TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/3 W249 2236837-1

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Veröffentlicht am 03.06.2021
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Entscheidungsdatum

03.06.2021

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §33 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47 Abs1
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50 Abs1 Z1
FMGebO §50 Abs4
FMGebO §51 Abs1
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W249 2236837-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , GZ. XXXX , Teilnehmernummer XXXX , zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit am XXXX bei der GIS Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden: „belangte Behörde“) eingelangtem Schreiben beantragte XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführerin“) die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen sowie die Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale. Im dabei verwendeten Antragsformular kreuzte die Beschwerdeführerin unter der Rubrik „Wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ keine der Auswahlmöglichkeiten an. Auch hinsichtlich der Größe ihres Haushaltes machte sie keine Angaben.

Dem Antragsformular waren folgende Unterlagen angeschlossen:

?        eine Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche seit XXXX , ausgestellt vom AMS am XXXX

?        ein Schreiben der ÖGK vom XXXX über die Mitversicherung der Beschwerdeführerin mit einem Haushaltsangehörigen (bis XXXX )

2. Am XXXX richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin folgendes Schreiben:

„[…] danke für Ihren Antrag vom XXXX auf

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen

?        Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen

Für die weitere Bearbeitung benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:

?        Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand)

?        Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.

Dies können beispielsweise sein - bitte immer in Kopie:

?        bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid

?        bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über die Pensionsbezüge

?        bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigung

?        bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)

?        bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide

?        sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen

Anspruch und Einkommen fehlt, z.B: AMS-Leistungsbescheid, Mindestsicherung von XXXX Einkommen von XXXX , und eine Mietzinsaufschlüsselung, bitte nachreichen.

Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen. Bitte legen Sie Ihren Unterlagen unbedingt das beiliegende Formular „Deckblatt zur Nachreichung von Unterlagen“ bei. Auf diese Weise ist eine rasche Bearbeitung Ihres Antrages möglich.

[…]

Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.“

3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf, am XXXX bei der belangten Behörde einlangend, folgende Unterlagen:

?        eine Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche seit XXXX , ausgestellt vom AMS am XXXX

?        ein Schreiben der ÖGK vom XXXX über die Mitversicherung der Beschwerdeführerin mit einem Haushaltsangehörigen (bis XXXX )

?        eine Bezugsbestätigung des AMS vom XXXX für einen Haushaltsangehörigen der Beschwerdeführerin (Arbeitslosengeld von XXXX und von XXXX )

4. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich eine Kopie eines Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage, nachzureichen, diesen Nachweis aber nicht erbracht habe: „Es wurde kein gesetzlicher Anspruch, z.B. Mindestsicherung oder Rezeptgebührenbefreiung von XXXX nachgereicht.“

5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende, per E-Mail übermittelte, Beschwerde vom XXXX . Dieser waren eine Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche seit XXXX des AMS vom XXXX für die Beschwerdeführerin sowie eine AMS-Bezugsbestätigung vom XXXX eines Haushaltsangehörigen der Beschwerdeführerin (Arbeitslosengeld von XXXX und von XXXX ) angeschlossen.

6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom XXXX und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen

1. Die Beschwerdeführerin brachte am XXXX einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen sowie auf Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale ein. Dabei machte sie weder hinsichtlich ihrer Anspruchsvoraussetzung noch hinsichtlich der Größe ihres Haushaltes Angaben.

Dem Antrag waren eine Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche der Beschwerdeführerin seit XXXX , ausgestellt vom AMS am XXXX , sowie ein Schreiben der ÖGK vom XXXX über die Mitversicherung der Beschwerdeführerin mit einem Haushaltsangehörigen angeschlossen.

2. Mit Schreiben vom XXXX wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf das Fehlen von Unterlagen, insbesondere von Nachweisen ihrer Anspruchsberechtigung und der Bezüge aller im gemeinsamen Haushalt lebender Personen, hin und forderte diese konkret auf, „Anspruch und Einkommen fehlt, z.B: AMS-Leistungsbescheid, Mindestsicherung von XXXX , Einkommen von XXXX , und eine Mietzinsaufschlüsselung, bitte nachreichen.“

Für die Nachreichung der fehlenden Unterlagen wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gesetzt. Weiters wurde bemerkt, dass der Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen werden müsse, wenn „bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen“.

3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf, am XXXX bei der belangten Behörde einlangend, eine Bestätigung einer aufrechten Vormerkung zur Arbeitssuche vom XXXX , ein Schreiben der ÖGK vom XXXX über die Mitversicherung der Beschwerdeführerin mit einem Haushaltsangehörigen sowie eine Bezugsbestätigung des AMS vom XXXX für einen Haushaltsangehörigen (Arbeitslosengeld von XXXX und von XXXX ).

4. Mit bekämpften Bescheid XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage, nachzureichen, diesen Nachweis aber nicht erbracht habe. Wörtlich heißt es darin: „Es wurde kein gesetzlicher Anspruch, z.B. Mindestsicherung oder Rezeptgebührenbefreiung von XXXX nachgereicht.“

5. Im Rahmen der Beschwerde vom XXXX übermittelte die Beschwerdeführerin ihre Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche vom XXXX sowie eine AMS-Bezugsbestätigung vom XXXX für einen Haushaltsangehörigen (Arbeitslosengeld von XXXX und von XXXX ).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde und von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Für den Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen maßgeblich:

3.1.1. § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, lautet:

„§ 13. […] (3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“

3.1.2. § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden: VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

3.1.3. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lautet auszugsweise:

„Rundfunkgebühren

§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für

Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro

Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro

monatlich

[…]

(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.

[…]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.

[…]“

3.1.4. Die §§ 47 bis 51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lauten auszugsweise:

„Befreiungsbestimmungen

§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung

– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),

– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)

zu befreien:

1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;

2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;

3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,

4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,

5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,

6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,

7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.

[…]

§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.

(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.

(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.

(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:

1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,

2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.

§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:

1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von den Rundfunkgebühren beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,

2. der Antragsteller muss volljährig sein,

3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,

4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen nach § 47 Abs. 2 eingerichteten Gemeinschaftsräumen gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.

§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:

1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,

[…]

(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.

[…]

§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.

[…]“

3.2. In Bezug auf den Beschwerdefall enthält demnach die Fernmeldegebührenordnung eine Verpflichtung des Antragstellers, für die Gewährung der Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr den Befreiungsgrund durch den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung genannten Leistungen nachzuweisen, und berechtigt die belangte Behörde, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. Die erforderlichen Nachweise sind gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz Fernmeldegebührenordnung dem Antrag anzuschließen.

3.3. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückweist, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. u.a. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/15/0035; 29.01.2020, Ra 2019/09/0118).

Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung des erforderlichen Nachweises eines Befreiungsgrundes zu Recht erfolgt ist.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser Unterlagen (VwGH 26.07.2012, 2008/07/0101; 31.08.1999, 99/05/0143).

3.4. Von der Beschwerdeführerin wurden zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung die gemäß § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung erforderlichen Nachweise nicht erbracht. Die Beschwerdeführerin unterließ es, ihre Anspruchsvoraussetzung, wie z.B. eine Rezeptgebührenbefreiung, nachzuweisen. Die dem Antrag angeschlossene Bestätigung der Vormerkung zur Arbeitssuche gibt keine Auskunft darüber, ob tatsächlich Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bzw. Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz/Arbeitsmarktförderungsgesetz bezogen werden. Die nachgewiesene Mitversicherung bildet ebenso wenig eine Anspruchsvoraussetzung.

Darüber hinaus unterließ sie es, das gesamte Haushaltseinkommen nachzuweisen, indem sie weder einen Nachweis ihres Einkommens noch des Einkommens ihres Haushaltsangehörigen in Vorlage brachte.

Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin deshalb auf, einen Nachweis einer Anspruchsgrundlage sowie die aktuellen Bezüge aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, beizubringen, und setzte dafür eine – angemessene – Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens.

Dieses Aufforderungsschreiben der belangten Behörde ist mit XXXX datiert, der frühestmögliche Zustelltermin war daher (unter Beachtung des Postlaufs) der XXXX Die zweiwöchige Verbesserungsfrist endete demnach XXXX – eine Übergabe an einen Zustelldienst zur Übermittlung an die Behörde hätte an diesem Tag nach § 33 Abs. 3 AVG noch fristwahrend stattfinden können. Daraus folgt, dass der Bescheid (am XXXX ) während noch offener Verbesserungsfrist erlassen wurde. Die belangte Behörde belastete den bekämpften Bescheid daher gemäß § 13 Abs. 3 AVG mit Rechtswidrigkeit.

3.5. Ausgehend von diesen Erwägungen war somit nach § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG vorzugehen und der angefochtene Bescheid infolge Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Bei einer Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheides in Form eines Erkenntnisses. Diese Form der negativen Sachentscheidung (negative Entscheidung „in der Sache selbst“) ist von der Formalerledigung des Verfahrens durch Aufhebung und Zurückverweisung mit Beschluss nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz und Abs. 4 zu unterscheiden. Eine neuerliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Gegenstand wird bei ersatzloser Behebung regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen, wenngleich im Einzelfall über den zugrundeliegenden (unerledigten) Antrag dennoch abermals zu entscheiden sein kann. Die Behebungsgründe bei einem Vorgehen nach § 28 Abs. 5 VwGVG werden gesetzlich nicht genannt. In Betracht kommen etwa die Unzuständigkeit der Behörde oder die rechtswidrige Zurückweisung eines Antrags analog zum bisherigen Verständnis zu § 66 Abs. 4 AVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 28 VwGVG Anm. 17 und 18 mwN).

Als Folge der Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist der verfahrensgegenständliche Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren wiederum als unerledigt zu betrachten, die belangte Behörde hat erneut über diesen Antrag zu entscheiden.

3.6. Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die belangte Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, unter Ermittlung der Anspruchsgrundlage bzw. des Haushalts-Nettoeinkommens, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr iSd § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung erfüllt.

3.7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall – auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages und angesichts des unbestrittenen Sachverhaltes – gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.

3.8. Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Zuständigkeit über die Entscheidung in Bezug auf den Antrag auf Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale nicht beim Bundesverwaltungsgericht liegt, sondern bei den ordentlichen Gerichten.

Zu Spruchpunkt B)

3.9. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt – wie dargelegt – der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

angemessene Frist Behebung der Entscheidung Berechnung Bindungswirkung Einkommensnachweis ersatzlose Behebung Fristenlauf Fristenwahrung Kassation Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen Postlauf Rechtzeitigkeit Rundfunkgebührenbefreiung Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2236837.1.00

Im RIS seit

13.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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