TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/4 I408 2242976-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2021
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Entscheidungsdatum

04.06.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §125
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
StGB §229
StGB §241e
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WaffG §50 Abs1

Spruch


I408 2242976-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Tschechische Republik, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Nach Verhängung der Untersuchungshaft teilte die belangte Behörde dem inhaftierten Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21.01.2021 mit, dass gegen ihn die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Die Möglichkeit, dazu binnen siebentägiger Frist eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, nutzte der Beschwerdeführer nicht.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 30.04.2021 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilt ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

Mit Schriftsatz vom 27.05.2021 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und verwies darin im Wesentlichen auf sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht und darauf, dass die belangte Behörde sein Recht auf Parteiengehör verletzt habe.

Am 01.06.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist tschechischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer weist 14 Vorstrafen in Tschechien auf. So wurde er seit dem Jahr 1998 wegen verschiedener Vermögens- und Suchtmitteldelikte zu teils mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.

Im österreichischen Bundesgebiet trat er erstmals am 08.01.2021 in Erscheinung, als er mitsamt mehrerer Komplizen wegen des Verdachtes der Begehung einer strafbaren Handlung festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt wurde.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 14.04.2021, XXXX , verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teilweise durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 und 15 StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs. 1 WaffG, des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Rahmen einer kriminellen Vereinigung in insgesamt zumindest 21 Angriffen zwischen Oktober 2020 und Jänner 2021 gewerbsmäßig Diebstähle in Österreich verübte bzw. dies versuchte und dabei seinen Opfern Sachen im Wert von rund 39.000 € weggenommen hat. Dies taten der Beschwerdeführer und seine drei Mittäter überwiegend durch Aufbrechen von Türen und anschließende Wegnahme von Tresoren und Geldkassetten. Zudem besaß der Beschwerdeführer eine verbotene Schusswaffe, einen total gefälschten slowakischen Führerschein und eine gefälschte slowakische ID-Karte.

Bei der Strafzumessung war von einem Strafrahmen bis zu drei Jahren auszugehen. Dabei berücksichtigte das Strafgericht erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die Vorstrafen, mildernd hingegen das reumütige Geständnis und die Suchtgiftabhängigkeit.

Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe in der JA XXXX , das errechnete Strafende ist der 08.07.2022. In dieser Justizanstalt weist der Beschwerdeführer ab 09.01.2021 auch seine einzige Wohnsitzmeldung in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer hielt sich im Bundesgebiet seit Oktober 2020 lediglich zur Begehung der umseits genannten Straftaten auf. Er ging nie einer Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine berücksichtigungswürdigen privaten oder familiären Beziehungen im Bundesgebiet. Hinweise auf eine integrative Merkmale in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Sozialversicherung, dem Strafregister sowie dem Europäischen Strafregister-Informationssystem (ECRIS) wurden ergänzend eingeholt.

Die Feststellungen zur Identität, Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers folgen seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz, welche mit den Daten des Zentralen Melderegisters und des Fremdenregisters übereinstimmen. Da beim Beschwerdeführer nur gefälschte slowakische Dokumente gefunden wurden, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Vorverurteilungen des Beschwerdeführers in Tschechien sind aus dem eingeholten ECRIS-Auszug ersichtlich.

Die Festnahme des Beschwerdeführers am 08.01.2021 ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Anhalteprotokoll (AS 3).

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf der im Akt einliegenden Ausfertigung des Strafurteils des Landesgerichtes XXXX vom 14.04.2021, XXXX . Die Rechtskraft der Verurteilung ist durch den entsprechenden Eintrag im österreichischen Strafregister belegt, in welchem keine weiteren Verurteilungen aufscheinen.

Dass der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe derzeit in der JA XXXX verbüßt und errechnetes Strafende der 08.07.2022 ist, ist dem Zentralen Melderegister und der im Verwaltungsakt einliegenden Vollzugsinformation (AS 127) zu entnehmen.

Dass der Beschwerdeführer über keinerlei familiäre oder private Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich mangels gegenteiligem Vorbringen im gesamten Verfahren sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer vor seiner Inhaftierung nur für einen rund dreimonatigen Zeitraum im Bundesgebiet aufhältig war und diese Zeit offensichtlich nicht zur Begründung eines Privatlebens, sondern zur Begehung der umseits genannten Straftaten genützt hat. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer sowohl im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs, als auch im Beschwerdeschriftsatz die Möglichkeit offen gestanden wäre, Umstände geltend zu machen, welche für ein Privatleben in Österreich maßgeblich wären. Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme bzw. begnügte sich im Beschwerdeschriftsatz mit inhaltsleeren und allgemein gehaltenen rechtlichen Formulierungen. Er ist damit der Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach kein berücksichtigungswürdiges Privat- oder Familienleben im Bundesgebiet vorliegen würde, nicht substantiiert entgegengetreten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Feststellung daher an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Vorab ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer hinreichend die Möglichkeit geboten wurde, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Der Beschwerdeführer wurde dadurch in die Lage versetzt, seine Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170).

Zur in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn sie dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entspricht. Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Beschwerdeführer die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Zudem ist auch aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069). Dass der Beschwerdeführer diese Möglichkeit nicht genutzt und im Beschwerdeschriftsatz kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet hat, ist ihm selbst zuzurechnen und ändert daher nichts an der Tatsache, dass sein Recht auf Parteiengehör gewahrt wurde.

3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Als Staatsangehöriger Tschechiens ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104).

Da sich der Beschwerdeführer erst seit Oktober 2020 kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, ist im gegenständlichen Fall der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Bereits die belangte Behörde hat das ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht (bloß) auf die Tatsache seiner Verurteilung und der daraus resultierenden Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei hob sie besonders hervor, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach einschlägig vorbestraft war und sich offenbar nur zur Begehung von Straftaten in Österreich aufgehalten hat. In ihrer Prognoseentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass ein neunjähriges Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erforderlich sei um sich außerhalb Österreichs „finanziell zu konsolidieren“ sowie seine Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung entsprechend zu ändern.

Zunächst schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich an und kommt es aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Einbruchsdiebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und der übrigen Vergehen in Zusammenhang mit diesen Diebstählen zu dem Schluss, dass durch einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt besteht, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.). Zudem kommt dem Aspekt der Gewerbsmäßigkeit große Bedeutung zu. Gerade die in der gewerbsmäßigen Tatbegehung gelegene Tendenz des Fremden, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu sichern, stellt für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar (vgl. VwGH 24.05.2005, 2002/18/0289).

Gerade auch die einschlägigen Vorverurteilungen des Beschwerdeführers in Tschechien zu teils mehrjährigen Haftstrafen belegen unzweifelhaft die gravierende kriminelle Energie des Beschwerdeführers und eine daraus ableitbare hohe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch seinen Verbleib im Bundesgebiet. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer aus seinen zahlreichen Haftaufenthalten in den vergangenen 23 Jahren augenscheinlich nichts gelernt hat, sondern sich offenbar nur dazu entschlossen hat, nunmehr den Staat, in welchem er seine Diebstähle begeht und damit seinen Lebensunterhalt bestreitet, zu wechseln und in Österreich tätig zu sein. Dies ist jedoch - anders als im Beschwerdeschriftsatz vermeint wird - unter dem Aspekt unionsrechtlicher Freizügigkeitsrechte nicht zu akzeptieren.

Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zahlreiche Verurteilungen in Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz in Tschechien aufweist und auch im für das gegenständliche Verfahren ursächlichen Strafurteil die Suchtmittelabhängigkeit des Beschwerdeführers als mildernd berücksichtigt wurde, bietet keinen Anlass für eine positive Gefährdungsprognose, zumal Suchtgiftkriminalität ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr besteht (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060).

Durch den derzeitigen Haftaufenthalt ist die Zeit jedenfalls noch zu wenig weit fortgeschritten, um dem Beschwerdeführer einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).

Auch die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der Beschwerdeführer keinerlei private, familiäre oder sonstige Anknüpfungen an Österreich hat, sondern vielmehr lediglich zur Begehung strafbarer Handlungen in das Bundesgebiet eingereist ist. Insoweit im Beschwerdeschriftsatz mehrfach auf „das schützenswerte Familien und Privatleben des BF“ (Beschwerdeschriftsatz, S. 4) verwiesen wird, versäumt der Beschwerdeführer es jedoch, etwaige Bindungen in Österreich namhaft zu machen, weshalb - wie umseits festgestellt - nicht vom Vorliegen eines schützenswerten Privat-und Familienlebens auszugehen ist.

Bei Abwägung aller relevanten Umstände sind die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes somit höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und dies auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zulässig ist.

Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG die Erlassung eines bis zu zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes vor und erscheint die gewählte Dauer von neun Jahren angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers keineswegs als zu lang. Insbesondere wird berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem nunmehrigen Anlassfall zahlreiche einschlägige Vorverurteilungen in Tschechien aufwies. Dies zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die Rechtsordnungen Tschechiens und insbesondere die österreichische offenbar gleichgültig sind und ihn weder Verurteilungen noch daraus resultierenden Freiheitsstrafen von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten haben. Auch wenn mit dem von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot in der Dauer von neun Jahren nahezu das höchstzulässige Maß ausgeschöpft wird, erweist sich dieses als nicht ungerechtfertigt, insbesondere, weil aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers eine neuerliche Begehung gleichgelagerter Straftaten zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist. Gerade der Umstand der gewerbsmäßigen Tatbegehung lässt die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang stehen. Zudem erachtete auch das Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe im oberen Bereich des Strafrahmens für geboten, um den Beschwerdeführer hinkünftig von gleichgelagerten Straftaten abzuhalten. Aufgrund dieser Überlegungen war die Dauer des Aufenthaltsverbotes von neun Jahren nicht zu beanstanden, zumal dem auch weder private noch familiäre Interessen in Österreich entgegenstehen.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Anschluss an seinen Haftaufenthalt im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, weshalb die Beschwerde im Ergebnis vollumfänglich abzuweisen war.

3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Selbst bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten kann für ihn kein günstigeres Ergebnis erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).

In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet (vgl. VwGH 11.05.2021, Ra 2020/14/0449), da nämlich die Beschwerde ein sachverhaltsbezogenes Vorbringen vollkommen vermissen lässt und sich auf rechtliche Ausführungen beschränkt. Da somit kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vorlag, konnte die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2242976.1.00

Im RIS seit

13.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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