TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/11 96/08/0264

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Veröffentlicht am 11.02.1997
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §67 Abs10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. August 1996, Zl. 5 - s 26h 12/15-96, betreffend Haftung für Beitragsschuldigkeiten gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - in Abweisung eines Einspruches des Beschwerdeführers und Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides - ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der G Ges.m.b.H. der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse S 154.869,74 zuzüglich 10,5 % Verzugszinsen ab 4. Dezember 1995 aus dem Betrag von S 149.515,21 gemäß § 67 Abs. 10 ASVG schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung des Bescheides zu bezahlen. Nach der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides schulde die Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin auf Grund zur Sozialversicherung angemeldeter Dienstnehmer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für den Zeitraum November 1993 bis März 1994, eine Nachverrechnung für Februar 1994 und einen Beitragsprüfungsnachtrag (überprüfter Zeitraum März bis Juli 1994) in der Höhe von insgesamt S 232.607,99, Verzugszinsen berechnet bis 25. April 1994.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 26. April 1994 sei das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden. Eine Anfrage an den Masseverwalter habe ergeben, daß die allgemeine Gläubigerschaft aller Wahrscheinlichkeit nach mit keiner Befriedigungsquote rechnen könne, weshalb die aushaftende Forderung bei der Gesellschaft als Primärschuldnerin als uneinbringlich anzusehen sei. Was den haftungsrelevanten Zeitraum betreffe, so umfasse dieser November 1993 bis März 1994, die Nachverrechnung Februar 1994 und einen Teil des Beitragsprüfungsnachtrages. Die im haftungsrelevanten Zeitraum entstandene Gesamtforderung belaufe sich auf S 154.869,74, was zugleich die Haftungssumme darstelle.

In seiner Äußerung zur Frage der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG habe der Beschwerdeführer den Vorwurf, die ihm als Geschäftsführer obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt zu haben, im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, daß aufgrund einer Patronatsvereinbarung bestimmte Verpflichtungen der Gesellschaft von einem Dritten übernommen worden seien und daß aufgrund der Tatsache, daß anfänglich keinerlei Probleme aufgetreten seien, der Beschwerdeführer davon hätte ausgehen können, daß sämtliche Verbindlichkeiten auch weiterhin im Rahmen dieser Vereinbarung befriedigt werden würden. Daher treffe ihn auch kein Verschulden an der nunmehrigen Situation.

Die Rechtslage sei dem Beschwerdeführer (von der Gebietskrankenkasse) mehrfach mitgeteilt und ihm ausreichend Gelegenheit gegeben worden, "Exkulpierungsnachweise" vorzulegen, insbesondere eine nachvollziehbare Aufstellung zur Verfügung zu stellen, aus der alle im haftungsbezogenen Zeitraum November 1993 bis März 1994 getätigten Zahlungen bzw. die zu diesem Zeitraum zuzuordnenden fälligen Forderungen aller Gläubiger hervorgehen müßten. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Die belangte Behörde führt dazu ergänzend aus, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers, in der wider ihn erhobenen Anklage der fahrlässigen Krida sei ihm kein Verschulden an der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit zur Last gelegt worden, keinen "Rückschluß auf einen Schuldausschließungsgrund auf andere (zivilrechtliche) Verfahren" zulasse. Der Geschäftsführer habe vielmehr zu beweisen, daß er die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet und daher die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als andere Verbindlichkeiten. Eine derartige Konkretisierung habe der Beschwerdeführer nicht vorgenommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Darin erstattet der Beschwerdeführer ein Sachvorbringen, welches im wesentlichen mit den Feststellungen der belangten Behörde übereinstimmt. Aufgrund einer "Patronatsvereinbarung" mit einem Gesellschafter bzw. mit einer in dessen Eigentum stehenden Gesellschaft habe er mit der Begleichung aller Forderungen rechnen können. Die Einstellung der Zahlungen aufgrund dieser Patronatsvereinbarung sei aufgrund einer Insolvenzeröffnung bei der anderen Gesellschaft erfolgt. Danach habe sich die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer gewesen sei, außerstande gesehen, die zu diesem Zeitpunkt (nämlich im Zeitpunkt der Einstellung der Leistungen aus der "Patronatsvereinbarung") offenen Forderungen zu erfüllen. Auch hiebei sei keinerlei Begünstigung einzelner Gläubiger vorgenommen worden, was sich durch das Ergebnis des Konkursverfahrens habe objektivieren lassen. Es treffe ihn daher am Zahlungsrückstand kein Verschulden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung, für deren Beurteilung die von Lehre und Rechtsprechung zu §§ 9 und 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden können (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 14. April 1988, Zl. 88/08/0025), kann z.B. darin liegen, daß der Geschäftsführer die Beitragsschulden insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt läßt (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0198, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, uva.).

Für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG genügt leichte Fahrlässigkeit bei der Verletzung der den Geschäftsführer treffenden Verpflichtungen (vgl. u.a. aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0251). Es trifft - ungeachtet der grundsätzlich amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus die besondere Verpflichtung, darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0217, vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, uva.).

Auf der Grundlage des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes (den der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht in Zweifel zieht) ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, Zweifel an zumindest leichter Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers an der nicht rechtzeitigen (zumindest anteiligen) Entrichtung der strittigen Sozialversicherungsbeiträge zu erwecken:

So hat die belangte Behörde festgestellt, daß der Beschwerdeführer im Verfahren - trotz wiederholter Aufforderungen und Hinweisen auf die ihm drohenden Rechtsfolgen - für den Haftungszeitraum von November 1993 bis März 1994 keine Aufstellung über die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel, über die Höhe der offenen Forderungen und über die in diesem Zeitraum geleisteten Zahlungen vorgelegt hat. Er hat sich lediglich - wie auch in der Beschwerde - auf die "Ergebnisse des Konkursverfahrens" berufen. Diese sind aber schlechthin nicht geeignet, darüber Aufschluß zu geben, worauf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ankommt, nämlich, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft WÄHREND DES HAFTUNGSZEITRAUMES die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel so verteilt hat, daß die Forderungen der Gebietskrankenkasse zumindest anteilig (gemessen an der Gesamthöhe der offenen Forderungen und der Höhe der vorhandenen Mittel) befriedigt wurden.

Es kommt also - entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, ob und wie lange er auf die Finanzierung des Geschäftsbetriebes durch den Gesellschafter aufgrund der von ihm wiederholt genannten "Patronatsvereinbarung" vertrauen durfte, sondern lediglich darauf, ob er die tatsächlich vorhandenen Geldmittel zumindest anteilsmäßig auch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse hat zugute kommen lassen. Dazu bringt der Beschwerdeführer aber auch in seiner Beschwerde nichts Konkretes vor.

Da somit bereits aus der vorliegenden Beschwerde ersichtlich ist, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Durch die Erledigung in der Sache ist auch ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996080264.X00

Im RIS seit

17.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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