TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/13 94/09/0309

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der M-Handelsgesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitmarktservice Wien vom 20. September 1994 (ohne Zahl), betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu einem Bescheid des Arbeitsamtes Bau-Holz vom 26. April 1994 zu entnehmen, daß damit ein Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 6. April 1994 "auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung" gemäß § 11 Abs. 2 lit. a i.V.m. § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG abgelehnt wurde. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, eine Sicherungsbescheinigung dürfe nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG gegeben seien, "das heißt, der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht trotz Ablehnung eines Antrages oder ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben, wiederholt Ausländer beschäftigt hat". Die beschwerdeführende Partei habe während der letzten zwölf Monate vor Antragseinbringung wiederholt Ausländer ohne gültige Beschäftigungsbewilligung bzw. ohne Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein beschäftigt. Aus diesen Gründen habe die Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden können.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung vom 13. Mai 1994 hatte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen die Feststellungen der Behörde betreffend illegaler Beschäftigung von Ausländern als unrichtig hingestellt und der Behörde erster Instanz insoweit auch eine nicht ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhaltes vorgeworfen.

Der Berufung vom 13. Mai 1994 hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 22. Juli 1994 (zugestellt am 25. Juli 1994) gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge gegeben. Die Begründung dazu lautete dahingehend, daß eine Sicherungsbescheinigung gemäß § 11 Abs. 2 AuslBG u.a. nur dann ausgestellt werden dürfe, wenn gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden. Von der belangten Behörde sei nach Anhörung des "Ausländerausschuß des Landesdirektorium des Arbeitsmarktservice Wien" festgestellt worden, daß die vorgesehene Beschäftigung in einer Branche erfolgen solle, in der infolge erhöhter Beschäftigung von Ausländern bereits ein überdurchschnittlicher Ausländeranteil gegeben sei. Unter Berücksichtigung wichtiger öffentlicher und gesamtwirtschaftlicher Interessen, sowie der regionalen, strukturellen und branchenbedingten Gegebenheiten sei die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für die beantragten Ausländer daher nicht vertretbar.

Mit dem am 28. Juli 1994 bei der zuständigen Arbeitsmarktbehörde erster Instanz eingelangten Antragsformular beantragte die beschwerdeführende Partei neuerlich die Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anwerbung von drei namentlich genannten polnischen Staatsangehörigen (Anm.: es waren dies dieselben Arbeitskräfte wie im Antrag vom 6. April 1994) für die vorgesehene berufliche Tätigkeit als "Zwischenwandmonteur". In einem Beiblatt wurde darauf hingewiesen, daß die beschwerdeführende Partei vielfach Aufträge für die öffentliche Hand durchführe und "mehrzählig Inländer" beschäftige. Dies sei nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei bei der letzten Entscheidung nicht berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 2. August 1994 wies die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien den am 28. Juli 1994 gestellten Antrag auf Ausstellung der Sicherungsbescheinigung für drei polnische Arbeitskräfte gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Die beschwerdeführende Partei habe bereits am 6. April 1994 einen gleichlautenden Antrag auf Sicherungsbescheinigung für die drei polnischen Arbeitskräfte als Zwischenwandmonteure eingebracht, der mit Bescheid vom 26. April 1994 gemäß § 11 Abs. 2 lit. a i. V.m. § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG abgelehnt worden sei. Der Berufung vom 16. Mai 1994 sei mit Berufungsbescheid vom 22. Juli 1994 keine Folge gegeben worden. Da mit diesem "formell rechtskräftigen Bescheid die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG für die Erteilung einer Sicherungsbescheinigung verneint worden ist und sich seither nicht entscheidend geändert hat (für die Anwendung des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof kein rechtskräftiges Straferkenntnis erforderlich), steht die Rechtskraft des oa Bescheides einer neuerlichen Sachentscheidung entgegen".

In der Berufung vom 17. August 1994 wird vorgebracht, daß sich seit der "Antragstellung im April" die Voraussetzungen geändert hätten. Die Behörde habe es unterlassen, eine Überprüfung des relevanten Teilarbeitsmarktes der Zwischenwandmonteure vorzunehmen. Es habe nicht festgestellt werden können, daß Arbeitskräfte vorhanden seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Die drei beantragten ausländischen Arbeitnehmer seien aufgrund ihrer Qualifikation als Zwischenwandmonteure "unersetzlich und sohin als Schlüsselkraft einsetzbar und konnten bislang keine adäquaten Ersatzkräfte gestellt werden, sodaß bei Einstellung der drei Genannten Arbeitsplätze erhalten werden können bzw. Arbeitsplätze auch für inländische Arbeitskräfte geschaffen werden können". Auch öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen sprächen für die Erteilung der "Beschäftigungsbewilligung", weil die beschwerdeführende Partei Bauaufträge der öffentlichen Hand übernommen habe (so die Teilnahme am Ausbau eines sozialmedizinischen Zentrums). In Ermangelung qualifizierter Arbeitskräfte seien diese Bauvorhaben aber nicht durchführbar.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 68 Abs. 1 AVG keine Folge. In der Begründung wird ausgeführt, im vorliegenden Fall habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß mit Bescheid der belangten Behörde "vom 22.7.1994, AZ. 6703 B Ihr Antrag auf Erteilung einer Sicherungsbescheinigung für 3 polnische Staatsbürger abgelehnt wurde". Die beschwerdeführende Partei habe am 28. Juli 1994 neuerlich einen Antrag auf Erteilung einer Sicherungsbescheinigung für drei polnische Staatsbürger gestellt, welcher mit Bescheid vom 2. August 1994 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen worden sei. Da die beschwerdeführende Partei "dieselbe ausländische Arbeitskraft" für die gleiche berufliche Tätigkeit nochmals beantragt habe, ohne daß für die Entscheidung neue maßgebliche Tatsachen vorgebracht worden seien, "liegt somit Identität der Sache vor, nämlich identischer Arbeitgeber, identisch beantragter Ausländer, identische Behörde, identisches Begehren und identisch anzuwendende Verfahrensvorschriften". Da die Behörde erster Instanz infolge eines innerhalb kurzer Zeit neu eingebrachten gleichlautenden Antrages "wegen entschiedener Sache zurückwies, ist die Berufungsbehörde bei weiterhin unverändertem Sachverhalt und unveränderter Rechtslage nicht berechtigt, über die Sache neuerlich abzusprechen".

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Antrages gemäß der zitierten gesetzlichen Grundlage hängt davon ab, ob die durch den bereits in Rechtskraft erwachsenen Bescheid erledigte Sache mit der dem zurückgewiesenen Antrag zugrundeliegenden Sache ident ist. Hiebei ist bei Beurteilung der Identität der Sache von dem im Vorbescheid angenommenen Sachverhalt unter Bedachtnahme der darauf angewendeten Rechtsvorschriften auszugehen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, 93/09/0127). Sache des Berufungsverfahrens (§ 66 Abs. 4 AVG) ist bei Entscheidungen nach § 68 Abs. 1 AVG die Frage, ob die Behörde erster Instanz aufgrund des bei ihr erstatteten Vorbringens der Partei eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache zu Recht getroffen hat.

Im Beschwerdefall war zur Beurteilung der Identität der Sach- und Rechtslage der rechtskräftige Bescheid vom 22. Juli 1994 heranzuziehen. Ungeachtet davon, daß der Berufungsbescheid vom 22. Juli 1994 die Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen nach § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 (und nicht mehr wie der seinerzeitige erstinstanzliche Bescheid vom 26. April 1994 nach § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 Z. 12) AuslBG abgelehnt hat, beinhaltet der neuerliche Antrag vom 28. Juli 1994 in beiden Richtungen keine relevanten Sachverhaltsänderungen. So ist im Beiblatt zu diesem "nochmals" (lediglich drei Tage nach Zustellung des Berufungsbescheides vom 22. Juli 1994) gestellten Antrag nur davon die Rede, daß die dort angeführten Umstände (Durchführung von Aufträgen für die öffentliche Hand, Beschäftigung von Inländern) bei "der letzten Entscheidung" nicht berücksichtigt worden seien. Damit wurde aber eine SachverhaltsÄNDERUNG nicht dargetan.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit insgesamt nicht als rechtswidrig. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994090309.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten