TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/7 W171 2122982-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2021
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Entscheidungsdatum

07.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W171 2122982-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Ra Dr. Christian Schmaus. gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.03.2021, zu Recht erkannt:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

II.      In Erledigung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.02.2020 wird dem Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung von XXXX als subsidiär Schutzberechtigter um zwei Jahre verlängert.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an, ist schiitischer Moslem, reiste illegal nach Österreich ein und stellte hier am 12.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid vom 23.02.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Diese Entscheidung wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG verbunden. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2017 wurde dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 02.02.2018 erteilt.

Die Zuerkennung subsidiären Schutzes wurde damit begründet, dass dem BF die Rückkehr in seine Heimatprovinz Maidan Wardak aufgrund der schlechten Sicherheitslage nicht zumutbar sei. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul stehe ebenfalls nicht zur Verfügung, da der BF über keine Schul- oder Berufsausbildung verfüge und in Kabul auch kein familiäres oder soziales Netzwerk habe.

1.4. Am 03.01.2018 beantragte der BF erstmalig die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, welche ihm mit Bescheid des BFA vom 17.01.2018 bis zum 02.02.2020 erteilt wurde.

1.5. Am 23.12.2019 beantragte der BF die erneute Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

1.6. Im Zuge der daraufhin am 31.01.2020 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab der BF an, dass er im Iran eine Koranschule besucht und als Schuhmacher gearbeitet habe. Seine Mutter und zwei Brüder lebten im Iran. Sein Bruder sei mittlerweile volljährig und versorge als Schuhmacher die Familie finanziell. Er stehe mit seiner Familie in Kontakt. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Vor dem Umzug in den Iran habe die Familie zwei Jahre in Kabul gelebt. Er selbst habe auch einige Monate in Kabul gelebt, dort aber nicht gearbeitet. In Österreich arbeite er bei einer Reinigungsfirma.

1.7. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 03.02.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), die mit Bescheid vom 17.01.2018 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt III.), ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4FPG erlassen (Spruchpunkt V.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen gewährt (Spruchpunkt VII.).

Zur Person des BF wurde im Wesentlichen festgestellt, dass er die im Spruch genannte Identität führe, afghanischer Staatsangehöriger sei, der Volksgruppe der Hazara angehöre und schiitischer Moslem sei. Er stamme aus Maidan Wardak, habe vier bis fünf Jahre eine Schule besucht und verfüge über Arbeitserfahrung als Schuhmacher sowie aus seiner Tätigkeit in Österreich. Er habe familiäre Anknüpfungspunkte im Iran. Er sei zudem ledig, kinderlos, jung, arbeitsfähig und leide weder an einer schweren körperlichen Krankheit noch an einer schweren psychischen Störung. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde festgestellt:

„Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen nicht und nicht mehr vor. Ihre subjektive Lage hat sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als Ihnen subsidiärer Schutz gewährt wurde, geändert. Es liegen keine Gründe vor, welche eine Schutzgewährung und/oder Verlängerung des Subschutzes/befristete Aufenthaltsberechtigung zulassen würden. Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung in Afghanistan konnten Sie nicht glaubhaft machen. Die oben genannten (positiven) persönlichen Eigenschaften lagen zum Zeitpunkt der Schutzgewährung vor, waren der Behörde allerdings nicht bekannt. Es liegt in Ihrem Fall eine allgemeine Gefährdungslage in Bezug auf Ihre unmittelbare Herkunftsprovinz Maidan Wardak, jedoch nicht für gesamt Afghanistan allgemein vor. In Ihrem Fall besteht eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Sie können Ihren Lebensunterhalt zusätzlich in Kabul, Mazar-e-Sharif oder Herat bestreiten und würden ebendort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden.“

Beweiswürdigend wurde hierzu ausgeführt:

„Sie brachten im Rahmen Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 31.01.2020 in Bezug auf Ihr Heimatland Afghanistan keine aktuellen bzw. individuellen Fluchtgründe glaubhaft vor, zumal Sie sich abermals nur auf das Vorbringen im Asylverfahren sowie die allgemeine Sicherheitslage berufen haben. Eine persönliche Verfolgung Ihrerseits sowie weitere Gründe, welche Sie an einer Rückkehr hindern könnten, konnten Sie nicht glaubhaft machen, womit alleine schon aus diesem Grund aberkannt werden muss, weil kein Grund für die Zuerkennung eines Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen würde.

Ihnen wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 03.02.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich zuerkannt, weil das BVwG damals davon ausging, dass die Sicherheitslage in der Heimatprovinz schlecht wäre und es zum damaligen Entscheidungszeitpunkt noch notwendig war, dass man familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte besitzt, um zurückkehren zu können. Zudem soll der Arbeitsmarkt zum Entscheidungszeitpunkt eine Rückkehr nicht möglich gemacht haben. Aus diesen Gründen ging das BFA davon aus, dass Sie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären. Eine asylrechtlich relevante Verfolgung hat es damals schon nicht gegeben, zumal dies so festgestellt wurde und diese Entscheidung in Rechtkraft erwuchs.

Wenn man nun den Ausführungen im Erkenntnis folgt, dass es damals noch notwendig gewesen sein soll, dass familiäre Anknüpfungspunkte direkt Vorort für eine Zumutbarkeit einer IFA notwendig gewesen wären, hätte sich Ihre subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, dass Sie uneingeschränkt arbeitsfähig sind, eine weitere Sprache gelernt haben und lesen und schreiben können. Es ist Ihnen nun, wie dies auch unzähligen Erkenntnissen der obersten Gerichte zu entnehmen ist, eine Rückkehr nach Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif ohne familiäre Anknüpfungspunkte zumutbar. Zudem könnten Sie Ihre Familie im Iran, hier insbesondere Ihr berufstätiger Bruder, im Falle der Rückkehr vor allem organisatorisch unterstützen. Sie wären damit nicht auf sich alleine gestellt und eine ausweglose Situation im Fall der Rückkehr muss ausgeschlossen werden. Ganz wesentlich hat sich in Ihrem Fall auch Ihr Bildungsstand geändert. Sie haben es durch Ihren Einsatz und Lernwillen geschafft eine neue Sprache zu erlernen, sind mit Sicherheit kein Analphabet und waren auch in einem fremden Land in der Lage eine Beschäftigung zu finden. Damit haben sich Ihre persönlichen Umstände massiv gebessert. Sie könnten nun im Falle der Rückkehr auf Ihre Bildung, den Rückhalt der Familie und Ihre Berufserfahrungen zurückgreifen. Des Weiteren sollen Sie mehrere Monate in Kabul verbracht haben, womit Ortskenntnisse und soziale Anknüpfungspunkte in dieser Stadt vorhanden sein müssen.

Sie nutzten in Österreich bestehende Ausbildungsmöglichkeiten und haben gezeigt, dass Sie in der Lage sind auf Netzwerke auch in einem fremden Land zuzugreifen. Sie haben mit Ihrer Inanspruchnahme der Bildungsmöglichkeiten in Österreich gezeigt, dass Sie leistungswillig, und anpassungsfähig, flexibel und in der Lage sind, dass Sie sich in jedem Land der Welt zurechtfinden. Es haben sich damit Ihre persönlichen Umstände derart geändert, dass nun eine Rückkehr in Ihr Heimatland problemlos möglich ist.

Zudem haben Sie die Sprache Deutsch gelernt. Auch wenn Sie nicht in der Lage die Einvernahme auf Deutsch zu führen, haben Sie doch eine erhebliche Entwicklung im Bereich Ihrer Bildung vollzogen. Gerade in Ihrem Fall muss damit eine ausweglose Situation im Falle der Rückkehr ausgeschlossen werden. Ihre Situation hat sich damit im Vergleich zum damaligen Entscheidungszeitpunkt maßgeblich geändert, womit klar ist, dass eine weitere Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht mehr vorgesehen ist und Ihnen der subsidiäre Schutz aberkannt werden muss. Zudem ist der derzeit gültigen Judikatur auch zu entnehmen, dass nun eine Rückkehr für einen jungen Mann mit Bildung – Fähigkeit zu lesen und zu schreiben - und Berufserfahrung als zumutbar einzuschätzen ist. Dies wird durch die Länderinformationen sowie unzählige Erkenntnissen der obersten Gerichte so bestätigt. Eine familiäre Unterstützung direkt im Heimatland wäre für eine Rückkehr erst gar nicht mehr notwendig. Überdies sind Sie bei Ihrer afghanischen Familie aufgewachsen und sprechen die Sprachen Ihres Heimatlandes. Aus diesen Gründen müssen Sie auch die Gebräuche und Gepflogenheiten Ihres Heimatlandes kennen, womit eine Rückkehr problemlos möglich sein muss.

Im Zuge der Prüfung des Verlängerungsantrages wurde festgestellt, dass die Gründe, welche zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, somit nicht vorliegen, womit dieser abzuerkennen ist.

Würde die Behörde nun Ihrem Verlängerungsantrag stattgeben, dann wäre dies mit einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, welcher in der österreichischen Verfassung verankert ist, gleichzusetzten, zumal die obersten Gerichte festgestellt haben, dass eine Rückkehr für alleinstehende, junge und gesunde Männer - hier besonders nach Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif - möglich ist und Anträge auf internationalen Schutz laufend negativ entschieden und die Rückkehrentscheidungen durchgesetzt werden. Würde man nun Ihren Schutz weiter verlängern, käme es zu einer Ungleichbehandlung, welche in Österreich nicht zulässig ist. Überdies hätten Sie Ihren Bildungsstand massiv gesteigert und in Österreich eine weitere Sprache gelernt. Sie haben Ihren Erfahrungsschatz massiv erweitert, was Ihnen im Falle einer Rückkehr zugutekommen wird. Mit Ihrer Bildung und Ihrer Berufserfahrung haben Sie einen Bildungsgrad erreicht, welcher Sie in die Position bringt, dass Sie einer gesuchten Gruppe am Arbeitsmarkt in Afghanistan angehören. Wie den Länderinformationen eindeutig zu entnehmen ist und die auch schon dargestellt wurde, benötigt Ihr Heimatland gerade Menschen welche lesen und schreiben können. Sie sind in der Lage dies in Ihrer Muttersprache wie auch auf Deutsch zu tun. Sie haben gezeigt, dass Sie in kurzer Zeit die Schrift in einer fremden Sprache lernen konnten. Dies bringt Sie in eine derart gute Position am Arbeitsmarkt in Afghanistan, dass ebenso Ihre Bildung nun eine weitere ganz wesentliche Änderung darstellt und somit eine Rückkehr problemlos möglich sein muss.

Was die Lebenserfahrungen betrifft, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Sie mit Ihrem Aufenthalt in Österreich auch bereits unweigerlich von der Möglichkeit Gebrauch machten, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen, was Ihnen zweifelsohne im Falle einer Rückkehr in Anbetracht des damit gewonnenen Erfahrungsschatzes zugutekommen und entsprechend hilfreich sein wird. Wenn es um die Frage nach in Afghanistan bestehenden Netzwerken geht, ist in Ihrem Fall auf die Existenz der Verbindungen der Volksgruppe der Hazara, sowie auf internationale und auch nationale Unterstützungsmöglichkeiten für Rückkehrer nach Afghanistan hinzuweisen. Die breite Palette an solchen ermöglichte es Ihnen schon von Österreich aus, einen zumutbaren Weg und Ansatz für die Wiedereingliederung in die afghanische Gemeinschaft, insbesondere in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif zu ergreifen. Sie könnten schon jetzt über Facebook ein Netzwerk in Afghanistan aufbauen, auf welches Sie im Falle der Rückkehr zugreifen können würden.

In Ihrem Fall ist derzeit eine Rückkehr in die Heimatprovinz Maidan Wardak aufgrund der dort bestehenden Sicherheitslage, nicht zumutbar. Es würden Ihnen jedoch mehrere IFA (innerstaatliche Fluchtalternativen) mit Kabul, Mazar-e-Sharif und Herat zur Verfügung stehen. Auch dort könnten Sie Ihre Familie unterstützen und Sie wären nicht auf sich alleine gestellt. Sie können in Ihre Muttersprache sowie auf Deutsch lesen und schreiben, haben Berufserfahrung und konnten sich eine weitere Sprache sowie Bildung in Österreich aneignen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass Sie in der Lage sein werden, auch in Ihrem Heimatland eine Beschäftigung zu finden. Somit ist in Ihrem Fall schon von vornherein davon auszugehen, dass Sie bei einer Rückkehr nach Afghanistan, in die die Städte Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif, nicht vor eine unzumutbare Situation gestellt würden.

Darüber hinaus könnten Sie nun auch auf eine Vielzahl an internationalen Einrichtungen zurückgreifen, die Rückkehrer unterstützen; laut der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 01.02.2018 zählen zu den unterstützenden Akteuren neben der afghanischen Regierung auch internationalen Organisationen wie IOM (Internationale Organisation für Migration), die UN-Agentur UNHCR, US-amerikanische Organisationen wie USAID (Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung) und lokale Nichtregierungsorganisationen wie IPSO (International Psycho-Social Organisation) und AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation), an welchen Sie sich freilich im Falle Ihrer Rückkehr bedienen könnten. Weiters kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für Ihren Neubeginn im Heimatland gewährt werden, wobei Sie vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt werden. Dies wir auch durch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 12.10.2018 bestätigt – siehe dazu Länderinformationen.

Selbst wenn man in Ihrem Fall nicht zur Feststellung kommen würde, dass die Gründe für die Schutzgewährung nicht mehr vorliegen würde, es somit nicht zu einer maßgeblichen Änderung gekommen sein soll – was jedoch nicht der Fall ist -, müsste festgestellt werden, dass Gründe für eine Schutzgewährung nicht vorliegen würden, womit abermals gem. §9 Abs. 1, 1.Fall AsylG abzuerkennen wäre. Sie sind volljährig, arbeitsfähig und haben Bildung sowie Berufserfahrung. Des Weiteren leiden Sie an keiner lebensbedrohlichen und im Herkunftsland nicht behandelbaren Erkrankung. Eine Gefährdungslage für Sie persönlich ist wie bereits mehrfach festgestellt nicht gegeben, womit festzustellen ist, dass Sie keines internationalen Schutzes bedürfen.

Nach der Statusrichtlinie sind vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 MRK. (VWGH:2018:RA2018010106.L11) Somit würde in Ihrem Fall auch kein Grund für einen subsidiären Schutz vorliegen, womit abzuerkennen ist, zumal Sie eine Verfolgung nicht glaubhaft machen konnten.

Der EuGH hat im Urteil vom 18.12.2014, C-542/13, M´Bodj, klargestellt, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 MRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist. Diesen Unterschied zwischen der Gewährung von subsidiärem Schutz einerseits und der Non-refoulement-Entscheidung andererseits hat der EuGH im zeitgleichen Urteil C-562/13, Abdida, nochmals klargestellt (vgl. Rn. 33). In seinem Urteil vom 24. April 2018, C-353/16, MP, Rn. 45 und 46, hat der EuGH diese Sichtweise bestätigt. Er führte nochmals aus, dass der Schutz vor Ausweisung nach Art. 3 MRK auch unter Berücksichtigung von Art. 4 der GRC (Non-refoulement) von der Gewährung von subsidiärem Schutz nach der Statusrichtlinie zu unterscheiden ist. (VWGH:2018:RA2018010106.L08.1) In Ihrem Fall ist eine Abschiebung sehr wohl zulässig. Nicht jedoch gegeben ist eine Verfolgung durch einen Akteur, womit ein subsidiärer Schutz an sich schon auszuschließen wäre.

Dass Sie den Lebensunterhalt in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif bestreiten könnten, ist einerseits eindeutig den diesbezüglichen Länderinformationen zu entnehmen und andererseits machten Sie im Rahmen Ihres Verfahrens glaubhaft, dass Sie in Ihrer Muttersprache sowie auf Deutsch lesen und schreiben können sowie des Weiteren arbeitsfähig seien. Überdies ist nochmals anzumerken, dass Sie volljährig sind und es Ihnen nun zuzumuten ist, dass Sie auch unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Darüber hinaus könnten Sie, wie den Feststellungen zum Herkunftsland klar hervorgeht, zum Zwecke des Bestreitens des Lebensunterhaltes Unterstützungen, insbesondere in Zusammenhang mit einer Rückkehr, vom UNHCR oder IOM in Anspruch nehmen.

Rechtlich wurde dazu begründend ausgeführt:

„Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs.1) nicht oder nicht mehr vorliegen.

Während der 2. Fall des § 9 Abs.1 Z 1 AsylG jene Fälle betrifft, in denen sich die für die Erteilung maßgeblichen Voraussetzungen nach dem Erteilungszeitpunkt wesentlich geändert haben, stellt die erstgenannte Variante darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung nie vorgelegen haben. Die Bestimmung normiert in den angeführten Fällen eine Verpflichtung zur Aberkennung.

Mit Urteil vom 23.5.2019, Bilali, C-720/17, hat der EuGH zu Recht erkannt, dass Art. 19 Abs.1 in Verbindung mit Art. 16 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes dahin auszulegen sei, dass ein Mitgliedstaat den subsidiären Schutzstatus aberkennen müsse, wenn er diesen Status zuerkannt habe, ohne dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt gewesen seien, indem er sich auf Tatsachen gestützt habe, die sich in der Folge als unzutreffend erwiesen hätten, und obgleich der betroffenen Person nicht vorgeworfen werde könne, sie habe den Mitgliedstaat bei dieser Gelegenheit irregeführt. Der Gerichtshof verweist schließlich auf die Zielsetzung und allgemeine Systematik der Richtlinie, insbesondere auf Art. 18, der die Zuerkennung von subsidiären Schutzstatus nur an Personen vorsieht, die die genannten Voraussetzungen erfüllen. Wenn der Mitgliedstaat diesen Status nicht rechtmäßig gewähren durfte, muss er erst recht verpflichtet sein, ihn abzuerkennen, wenn sein Irrtum festgestellt wird (vgl. Urteil vom 24.6.2015, H.T., C-373/13)

Artikel 8 der Statusrichtlinie normiert die Möglichkeit der Nicht-Gewährung von internationalem Schutz, steht dem Antragsteller interner Schutz zur Verfügung (inländische Fluchtalternative).

Die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzes sind nach der österreichischen Rechtslage gemäß § 8 Abs. 1 und § 11 AsylG dann gegeben, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat

1.       eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder

2.       für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde und zudem

3.       eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht offen steht.

§ 8 Abs. 3 AsylG greift also die Möglichkeit des Art. 8 der Statusrichtlinie auf und bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass in jenem Fall, in dem dem Fremden eine innerstaatliche Schutzalternative zur Verfügung steht, die in § 8 Abs. 1 AsylG genannten Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht gegeben sind (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Das Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative ist im österreichischen Asylrecht also eine Erteilungsvoraussetzung.

Der Ansicht, dass im Aberkennungsverfahren die Frage des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgeklammert zu bleiben habe, weil § 9 Abs.1 Z 1 nur auf § 8 Abs. 1 AsylG, nicht aber auf § 8 Abs. 3 AsylG verweise, ist nicht zuzustimmen (VwGH v 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Der VwGH führt aktuell zur Aberkennung des subsidiären Schutzstatus aus, dass die Bestimmung des oben angeführten § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG das Ziel verfolge, sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt (vgl. VwGH 14.08.2019, Ra 2016/20/0038).

Der VwGH führt in diesem Erkenntnis aus: Dies wird auch in den Materialien zum Fremdenrechtspaket 2005 (RV 952 BlgNR 22. GP, 38) - wenngleich dort auch nur kurz angesprochen, so dennoch deutlich – zum Ausdruck gebracht, indem betont wird, dass der Fremde (auch) in einem solchen Fall den Schutz Österreichs nicht mehr benötige. Während der erste Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG die Konstellation erfasst, in der der Fremde schon im Zeitpunkt der Zuerkennung von subsidiärem Schutz die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, betrifft der von der Behörde und vom BVwG hier zur Anwendung gebrachte § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG jene Konstellationen, in denen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sind.

Dem dem Erkenntnis zugrundeliegenden Verfahren lag der Sachverhalt zugrunde, dass die fehlenden Voraussetzungen in der Person des Antragstellers gelegen waren, die Behörde damit Tatsachen den Asylwerber betreffend, die bereits im Zeitpunkt der Zuerkennung vorlagen, fälschlicherweise nicht berücksichtigt hat.

Allerdings trifft der VwGH in diesem Erkenntnis keinerlei Aussage darüber, wie vorzugehen ist, wenn die Behörde entscheidungsrelevante Tatsachen, die außerhalb der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht berücksichtigt hat. Die allgemeinen Erläuterungen des VwGH im oa Erkenntnis treffen eindeutig auch auf einen solchen Sachverhalt zu. Auch in einem solchen Fall würde eine Aberkennung des Schutzstatus nicht auf einer Änderung der relevanten Tatsachenumstände beruhen, sondern auf einer Neubewertung des bereits zum Zeitpunkt der Gewährung des Schutzstatus vorliegenden Sachverhaltes. Auch hier hat der Verweis auf die Materialen des Fremdenrechtspaketes (RV 952 BlgNr 22. GP, 38) Gültigkeit, wonach die Bestimmung des § 9 Abs.1 Z1 AsylG 2005 das Ziel verfolgt, sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig. Wenn die Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen, so ist abzuerkennen. Für Interpretationen etwa dahingehend, dass die Aberkennung etwa nur bei bestimmten Fällen von Tatsachenunkenntnis der Behörde anzuwenden wäre, besteht angesichts dieser Eindeutigkeit der Formulierung kein Raum.

Und tatsächlich wird in der Judikatur von einer weitreichenden Möglichkeit der Durchbrechung der Rechtskraft ausgegangen.

So führte bereits der AsylGH am 23.9.2010 in E9 318.625-2/2010 aus, dass die Konstellation des 1. Falles jener entspricht, die der „Zurücknahme“ der Anerkennung als Asylberechtigter zugrunde liegt – mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Fälle der vom AsylG 2005 vorgesehenen Zurücknahme Umstände betreffen, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil bereits zum Entscheidungszeitpunkt Asylausschlussgründe vorgelegen sind. Bei der Aberkennung des subsidiären Schutzes stellt das AsylG 2005 hingegen lediglich darauf ab, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Eine Differenzierung, ob die Voraussetzungen mangels Schutzwürdigkeit oder mangels Schutzbedürftigkeit nicht vorgelegen haben, nimmt das Gesetz nicht vor. Diese Abänderung sieht die Abänderung einer rechtskräftigen Entscheidung vor.

Der AsylGH bestätigt die von der ersten Instanz vorgenommene Durchbrechung der Rechtskraft, bewertet die Rückkehrgefährdung neu und bestätigt die Aberkennung des Schutzstatus: Das Ermittlungsergebnis ergab, dass die Voraussetzungen weder zum Zeitpunkt ihrer Zuerkennung vorlagen, noch aktuell gegeben sind. Die Grundlagen für die amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf Basis des § 9 Abs.1 Z 1, 1. Fall AsylG 2005 liegen somit vor.

In der Entscheidung W151 2111715-2/17E vom 09.09.2019 stellt das BVwG fest, dass „Fremde nicht über den Status des subsidiären Schutzes verfügen sollen, wenn sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen. Es ist in einem solchen Fall mit einer Aberkennung vorzugehen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Gewährung auch tatsächlich vorgelegen haben oder ob sie nachträglich weggefallen sind. Im Aberkennungsverfahren ist demnach eine aktuelle Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes vorzunehmen, was sich erstens schon aus der Formulierung des ersten Falles des § 9 Abs.1 Z 1 AsylG ergibt, und zudem durch die Rechtsprechung des VwGH Bestätigung findet.“

Gestützt auf diese Bestimmung nimmt das BVwG schließlich eine Aberkennung wegen Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative vor und stellt dabei fest, dass sich die Umstände seit der Zuerkennung des Status nicht wesentlich und nachhaltig verändert haben. Unabhängig davon, wieso diese im Zeitpunkt der Erteilung des Schutzes nicht berücksichtigt wurde, beurteilt das BVwG die allgemeine Lage rein zum jetzigen Zeitpunkt und gelangt zur Feststellung, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative dem Status des subsidiär Schutzberechtigten entgegen stehe.

Wie oben bereits kurz angeschnitten, würde es auch der Systematik und den Zielen der Statusrichtlinie widersprechen, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen (EuGH 23.05.20019, Bilali, C-720/17). Damit stellte der EuGH klar, dass die Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen nicht in den Anwendungsbereich der Statusrichtlinie fällt und es für die Gewährung nationalen Schutzes aus solchen Gründen einer Form bedarf, die die Gefahr der Verwechslung mit der Schutzgewährung im Sinne der Statusrichtlinie ausschließt (VwGH 21.5.2019, Ro 2019/01/0106).

Um Härtefälle, die sich im Zuge einer Aberkennung ergeben können, zu vermeiden, hat die österreichische Rechtsordnung die Verpflichtung der Behörde normiert, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, wenn dies im Sinne des Artikel 8 EMRK geboten ist. Keinesfalls aber kann einem Drittstaatsangehörigen der subsidiäre Schutz aus anderen Erwägungen als denen in § 8 AsylG 2005 genannten beibehalten werden.

Im Aberkennungsverfahren ist demnach eine aktuelle Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes vorzunehmen.

Im gegenständlichen Fall ist aus folgenden Gründen gem. § 9 Abs. 1 Z. 1, 1.Fall AsylG abzuerkennen:

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, sind in Ihrem Fall die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht vorliegend, umso mehr Sie auf Nachfragen des zur Entscheidung berufenen Organwalters auch nichts vorbrachten oder glaubhaft machten, dass eine aktuell vorliegende Gefährdung Ihrer Person im gesamten Heimatstaat annehmen ließe.

Es konnte zwar für Ihr unmittelbares Herkunftsgebiet in der Provinz Maidan Wardak eine reale Gefahr im Sinne einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts erkannt werden. Nicht aber konnte festgestellt werden, dass Ihnen aktuell keine innerstaatliche Fluchtalternative offen stünde.

Den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 entsprechend braucht es keiner externen Unterstützung, um für alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten vorliegen, eine IFA in den Städten Mazar-e Sharif und Herat erkennen zu können. Auch entspricht es der Rechtsprechung des VwGH, dass es einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden kann, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren wurde, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen ist (vgl. VwGH Ra 2019/20/0175).

Den obigen Ausführungen entsprechend (siehe dazu Feststellungen und Beweiswürdigung) fallen Sie schließlich unter die Personengruppe, der eine IFA in Kabul, Mazar-e-Sharif und auch Herat offensteht, umso mehr in Ihrem Fall auch keinerlei besondere Gefährdungsfaktoren hervorgekommen sind. Zudem sollen Sie schon mehrfach in Kabul gelebt haben, womit in dieser Stadt von Ortskenntnissen und sozialen Kontakten auszugehen ist.

Auf Grundlage des aktuellen Kenntnisstandes der Behörde zu der Situation in Ihrem Heimatland wird festgestellt, dass Sie derzeit nicht die Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1 und § 11 AsylG erfüllen, weshalb auch gemäß § 9 Abs. 1 Z 1, erster Fall des AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten abzuerkennen war.

Der Vollständigkeit halber wird ausgeführt, dass diese nunmehrige Entscheidung keineswegs von einer Änderung der Rechtsprechung alleine getragen ist, sondern von einer Aktualisierung des Kenntnisstandes der Behörde zur allgemeinen Situation in Ihrem Heimatland.

Berücksichtigt wurde dabei auch Ihre konkrete Einzelsituation, wobei das Ermittlungsverfahren spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu Tage brachte, die im Zeitpunkt der Zuerkennung des Schutzstatus keine Berücksichtigung fanden (siehe dazu Feststellungen zu Ihrer Person und die entsprechende Beweiswürdigung).“

1.8. Gegen den Bescheid wurde seitens des BF fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.03.2021 eine mündliche Verhandlung durch, zu der die belangte Behörde entschuldigt nicht erschien. Der BF gab an, dass er die B1-Prüfung mehrmals versucht, allerdings nicht bestanden habe. Derzeit sei er nachts als Reinigungskraft erwerbstätig. Zuvor habe er in einem Fast-Food-Lokal als Abräumer und in der Küche gearbeitet. In Afghanistan habe er keine Verwandten mehr, seine Mutter und Brüder lebten im Iran. Sein Bruder habe als Schumacher gearbeitet, aber seine Arbeit wegen der Corona-Pandemie verloren. Sein Bruder habe keinen Aufenthaltstitel mehr und laufe daher Gefahr, aus dem Iran abgeschoben zu werden. Er unterstütze seine Familie im Iran finanziell.

In Afghanistan habe er zwei Monate in Kabul verbracht. Die Familie habe in den Jahren 2007 bis 2009 Maidan Wardak verlassen, weil dort Gefahr drohte und sei dann wieder zurückgekehrt. In Maidan Wardak habe er als Tagelöhner auf Feldern gearbeitet. In Kabul seien sie in einer Moschee untergekommen. Er habe keine Bekannten oder Freude in Kabul. 2013 sei er in den Iran ausgereist.

1.10. Am 07.04.2021 wurde eine Stellungnahme des BF übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des BF steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Afghanistan sowie Mitglied der Volksgruppe der Hazara. Der BF stammt aus der Provinz Maidan Wardak. Er reiste im Jahr 2013 bzw. 2014 in den Iran, wo er sich bis zu seiner Ausreise nach Europa aufhielt. Er ist volljährig und arbeitsfähig. Er leidet an keinen schweren psychischen oder physischen Erkrankungen.

Der BF spricht Dari und Deutsch auf Niveau A2. Er verfügt über eine fünfjährige Schulbildung und war in Afghanistan als Tagelöhner und im Iran als Schuhmacher tätig. In Österreich war der BF als Küchenhilfe und Reinigungskraft erwerbstätig. Anhaltspunkte für eine Berufsausbildung liegen nicht vor. Die Familienangehörigen des BF sind allesamt im Iran ansässig. Der BF hat keine Verwandten in Afghanistan, hält aber zu seinen Familienangehörigen im Iran Kontakt.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

Dem BF wurde nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet und Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 02.02.2018 erteilt. Seither wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid vom 17.01.2018 einmal verlängert. Mit Schreiben vom 23.12.2019 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung.

1.2. Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in der Herkunftsprovinz der Familie des BF Maidan Wardak, sowie in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und Kabul, haben sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2017 bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.01.2018 nicht wesentlich und nachhaltig verändert.

Das Bundesverwaltungsgericht bzw. das Bundesamt unterlag im Zeitpunkt der Zuerkennung bzw. Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten keinem Tatsachenirrtum.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Punkt II.1. ergeben sich aus den insoweit unstrittigen Verwaltungs- und Gerichtsakten des BF.

Seitens der belangten Behörde wurde im Rahmen der Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten festgestellt, dass hinsichtlich des BF die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen.

Das Bundesverwaltungsgericht stütze im Erkenntnis vom 03.02.2017 die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich darauf, demzufolge der BF über keine Schul- und Berufsausbildung und in Afghanistan über kein familiäres oder soziales Netzwerk verfüge. Hinsichtlich dieser persönlichen Umstände ist auch unter Zugrundelegung der im bekämpften Bescheid diesbezüglich getroffenen Feststellungen bislang keine entscheidungswesentliche Änderung eingetreten. Der BF hat schon im Iran Berufserfahrung als Schuhmacher gesammelt, aber er hat in Österreich keine Berufsausbildung absolviert und nur einfache Tätigkeiten als Küchenhilfe und Reinigungskraft verrichtet. Dem Bundesamt war auch schon im Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten die uneingeschränkte Erwerbsfähigkeit des BF bekannt.

Im Verlauf eines Vergleichs der individuellen Situation des BF sowie der Sicherheits- und insbesondere Versorgungslage in Afghanistan zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der rechtskräftigen Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung einerseits und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides bzw. der vorliegenden Entscheidung andererseits konnte auch nicht festgestellt werden, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, zwischenzeitig wesentlich und nachhaltig verändert hätten. Dabei erfolgte insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2017 zugrunde gelegten Länderberichte sowie jener der belangten Behörde zum Zeitpunkt der letzten Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung vorliegenden Informationen aus dem entsprechenden Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zu Afghanistan vom 02.03.2017 (Stand: 21.12.2017) mit der Berichtslage, die das Bundesamt bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat.

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage sowie die Erreichbarkeit der als innerstaatliche Fluchtalternative angeführten Städte Mazar-e Sharif, Herat und Kabul. Eine diesbezüglich maßgebliche und nachhaltige Lageänderung kann seit dem Zeitpunkt der letzten Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nicht erkannt werden, wobei dies im bekämpften Bescheid auch nicht einmal behauptet wurde. Auch ein Vergleich der vom Bundesamt im bekämpften Bescheid angeführten UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 lässt im Hinblick auf die darin angeführte Ausnahme für alleinstehende, leistungsfähige Männer keinen wesentlichen Unterschied zur gleichnamigen UNHCR-Richtlinie vom 19.04.2016 erkennen (vgl. zur aktuellen Situation aber auch VfGH 09.06.2020, Zl. E 3393/2019-16; VfGH 26.06.2020, Zl. E 810-816/2020-13; VwGH 21.10.2020, Zl. Ra 2020/18/0284).

Eine allgemein in Afghanistan eingetretene und für den gegenständlichen Fall relevante Lageänderung kann sohin sowohl im Vergleich zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als auch im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides verneint werden (vgl. dazu etwa auch BVwG 21.02.2020, Zl. W229 2203885-1/6E; BVwG 25.06.2020, Zl. W169 2153738-2/5; BVwG 25.06.2020, Zl. W242 2150296-3/6E; BVwG 02.07.2020, Zl. W278 2228621-1/5E).

Die Feststellungen zur aktuellen maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen samt zitierter Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Es kann – insbesondere angesichts des kurzen Zeitraumes - auch ausgeschlossen werden, dass sich die maßgebliche Situation in Afghanistan seit der bekämpften Entscheidung zwischenzeitlich nachhaltig verbessert hätte, wobei auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen (vgl. dazu etwa BVwG 19.10.2020, Zl. W266 2189955-1/10E; BVwG 14.10.2020, Zl. W109 2160438-1/37E; BVwG 13.10.2020, Zl. W127 2127910-2/11E).

Die Feststellung, dass das Bundesamt bei Zuerkennung bzw. Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten keinem Tatsachenirrtum unterlag, ergibt sich daraus, dass dies von der Behörde im bekämpften Bescheid weder erkennbar dargetan wurde, noch aus den entsprechenden Verwaltungsakten sowie den vom Bundesamt zum Zeitpunkt der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung herangezogenen Länderinformationen ersichtlich ist. Das BFA stellte zwar im angefochtenen Bescheid Folgendes fest: „Die oben genannten (positiven) persönlichen Eigenschaften lagen zum Zeitpunkt der Schutzgewährung vor, waren der Behörde allerdings nicht bekannt.“, legte aber nicht dar, auf welche positiven Eigenschaften sie sich konkret bezieht. Der Beweiswürdigung ist zu entnehmen, dass das BFA unter anderem die Feststellungen „Sie überzeugen mit Ihrer Flexibilität sowie Aufgeschlossenheit. Sie stellen sich in Österreich als eine Person mit einer raschen Auffassungsgabe dar. Sie sind anpassungsfähig sowie anpassungswillig.“ als „neue“ positive Eigenschaften ansieht. Die Beweiswürdigung legt allerdings nicht dar, aus welchem Grund dem Bundesverwaltungsgericht diese positiven Eigenschaften vor Erlassung der Entscheidung am 03.02.2017 nicht bekannt gewesen wären und aus welchem Grund diese Charaktereigenschaften den BF nunmehr in die Lage versetzen könnten, seinen Lebensunterhalt auch ohne soziales oder familiäres Netzwerk in Afghanistan zu erwirtschaften. Vor dem Hintergrund der Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.02.2017 („Außerhalb seiner Herkunftsregion hat der BF keine erwiesenen sozialen Anknüpfungspunkte. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimatprovinz müsste der BF aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, Eingriffe in seine körperliche Integrität oder eine Bedrohung seines Lebens zu erleiden. (…) Der BF würde im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan in eine aussichtslose und existenzbedrohende Lage geraten.“) fehlt es auch an der Relevanz dieser Charaktereigenschaften im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK.

Betreffend seine Schulbildung machte der BF im Verfahren unterschiedliche Angaben. In der Erstbefragung am 13.05.2015 gab er an, vier Jahre die Grundschule besucht zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.12.2016 behauptete er, nie eine Schule besucht zu haben. In seiner Einvernahme am 31.01.2020 gab er wieder an vier bis fünf Jahre eine Koranschule besucht zu haben und in seiner Muttersprache lesen und schreiben zu können. In der Verhandlung am 15.03.2021 brachte der BF vor, nur geringe Kenntnisse der Schriftsprache in Farsi zu haben, weshalb er auch Probleme beim Erlernen der deutschen Sprache habe. Es bleibt daher letztlich ungeklärt, ob der BF über Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben auf Dari bzw. Farsi verfügt. In Bezug auf die Schulbildung des BF ist daher kein entscheidungsrelevanter Tatsachenirrtum des Bundesverwaltungsgerichts feststellbar.

Bezüglich seiner Berufserfahrung gab der BF gleichbleibend an, dass er in Afghanistan als Tagelöhner in der Landwirtschaft und im Iran als angelernter Schuhmacher gearbeitet habe. Diesbezüglich liegt kein Tatsachenirrtum vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

Zu Spruchteil A):

2. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

2.1. § 8 AsylG 2005 lautet:

„(1) Einem Fremden ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

[…]

Nach Abs. 3 leg. cit. sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

Gemäß Abs. 4 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

[…]“

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Gemäß § 11 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

2.2. Vorauszuschicken ist, dass sich das Bundesamt in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheids ausdrücklich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG bezog.

Im ersten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG stellt das Gesetz darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nie vorgelegen sind. Dieser Tatbestand korrespondiert mit Art. 19 Abs. 3 lit. b der Statusrichtlinie, nach dem eine Aberkennung oder Nichtverlängerung des Status dann erfolgt, wenn eine falsche Darstellung oder das Verschweigen von Tatsachen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ausschlaggebend war. Zur Frage, ob sich § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG nur auf den eben genannten "Erschleichungstatbestand" der Statusrichtlinie oder aber auf jede (vom Fremden nicht zu vertretende) Änderung des Kenntnisstandes der Behörde bezieht, ist auf die Entscheidung des EuGH vom 23.05.2019, C-720/17, zu verweisen.

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Im gegenständlichen Fall hat die Behörde die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG gestützt. Begründend wurde einerseits ausgeführt, dass im Lichte der Judikatur der Höchstgerichte (und des EuGH) im Aberkennungsverfahren eine aktuelle Prüfung (im Sinne einer Neubewertung) des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes vorzunehmen sei. Die Behörde ging davon aus, dass die Gewährung des subsidiären Schutzes aufgrund ausbleibender Berücksichtigung einer zwingenden Voraussetzung, nämlich der ordnungsgemäßen Prüfung des Vorliegens einer tauglichen IFA, erfolgt sei.

Zunächst ist festzuhalten, dass (lediglich) eine andere rechtliche Beurteilung oder Würdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts dem Wegfall oder (zumindest) der maßgeblichen Änderung jener Umstände, die zur rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes geführt haben, nicht gleichzuhalten ist.

Entgegen der Rechtsansicht der Behörde ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG nicht, dass im Zuge eines Verfahrens über einen Antrag auf Verlängerung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine Neubewertung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts geboten und zulässig wäre (vgl. u.a. Bescheid 31.05.2019, S 109f).

So verwies der VwGH in seiner Entscheidung vom 29.01.2020, Ra 2019/18/0367, auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach es unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkungen von Bescheiden nicht zulässig ist, die Aberkennung (im dort entschiedenen Fall: gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005) auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG 2005 (die nur im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung erteilt werden darf) nicht geändert hat (VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0155, Rz 25).

Diese Überlegungen hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 2019, Ra 2019/14/0153, auch auf Fälle übertragen, in denen die Aberkennung auf § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 gestützt wird. Nichts anderes kann in Fällen gelten, in welchen die Aberkennung auf § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG gestützt wird.

Auch aus der Statusrichtlinie ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Neubewertung des Sachverhalts geboten wäre. Gemäß Art. 19 Abs. 1 der Statusrichtlinie erkennen die Mitgliedstaaten bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 leg. cit. nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Statusrichtlinie hat ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

In der Entscheidung Bilali gegen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2009, C-720/17, führt der EuGH hinsichtlich der Systematik der Statusrichtlinie (unter anderem) Folgendes aus:

"Aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 ergibt sich, dass ein Kausalzusammenhang besteht zwischen der Änderung der Umstände nach Art. 16 dieser Richtlinie und der Unmöglichkeit für den Betroffenen, seinen Status des subsidiär Schutzberechtigten zu behalten, da seine ursprüngliche Furcht, einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie zu erleiden, nicht mehr begründet erscheint. Zwar ergibt sich eine solche Änderung im Allgemeinen daraus, dass sich die tatsächlichen Umstände im Drittland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht zum einen Art. 16 der Richtlinie 2011/95 nicht ausdrücklich vor, dass sein Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist, und zum anderen kann eine Änderung des Kenntnisstands des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, dass Letztere einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 dieser Richtlinie erleidet, im Licht der neuen Informationen, die diesem Mitgliedstaat zur

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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