TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/15 I408 2243137-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2021
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Entscheidungsdatum

15.06.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §129
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I408 2243137-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 11.11.2020 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass gegen sie ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme geführt werde und bot ihr die Möglichkeit, dazu eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Die Beschwerdeführerin erstattete die entsprechende Stellungnahme am 28.12.2020.

2.       Mit Beschluss vom 26.02.2021 verhängte das Landesgericht für Strafsachen XXXX über die Beschwerdeführerin die Untersuchungshaft und verurteilte sie am 25.03.2021 wegen der Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen und des teils versuchten Diebstahls teils durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten.

3.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.04.2021 erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilt ihr keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

4.       Am 30.04.2021 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr nach der Haftentlassung, woraufhin die belangte Behörde am 06.05.2021 mitteilte, dass die Übernahme der Ausreisekosten abgelehnt werde.

5.       Mit Schriftsatz vom 11.05.2021 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die volljährige Beschwerdeführerin ist rumänische Staatsangehörige.

Sie war als 24-Stunden-Pflegerin in Österreich selbständig erwerbstätig und in diesem Zusammenhang seit 05.12.2016 nahezu durchgehend mit Nebenwohnsitzen, ihrer Beschäftigung entsprechend, meldebehördlich erfasst. Dabei hielt sie sich jeweils abwechselnd für einen Monat bei ihren Klienten in Österreich und einen Monat in Rumänien auf.

Im Juni 2020 erstatteten die Angehörigen einer von der Beschwerdeführerin zu pflegenden Person Anzeige wegen des Verdachts der Vernachlässigung und mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 26.02.2021 wurde über die Beschwerdeführerin wegen Fluchtgefahr die Untersuchungshaft verhängt.

Am 25.03.2021 verurteilte das Landesgericht für Strafsachen XXXX die Beschwerdeführerin zu XXXX rechtskräftig wegen der Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen und des Diebstahls nach §§ 92 Abs. 2, 127, 129 Abs. 1 Z 2, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wovon neun Monate unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin fahrlässig ihre Fürsorgeverpflichtung gegenüber der ihr zur Pflege anvertrauten Person, geb. 1930, vernachlässigt und damit deren Gesundheit beträchtlich geschädigt hat, indem sie ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Umlagerung unterlassen hat und ihr ein nicht verschriebenes Schlafmittel verabreicht hat, um sie ohne medizinische Notwendigkeit ruhigzustellen. Bei den Diebstählen entwendete Sie in den Räumlichkeiten der ihr zur Pflege anvertrauten Personen Bargeld in Höhe von € 160 und Schmuck im Wert von € 1.870. Auf der Suche nach Wertgegenstände brach sie auch die dort befindliche Urne des verstorbenen Ehemannes auf.

Mildernd berücksichtigte das Strafgericht Geständnis und Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin, erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und die Tatbegehung aus besonders verwerflichen Beweggründen und unter Ausnützung der Hilflosigkeit der von ihr zu pflegenden Person.

Die Beschwerdeführerin verbüßte den unbedingten Teil ihre Freiheitsstrafe bis zum 25.05.2021 und kehrte im Anschluss freiwillig nach Rumänien zurück.

Der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin liegt in Rumänien. Sie lebt dort mit ihrem 17jährigen Sohn und dessen Vater - dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin - sowie ihrer Mutter in einem Einfamilienhaus. Ihr Lebensgefährte geht einer Erwerbstätigkeit in Rumänien nach. Abgesehen von der beruflichen Tätigkeit liegen keinerlei Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführerin an Österreich vor.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich ohne Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, dem Strafregister und der Sozialversicherung wurden ergänzend eingeholt.

Die Feststellungen zur Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihrer im Verwaltungsakt in Kopie einliegenden rumänischen Identitätskarte (AS 121).

Die Feststellungen zu ihrer Erwerbstätigkeit in Österreich seit Dezember 2016 folgen den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung am 17.08.2020 (AS 55 ff) und dem damit übereinstimmenden Inhalt des Zentralen Melderegisters und der Sozialversicherung, welche eine erstmalige Nebenwohnsitzmeldung mit 05.12.2016 bzw. Sozialversicherung mit 07.12.2016 ausweisen.

Der Beschluss über die Verhängung der Untersuchungshaft liegt ebenso wie das Strafurteil im Verwaltungsakt ein und ergeben sich daraus zweifelsfrei die entsprechenden Feststellungen zu den Straftaten der Beschwerdeführerin und der Erschwernis- bzw. Milderungsgründen.

Dass die Beschwerdeführerin nach Verbüßens des unbedingten Teils ihrer Freiheitsstrafe nach Rumänien zurückgekehrt ist, ergibt sich einerseits aus ihrem Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr vom 30.04.2021 (AS 247 f) und andererseits aus dem Melderegister, welches als letzte aufrechte Meldeanschrift bis zum 25.05.2021 die Justizanstalt aufweist. In Zusammenschau mit dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihrer Meldeverpflichtung in den vergangenen Jahren bisher immer nachgekommen ist, besteht kein Zweifel daran, dass sie tatsächlich nach der Haftentlassung nach Rumänien zurückgekehrt ist.

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin folgen ihren Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 28.12.2020. Insoweit im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin in Rumänien ein „kleines Kind“ zu betreuen habe (Beschwerdeschriftsatz, S. 5), gab die Beschwerdeführerin in der Beschuldigtenvernehmung am 17.08.2020 dem entgegenstehend noch an, dass ihr jüngeres Kind 16 Jahre alt sei (AS 59). Sowohl in der schriftlichen Stellungnahme vom 28.12.2020 als auch im Beschwerdeschriftsatz verweist die Beschwerdeführerin lediglich auf ihre Erwerbstätigkeit in Österreich, weshalb mangels gegenteiliger Hinweise festzustellen war, dass keinerlei private Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführerin an Österreich vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin hinreichend die Möglichkeit geboten wurde, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Die Beschwerdeführerin wurde dadurch in die Lage versetzt, ihre Rechte geltend zu machen. Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170). Zur in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass die Behörde die Beschwerdeführerin nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn sie dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entspricht. Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte die Beschwerdeführerin die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen und hat sie diese auch genutzt. Zudem ist auch aufgrund der ihr im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069).

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Als Staatsangehörige Rumäniens ist die Beschwerdeführerin EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 51 Abs. 1 NAG sind EWR-Bürger auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie unter anderem zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind.

Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird gemäß § 53a Abs. 2 NAG von Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr nicht unterbrochen (Z 1 leg. cit).

Bei Unionsbürgern, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, ist nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen (vgl. VwGH 22.12.2020, Ra 2020/21/0452).

Da sich die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall erstmals ab 05.12.2016 im Bundesgebiet aufgehalten hat, erübrigt sich eine weitere Prüfung der Kontinuität ihres Aufenthaltes und hat sie jedenfalls schon mangels entsprechender Aufenthaltsdauer kein Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG erworben, sodass auf sie der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab („schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“) nicht anzuwenden ist. Vielmehr gelangt für sie fallgegenständlich der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG zur Anwendung, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zulässig ist, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch ihren Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104).

Bereits die belangte Behörde hat das ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht (bloß) auf die Tatsache der Verurteilung der Beschwerdeführerin und die daraus resultierenden Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist sowie unter Würdigung des individuellen, von der Beschwerdeführerin durch ihr persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei hob sie besonders die schwerwiegende Gefährdung der körperlichen Integrität des Opfers der Beschwerdeführerin sowie den besonders infamen Angriff auch auf deren Eigentum hervor.

Aufgrund der massiven Delinquenz sieht das Bundesverwaltungsgericht der durch den Verbleib der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt besteht, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 24.03.2021, Ra 2020/01/0471).

Ebenso sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes strafgerichtliche Milderungs- und Erschwerungsgründe im Rahmen einer Entscheidung bezüglich der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zu berücksichtigen (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305). Dabei wird durchaus nicht verkannt, dass sich die Beschwerdeführerin geständig gezeigt hat und sie zuvor unbescholten war. Allerdings fällt auch der Erschwernisgrund der Tatbegehung aus besonders verwerflichen Beweggründen und unter Ausnützung der Hilflosigkeit der zu pflegenden Person entscheidend ins Gewicht.

Bei der Pflege alter Menschen wird von den in diesem Bereich im Einsatz befindlichen Personen erwartet, dass Sie die Ihnen obliegenden Aufgaben zuverlässig ausüben und deren Hilflosigkeit nicht ausnutzen. Dieses Ihr entgegengebrachte Vertrauen hat die Beschwerdeführerin, wie auch schon vom Strafgericht als erschwerend angeführt, massiv verletzt.

Gerade der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sowohl in ihrer schriftlichen Stellungnahme als auch im Beschwerdeschriftsatz deutlich gemacht hat, dass sie beabsichtigt diesen Beruf weiterhin in Österreich auszuüben, ist aufgrund ihres rücksichtsloses und höchst verwerfliches Verhalten eine hohe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit - gerade im Hinblick auf die körperliche Integrität hilfsbedürftiger Menschen sowie deren Vermögen - durch eine etwaige Rückkehr in das Bundesgebiet gegeben.

Auch wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme und ihrer Beschwerde darauf verweist, dass sie ihre Taten sehr bereue, ist im gegenständlichen Fall die Zeit seit ihrer Haftentlassung am 25.05.2021 jedenfalls noch zu wenig weit fortgeschritten, um der Beschwerdeführerin einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).

Auch die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der Beschwerdeführer keinerlei private, familiäre oder sonstige Anknüpfungen in Österreich hat, sondern hier nur jeweils für einen Monat gearbeitet hat und im Anschluss wieder nach Rumänien zurückgekehrt ist, wo ihr Lebensgefährte, ihre Mutter und ihr Sohn leben und ihr Lebensmittelpunkt liegt.

Bei Abwägung aller relevanten Umstände sind die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes somit höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin. Das von der Beschwerdeführerin gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegenständlich vorliegen und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zulässig ist.

Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese im mittleren Bereich des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG die Erlassung eines bis zu zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes vor. In Anbetracht der besonders verwerflichen strafrechtlichen Delinquenz der Beschwerdeführerin sowie unter Berücksichtigung fehlender Bezugspunkte in Österreich ist die von der belangten Behörde gewählte Dauer von vier Jahren nicht zu beanstanden und bedarf daher keiner Korrektur. Diese Dauer ist vielmehr dem Fehlverhalten der Beschwerdeführerin entsprechend und auch geeignet, der freiwillig ausgereisten Beschwerdeführer nach allfällig bestandener Probezeit in rund drei Jahren einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu ermöglichen.

Da sich die Beschwerdeführerin bereits in Rumänien aufhält, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides).

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die belangte Behörde hat den entscheidungswesentlichen Sachverhalt abschließend und mit der gebotenen Aktualität ermittelt. In der Beschwerde wurde kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet, sondern lediglich eine Verletzung des Parteiengehörs, die Höhe des Aufenthaltsverbotes sowie eine mangelhafte Gefährdungsprognose moniert. Eine mündliche Erörterung lässt keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten und kann selbst bei Berücksichtigung aller zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Fakten für sie weder ein Entfall noch eine Reduktion des Aufenthaltsverbotes erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430). Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und auch für die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes (vgl. VwGH 08.03.2021, Ra 2020/01/0178).

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Entscheidung an der bestehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientierte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2243137.1.00

Im RIS seit

13.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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