Entscheidungsdatum
08.06.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I421 2242978-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SLOWAKEI, vertreten durch die XXXX gegen den Bescheid der BFA, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 12.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. insofern stattgegeben, dass die Dauer des befristeten Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des XXXX vom 01.02.2021 wurde das Bundesamt für Fremden- und Asylwesen (im Folgenden: belangte Behörde, BFA) darüber informiert, dass über den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) am 30.01.2021 wegen §§ 127, 131 StGB Untersuchungshaft verhängt worden ist.
2. Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX vom wurde das BFA in weiterer Folge darüber verständigt, dass gegen den BF Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben wurde.
3. Mit Schreiben vom 15.02.2021 wurde der BF von der belangten Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gem. § 67 FPG, in eventu Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides gem. § 76 FPG verständigt. Gleichzeitig wurde ihm für die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eine Frist von 10 Tagen ab Zustellung der Verständigung eingeräumt, wobei der BF diese ungenützt verstreichen ließ.
4. Am 19.03.2021, rechtskräftig mit dem selbigen Tag, wurde der BF seitens des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB, wegen des Vergehens des teils gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Absatz 1 erster Fall StGB und des Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Absatz 1 StGB unter Anwendung von §§ 28 Absatz 1, 38 Absatz 1, Ziffer 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.
5. Mit Schreiben vom 24.03.2021 wurde mitgeteilt, dass der BF in Strafhaft übernommen wurde und sein voraussichtliches Strafende der 29.09.2022 sein wird.
6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.04.2021, Zl. XXXX , wurde gegen den BF gemäß § 67 Absatz 1 und 2 FPG ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Absatz 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und seiner Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Absatz 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
7. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der BF durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig mit Schreiben vom 2021, beim BFA eingelangt am selbigen Tag, das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Entscheidung ohne Durchführung einer Einvernahme erlassen worden sei und dies einen groben Verfahrensmangel darstelle und die Rechte des BF verletzt worden seien. Das BFA habe es daher unterlassen den BF zu seinen genauen Lebensumständen zu befragen und habe sich kein abschließendes Bild über den BF machen können. Zudem sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden, weil das BFA dem BF für die Stellungnahme zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung nur eine Frist von 10 Tagen eingeräumt hätte und es dem BF, weil er der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei, faktisch nicht möglich gewesen sei, das Schreiben zu verstehen und eine Stellungnahme zu verfassen. Weiters seien die Feststellungen der Behörde mit Fehlern behaftet und die Ausführungen der Behörde in der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar. Zudem habe die Behörde die Milderungsgründe und die Tatsache, dass der BF seine Taten sehr bereue, gänzlich unberücksichtigt gelassen. Auch habe die Behörde zu den dem BF angelasteten und den Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bildenden Straftaten im angefochtenen Bescheid nur Textbausteine angeführt, das aber nicht für eine nachvollziehbare Gefährdungsprognose ausreiche. Weiters habe das BFA vermeint, dass die Erlassung eines auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot angemessen sei, schreibe jedoch im Spruchpunkt 1 der Beschwerde, dass das Aufenthaltsverbot mit 10 Jahren zu bemessen wäre. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für die Dauer von 10 bzw. 5 Jahren stehe jedenfalls nicht in einem angemessenen Verhältnis zum persönlichen Verhalten des BF und erscheine unverhältnismäßig und rechtswidrig. Beantragt werde daher, das Bundesverwaltungsgericht möge, eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen, der vorliegenden Beschwerde stattgeben und das Aufenthaltsverbot ersatzlos beheben; in eventu die Gültigkeitsdauer des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes entsprechend reduzieren; in eventu, die angefochtene Entscheidung beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
8. Mit Schriftsatz vom 18.05.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 01.062021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige, ledige BF ist Staatsangehöriger der Slowakei. Seine Identität steht fest. Der BF ist am XXXX in der Slowakei geboren.
Der BF war vom 12.09.2014 bis 19.08.2017 im Bundesgebiet obdachlos gemeldet, anschließend vom 19.08.2017 bis 18.10.2017 in der XXXX untergebracht, in weiterer Folge von 02.11.2017 bis 07.11.2017 im XXXX in der XXXX melderechtlich erfasst und schließlich vom 14.11.2017 bis zum 05.03.2018 wiederum obdachlos. Anschließend war er von 05.03.2018 bis 27.11.2019 im XXXX in der XXXX melderechtlich erfasst, jedoch nicht ununterbrochen. Seit 29.01.2021 ist der BF wiederum in der XXXX untergebracht. Der BF verfügt über kein verfestigtes Leben in Österreich und über keine persönlichen Bindungen.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er hat den Beruf des XXXX erlernt. In Österreich war der BF zuletzt im März 2016 für einen Tag beschäftigt und versichert, zuvor war der BF von Oktober 2014 bis Jänner 2015 beschäftigt und versichert. Seither ist der BF im Bundesgebiet keiner Beschäftigung mehr nachgegangen und bezieht keine Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Maßgebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration des BF in Österreich in beruflicher und sozialer Hinsicht waren nicht festzustellen.
Der BF reiste trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes mehrmals illegal in Österreich ein.
Der Strafregisterauszug des BF weist folgende Verurteilungen auf:
01) XXXX
Datum der (letzten) Tat: 20.09.2016
Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Junge(r) Erwachsene(r)
zu XXXX RK 11.11.2016
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG F.STRAFS. XXXX vom 27.09.2017
zu BG XXXX RK 11.11.2016
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 19.03.2021
02) XXXX
§ 15 StGB §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB
Datum der (letzten) Tat: 18.08.2017
Freiheitsstrafe 8 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 27.09.2017
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 18.10.2017
LG F.STRAFS.WIEN 142 HV 76/2017p vom 20.10.2017
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 27.09.2017
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG F.STRAFS.WIEN 054 HV 9/2021v vom 19.03.2021
03) XXXX
§§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB
§ 132 (1) StGB
§§ 127, 131 1. Fall StGB
Datum der (letzten) Tat: 22.10.2020
Freiheitsstrafe 18 Monate
Zuletzt wurde der BF mit Urteil des XXXX vom 19.03.2021, rechtskräftig am selbigen Tag, zu GZ XXXX für schuldig befunden, mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern
I./ und zwar durch Zueignung, nachgenannten Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen,
A./ weggenommen
a./ am 22.10.2020 Gewahrsamsträgern des XXXX , eine Hose und ein Hemd im Wert von insgesamt EUR 89,97, wobei er bei Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten, indem er dem XXXX versuchte zwei Faustschläge zu versetzen, wobei dieser einen Schlag abwehren konnte;
B./ wegzunehmen versucht, und zwar
1./ am 30.8.2020 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit XXXX als Mittäter (§ 12 StGB) Verfügungsberechtigten des Unternehmens BILLA, diverse Lebensmittel im Gesamtwert von EUR 24,42;
2./ gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB)
a./ am 25.4.2018 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten XXXX als Mittäter (§ 12 StGB), Verfügungsberechtigten des XXXX zwei Westen der Marke Armani in einem EUR 5000,- nicht übersteigenden, zumindest jedoch im Wert von EUR 129,99, indem sie diese in die Umkleidekabinen mitnahmen, die Diebstahlsicherung entfernten, XXXX eine in seinem Rucksack verstaute und XXXX eine unter seiner Kleidung verbarg, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil sie vom Ladendetektiv dabei beobachtet und angehalten wurden;
b./ am 2.11.2017 Verfügungsberechtigten des Unternehmens XXXX eine Racer Maus im Wert von EUR 79,99, wobei es beim Versuch blieb, weil er nach Passieren des Kassenbereiches durch ein Wachorgan angehalten wurde;
II./ im Zeitraum 15.11.2018 bis 14.3.2019 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten XXXX und XXXX als Mittäter (§ 12 StGB) in einem leerstehenden Kindergarten, aus einer Anlage, die der Gewinnung, Umformung, Zuführung oder Speicherung von Energie dient, Energie entzogen, wodurch ein Schaden in nicht mehr feststellbarer Höhe, jedenfalls aber EUR 5.000,-- nicht überschreitender Schaden entstand.
Hierdurch hat der BF zu I./A./ das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB; zu I./B./ das Vergehen des teils gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Absatz 1 erster Fall StGB und zu II./ das Vergehen der Entziehung von Energie nach § 132 Absatz 1 StGB begangen, weswegen er gemäß § 131 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt wurde. Mildernd wurden dabei das teilweise Geständnis, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist sowie die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend hingegen das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und Vergehen, die Tatbegehung während offener Probezeit sowie die einschlägigen Vorstrafen gewertet.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Zum Sachverhalt
Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt, dem Strafurteil zu XXXX , den Angaben in seiner Beschwerde sowie den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister, im Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister und einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem sowie einem Sozialversicherungsdatenauszug.
Die Angaben hinsichtlich seiner Identität samt Staatsangehörigkeit und Geburtsdatum wurden durch die Strafverfolgungsbehörden verifiziert und waren daher nicht in Zweifel zu ziehen. Zudem ist seine Identität im Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister auch durch seinen Personalausweis (Nummer XXXX ) bestätigt worden.
Die Feststellung zum Familienstand „ledig“ ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu seiner Person und dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Die Angaben hinsichtlich der melderechtlichen Erfassung des BF konnten aufgrund eines aktuellen Auszuges aus dem Melderegister getroffen werden. Hierbei wurde nicht durchgehend eine Erfassung dokumentiert und stand der Aufenthalt des BF somit nicht ununterbrochen fest. Der Umstand, dass der BF in Österreich über kein verfestigtes Leben verfügt, ergibt sich daraus, dass der BF über keinen Unterstand in Österreich verfügt und entweder im XXXX , in der XXXX oder obdachlos erfasst war.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand wird durch seine Haftfähigkeit indiziert und wurde auch nichts Gegenteiliges im gesamten Akt ersichtlich. Daraus lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit des BF schließen, welche weiters im erwerbsfähigen Alter des BF begründet liegt. Dass der BF den Beruf des XXXX erlernt hat, ergab sich aus der im Akt liegenden Personeninfo (AS 70; 79).
Im AJ-Web Auszug war ersichtlich, dass der BF zuletzt am 15.03.2016 einen Tag bei der XXXX und bei der XXXX versichert war. Zuvor war der BF von 01.10.2014 bis 16.01.2015 bei der XXXX beschäftigt und über die XXXX versichert. Zudem war daraus sowie aus dem Strafurteil zu entnehmen, dass der BF keiner Beschäftigung nachgeht. Daher war auch keine tiefgreifende Integration des BF am österreichischen Arbeitsmarkt festzustellen. Eine maßgebliche Integration in sozialer Hinsicht scheitert an den Verurteilungen des BF, alle in Zusammenhang mit Diebstahlsdelikten, wobei die diesbezüglichen Details seiner letzten Verurteilung samt Milderungs- und Erschwernisgründe dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX zu XXXX zu entnehmen waren (AS 84).
Dass gegen den BF schon mehrmals eine aufenthaltsbeendende Maßmaßnahme erlassen wurde, er trotzdem immer wieder illegal ins Bundesgebiet einreiste, war aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem Auszug aus dem zentralen Fremdenregister zu entnehmen.
Auch wurde amtswegig mit 02.06.2021 ein Strafregisterauszug zur Person des BF eingeholt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 8 FPG gilt als EWR-Bürger ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Aufgrund der slowakischen Staatsangehörigkeit ist der BF EWR-Bürger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmungen.
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Zur Verhängung eines Aufenthaltsverbots (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1 Rechtslage
Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF lautet:
§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) […]
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet wie folgt:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs 4 aufgehoben durch Art 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
§ 53a (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
[…]
Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet wie folgt:
§ 66 (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall
Dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister zufolge hält sich der BF (mindestens) seit September 2014 im Bundesgebiet auf, dies jedoch weder rechtmäßig noch ununterbrochen, zumal über den BF mehrmals rechtskräftig eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wurde, erstmals mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.10.2017, der BF in weiterer Folge dennoch immer wieder illegal ins Bundesgebiet einreiste. Zudem erfüllt der BF auch nicht die Voraussetzungen des §§ 51 und 52 NAG. Aus diesem Grund ist weder § 53a NAG noch in der Folge der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG (vgl. VwGH 2014, 2013/21/0135; VwGH 2013, 2012/18/0228, VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181), nämlich, dass sein Aufenthalt eine „schwerwiegende“ Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen muss, zur Anwendung zu bringen.
Entsprechend § 67 Abs 1 FPG ist damit die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung ist bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305). Dabei hat das VwG von Amts wegen – wenn auch unter Mitwirkung des Fremden – den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104 mit Hinweis auf VwGH 19.1.2017, Ra 2016/08/0173; VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, VwSlg. 18886 A).
Zuletzt wurde der BF seitens des XXXX wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB, wegen des Vergehens des teils gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 Absatz 1 erster Fall StGB und des Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Absatz 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.
Bereits zuvor hat der BF durch das XXXX nach § 127 StGB § 15 StGB mit 7.11.2016, rechtskräftig seit 11.11.2016, eine Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, sodann verlängert auf fünf Jahre, erfahren.
In weiterer Folge wurde der BF auch vom XXXX nach § 15 StGB §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB am 27.9.2017, rechtskräftig am selbigen Tag, zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten, wobei 6 Monate bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren verhängt wurden, verurteilt.
Das Verhalten des BF lässt erkennen, dass der BF aufgrund seiner Verurteilungen und unter Mitberücksichtigung der gegen ihn mehrmals verhängten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Entscheidungswesentlich gilt es dabei zu beachten, dass es sich nunmehr um die dritte strafgerichtliche Verurteilung des BF im Zusammenhang mit Diebstahlsdelikten handelt und er zudem – entsprechend dem Strafregisterauszug – während offener Probezeit seine neuerlichen strafbaren Handlungen beging. Ferner gilt es zu beachten, dass der BF bei seiner zweiten Verurteilung zwei Monate in Haft gewesen ist und ihn folglich auch das Verspüren von Haftübel nicht davon abhalten ließ, neuerlich straffällig zu werden. Vielmehr ist der BF letztlich unter anderem wegen eines räuberischen Diebstahls verurteilt worden, weil er im Zuge des Diebstahls Gewalt gegen eine Person angewendet hat. Für den erkennenden Richter lässt sich daher gegenständlich kein positiver Gesinnungswandel des BF erkennen.
Ohnedies bleibt festzuhalten, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0112 mit Hinweis auf VwGH 22.05.2014, Ra 2014/21/0014. Der BF verbüßt gegenwärtig seine auf die Dauer von achtzehn Monaten verhängte Freiheitsstrafe und ist bereits auf dieser Grundlage gegenständlich keinesfalls von einem Gesinnungswandel auszugehen und eine positive Zukunftsprognose auszuschließen.
Im persönlichen Verhalten des BF ist entsprechend den obigen Ausführungen jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu erblicken, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dabei verkennt der erkennende Richter nicht, dass der BF teilweise gestanden hat, es teilweise beim Versuch geblieben ist und eine teilweise Schadengutmachung vorliegt, jedoch haben aber auch die Erschwernisgründe der einschlägigen Vorstrafen, des Zusammentreffens von Verbrechen und Vergehen und die Tatbegehung während offener Probezeit eine entsprechende Berücksichtigung zu erfahren.
Die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots maßgebliche Gefährdungsannahme des § 67 Abs 1 iVm § 67 Abs 2 FPG ist sohin erfüllt.
Weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist, dass ein damit verbundener Eingriff in das Familien- und Privatleben verhältnismäßig sein muss, wobei es eine Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmen gilt.
Gegenständlich bleibt hinsichtlich der beruflichen Integration neuerlich festzuhalten, dass die letzte Beschäftigung des BF am 15.03.2016 einen Tag bei der XXXX war und er zuvor von 01.10.2014 bis 16.01.2015 bei der XXXX beschäftigt war und demnach seine letzte Erwerbstätigkeit mittlerweile eine lange Zeit zurückliegt. Der BF hat sohin nicht von seinem Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht. Der Aufenthalt des BF im Inland wird zudem durch die mehreren erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die der BF nicht einzuhalten vermochte, und durch die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF erheblich relativiert (vgl. VwGH 06.10.2020, Ra 2019/19/0332).
Neben den privaten Interessen ist bei der Einschätzung des persönlichen Interesses auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 05.10.2020, Ra 2020/19/0330 mit Hinweis auf VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247, mwN). Der Begriff des Familienlebens in Art 8 EMRK umfasst jedenfalls die Beziehung von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten und schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art 8 Abs 1 MRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152 mit Verweis auf VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).
Im vorliegenden Fall geht der erkennende Richter wie die belangte Behörde in ihrem Bescheid davon aus, dass der Lebensmittelpunkt des BF nach wie vor in der Slowakei liegt und keine familiären Bindungen zu Österreich bestehen, zumal auch nichts Gegenteiliges in der Beschwerde vorgebracht wurde und aus dem Akt ersichtlich geworden ist. Vielmehr lässt auch der Umstand, dass der BF zu keiner Zeit einen Unterstand in Österreich gehabt hat, darauf schließen. Darüber hinaus hat der BF die Gelegenheit, in der Stellungnahme anderes zu erklären, ungenützt gelassen.
In Anbetracht dessen wird daher aufgrund der oben angeführten Erwägungen ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF als gerechtfertigt und grundsätzlich verhältnismäßig erachtet und ist der belangten Behörde damit im Ergebnis zuzustimmen, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung die persönlichen Interessen des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.
Auch ist jedenfalls davon auszugehen, dass der BF (nach Verbüßung seiner Haft) bei einer Rückkehr in die Slowakei nicht auf unüberwindliche Probleme stoßen und es ihm gelingen wird, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und damit seinen Lebensunterhalt zu sichern, zumal er muttersprachlich Slowakisch spricht.
Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, ist auszuführen, dass nach § 67 Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer bis zu höchstens zehn Jahren als zulässig erachtet wird.
Wenn in der Beschwerde hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsrechtes ausgeführt wird, dass die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung ein Aufenthaltsverbot in der Höhe von fünf Jahren für ausreichend erachtet, jedoch im Spruchpunkt I. ein Aufenthaltsverbot in der Höhe von zehn Jahren erlässt, so ist dazu festzuhalten, dass der erkennende Richter in der Gesamtbeurteilung ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren als ausreichend erachtet. Zumal es sich bei den vom BF begangenen Straftaten um Diebstahlsdelikte handelt, die teilweise auch beim Versuch geblieben sind, sieht das Gericht, die gewählte Dauer als ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einem Umdenken hin zu einem rechtskonformen Verhalten zu veranlassen. Von einer weiteren Reduzierung wurde abgesehen, weil der BF ungeachtet seiner strafrechtlichen Verurteilungen seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht dafür genützt hat, private Bindungen und Interessen im Bundesgebiet aufzubauen oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und darüber hinaus wiederholt entgegen den bereits verhängten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen in das Bundesgebiet illegal eingereist ist. Bei der Dauer des Aufenthaltsverbotes verkennt der erkennende Richter nicht, dass der BF seine Tat teilweise gestanden hat, jedoch wird dies durch die Begehung erneuter Diebstähle noch innerhalb aufrechter Probezeit und seiner einschlägigen Vorstrafen relativiert.
Das Aufenthaltsverbot laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit in Stattgebung des entsprechenden Eventualantrages in der Beschwerde auf fünf Jahre herabzusetzen.
Während dieser Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots wird es dem BF möglich sein, seinen Gesinnungswandel durch die Vermeidung eines Rückfalls zu untermauern. Diese Dauer ist ausreichend, aber auch notwendig, um eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.
3.2. Zum Nichterteilen eines Durchsetzungsaufschubs und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Dafür genügt es nicht, auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich gewesen sind. Dies gilt sinngemäß auch für die unter den (im Wesentlichen) inhaltsgleichen Voraussetzungen gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG 2014 mögliche Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot. Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG 2005 hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung des Fremden schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – erforderlich ist (VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, erweist sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich, dies aufgrund des an den Tag gelegten Gesamtverhaltens des BF.
Vor dem Hintergrund, dass sich der BF durch die Ausübung der teils gewerbsmäßigen Diebstähle vorsätzlich unrechtmäßig bereichern wollte, dies bereits die dritte Verurteilung wegen eines Diebstahldeliktes darstellt, er bereits während der Probezeit erneut straffällig wurde und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht, stehen der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen.
Eine sofortige Ausreise erscheint daher vor diesem Hintergrund im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls notwendig.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist vor diesem Hintergrund korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG
Zweifellos kommt bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Jedoch ist daraus aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052 mit Hinweis auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Von der Durchführung einer Verhandlung kann dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt scheint (VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116 mit Hinweis auf VwGH 10.8.2017, Ra 2016/20/0105, 0106, mwN). Dabei steht die Regelung des § 21 Abs 7 BFA-VG auch mit Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) im Einklang (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316).
Gegenständlich wurde der maßgebende Sachverhalt bereits seitens der belangten Behörde insbesondere in Hinblick auf die wesentlichen Feststellungen zu den vom BF in Österreich begangenen strafbaren Handlungen ermittelt, zudem auch die entsprechenden Feststellungen zum Privat- und Familienleben des BF im Bundesgebiet getroffen.
Darüber hinaus haben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente ergeben, zumal darin nur allgemein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, Feststellungen und Beweiswürdigung moniert sowie allgemeine Rechtsausführungen zitiert wurden, aber nicht konkret auf den BF Bezug genommen worden ist. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, wird vom erkennenden Richter gegenständlich nicht als zielführend erachtet, zumal keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vorliegen und auch keine Beweise aufzunehmen sind (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/21/0179. Es konnte daher aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Unter diesen Umständen hätte, selbst wenn der erkennende Richter sich einen positiven persönlichen Eindruck vom BF verschafft hätte, kein günstigeres Ergebnis abgeleitet werden können (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).
Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
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ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2242978.1.00Im RIS seit
13.09.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021