF im Zeitpunkt der Verlängerung bereits volljährig gewesen. Somit könne die Volljährigkeit keine Grundlage für die Aberkennung bilden, da sonst die Verlängerung nicht hätte erteilt werden dürfen. Sollte sich die Behörde bei Aberkennung des Schutzstatus darauf stützen, dass sich die objektiven Umstände im Herkunftsland seit der Zuerkennung geändert hätten, könne auch dem nicht gefolgt werden. Wie die Länderberichte zeigen würden, sei es weder in der Heimatprovinz des BF noch in den von der belangten Behörde angeführten innerstaatlichen Fluchtalternative zu einer wesentlichen und nicht bloß vorübergehenden Verbesserung der Umstände gekommen. Die belangte Behörde lasse die in der Status Richtlinie genannten Kriterien der Nachhaltigkeit und Wesentlichkeit gänzlich unberücksichtigt, da sie keine wesentliche und nicht nur vorübergehende Änderung der Umstände festgestellt habe und damit den Bescheid mit Mangelhaftigkeit belastet habe. Bezüglich der prekären Lage in Afghanistan wurde auf mehrere Berichte verwiesen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-        Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle und in die vom BF vorgelegten Unterlagen;

-        Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat;

-        Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

1.1. Zur Person des BF und zu den Beschwerdepunkten.

Die Identität des BF ist nicht geklärt. Die im Spruch genannten Angaben werden als seine Verfahrensidentität angenommen. Der BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Paschtu.

Der BF ist in Pakistan geboren und aufgewachsen. Er besuchte in Pakistan ungefähr zwei Jahre lang die Koranschule und arbeitete anschließend ca. zwei Jahre als Hilfsarbeiter auf einer Baustelle. Der Vater des BF ist bereits verstorben, der Aufenthaltsort der Mutter und der Geschwister ist unbekannt. Der BF steht mit seiner Familie nicht in Kontakt.

Der BF leidet gegenwärtig nicht unter einer schweren bzw. lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung und steht nicht in durchgegehender stationärer Behandlung.

Der BF befindet sich seit seiner Einreise am 26.11.2015 durchgehend im Bundesgebiet.

Dem BF wurde mit Bescheid vom 27.02.2017 subsidiärer Schutz zuerkannt. Dies insbesondere, da ihm mangels tragfähigen familiären Netzes und der allgemeinen Sicherheitslage in seiner Herkunftsprovinz Nangarhar eine Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich war und einer Rückführung in den Herkunftsstaat Art. 3 EMRK entgegenstand.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.02.2018 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG erstmalig bis zum 27.02.2020 verlängert.

Mit Bescheid vom 08.06.2020 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen gem. § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), sein Antrag auf Verlängerung vom 14.02.2020 wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.);die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VII.). Gegen den BF wurde überdies ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19.06.2019 wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 09.01.2020 wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Die belangte Behörde hat begründet nicht dargelegt, dass sich die subjektiven, als auch objektiven Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes, bzw. auch insbesondere auch zur Verlängerung des Aufenthaltsrechtes bis zum 27.02.2020 in casu geführt haben, dies auch unter besonderer Berücksichtigung der gegenständlich aufgrund der weltweiten Corona 19 Pandemie besonderen wirtschaftlichen und sozialen Lage in Afghanistan, wesentlich und nachhaltig zum Postiven verändert haben. Insbesondere lag der Umstand der Volljährigkeit des BF und der Erhalt der Ausbildungen bereits zum Zeitpunkt der Verlängerung des Aufenthaltsrechtes vor.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG konnte im gegenständlichen Verfahren die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des BF, zu seiner Einreise in das Bundesgebiet und seinen privaten und familiären Verhältnissen in Österreich und Afghanistan, ergeben sich aus seinen Aussagen im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, bzw. aus den Ausführungen in der Beschwerdeschrift.

Dass der BF zwei Mal wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zur gerichtlich verurteilt wurde, ergibt sich aus einem eingeholten Auszug aus dem Strafregister vom 08.05.2020 sowie einem Protokollsvermerk und einer gekürzten Urteilsausfertigung eines Landesgerichts vom 09.01.2020 und einem Protokollsvermerk und einer gekürzten Urteilsausfertigung eines Landesgerichtes vom 19.06.2019.

Die Feststellungen zur Asylantragstellung in Österreich, zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.02.2017 bzw. zur Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit 20.02.2018 bis zum 27.02.2020, bzw. der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten am 08.06.2020 ergeben sich aus dem Verwaltungsakt des BF.

Betreffend die Feststellung, dass sich sowohl die persönliche Lage des BF im Vergleich mit dem Zeitpunkt insbesondere der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung mit 20.02.2018 bis zum 27.02.2020 als auch die allgemeine Lage nicht wesentlich verändert haben ist insbesondere auszuführen:

Dem BF wurde mit Bescheid vom 27.02.2017 subsidiärer Schutz zuerkannt. Dies insbesondere, da ihm mangels familiären Netzes und seiner besonderen Schutzbedürftigkeit aufgrund der schlechten Sicherheitslange in seiner Heimatprovinz Nangarhar eine Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich war und einer Rückführung in den Herkunftsstaat Art. 3 EMRK entgegenstand.

Dem Bescheid des BFA vom 20.02.2018, womit dem BF eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.02.2020 erteilt wurde, ist als Begründung für die Verlängerung ausschließlich zu entnehmen, „dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung weiterhin vorliegen würden und somit spruchgemäß zu entscheiden war“. (AS. 281). Weitere Ausführungen warum dem zum Zeitpunkt der Zuerkennung bereits volljährigen BF eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung weiter zu erteilen ist, sind diesen Bescheid nicht zu entnehmen. Dieser Bescheid erwuchs in Folge in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 08.06.2020 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen gem. § 9 Abs. 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), sein Antrag auf Verlängerung vom 14.02.2020 wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.);die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VII.). Gegen den BF wurde überdies ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Als Begründung für die Aberkennung des subsidiären Schutzes wurde insbesondere ausgeführt, dass sich die subjektive Lage des BF geändert habe. Dies, zumal der BF nunmehr uneingeschränkt arbeitsfähig sei, eine weitere Sprache gelernt habe, volljährig sei und lesen und schreiben könne. Zudem könnte den BF seine Familie in Afghanistan/Nangarhar im Falle einer Rückkehr vor allem im organisatorischen bzw. finanziellen Bereich unterstützen. Der BF habe es durch seinen Einsatz und Lernwillen auch geschafft, eine fremde Sprache zu erlernen und sei auch in einem fremden Land in der Lage gewesen, eine Beschäftigung zu finden, zudem habe der BF in Österreich an Lebenserfahrung dazugewonnen. Er könnte nun im Falle einer Rückkehr auf seine Bildung, den Rückhalt der Familie und seine Berufserfahrungen zurückgreifen. Es hätten sich damit die persönlichen Umstände des BF derart geändert, dass nun eine Rückkehr in sein Heimatland problemlos möglich sei, zumal er nun auch ein volljähriger und leistungsfähiger Mann sei.

Wesentlich ist, dass eine Abänderung, bzw. eine Durchbrechung der Rechtskraft eines bereits mit rechtskräftigem Bescheid zuerkannten Rechtes, nur unter besondere Voraussetzungen zulässig ist und einer besonderen Begründung bedarf.

Fallgegenständlich wurde jedoch nicht hinreichend begründet durch die belangte Behörde dargelegt, welche persönlichen oder auch objektiven Voraussetzungen des BF sich derart wesentlich verändert haben, sodass der BF nunmehr keines Schutzes bedarf, bzw. worin die wesentlichen Veränderungen, insbesondere auch im Vergleich zum Zeitpunkt der Verlängerung des Aufenthaltsrechtes, liegen.

Diesbezüglich ist insbesondere festzuhalten, dass sich die Begründung für die Aberkennung in casu im Wesentlichen darauf stützt, dass dem BF der subsidiäre Schutz aufgrund seines fehlenden familiären Netzes in Verbindung mit seiner Minderjährigkeit zuerkannt worden ist, es sich nunmehr jedoch bei dem BF mittlerweile um eine volljährige Person handelt und dieser Ausbildungen in Österreich erfahren hätte, wonach ihm nunmehr eine Rückkehr nach Afghanistan, insbesondere Masar – e Sharif und Herat, sowie die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit dort zumutbar ist. Worin die Veränderung der Situation des BF insbesondere auch zum Zeitpunkt der Verlängerung des Aufenthaltsrechtes bestehen soll, bzw. worin die wesentlich veränderte allgemeine Situation in Afghanistan zu erkennen ist, obwohl betreffend des bereits auch volljährigen BF der auch zu diesem Zeitpunkt bereits Ausbildungen erhalten hatte und dem BF auch zu diesem Zeitpunkt dem BF allfällig eine IFA mit Herat oder Masar – e Sharif offen gestanden wäre, ist sämtlichen Ausführungen des angefochtenen Bescheides nachvollziehbar nicht zu entnehmen. Zudem gab der BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 26.07.2019 zu Protokoll, dass er mit seinen Familienmitgliedern keinen Kontakt mehr habe.

Bezogen auf die wiederholten Straffälligkeiten des BF ist auch durch das BVwG festzuhalten, dass der BF hierdurch nachvollziehbar ein Verhalten gesetzt hat, welches bei einer Abwägung der persönlichen Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet mit dem öffentlichen Interesse an einem geregelten Vollzug des Asyl- und Fremdenrechtes entsprechend zu beurteilen sein wird.

Dieserart Verhalten stellt jedoch in casu keine wesentliche Änderung der persönlichen bzw. subjektiven Gründe dar die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, bzw. insbesondere auch zu der Verlängerung des Aufenthaltsrechtes bis zum 27.02.2020 geführt haben. Trotz der wiederholten Straftaten des BF liegt zurzeit kein Hinweis vor, wonach dem BF aufgrund § 9 Abs. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen ist.

Wird in casu hierzu ausgeführt, dass, weil es sich nunmehr bei dem BF um einen selbsterhaltungsfähigen jungen Mann mit Berufserfahrung handelt, dem erstmals insbesondere aufgrund der Minderjährigkeit in Verbindung mit der schlechten Lage in Nangarhar subsidiärer Schutz gewährt worden ist, nunmehr der subsidiäre Schutz abzuerkennen ist, so greift diese Argumentation insbesondere fallgegenständlich deshalb zu kurz, als dem BF – ohne weitere Darlegungen durch das BFA – im Verlängerungsbescheid dem bereits zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen BF trotz weiterhin schlechter Lage in Nangarhar ein weiteres Aufenthaltsrecht bis zum 27.02.2020 zuerkannt worden ist. Dies insbesondere, da die Verlängerung mit der allgemein gehaltenen Begründung, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung weiterhin vorliegen würden, erfolgt ist. Ebenso ist festzuhalten, dass konkret begründet insgesamt nicht dargelegt worden ist, dass sich seit dem Zeitpunkt der Verlängerung eine wesentliche Veränderung der Lage in Afghanistan, bzw. der Situation einer IFA für den BF eingetreten wäre. Überdies ist anzumerken, dass aus einem aktuellen Sozialversicherungsauszug hervorgeht, dass der BF immer nur für einzelne Tage als Arbeiter beschäftigt war und keiner längeren Beschäftigung nachging.

Im Fall einer Aberkennung des subsidiären Schutzes nach dem Zeitraum eines bereits zuvor ex lege ausschließlich befristet zuerkannten Aufenthaltsrechtes, einem Antrag auf Verlängerung folgend, ist wesentlich zu prüfen, ob die Voraussetzung für die Gewährung eines subsidiären Schutzes zum Zeitpunkt der Verlängerung noch immer vorliegen, bzw. ob der BF zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch eines subsidiären Schutzes bedarf. Auch in diesen Fall wird nur bei diesbezüglich wesentlichen, grundlegenden, sowie nachhaltig sich zum positiven veränderten persönlichen wie auch objektiven Voraussetzungen eine abschlägige Entscheidung in Frage kommen. Wenn keine Gründe mehr für die Notwendigkeit der Gewährung eines asylrechtlichen Schutzes zu diesem Zeitpunkt mehr bestehen, ist in diesem Fall der subsidiäre Schutz abzuerkennen und folglich auch kein hieraus sich ableitendes Aufenthaltsrecht mehr zuzusprechen sein, da zu diesem Zeitpunkt auch keine Notwendigkeit eines Schutzes und eines sich hieraus ableitenden Aufenthaltsrechtes mehr besteht. Eine entschiedene Sache liegt bei einer wesentlichen Änderung der Voraussetzungen nicht mehr vor, bzw. handelt es sich, so sich die Voraussetzungen wesentlich und nachhaltig geändert haben, dann nicht mehr um eine Person, die weiterhin eines asylrechtlichen Schutzes bedarf.

Fallgegenständlich ist festzuhalten, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides keine ausreichenden Anhaltspunkte ableiten lassen, bzw. wurde dies nicht ausreichend dargelegt, dass sich die persönlichen Umstände als auch die Lage in Afghanistan, die insbesondere auch zur Verlängerung des Aufenthaltsrechtes bis zum 27.02.2020 geführt haben, sich hinsichtlich der relevanten persönlichen oder allgemeinen Tatsachenumstände nunmehr maßgeblich geändert hätten.

Alleine das Aufzeigen der nunmehr bestehenden Volljährigkeit des BF, bzw. auch der Erhalt der Ausbildungen bzw. kurzfristiger Berufserfahrungen, die zudem auch bereits zum Zeitpunkt der Verlängerung des Aufenthaltsrechtes vorgelegen sind, kann in casu dieserart notwendig durch das BFA darzustellende Veränderung des Vorliegens von wesentlich geänderten Verhältnissen nicht darlegen. Das BFA hat entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderungen seit der letzten Verlängerung des Status des Aufenthaltsrechtes nicht konkret aufzuzeigen vermocht. Auch reicht ein pauschales Anführen, dass sich die persönlichen Umstände des BF massiv gebessert hätten, nicht aus um hieraus konkret erschließen zu können, wodurch der BF nunmehr hierdurch in eine Lage versetzt werde, sodass dieser im Unterschied zum Zeitpunkt der Verlängerung als selbsterhaltungsfähig anzusehen ist, bzw. der BF hierdurch allfällig einen relevanten Zuwachs an Berufserfahrung erlangt hat.

Das Bestehen einer allfällig weiteren Notwendigkeit der Gewährung eines subsidiären Schutzes für den BF wird durch die Behörde, bei einem allfälligen weiteren Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsrechtes folgend, individuell und konkret zu prüfen und dann aufgrund der aktuellen Lage fallgegenständlich zu beurteilen sein.

Im Zuge einer solchen Prüfung wird zu beurteilen sein, ob es zu wesentlichen und nachhaltigen Veränderungen der persönlichen als auch der objektiven Lage gekommen ist und diese Veränderungen werden durch das BFA individualisiert und auf den BF konkret bezogen, sowie konkret vergleichend aufzuzeigen sein.

Die Feststellung, dass verglichen mit dem Zeitpunkt der Zuerkennung, bzw. auch der Verlängerung insbesondere auch gegenwärtig von einer insgesamt unveränderten Lage in Afghanistan auszugehen ist, beruhen auf einen Vergleich der herangezogenen Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides des BFA. Insbesondere ist fallgegenständlich bezogen auf die gegenwärtige wirtschaftliche Lage bzw. die Versorgungssituation in Afghanistan festzuhalten, dass gegenwärtig auch aufgrund der aktuellen weltweiten Corona 19 Pandemie insbesondere für Personen und, die wie der BF über keine beruflichen besonderen Ausbildungen erhalten haben, eine wesentliche oder nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen als auch der sozialen Lage für diese Personengruppe nicht zu erkennen ist. Auch, dass sich die Sicherheitssituation in Afghanistan seit den relevanten Verfahrenszeitpunkten nachhaltig und wesentlich verbessert hätte, wurde durch das BFA konkret und einzelfallbezogen nicht dargelegt. Auch kann das BVwG kann unter Heranziehung der durch das BFA verwendeten Länderspezifischen Quellen gegenwärtig keine verfahrensbezogen relevanten Veränderungen der Lage in Afghanistan fallgegenständlich erkennen. Bei diesen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der gegenwärtigen und insgesamt unveränderten Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Weder der BF noch sein Rechtsberater bzw. bevollmächtigter Vertreter haben die Länderberichte konkret bestritten. Die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 werden als notorisch angesehen und bei der Beurteilung des gegenständlichen Falls beachtet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem BFA die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

II.3.2. Zur Behebung des angefochtenen Bescheides:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - 75 - - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. 3.2. Zu A)

3.2.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes lauten (auszugsweise) wie folgt:

§ 8 (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. (2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. (3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht. […] (4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist. […] –

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn 1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen; 2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder 3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. (2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn 1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt; 2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder 3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht. In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. (3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist. (4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Das Verwaltungsgericht hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§28 VwGVG).

Entscheidungen und Anordnungen erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG). Auf nicht verfahrensleitende die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind. § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden (§ 31 Abs. 3 VwGVG).

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist (§ 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG)). Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen (§ 56 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 BGBl. Nr 609/1977 idgF (AlVG)).

Bei einer Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheides in Form eines Erkenntnisses (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) [§28 VwGVG, Anm 17]).

3.2.2. Vorauszuschicken ist, dass sich das Bundesamt im angefochtenen Bescheid auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 (Z 1) AsylG bezog. Die Frage, ob die Aberkennung des Schutzstatus auf den ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, dem zufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten „nicht vorliegen“, oder auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, dem zufolge die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten „nicht mehr vorliegen“, gestützt wurde, ist anhand der konkretisierenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung des Bundesamtes zu beantworten, wonach die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht vorliegen.

Im ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG stellt das Gesetz darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nie vorgelegen sind. Dieser Tatbestand korrespondiert mit Art. 19 Abs. 3 lit. b Statusrichtlinie (= Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304), nach dem eine Aberkennung oder Nichtverlängerung des Status dann erfolgt, wenn eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war.

Zur Frage, ob sich § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG nur auf den eben genannten „Erschleichungstatbestand“ der Statusrichtlinie oder aber auf jede (vom Fremden nicht zu vertretende) Änderung des Kenntnisstandes der Behörde bezieht, ist auf die Entscheidung des EuGH vom 23.05.2019, C-720/17, zu verweisen. Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Gegenständlich ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass es sich um die Anwendung des ersten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt, obwohl weder Hinweise dafür vorliegen, dass eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen seitens des BF für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes ausschlaggebend war, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Kenntnisstand der Behörde hinsichtlich eines für die Zuerkennung relevanten Tatsachenumstandes (im Sinne der zitierten Entscheidung des EuGH) geändert hätte.

3.2.3. Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG, dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat. Dies entspricht auch Art. 16 Statusrichtlinie, wonach ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter ist, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (Abs. 1). Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (Abs. 2). Dieses Erforderlichkeitskalkül ist auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und bei der Bestimmung ihrer Dauer anzulegen (vgl. VwGH vom 31.03.2010, Zl. 2007/01/1216).

Die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat setzt eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraus, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraumes bedarf (vgl. zu § 7 AsylG 1997 etwa VwGH vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0030, mwH). In Anlehnung an Art. 16 Statusrichtlinie bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Fall seiner Abschiebung in dieses Land Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder an der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein.

Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (vgl. „Schrefler-König/Gruber, Asylrecht“, zu § 9 AsylG 2005, Anm. 11). –

3.2.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid wie bereits oben ausgeführt entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG (vgl. Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, nicht dargetan: Im gegenständlichen Fall ist die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2017 erfolgt.

Rechtlich hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen auf die persönlichen Umstände des BF (kein tragfähiges familiäres Netz), sowie auf die angespannte Lage in Afghanistan gestützt. Aufgrund dieser Erwägungen ist nicht nur eine Rückkehr des BF in seine Herkunftsprovinz Nangarhar, sondern auch das Bestehen einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative in anderen Provinzen Afghanistans ausgeschlossen worden.

Zuletzt wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF mit Bescheid vom 20.02.2018 bis zum 27.02.2020 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt ist der BF bereits volljährig gewesen.

Durch diese Entscheidung des BFA die befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern, hat die Behörde vor dem Hintergrund der dafür nach dem Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgeht, es seien weiterhin jene Umstände gegeben, die für Zuerkennung von subsidiärem Schutz maßgeblich seien (vgl. dazu auch VwGH vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rz 99). Dem Bescheid vom 20.02.2018 ist keine nähere Begründung für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung zu entnehmen.

Angesichts der im Bescheid vom 27.02.2017 dargelegten Gründe für die Zuerkennung des Schutzstatus und der hierauf aufbauenden Verlängerung des Aufenthaltsrechtes für den zu diesem Zeitpunkt bereits volljährigen BF mit 20.02.2018 ist davon auszugehen, dass die unveränderte allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan sowie das (weitere) Fehlen tragfähiger familiärer Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat als entscheidungswesentlich für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung erachtet worden sind, während dem Eintritt der Volljährigkeit keine maßgebliche Bedeutung beigemessen worden ist.

Die demnach entscheidungswesentlichen Umstände haben seit der Zuerkennung des Schutzstatus bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung keine wesentliche Veränderung erfahren, sodass eine insbesondere innerhalb der Dauer eines bereits rechtskräftig zuerkannten Aufenthaltsrechtes bis 27.02.2020 eine Neubewertung bzw. wesentliche Veränderung nicht hinreichend dargelegt werden konnte.

Auch eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der persönlichen Situation des BF, bzw. auch der allgemeinen Situation in Afghanistan wurde begründet nicht dargelegt.

Ferner lässt auch ein Vergleich der Situation von Rückkehrenden im Zeitpunkt der Erlassung der Zuerkennung bzw. der Verlängerung mit der aktuellen Lage die Annahme einer entscheidungswesentlichen anhaltenden Veränderung bzw. Verbesserung nicht zu. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führt im angefochtenen Bescheid aus, dass sich die allgemeine Lage in Afghanistan entscheidungswesentlich verändert hat. Ein - entsprechende Feststellungen zur Entwicklung der Situation im Herkunftsstaat tragender - Vergleich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungs- und Sicherheitslage einerseits im Zeitpunkt der Zuerkennung bzw. Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und andererseits zum Zeitpunkt der Aberkennung des Schutzstatus findet sich im angefochtenen Bescheid jedoch nicht.

Soweit die belangte Behörde die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG damit begründet, dass der BF bei einer Rückkehr keiner realen Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung im Sinne einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan seit Gewährung des subsidiären Schutzes keine grundlegenden Veränderungen – insbesondere bezogen auf die Lage in der Herkunftsprovinz des BF (Nangarhar), sowie in der nach den Ausführungen des Bundesamtes als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommenden Städten Mazar-e Sharif und Herat - zu entnehmen sind.

Wie im Zuge der Beweiswürdigung bereits ausgeführt, geht eine solche wesentliche und nachhaltige Veränderung aus dem vom Bundesamt zur Beurteilung des Sachverhalts herangezogenen Länderinformationsblatt Afghanistan keineswegs hervor. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Sicherheitslage in der Stadt Kabul ebenso wenig eine nachhaltige Verbesserung erfahren hat. Aus den aktuellen dem Sachverhalt zugrunde gelegten Länderberichten geht ebenso die Bedeutung sozialer Netzwerke hervor, wenn ausgeführt wird, dass neben Binnenvertriebenen und Flüchtlingen auch Rückkehrende wegen des Mangels an landwirtschaftlichem Besitz und Vermögen in Afghanistan besonders gefährdet sind.

Trotz der Möglichkeit, Unterstützungsleistungen von internationalen Organisationen oder unter Umständen auch vom afghanischen Staat zu beziehen, scheint demnach das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrenden zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrende existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden (vgl. Punkte II.1.2.3. und II.1.2.4. im vorliegenden Erkenntnis). Der BF gibt im Verfahren jedoch gleichlautend an, dass er mit seinen Familienangehörigen nicht mehr in Kontakt steht.

Zusammengefasst hat sich – entgegen den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid - sohin weder die spezielle Situation von nach Afghanistan Rückkehrenden nicht entscheidungswesentlich geändert. Der pauschale Verweis des Bundesamtes, wonach der BF auf die Unterstützung einer Vielzahl von internationalen Einrichtungen zurückgreifen und überdies finanzielle Rückkehrunterstützungen, beispielsweise von UNHCR oder IOM, in Anspruch nehmen könnte, ist nicht geeignet, Gegenteiliges aufzuzeigen. So können Rückkehrunterstützungen nur vorübergehend in Anspruch genommen werden, weshalb damit lediglich allfällige Anfangsschwierigkeiten ausgeglichen werden können. Aufgrund des bloß vorübergehenden Charakters vermögen sie sohin keine dauerhafte Veränderung der individuellen Umstände des BF zu bewirken.

3.2.5. Das Bundesamt hat es sohin verabsäumt konkret darzulegen, inwiefern sich die Lage für den BF seit der Zuerkennung, bzw. auch insbesondere seit der letzten Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.02.2020 entscheidungswesentlich verändert hat. Vielmehr erfolgte eine neuerliche Beurteilung desselben Sachverhalts.

Festzuhalten ist ferner, dass (lediglich) eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts dem Wegfall oder (zumindest) der maßgeblichen Änderung jener Umstände, die zur rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt haben, nicht gleichzuhalten ist. Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

3.2.6. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 AsylG stattzugeben und der angefochtene Bescheid in diesem Umfang ersatzlos zu beheben war.

Da sohin die Spruchpunkte über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ersatzlos zu beheben waren (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides) waren auch die darauf aufbauenden Spruchpunkte - die Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt IV.), die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG (Spruchpunkt V.) die Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG (Spruchpunkt VI.) sowie die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Spruchpunkt VII.) sowie das Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.) ersatzlos aufzuheben.

3.3. Zu Spruchpunkt III (Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung):

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an BF weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen BF der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für die Dauer von zwei weiteren Jahren zu verlängern war.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

3.3.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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