Entscheidungsdatum
28.05.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I403 2242436-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Slowenien, vertreten durch RA Dr. Werner POMS, Minoritenplatz 1, 9400 Wolfsberg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.06.1993, Zl. XXXX wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt. Ab 01.02.1994 wurde die Strafvollstreckung – nach seiner Überstellung in seinen Herkunftsstaat – von Slowenien übernommen.
Mit Bescheid der BPD XXXX vom 15.07.1993 wurde gegen den Beschwerdeführer rechtskräftig ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Seit 31.03.2014 ist der Beschwerdeführer wiederum durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet.
Das gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der BPD XXXX vom 15.07.1993 erlassene Aufenthaltsverbot wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 31.10.2014 gemäß § 69 Abs. 2 FPG von Amts wegen aufgehoben, wobei ausgeführt wurde, dass durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht weiter gefährdet wäre.
Am 23.06.2015 wurde dem Beschwerdeführer seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX eine Anmeldebescheinigung für den Aufenthaltszweck "Arbeitnehmer" ausgestellt.
Am 18.11.2017 heiratete der Beschwerdeführer in Österreich eine chinesische Staatsangehörige.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29.03.2018, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.
Am 16.03.2020 veröffentlichte der "Kreditschutzverband von 1870" eine Mitteilung, bezüglich eine den Beschwerdeführer betreffende Konkurseröffnung vom 11.03.2020.
Mit Schreiben vom 01.04.2020 wurde der Beschwerdeführer seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX davon in Kenntnis gesetzt, dass ihm kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach § 51 NAG mehr zukomme und zugleich das BFA gemäß § 55 Abs. 3 NAG mit einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst.
Im Mai 2020 leitete die Landespolizeidirektion XXXX aufgrund eines Erhebungsersuchens des BFA ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau bezüglich des Verdachts einer Aufenthaltsehe ein.
Mit Schreiben vom 10.06.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung der belangten Behörde zur Kenntnis, dass beim Bezirksgericht XXXX ein Schuldenregulierungsverfahren angestrengt worden sei und er monatlich mindestens 1.500 Euro ins Verfahren einbringe, was auch von seinem Arbeitgeber bestätigt werde. Die Ansicht der Bezirkshauptmannschaft XXXX , wonach ihm mangels ausreichender Existenzmittel kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht mehr zukomme, sei daher verfehlt.
Am 06.12.2020 übermittelte die Landespolizeidirektion XXXX der belangten Behörde das Erhebungsergebnis ihrer Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer und seine Ehefrau bezüglich des Verdachts einer Aufenthaltsehe gemäß § 117 FPG. Dem Bericht angeschlossen war eine Beschuldigtenvernehmung des Beschwerdeführers, in welcher er jeglichen Tatvorwurf von sich wies. Im gegebenen Zusammenhang kam es letztlich zu keiner Anklage.
Am 08.02.2021 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich als Zeuge vor dem BFA bezüglich der Prüfung der Erlassung einer gegen seine Ehefrau gerichteten aufenthaltsbeendenden Maßnahme einvernommen. Hierbei gab er im Wesentlichen an, seit dem Jahr 2014 in Österreich aufhältig zu sein, während seine Ehefrau seit etwa fünf Jahren hier wäre. Ansonsten habe er keine Angehörigen in Österreich. Er sei kinderlos, seine Mutter lebe in Slowenien, sein Vater sei tot. Er sei nach Österreich gekommen, da er hier mehr verdiene als in Slowenien. Seine Ehefrau habe er im Jahr 2016 in einem Laufhaus kennengelernt, wo diese als Prostituierte gearbeitet habe. Er sei zunächst ihr zahlender Kunde gewesen, doch habe sich in weiterer Folge eine Freundschaft und eine Beziehung entwickelt. Es mache ihm nichts aus, dass seine Frau weiterhin der Prostitution nachgehe, die Ehe sei intakt und Scheidung sei kein Thema. Seine Ehefrau sei im vergangenen Jahr von März bis Oktober in China gewesen, sei nun jedoch wieder in Österreich und lebe beim Beschwerdeführer. Er arbeite als Pizzakoch und verdiene etwa 1.500 Euro netto. Für seine Schulden habe er in etwa noch 60 Euro monatlich zu begleichen, ansonsten habe er monatliche Fixkosten von etwa 400 Euro. Bis Dezember 2020 hätte er noch einen PKW angemeldet gehabt, diesen mittlerweile jedoch abgemeldet, da er ihn nicht benötige.
Nach seiner Einvernahme als Zeuge am 08.02.2021 wurde der Beschwerdeführer unmittelbar anschließend als Partei eines gegen ihn selbst eingeleiteten Verfahrens hinsichtlich der Prüfung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Hierbei gab er im Wesentlichen ergänzend an, im Jahr 2017 einen Herzinfarkt erlitten zu haben, nach drei Wochen habe er jedoch bereits wieder arbeiten können und sei er auf keine Medikamente angewiesen. Vor etwa 30 Jahren habe er in Österreich eine Bank überfallen und sei aufgrund dessen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, wobei er hierfür zwei Jahre in Österreich sowie nach seiner Überstellung vier Jahre in Slowenien im Gefängnis zugebracht habe. Nach seiner Haftentlassung habe er in Slowenien als Pizzakoch gearbeitet, ehe er wieder nach Österreich gekommen sei. Hier sei er im Rahmen einer Verkehrskontrolle mit einem gefälschten Führerschein betreten worden. In Slowenien sei ihm nämlich der Führerschein entzogen worden und habe er keine Zeit gehabt, einen neuen zu machen, weshalb er sich eine Fälschung besorgt habe. Er habe zwar seit 2018 – bis Dezember 2020 – einen PKW auf sich angemeldet gehabt, sei während dieses Zeitraums jedoch nie damit gefahren. Auch habe er seit seiner Verurteilung aufgrund seines gefälschten Führerscheins im Jahr 2018 nie Probleme mit den Behörden gehabt oder gegen Gesetze verstoßen. Er wolle mit seiner Frau in Österreich bleiben.
Mit Schreiben vom 10.02.2021 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft XXXX der belangten Behörde auf Ersuchen einen Auszug aus der Verwaltungsstrafkartei des Beschwerdeführers. Aus dieser ging hervor, dass der Beschwerdeführer von 2015 bis 2020 insgesamt neunzehn Mal aufgrund diverser Verkehrsdelikte verwaltungsstrafrechtlich belangt wurde, u.a. drei Mal aufgrund des Lenkens eines Fahrzeugs ohne Lenkberechtigung nach § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG im Zeitraum von 26.05.2018 bis 03.11.2018 und ein weiteres Mal zuletzt im Jahr 2020.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 11.02.2021, Zl. XXXX wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner chinesischen Ehefrau geschieden, wobei begründend ausgeführt wurde, dass die Ehe unheilbar zerrüttet und die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben sei. In einem vor dem Bezirksgerichts XXXX am selben Tag und zur selben Zl. geschlossenen Vergleich wurde wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau verzichtet.
Mit Urteil des Landesgericht XXXX vom 22.02.2021, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft XXXX , welche sich gegen eine gänzlich bedingte Strafnachsicht ausgesprochen hatte, Berufung zum Nachteil des Beschwerdeführers.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.04.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Überdies wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, wenngleich es zu keiner Anklage oder Verurteilung des Beschwerdeführers aufgrund des Eingehens einer Aufenthaltsehe gekommen sei, seien die Indizien, welche den Tatbestand einer Aufenthaltsehe belegen würde, „erdrückend“ und würde dieser Umstand bereits für sich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen. Dessen ungeachtet rechtfertige jedoch auch sein Gesamtverhalten die Annahme, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 04.05.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde ausgeführt, die Staatsanwaltschaft XXXX habe das jüngste, gegen den Beschwerdeführer ergangene Strafurteil lediglich dahingehend bekämpft, dass sie sich gegen eine gänzlich bedingte Strafnachsicht ausgesprochen habe und nicht – wie im angefochtenen Bescheid angeführt – auch eine Verlängerung der Probezeit aus der ersten Verurteilung des Beschwerdeführers beantragt. Daraus ergebe sich, dass die Staatsanwaltschaft von einer günstigen Zukunftsprognose im Hinblick auf den Beschwerdeführer ausgehe. Bezüglich des dieser nicht rechtskräftigen Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhaltes gab der Beschwerdeführer an, dass er zwar tatsächlich einen gefälschten Führerschein in seiner Brieftasche bei sich getragen habe, diesen jedoch nicht „im täglichen Verkehr“ verwendet habe. Vielmehr sei er seitens eines Exekutivbeamten rechtsgrundlos aufgefordert worden, ihm seine Brieftasche auszuhändigen, was der Beschwerdeführer auch getan habe, und sei im Rahmen der Durchsicht der Brieftasche seitens des Polizeibeamten der gefälschte Führerschein des Beschwerdeführers aufgefunden worden. Die belangte Behörde habe überdies zu Unrecht festgestellt, dass der Beschwerdeführer kein maßgebliches Sozialleben in Österreich führe, habe er doch zu seinen Nachbarn, Arbeitgebern und Mitarbeitern ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, wobei im gegebenen Zusammenhang eine Liste von Namen angeführt wurde, jedoch ohne jegliche Details, in welcher Beziehung die genannten Personen zum Beschwerdeführer stehen würden. Weiters wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ausreichend Deutsch spreche, sozial integriert und seit 01.06.2020 durchgehend für denselben Arbeitgeber tätig sei, wobei er nunmehr auch seine finanziellen Angelegenheiten in Ordnung gebracht habe und ohne die „Coronakrise“ niemals ein gerichtliches Schulderegulierungsverfahren eingeleitet worden wäre. Überdies werde darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber des Beschwerdeführers keine Möglichkeit habe, einen adäquaten Ersatz für ihn zu finden, sodass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch den Arbeitgeber des Beschwerdeführers unangemessen hart treffen würde. Bezüglich der Ehe des Beschwerdeführers werde darauf hingewiesen, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe, wobei die Scheidung von seiner Frau ausgegangen sei, welche ihm gegenüber angegeben habe, wieder nach China zurückkehren zu wollen. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; in eventu aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen; dem Beschwerdeführer einen Durchsetzungsaufschub gewähren; der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; eine mündliche Verhandlung anberaumen. Der Beschwerde angeschlossen war ein Bestätigungsschreiben des Arbeitgebers des Beschwerdeführers, in welchem dieser ausführte, dass er auf die Arbeitskraft des Beschwerdeführers angewiesen sei und es aktuell unmöglich sei, einen anderen Pizzakoch zu finden.
Am 06.05.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgrund eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde an seinem Arbeitsplatz festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum verbracht. Im Zuge dieser Festnahme wurde ihm überdies aufgrund ausstehender Leasingraten der Fahrzeug-Schlüssel seines Leasing-PKW Mercedes Benz abgenommen und dieser seitens der einschreitende Polizeibeamten dem Leasinggeber übergeben.
Am 07.05.2021 stellte der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in einem Polizeianhaltezentrum einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe und reiste noch am selben Tag freiwillig nach Slowenien aus.
Mit Schreiben der belangten Behörde an die Staatsanwaltschaft XXXX vom 07.05.2021 wurde der Staatsanwaltschaft der angefochtene Bescheid sowie die Beschwerde übermittelt und diese um eine Stellungnahme ersucht, ob sich die in der Beschwerde vertretene Annahme als zutreffend erweise, wonach die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den Beschwerdeführer von einer günstigen Zukunftsprognose ausgehe, indem lediglich die nunmehr gänzlich bedingte Strafnachsicht bekämpft und nicht zusätzlich auch eine Verlängerung der Probezeit aus seiner ersten Verurteilung beantragt worden sei.
In einem Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX an die belangte Behörde vom 10.05.2021 wurde mitgeteilt, dass gegen das Urteil des Landesgerichts XXXX vom 22.02.2021, Zl. XXXX am 08.03.2021 Berufung zum Nachteil des Angeklagten erhoben worden sei, welche sich gegen eine gänzlich bedingte Strafnachsicht richte. Auf eine „günstige Zukunftsprognose“ hinsichtlich des Verurteilten sei in diesem Zusammenhang seitens der Staatsanwaltschaft jedoch nicht hingewiesen worden.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 17.05.2021 vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 21.05.2021 ("Stellungnahme, Antrag") brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin führte er aus, es habe am 19.05.2021 im Hinblick auf seine erstinstanzliche Verurteilung durch das Landesgericht XXXX vom 22.02.2021 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden eine Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht XXXX stattgefunden, anlässlich welcher der Berufungssenat erklärt habe, dass das Urteil des Erstgerichts aufgehoben werde, da dieses nicht festgestellt habe, ob der Beschwerdeführer die Fälschung des Führerscheins in Österreich oder in Slowenien beauftragt habe. Überdies habe das Oberlandesgericht erklärt, dass der Beschwerdeführer für den Fall, dass die Fälschung in Slowenien beauftragt worden sei, freizusprechen sein werde. Da dieses den Beschwerdeführer belastende Urteil demnach „nicht mehr vorhanden“ sei, sei der gegenständlich angefochtene Bescheid unverzüglich zu beheben.
Am 27.05.2021 wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts telefonisch Rücksprache mit dem zuständigen Richter des Oberlandesgerichts XXXX , Dr. XXXX , gehalten. Hierbei wurden durch diesen die Angaben des Beschwerdeführers in der schriftlichen Stellungnahme vom 21.05.2021 im Wesentlichen verifiziert. So sei das Urteil des Landesgerichts XXXX vom 22.02.2021, XXXX mit mündlich verkündetem Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX vom 19.05.2021, Zl. XXXX aufgehoben und an das Landesgericht XXXX zurückverwiesen worden, da aufgrund des seitens des Landesgerichts durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden könne, ob der zugrundeliegende Sachverhalt in die Zuständigkeit der österreichischen oder der slowenischen Gerichtsbarkeit falle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Slowenien und somit EWR-Bürger. Er ist geschieden und kinderlos. Seine Identität steht fest.
Er erlitt im Jahr 2017 einen Herzinfarkt, ist jedoch auf keine Medikamente und keine dauerhafte medizinische Behandlung angewiesen. Ansonsten ist er gesund und erwerbsfähig.
Mit Bescheid der BPD XXXX vom 15.07.1993 wurde gegen den Beschwerdeführer rechtskräftig ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Im Jahr 2014 kehrte er dennoch nach Österreich zurück und ist seit 31.03.2014 wiederum durchgehend im Bundesgebiet hauptgemeldet. Mit Bescheid des BFA vom 31.10.2014 wurde das gegen den Beschwerdeführer zuvor erlassene Aufenthaltsverbot von Amts wegen aufgehoben, wobei ausgeführt wurde, dass dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht weiter gefährdet wäre.
Am 23.06.2015 wurde dem Beschwerdeführer seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX eine Anmeldebescheinigung für den Aufenthaltszweck "Arbeitnehmer" ausgestellt.
Am 18.11.2017 heiratete der Beschwerdeführer in Österreich die chinesische Staatsangehörige G.B. (IFA-Zl. XXXX ), welche als Prostituierte in einem Laufhaus gearbeitet und die er als ihr Kunde kennengelernt hatte, nachdem ihr Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA vom 21.07.2017 erstinstanzlich abgewiesen worden war. Ab 04.10.2017 war G.B. beim Beschwerdeführer hauptgemeldet, mit einer Unterbrechung vom 01.02.2018 bis 05.10.2018, wo sie laut eigenen Angaben nach China reiste, um bei der österreichischen Botschaft einen Aufenthaltstitel zu beantragen. G.B. wurde am 18.10.2018 seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX eine "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" ausgestellt und sie übte – mit Unterbrechungen - ihre Tätigkeit als Prostituierte auch nach Eingehen der Ehe mit dem Beschwerdeführer weiterhin aus. Von März bis Oktober 2020 hielt sich G.B. abermals in China auf, laut eigenen Angaben, um sich zu erholen und um ihren Sohn zu besuchen und wäre sie bereits früher nach Österreich zurückgekehrt, habe jedoch erst im Oktober ein Flugticket zu einem „vernünftigen Preis“ bekommen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 11.02.2021, Zl. XXXX wurde die Ehe wieder geschieden, wobei in dem Beschluss begründend ausgeführt wurde, dass die Ehe unheilbar zerrüttet und die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben sei. In einem vor dem Bezirksgericht Wolfsberg am 11.02.2021 geschlossenen Vergleich zur Zl. XXXX wurde wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche zwischen dem Beschwerdeführer und G.B. verzichtet. G.B. gab vor der belangten Behörde an, dass der Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr aus China im Oktober 2020 nicht mehr derselbe gewesen sei und sich ihr gegenüber kühl und abweisend verhalten habe. Überdies habe in der ehelichen Wohnung zu diesem Zeitpunkt eine andere Frau gewohnt, wobei der Beschwerdeführer vor dem BFA als auch vor den ermittelnden Polizeibeamten angab, dass es sich hierbei lediglich um eine Bekannte gehandelt habe, welche vorübergehend eine Unterkunft benötigt hätte (Anm.: Frau M.R. war von 21.08.2020 bis 16.11.2020 an der Wohnadresse des Beschwerdeführers gemeldet). Mit 16.02.2021 übersiedelte G.B. ohne den Beschwerdeführer in ein anderes Bundesland. Ab Mai 2020 wurden polizeiliche Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer und G.B. aufgrund des Verdachts einer Aufenthaltsehe nach § 117 FPG geführt, wobei die Verwirklichung des Tatbestandes letztlich nicht nachgewiesen werden konnte und es im gegebenen Zusammenhang zu keiner Anklage kam.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Angehörigen. Seine Mutter lebt in Slowenien.
Er ging in Österreich von 21.07.2013 bis 29.09.2013, von 04.03.2014 bis 21.10.2017, von 23.10.2017 bis 25.01.2018, von 25.01.2018 bis 31.01.2018 (geringfügig beschäftigt), von 01.02.2019 bis 02.02.2019, von 08.05.2019 bis 22.09.2019, von 30.09.2019 bis 19.01.2020, von 08.05.2020 bis 31.05.2020 (geringfügig beschäftigt), sowie zuletzt durchgehend als Pizzakoch von 01.06.2020 bis 05.05.2021 angemeldeten Erwerbstätigkeiten als Arbeiter nach. Von 30.01.2020 bis 06.03.2020 sowie von 16.03.2020 bis 31.05.2020 bezog er Arbeitslosengeld.
Am 11.03.2020 wurde über den Beschwerdeführer ein Konkursverfahren eröffnet, wobei sich seine Schulden auf 80.000 Euro beliefen und im Rahmen eines gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens vor dem Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX eine monatliche Rückzahlungsrate in Höhe von 60 Euro auf die Dauer von drei Jahren vereinbart wurde. Im Zuge seiner Festnahme am 06.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer überdies aufgrund ausstehender Leasingraten der Fahrzeug-Schlüssel seines Leasing-PKW Mercedes Benz abgenommen und dieser seitens der einschreitende Polizeikräfte dem Leasinggeber übergeben.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.06.1993, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren verurteilt. Dieser Verurteilung lag laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers ein Banküberfall zugrunde. Ab 01.02.1994 wurde die Strafvollstreckung – nach einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat – von Slowenien übernommen.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 29.03.2018, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er im Jänner 2018 im Zuge einer polizeilichen Verkehrskontrolle die Totalfälschung eines lettischen Führerscheins vorgewiesen und somit im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Lenkberechtigung gebraucht hatte. Als mildernd wurde im Rahmen der Strafbemessung das Geständnis des Beschwerdeführers gewertet, erschwerende Umstände kamen keine hervor.
Im Zuge einer polizeilichen Verkehrskontrolle am 12.12.2020 wurde in der Brieftasche des Beschwerdeführers seitens eines Polizeibeamten die Totalfälschung eines österreichischen Führerscheins vorgefunden. Bezüglich dieses Vorfalles gab der Beschwerdeführer in der Beschwerde an, er habe zwar tatsächlich einen gefälschten Führerschein in seiner Brieftasche bei sich getragen, diesen jedoch nicht „im täglichen Verkehr“ verwendet. Vielmehr sei er seitens des Polizisten rechtsgrundlos aufgefordert worden, ihm seine Brieftasche auszuhändigen, was der Beschwerdeführer auch getan habe, und sei im Rahmen der Durchsicht der Brieftasche seitens des Polizeibeamten der gefälschte Führerschein vorgefunden worden. Aufgrund dieses Sachverhaltes vom 12.12.2020 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22.02.2021, Zl. 18 HV 11/2021g abermals wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Gegen dieses Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, welche sich gegen eine gänzlich bedingte Strafnachsicht ausgesprochen hatte, Berufung zum Nachteil des Beschwerdeführers. Mit mündlich verkündetem Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 19.05.2021, Zl. 8 BS 100/2021y wurde dieses Urteil aufgehoben und an das Landesgericht Klagenfurt zurückverwiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund des seitens des Landesgerichts durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden könne, ob der zugrundeliegende Sachverhalt in die Zuständigkeit der österreichischen oder der slowenischen Gerichtsbarkeit falle.
Neben seinen strafgerichtlichen Verurteilungen wurde der Beschwerdeführer von 2015 bis 2020 insgesamt neunzehn Mal aufgrund diverser Verkehrsdelikte verwaltungsstrafrechtlich belangt, hiervon vier Mal aufgrund des Lenkens eines Fahrzeugs ohne Lenkberechtigung nach § 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG. Bei den übrigen Übertretungen handelte es sich um sonstige Verkehrsdelikte mit verhängten Strafbeträgen von 50 bis 150 Euro.
Der Beschwerdeführer ist in Slowenien strafgerichtlich unbescholten, jedoch wurde ihm am 24.07.2012 seine Lenkberechtigung behördlich entzogen.
Am 07.05.2021 reiste der Beschwerdeführer freiwillig nach Slowenien aus.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vor den österreichischen Behörden im Original in Vorlage gebrachten – sowie im zentralen Melderegister als auch im Informationsverbrund zentrales Fremdenregister vermerkten – slowenischen Reisepasses Nr. XXXX fest.
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seinem Gesundheitszustand und seiner Erwerbsfähigkeit ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, sein Familienstand überdies aus einer Abfrage im zentralen Melderegister und seine Erwerbsfähigkeit aus seiner persönlichen Historie auf dem österreichischen Arbeitsmarkt.
Die Feststellungen bezüglich des gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der BPD XXXX vom 15.07.1993 rechtskräftig erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes, welches mit Bescheid des BFA vom 31.10.2014 von Amts wegen wieder aufgehoben wurde, ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellung bezüglich der Hauptwohnsitzmeldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 31.03.2014 ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister, ebenso wie die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen seiner geschiedenen Ehefrau G.B. und zu der temporär in seiner Wohnung gemeldeten Frau M.R.
Die Feststellungen zum Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers auf Grundlage einer Anmeldebescheinigung für den Aufenthaltszweck "Arbeitnehmer" sowie seiner geschiedenen Ehefrau G.B. auf Grundlage einer "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" ergeben sich aus einer Abfrage im Informationsverbund zentrales Fremdenregister.
Die Feststellungen bezüglich der in Österreich geschlossenen Ehe des Beschwerdeführers mit der chinesischen Staatsangehörigen G.B. ergeben sich aus den im Akt befindlichen Einvernahmeprotokollen des Beschwerdeführers und G.B. vor dem BFA sowie vor den aufgrund des Verdachts einer Aufenthaltsehe ermittelnden Polizeibeamten, in Zusammenschau mit der im Akt enthaltenen Heiratsurkunde, ausgestellt durch den Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband Knittelfeld am 18.11.2017, sowie dem Scheidungsbeschluss und der Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichts XXXX , jeweils vom11.02.2021 und zur Zl. XXXX .
Die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers in Österreich als Arbeiter sowie geringfügig beschäftigter Arbeiter, als auch die Feststellungen zu seinem Bezug von Arbeitslosengeld ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger, in Zusammenschau mit einem dem Beschwerdeschriftsatz angeschlossenen Bestätigungsschreiben seines letzten Arbeitgebers, bei welchem er von 01.06.2020 bis 05.05.2021 als Pizzakoch tätig war.
Die Feststellungen bezüglich des am 11.03.2020 gegen den Beschwerdeführer eröffneten Konkursverfahrens sowie des in weiterer Folge angestrengten gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens vor dem Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt. Dass ihm im Zuge seiner Festnahme am 06.05.2021 überdies aufgrund ausstehender Leasingraten der Fahrzeug-Schlüssel seines Leasing-PKW Mercedes Benz abgenommen und dieser seitens der einschreitende Polizeikräfte dem Leasinggeber übergeben wurde, ergibt sich aus einer im Akt enthaltenen Berichterstattung der Polizeiinspektion XXXX vom 06.05.2021.
Die beiden rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich, ebenso wie der Umstand, dass die Strafvollstreckung bezüglich seiner ersten Verurteilung ab 01.02.1994 von Slowenien übernommen wurde.
Die Feststellungen bezüglich der seiner zweiten strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlung sowie den Erwägungen des Strafgerichts im Rahmen der Strafbemessung ergeben sich aus der im Akt enthaltenen Urteilsausfertigung des Landesgerichts XXXX zur Zl. XXXX .
Die Feststellungen bezüglich der dritten, zwischenzeitlich aufgehobenen Verurteilung des Beschwerdeführers, wobei die Sache an das Landesgericht XXXX zurückverwiesen wurde, ergeben sich aus einem im Akt enthaltenen polizeilichen Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX vom 16.01.2021, in Zusammenschau mit einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 22.02.2021, welche bei der Hauptverhandlung am selben Tag vor dem Landesgericht XXXX zur Zl. XXXX zugegen war, dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde, der Mitteilung der Staatsanwaltschaft XXXX an die belangte Behörde vom 10.05.2021 bezüglich ihrer gegen das Urteil erhobenen Berufung zum Nachteil des Beschwerdeführers, sowie – im Hinblick auf das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht XXXX zur Zl. XXXX - aus der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers an das Bundesverwaltungsgericht vom 21.05.2021 in Zusammenschau mit einer telefonischen Erhebung des Bundesverwaltungsgerichts beim zuständigen Richter des Oberlandesgerichts XXXX , Dr. XXXX , vom 27.05.2021.
Die Feststellungen bezüglich der Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus einem im Akt enthaltenen Auszug aus seiner Verwaltungsstrafkartei, welcher der belangten Behörde auf Ersuchen seitens der Bezirkshauptmannschaft XXXX übermittelt wurde.
Dass der Beschwerdeführer in Slowenien strafgerichtlich unbescholten ist, ihm jedoch am 24.07.2012 seine Lenkberechtigung behördlich entzogen wurde, ergibt sich aus einer Anfragebeantwortung des Polizeikooperationszentrums Dolga Vas an die belangte Behörde.
Die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers am 07.05.2021 ergibt sich aus einer der belangten Behörde seitens der BBU GmbH übermittelten Ausreisebestätigung vom 10.05.2021.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF BGBl. I Nr. 54/2021 lautet:
„(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I. Nr. 87/2012).“
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu vorzunehmen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091, mwN).
§ 67 FPG setzt Art. 28 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) um. Diese mit "Schutz vor Ausweisung" betitelte Bestimmung lautet:
„(1) Bevor der Aufnahmemitgliedstaat eine Ausweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt, berücksichtigt er insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen im Hoheitsgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Aufnahmemitgliedstaat und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat.
(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.
(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie
a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder
b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“
Nach dem 24. Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie soll der Schutz vor Ausweisung in dem Maße zunehmen, wie Unionsbürger und ihre Familienangehörigen in den Aufnahmemitgliedstaat stärker integriert sind.
Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht im Sinne des § 53a NAG und Art. 16 der Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205, mwN). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" darstellt.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:
Mangels eines zehnjährigen kontinuierlichen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG im vorliegenden Beschwerdefall nicht maßgeblich.
Da dem Beschwerdeführer jedoch am 23.06.2015 seitens der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg eine Anmeldebescheinigung für den Aufenthaltszweck "Arbeitnehmer" gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG ausgestellt wurde, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts (wie darzulegen sein wird) nicht zweifelsfrei von einer seitens des Beschwerdeführers eingegangenen Aufenthaltsehe ausgegangen werden kann (was dem Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts entgegenstehen würde, vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2019/21/0247) und er somit durch seinen mehr als fünfjährigen, ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt gemäß § 53a Abs. 1 NAG ex lege - unabhängig von einer behördlichen Dokumentation, welcher in diesem Zusammenhang bloß deklaratorische Wirkung zukommt - das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat (vgl. VwGH 08.07.2020, Ra 2019/22/0169, mwN), gelangt gegenständlich der in § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab zur Anwendung. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer wäre sohin nur zulässig, wenn sein Aufenthalt eine "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" darstellt.
Bezüglich der strafrechtlichen Delinquenz des Beschwerdeführers ist eingangs festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass seine erste, gravierende Verurteilung aus dem Jahr 1993 wegen schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren nach wie vor im Strafregister der Republik aufscheint (wenngleich nicht ersichtlich ist, weshalb diese nicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 Tilgungsgesetz 1972 fünfzehn Jahre nach dem Strafvollzug automatisch getilgt wurde), dieser jedoch angesichts des Umstandes, dass sie mittlerweile etwa 28 Jahre zurückliegt und sich der Beschwerdeführer nach dem Vollzug der betreffenden Freiheitsstrafe bis zum Jahr 2018, somit etwa zwei Jahrzehnte, wohlverhalten hat, im vorliegenden Beschwerdefall keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zugemessen werden kann. So geht auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass dem Wohlverhalten eines Fremden für die zu treffende Zukunftsprognose umso mehr Gewicht zuzumessen ist, je länger die Straftaten seit diesem Zeitpunkt zurückliegen (vgl. VwGH 24.11.2000, 99/19/0167). Nachdem die dem Beschwerdeführer rezent zur Last gelegten Straftaten und Verhaltensweisen nicht einmal rudimentär mit den Tatbestandsmerkmalen eines Raubs in Zusammenhang stehen (so handelt es sich bei den Tatmitteln des § 142f StGB entweder um Gewalt oder um Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und bedarf es überdies des Vorsatzes einer unrechtmäßigen Bereicherung; keines dieser Tatbestandsmerkmale ist einer Urkundenfälschung nach § 223f StGB immanent), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit künftig noch einmal aufgrund eines seitens des Beschwerdeführers verübten Gewalt- oder Eigentumsdeliktes gefährdet würde. Diese Annahme wurde nicht zuletzt seitens der belangten Behörde selbst zum Ausdruck gebracht, indem sie mit Bescheid vom 31.10.2014 das seinerzeit aufgrund dieser ersten Verurteilung gegen den Beschwerdeführer durch die BPD XXXX erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot aufgehoben und hierbei betont hatte, dass dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht weiter gefährdet wäre.
Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer zwischenzeitlich, mit Urteilen des Landesgerichts XXXX vom 29.03.2018 sowie vom 22.02.2021, zweimal wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden verurteilt. Beiden Strafverfahren lag zugrunde, dass er im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle mit einem Führerschein, welcher sich als Totalfälschung erwies, betreten wurde, wobei ihm allseits unbestritten bereits im Jahr 2012 in Slowenien seine Lenkberechtigung entzogen worden war. Während das erste Strafurteil des Landesgerichts XXXX vom 29.03.2018 in Rechtskraft erwuchs und im Falle einer verurteilenden Entscheidung durch ein inländisches Strafgericht eine Bindung von Verwaltungsbehörden und -gerichten in der Frage, dass dadurch mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass die schuldig gesprochene Person die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des Strafurteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat, besteht (vgl. zuletzt VwGH 04.03.2020, Ra 2019/21/0200, mwN), wurde das zweite Strafurteil vom 22.02.2021 zwischenzeitlich mit mündlich verkündetem Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX vom 19.05.2021 aufgehoben und an das Landesgericht XXXX zurückverwiesen. Begründend wurde hierbei ausgeführt, dass aufgrund des seitens des Landesgerichts durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden könne, ob der zugrundeliegende Sachverhalt in die Zuständigkeit der österreichischen oder der slowenischen Gerichtsbarkeit falle. Im Beschwerdeschriftsatz brachte der Beschwerdeführer im Hinblick auf den dieser zweiten, mittlerweile aufgehobenen Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt vor, dass er zwar tatsächlich einen gefälschten Führerschein in seiner Brieftasche bei sich getragen habe, diesen jedoch nicht „im täglichen Verkehr“ verwendet habe. Vielmehr sei er seitens eines Exekutivbeamten rechtsgrundlos aufgefordert worden, ihm seine Brieftasche auszuhändigen, was er auch getan habe, und sei im Rahmen der Durchsicht der Brieftasche seitens des Polizeibeamten der gefälschte Führerschein des Beschwerdeführers aufgefunden worden. Mangels rechtskräftiger Verurteilung, welche Voraussetzung für die zuvor skizzierte Bindungswirkung einer verurteilenden Entscheidung durch ein inländisches Strafgericht für Verwaltungsbehörden und -gerichte darstellt (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/22/0216, mwN), kann dem Beschwerdeführer im Hinblick auf den letztgenannten Sachverhalt nicht die Erfüllung des Straftatbestands nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB unterstellt bzw. festgestellt werden, ob er den gefälschten Führerschein tatsächlich tatbestandsmäßig im Rechtsverkehr gebraucht hat. Da bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose jedoch bereits nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf das "persönliche Verhalten" eines Fremden und nicht (ausschließlich) auf eine etwaige strafgerichtliche Verurteilung abzustellen ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091, mwN), ist auch bereits der unbestrittene Umstand, dass der Beschwerdeführer nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden im Jahr 2018 im Dezember 2020 abermals die Totalfälschung eines Führerscheins in seiner Brieftasche mit sich geführt hat, in die gegenständliche Entscheidung miteinzubeziehen. Vor dem Hintergrund, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes überdies strafgerichtliche Milderungs- und Erschwerungsgründe im Rahmen einer Entscheidung bezüglich der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305), ist zudem ins Kalkül zu ziehen, dass das Strafgericht in der zweiten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers sein Geständnis als mildernd gewertet hatte, während keinerlei Erschwerungsgründe hervorkamen und überdies befunden wurde, dass mit einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten das Auslangen gefunden werden könne.
Darüber hinaus stützte die belangte Behörde das gegenständliche Aufenthaltsverbot auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Aufenthaltsehe mit der chinesischen Staatsangehörigen G.B. eingegangen sei, wenngleich es diesbezüglich zu keiner Anklage bzw. Verurteilung kam. Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe keiner Verurteilung nach § 117 FPG bedarf (vgl. VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0033, mwN) und hat mehrfach betont, dass in Zusammenhang mit Strafverfahren wegen des Vergehens einer Aufenthaltsehe auch die Bindungswirkung verurteilender strafgerichtlicher Entscheidungen im Fall einer freisprechenden Entscheidung nicht zum Tragen kommt. Vielmehr hat die zuständige Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) eine eigenständige Beurteilung vorzunehmen, was ein mängelfreies Ermittlungsverfahren und eine vollständige Beweiserhebung voraussetzt (vgl. VwGH 03.09.2020, Ra 2020/22/0123, mwN). Bezüglich der Frage des Bestehens einer Aufenthaltsehe ist es überdies zulässig, Ermittlungsergebnisse anderer Behörden zu verwerten (vgl. VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0033, mwN), sodass das BFA seine getroffenen Feststellungen bezüglich der Aufenthaltsehe grundsätzlich zulässigerweise (auch) auf die Aussagen des Beschwerdeführers und seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau G.B. vor den ermittelnden Polizeibeamten gestützt hat.
Jedoch ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Erhebungsergebnisse, unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers und G.B.s im gegenständlichen Verfahren als auch im polizeilichen Ermittlungsverfahren, nicht zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer die Ehe seinerzeit im Jahr 2017 tatsächlich – im Sinne des Straftatbestandes des § 117 Abs. 1 FPG (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2019/21/0247, mwN) - mit dem vorgefassten Ziel einging, G.B. den Erwerb eines Aufenthaltstitels in Österreich zu ermöglichen, ohne mit ihr je ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen zu wollen. Unbestritten wurde die Ehe am 18.11.2017 geschlossen und bestand bereits etwa eineinhalb Monate zuvor, ab 05.10.2018, ein gemeinsamer Hauptwohnsitz. Nachdem sich G.B. von März bis Oktober 2020 – laut übereinstimmender Aussagen von ihr und dem Beschwerdeführer im Rahmen ihrer Bezug habenden Einvernahmen – in China aufhielt, wobei im gegebenen Zusammenhang im Hinblick auf die Dauer dieses Aufenthalts wohl auch etwaige erschwerte Reisebedingungen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie nicht gänzlich außer Acht zu lassen sind, gab sie an, dass die Beziehung zum Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr nicht mehr dieselbe gewesen sei und er sich ihr gegenüber fortan kühl und distanziert verhalten habe. Auch begann G.B. im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 11.03.2021 – wie ausdrücklich im Protokoll vermerkt - zu weinen und schilderte unter Tränen, wie sie ihren Mann nach ihrer Rückkehr im Oktober 2020 mit einer anderen Frau in der gemeinsamen Wohnung vorgefunden habe (wobei M.R. lediglich von 21.08.2020 bis 16.11.2020 an der Adresse des Beschwerdeführers gemeldet war und somit kurz nach der Rückkehr seiner Ehefrau wieder auszog). Auch dass G.B. nach der Eheschließung mit dem Beschwerdeführer weiterhin der Prostitution nachging, vermag aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keinen Beleg für eine Aufenthaltsehe bzw. das Nicht-Bestehen eines im Sinne des Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens zwischen dem Beschwerdeführer und G.B. darzustellen. So erweist sich eine derartige, den höchstpersönlichen Lebensbereich von Eheleuten betreffende Vereinbarung in einer pluralistischen Gesellschaft nicht als denkunmöglich und würde ein anderer Schluss letztlich bedeuten, dass keine Frau, welche der Prostitution nachgeht, eine unter den Schutzbereich des Art. 8 EMRK zu subsumierende Beziehung mit einem Lebenspartner führen könnte. „Erdrückende Indizien“, welche laut der belangten Behörde den Tatbestand einer Aufenthaltsehe „belegen“ würden, sind für das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nicht ersichtlich und wird diese Einschätzung nicht zuletzt durch den Umstand, dass es im gegebenen Zusammenhang nicht einmal zu einem Anklageverfahren gekommen ist, gestützt. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes wird somit nach dem auch im Verwaltungsverfahren anerkannten Rechtsgrundsatz "in dubio pro reo" (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/15/0106, mwN) nicht davon ausgegangen werden können, dass der Beschwerdeführer und G.B. tatsächlich eine Aufenthaltsehe im Sinne des § 117 FPG eingegangen sind.
Vor dem Hintergrund, dass die Bestimmung des Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie offenkundig den Zweck verfolgt, dass ein Unionsbürger nur noch unter erschwerten Bedingungen in seinem Recht auf Freizügigkeit eingeschränkt werden darf, wenn er in einem Mitgliedstaat das Recht zum Daueraufenthalt erlangt hat (vgl. VwGH 12.03.2013, 2012/18/0228), erachtet das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer Gesamtschau die Erfüllung des Gefährdungsmaßstabs des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG ("schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") im Falle des Beschwerdeführers als nicht gegeben.
So geht etwa der EuGH davon aus, dass die Bekämpfung von mit bandenmäßigem Handel mit Betäubungsmitteln verbundener Kriminalität, wobei der Betroffene in dem zugrundeliegenden Sachverhalt von einem Strafgericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, unter den Begriff "schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie fällt (vgl. EuGH (Große Kammer) 23.11.2010, C- 145/09, Panagiotis Tsakouridis); dieser Gefährdungsmaßstab entspricht jenem des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung des EuGH hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall kürzlich festgehalten, dass eine erstmalige strafgerichtliche Verurteilung eines Fremden aufgrund eines Suchtgiftdeliktes zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten, wobei dieser anderen vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge überlassen hatte, indem er über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr insgesamt 2.500 Gramm Cannabiskraut verkauft und überdies noch Cannabiskraut und Kokain über einen längeren, nicht mehr festzustellenden Zeitraum in wiederholten Angriffen erworben und besessen hatte, auch in Verbindung mit einer verwaltungsrechtlichen Bestrafung nach dem FSG wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung, nicht ohne weiteres die Annahme einer den Maßstab des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG erfüllenden Gefährdung rechtfertigt (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0127). Dies erscheint insoweit bemerkenswert, da der Verwaltungsgerichtshof ebenso in ständiger Rechtsprechung betont, dass gerade Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. etwa VwGH 01.04.2019, Ra 2018/19/0643; 01.03.2018, Ra 2018/19/0014, mwN).
Zusammengefasst bleibt für den gegenständlichen Fall des Beschwerdeführers somit festzuhalten, dass seiner annähernd dreißig Jahre zurückliegenden Verurteilung wegen schweren Raubs – wie dargelegt – keine entscheidungsmaßgebliche Bedeutung mehr zugebilligt werden kann, während in dem seiner jüngsten, rechtskräftigen Verurteilung aus dem Jahr 2018 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden zugrundeliegenden Fehlverhalten, wo er sich im Rahmen einer polizeilichen Verkehrskontrolle mit einem gefälschten Führerschein ausgewiesen hatte (und lediglich eine zur Gänze bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe im untersten Viertel des Strafrahmens des § 224 StGB von zwei Jahren verhängt wurde), in Zusammenschau mit dem Umstand, dass er im Dezember 2020 noch ein weiteres Mal einen gefälschten Führerschein in seiner Brieftasche mit sich führte (wobei es diesbezüglich bislang zu keiner rechtskräftigen Verurteilung kam), ohne den Unwert dieser Verhaltensweisen relativieren zu wollen, kein derart hoher Störwert erkannt werden kann, dass sich daraus im Lichte der vorzitierten Judikatur eine "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG ergeben würde. Vor dem Hintergrund, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme für die Beurteilung einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung unterschiedliche (regelmäßig in Abhängigkeit vom Aufenthaltsstatus des Fremden und mitunter auch strengere) Maßstäbe vorgesehen sind (vgl. etwa § 52 Abs. 5 FPG: "gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit"; § 66 Abs. 1 FPG: "eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit"; § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG: "auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist", "Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt"; § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG: "öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet"), hat der Verwaltungsgerichtshof überdies betont, dass die in § 53 Abs. 3 FPG im Hinblick auf die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen einen Drittstaatsangehörigen demonstrativ aufgezählten, qualifizierten Verhaltensweisen, welche insbesondere die Annahme rechtfertigen würden, dass sein Aufenthalt eine "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung darstellt, nicht (automatisch) auch auf die Erfüllung des Gefährdungsmaßstabs des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG schließen ließen, wenngleich beide Bestimmungen wortident von "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" sprechen. So wurde seitens des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich festgehalten, dass die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG, welcher als Grund für die Erlassung eines Einreiseverbotes (u.a.) auf eine rechtskräftige, strafgerichtliche Verurteilung eines Fremden zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten abstellt, für sich genommen nicht zugleich die Annahme einer "schwerwiegenden Gefahr" im Sinne des letzten Halbsatzes des § 66 Abs. 1 FPG rechtfertigt (vgl. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049), sodass daraus nur geschlossen werden kann, dass der Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG – obwohl in beiden gesetzlichen Bestimmungen wörtlich gleichlautend von "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" gesprochen wird – höher als jener des § 53 Abs. 3 FPG anzusetzen sein wird. Gegenständlich wurde der Beschwerdeführer lediglich zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten rechtskräftig verurteilt, welche somit für sich betrachtet noch nicht einmal den „minderen“ Gefährdungsmaßstab des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt und damit umso weniger die Annahme einer „höheren“ Gefährdung im Sinne des letzten Halbsatzes des § 66 Abs. 1 FPG rechtfertigen kann.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände vermag der in Österreich daueraufenthaltsberechtigte Beschwerdeführer aufgrund seines persönlichen Verhaltens den - vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Judikatur und der Rechtsprechung des EuGH durchaus hoch anzusetzenden – Gefährdungsmaßstab einer "schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG somit noch nicht zu erfüllen und ändern daran auch die gegen ihn verhängten, seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in die gegenständliche Entscheidung miteinbezogenen Verwaltungsübertretungen, wobei es sich mit Ausnahme der vier gegen ihn verhängten Strafen wegen Lenkens eines PKW ohne Lenkberechtigung stets um Verkehrsdelikte mit Strafbeträgen von 50 bis 150 Euro handelte, nichts.
Das mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides verhängte Aufenthaltsverbot erfolgte somit nicht zu Recht, was zugleich auch die Gegenstandslosigkeit der Aussprüche hinsichtlich der Nicht-Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) bedingt.
In Stattgabe der Beschwerde war der angefochtene Bescheid daher ersatzlos aufzuheben.
Sollte der Beschwerdeführer in Zukunft noch einmal straffällig werden, wird die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn neuerlich zu prüfen sein.
3.2. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2242436.1.00Im RIS seit
13.09.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021