Entscheidungsdatum
14.05.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W104 2236889-1/13Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Baumgartner als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Katharina David als Beisitzerin und Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20.8.2020, GZ MA 22 – 4529/2019, MA 22 – 4680/2019, mit dem der ASFINAG die naturschutzbehördliche Bewilligung für Errichtung und Betrieb des 2. Verwirklichungsabschnitts der S1 Wiener Außenring Schnellstraße Abschnitt Schwechat – Süßenbrunn, von Schwechat bis Groß Enzersdorf, auf dem Gebiet des Landes Wien erteilt wurde, und der Antrag auf nationalparkbehördliche Bewilligung mangels Bewilligungspflicht zurückgewiesen wurde, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Die ASFINAG (Projektwerberin) plant das Vorhaben „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Schwechat – Süßenbrunn“ in den Bundesländern Wien und Niederösterreich.
Vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wurde zu diesem Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und ein teilkonzentriertes Genehmi-gungsverfahren gemäß dem 3. Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) durchgeführt und mit Bescheid vom 26.3.2015, GZ BMVIT-312.401/0020-IV/ST-ALG/2015, die Genehmigung nach dem UVP-G 2000 und dem Forstgesetz 1975 erteilt, der Straßenverlauf gemäß Bundesstraßengesetz 1971 bestimmt, der Tunnel-Vorentwurf nach dem Straßentunnel-Sicherheitsgesetz genehmigt sowie eine Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz erteilt (Errichtung und Betrieb eines Luftfahrthindernisses in der Sicherheitszone des Flughafen Wien-Schwechat).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.5.2018, GZ W104 2108274-1/243E, wurde dieser Bescheid aufgrund der erhobenen 10 Beschwerden in Bezug auf im Beschwerdeverfahren neu vorgelegte Projektbestandteile abgeändert und wurden Nebenbestimmungen neu vorgeschrieben bzw. neu gefasst. Im Übrigen wurden die Beschwerden abgewiesen.
2. Mit Schreiben vom 19.12.2018 stellte die Projektwerberin einen Antrag auf Erteilung von naturschutz- und nationalparkbehördlichen Bewilligungen des im Spruch genannten Vorhabens. Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die Wiener Landesregierung die naturschutzbehördliche Genehmigung und wies den Antrag auf nationalparkbehördliche Bewilligung mangels Bewilligungspflicht zurück.
3. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde mit der Begründung, er und seine Kinder würden das betroffene Gebiet regelmäßig als Naherholungsgebiet nutzen. Lt. Projektunterlagen würde das Projekt zu verstärkten Effekten der Grundwasserabsenkungen führen. Die Erholungswirkung des Nationalparks würde beeinträchtigt, wovon er und seine Kinder direkt betroffen wären.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der Beschwerdeführer ist durch das Vorhaben nur indirekt betroffen, es dient ihm und seinen Kindern als Erholungsraum. Ein unmittelbarer Einfluss auf Gesundheit oder Eigentum des Beschwerdeführers oder seiner Kinder oder eine unzumutbare Belästigung von ihm oder seinen Kindern wurde nicht geltend gemacht. Dies ergibt sich aus der Beschwerde.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit:
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
2.2. In der Sache anwendbare Rechtsvorschriften:
§ 24f UVP-G 2000 lautet auszugsweise:
„Entscheidung
§ 24f. (1) Genehmigungen (Abs. 6) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.“
Gemäß § 24f Abs. 8 UVP-G 2000 haben in den Genehmigungsverfahren nach Abs. 6 die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und die vom jeweiligen Verfahrensgegenstand betroffenen Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 Parteistellung.
§ 19 UVP-G 2000 lautet auszugsweise:
„Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis
§ 19. (1) Parteistellung haben
1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;
[…].“
Weder das Wiener Naturschutzgesetz LGBl. Nr. 45/1998 idgF, noch das Wiener Nationalparkgesetz, LGBl. Nr. 37/1996 idgF, sehen eine Parteistellung von Nachbarn/Nachbarinnen vor.
2.3. Zurückweisung der Beschwerde:
Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen, oder denen diese Befugnis aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen zukommt (vgl. hiezu VwGH 28.3.2018, Ra 2015/07/0055; Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 3/2016, 369).
Gemäß § 24f Abs. 8 i.V.m. § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 gelten Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind, nicht als Nachbarn.
Der Beschwerdeführer hat mit dem Vorbringen der Gefährdung von Naturschutzgebieten in seiner Beschwerde damit keine persönliche Betroffenheit geltend gemacht, sondern ausschließlich öffentliche Interessen des Umweltschutzes.
§ 19 UVP-G 2000 normiert die materiellen Voraussetzungen der Stellung als Nachbar, darüber hinaus stellt Maßstab für die subjektiven Rechte von Nachbarn § 24 Abs. 1 leg. cit. dar. Zu den subjektiven Rechten von Nachbarn nach dem UVP-G 2000 gehören nicht die öffentlichen Interessen des Naturschutzes (VwGH 22.11.2011, 2008/04/0212 unter Hinweis auf Ennöckl/Raschauer, Kommentar zum UVP-G2 [2006], § 19, Rz 10; Umweltsenat - US 8.3.2007, US 9B/2005/8-431 Stmk-Bgld 380kV-Leitung II [Teil Stmk]). Mit seinem Vorbringen geht der Beschwerdeführer daher über jenen Bereich hinaus, in dem ihm ein Mitspracherecht eingeräumt ist (VwGH 22.12.2010, 2010/06/0262). Das Verwaltungsgericht kann aber nicht auf Grund einer Beschwerde einer auf subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen; insofern ist die Angelegenheit aus dem Prüfumfang des Verwaltungsgerichts ausgenommen (VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077).
Es ist dem erkennenden Gericht daher verwehrt, diese Beschwerde in Verhandlung zu nehmen.
2.4. Revision:
Die Revision zu diesem Spruchteil ist unzulässig, da zur Parteistellung im UVP-Verfahren und zur Beschwerdelegitimation, wie angeführt, dauernde bzw. gesicherte Rechtsprechung vorliegt. Diese Rechtsprechung ist, wie hier vorliegend, auch auf nachfolgende Genehmigungsverfahren anzuwenden, da auch dort die entsprechenden Bestimmungen des UVP-G 2000 anzuwenden sind. Es ist auch sonst keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung zu erkennen.
Schlagworte
Belästigung Betroffenheit Bewilligungsantrag Kognitionsbefugnis Nachbarrechte öffentliches Interesse Parteistellung Prüfumfang subjektive Rechte Umweltauswirkung Unzumutbarkeit Zumutbarkeit ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W104.2236889.1.00Im RIS seit
13.09.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021