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56 Öffentliche WirtschaftNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zulässigkeit des Individualantrags eines (aktiven) ÖBB-Bediensteten auf Aufhebung einer Bestimmung des BundesbahnG 1992 betreffend die Fortsetzung der Rechte und Pflichten des Bundes durch das mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Unternehmen Österreichische Bundesbahnen infolge unmittelbaren, nachteiligen Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers; Aufhebung dieser, die Auswechslung des Dienstgebers festlegenden, als Eigentumsbeschränkung zu wertenden Norm wegen Verstoß gegen das Eigentumsrecht angesichts des Ausschlusses der Haftung des Bundes als früherer Dienstgeber für Bezugs- und Entgeltansprüche der bis zum Inkrafttreten des BundesbahnG 1992 in einem Dienstverhältnis zum Bund gestandenen BedienstetenSpruch
In §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992, BGBl. Nr. 825, werden die Worte "den aktiven Bediensteten und" als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit dem Ablauf des 31. März 1996 in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit 15.000,-- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Antragsteller begehrt mit seinem auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten (Individual-)Antrag mit näherer Begründung, den §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992, BGBl. 825, als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Diese Bestimmung findet sich in dem mit "Übergangsbestimmungen" überschriebenen 1. Hauptstück des 2. Teiles des Bundesbahngesetzes 1992, und zwar in dessen
2. Abschnitt, der die Überschrift "Übernahme der Bediensteten und der Ruhe- und Versorgungsgenußempfänger" trägt. Sie hat folgenden Wortlaut:
"§21. (1) Das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen setzt die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fort."
§21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 steht in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit §1 Abs1 und 2 dieses Gesetzes, die folgenden Wortlaut haben:
"§1. (1) Der als Zweig der Betriebsverwaltung des Bundes gebildete Wirtschaftskörper 'Österreichische Bundesbahnen' wird Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Insoweit dieses Bundesgesetz keine abweichenden Regelungen enthält, sind die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, in der jeweils geltenden Fassung, sinngemäß anzuwenden. Die Verwaltung der Anteilsrechte namens des Bundes obliegt dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr.
(2) Die Gesellschaft führt die Firma 'Österreichische Bundesbahnen'; die Bezeichnung kann als 'ÖBB' abgekürzt werden. Es finden die für Vollkaufleute geltenden Rechtsvorschriften Anwendung. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Wien."
3. Zur Begründung des (Individual-)Antrages wird - zusammengefaßt - folgendes vorgebracht:
a) Der Antragsteller sei Bundesbahnbeamter. Durch seine mit Anstellungsdekret erfolgte Aufnahme in den Dienststand sei ein privatrechtliches Dienstverhältnis zum Bund begründet worden, das gemäß §2 (Abs4) der Bundesbahn-Besoldungsordnung 1963, BGBl. 170, definitiv (unkündbar) geworden sei. Durch die bekämpfte Bestimmung des §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 sei (gemäß §25 (Abs1) dieses Gesetzes mit Wirkung ab dem 1. Jänner 1993) an die Stelle des Bundes als Dienstgeber eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen, getreten. Für dieses bestehe ungeachtet des stetig angewachsenen Betriebsabganges weder eine Bundeshaftung noch - zum Unterschied von der Regelung des §2 Abs4 des Bundesbahngesetzes BGBl. 407/1923 - eine Verlustabdeckung durch den Bund (§16 Abs2 des Bundesbahngesetzes 1992). Dagegen stehe dem Bund, der vor dem Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes 1992 den Wirtschaftskörper Österreichische Bundesbahnen als einen Zweig der Betriebsverwaltung des Bundes betrieben habe, ein praktisch unbeschränkter Deckungsfonds zur Verfügung, was den Dienstnehmern - einschließlich der im Ruhestand befindlichen - eine ausreichende Sicherheit geboten habe.
Der Antragsteller erblickt in der durch die angefochtene Gesetzesbestimmung bewirkten Auswechslung des Dienstgebers bei gleichzeitigem Ausschluß der Haftung des bisherigen Dienstgebers für die dem Dienstgeber aus dem Dienstverhältnis erwachsenden Verpflichtungen eine Verletzung des wohlerworbenen Rechtes, "als Staatsdiener behandelt zu werden", ferner einen unzulässigen Eingriff in die Privatautonomie und in dem darin gelegenen Entzug der aus dem Dienstverhältnis resultierenden Ansprüche gegenüber dem Bund eine - nicht durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigte und daher verfassungswidrige - Enteignung und somit eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums.
Die angefochtene Regelung verstößt ferner nach Ansicht des Antragstellers aus mehreren Gründen gegen das - auch den Gesetzgeber bindende - Gleichheitsgebot: Sie bewirke zum einen insofern eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Dienstgeber und Dienstnehmern, als sie den Dienstgeber Bund einseitig von den vertraglich übernommenen Verpflichtungen gegenüber einer Gruppe von Dienstnehmern befreie, was andererseits den dadurch betroffenen Dienstnehmern des Bundes rechtlich verwehrt sei. Zum anderen liege in der angefochtenen Regelung eine unsachliche, die Chancengleichheit im Wettbewerb störende Begünstigung des Bundes gegenüber anderen Dienstgebern, die nicht die Möglichkeit hätten, sich einseitig von den vertraglich übernommenen Verpflichtungen gegenüber ihren Dienstnehmern zu lösen. Gleichheitswidrig ist die angefochtene Regelung, wie der Antragsteller meint, des weiteren insofern, als sie Bundesbahnbeamte schlechter stellt als andere Gruppen von Bundesbediensteten in vergleichbaren Fällen, in denen ähnlich wie bei den Österreichischen Bundesbahnen eine Ausgliederung aus der Bundesverwaltung vorgenommen worden sei: So seien etwa die bei der Österreichischen Postsparkasse tätigen Bediensteten ebenso im Dienstverhältnis zum Bund verblieben wie die bei der Dorotheum Auktions-, Versatz- und Bank-Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigten öffentlich-rechtlichen Bediensteten und (von bestimmten Ausnahmen abgesehen) die bei der Österreichischen Salinen Aktiengesellschaft tätigen Bediensteten.
b) Zur Begründung seiner Antragslegitimation iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG führt der Antragsteller aus, daß durch die angefochtene Bestimmung unmittelbar in seine Rechtssphäre eingegriffen werde, weil er mit dem Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes 1992 mit 1. Jänner 1993 "direkt und unmittelbar ... seinen vormaligen Dienstgeber 'Bund' verloren" habe. Dieser schwerwiegende Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers beeinträchtige seine rechtlich geschützten Interessen aktuell. Der an die Stelle des Bundes getretene neue Dienstgeber könne "nicht einmal annäherungsweise" auf einen "Deckungs- und Haftungsfonds" zurückgreifen wie der frühere Dienstgeber und habe außerdem keinen Anspruch auf Deckung des Betriebsabganges aus dem Bundeshaushalt. Selbst die - erst ab dem 1. Jänner 1994 vorgesehene - Kapitalausstattung der Österreichischen Bundesbahnen durch den Bund (§17 Abs2 iVm §25 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992) biete mit Rücksicht auf den laufenden Betriebsabgang keine Gewähr dafür, daß nach dem Verbrauch des Kapitals wiederum ein Deckungsfonds zur Verfügung steht.
4. Die Bundesregierung begehrt in ihrer Äußerung, den (Individual-)Antrag mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen, in eventu auszusprechen, daß die angefochtene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
a) Ihre Auffassung, daß dem Antragsteller die Antragslegitimation fehle, begründet die Bundesregierung mit folgenden Ausführungen:
"1. Voraussetzung der Antragslegitimation für eine Individualbeschwerde gem Art140 B-VG ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß die betreffende Bestimmung nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetz- oder Verfassungswidrigkeit - verletzt (vgl. VfSlg. 8187/1977; 10251/1984; 11056/1986; 11369/1987; VfGH 11.6.1990, V167/90).
Weiters muß die Verletzung eine 'unmittelbare' sein, dh, sie muß
-
nach Art und Ausmaß durch die Bestimmung selbst eindeutig bestimmt sein,
-
die rechtlichen Interessen des Antragstellers aktuell, nicht bloß potentiell beeinträchtigen,
-
dem Antragsteller keinen anderen zumutbaren Weg zur Abwehr des behaupteterweise rechtswidrigen Eingriffs offen lassen.
2. Zum vorliegenden Fall fehlt es sowohl an der Beeinträchtigung einer Rechtsposition des Antragstellers als auch an der unmittelbaren Betroffenheit.
2.1. Anfechtungsberechtigt ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs nur derjenige, dessen Rechtsposition beeinträchtigt wird. In seiner Rechtsposition berührt ist regelmäßig nur derjenige, an den sich die angefochtene Norm richtet (VfSlg 8060/1977, 11369/1987). Die angefochtene Norm darf für den Antragsteller nicht bloß faktische Wirkungen zeigen, die Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher Interessen berechtigt nicht zur Anfechtung einer Norm vor dem Verfassungsgerichtshof (VfSlg 8757/1977).
Die angefochtene Bestimmung des §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes, BGBl 282/1992, regelt jedoch die Übernahme der Bediensteten und der Ruhe- und Versorgungsempfänger zwischen dem Bund und dem Unternehmen Österreichische Bundesbahnen; der Antragsteller als Bediensteter des Bundes bzw der ÖBB ist nicht unmittelbar Normadressat. Zwar kann man im vorliegenden Fall nicht von einer bloßen 'Reflexwirkung' iSd bisher entschiedenen Fälle sprechen (vgl dazu VfSlg 8060/1977, 8670/1977, 8757/1977), zumal der Antragsteller in einem Rechtsverhältnis zu den jeweiligen Dienstgebern und Normadressaten steht. Dieses Rechtsverhältnis wird jedoch in seinem inhaltlichen Gehalt durch die angefochtene Bestimmung in keiner Weise verändert. §21 des Bundesbahngesetzes geht von einer Übernahme aller Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis durch das Unternehmen ÖBB aus.
Eine Änderung erfährt allein der zur Verfügung stehende Haftungsfonds, was zu dem Ergebnis führt, daß der Antragsteller nur im Fall der Zahlungsunfähigkeit in seinen - allerdings wirtschaftlichen Interessen - beeinträchtigt würde. Eine Insolvenz der Gesellschaft ÖBB ist aber unwahrscheinlich, zumal der in §17 Abs2 des Bundesbahngesetzes 1992 enthaltenen Gesetzesauftrag ('Der Bund hat für eine ausreichende Kapitalausstattung der ÖBB zu sorgen, die eine Geschäftsführung auf gesunder finanzieller Basis ermöglicht.') den Bund nicht nur in der Umgründungsphase, sondern auch künftig verpflichtet.
2.2. Weiters fehlt es in diesem Fall an der unmittelbaren Betroffenheit des Antragstellers. Der Verfassungsgerichtshof knüpft die Antragslegitimation regelmäßig an das Vorliegen einer aktuellen, nicht potentiellen Betroffenheit des Antragstellers (VfSlg 11685/1987, 11402/1987).
Durch das Inkrafttreten des §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes hat sich jedoch an der Rechtsstellung des Antragstellers vorerst nichts geändert. Aus dem Gesetz ist kein ihn betreffendes Gebot oder Verbot ableitbar. Sein Dienstverhältnis wurde von dem Unternehmen ÖBB mit gleichem Inhalt übernommen. Auch wenn die angefochtene Bestimmung bereits in Geltung steht, kann eine Beeinträchtigung seiner (wirtschaftlichen) Interessen erst dann eintreten, wenn aus Gründen fehlender Deckung Kürzungen seines Entgelts oder Ruhegenusses vorgenommen werden sollen."
b) In der Sache führt die Bundesregierung aus:
"Der Antragsteller behauptet sowohl eine Verletzung seines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 Abs2 1.ZP MRK) als auch eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art2 StGG, Art7 Abs1 B-VG). Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
1. Zum behaupteten Eigentumseingriff:
Das Eigentumsrecht des Antragstellers kann nur insoweit überhaupt beeinträchtigt werden, als der Antragsteller bereits Anwartschaftsrechte auf Ruhegenuß erworben hat. Laufendes Entgelt, auf das der Antragsteller noch keinen Anspruch erworben hat, sondern das er allenfalls in der Zukunft erzielen kann, fällt nicht unter den Begriff des geschützten Eigentums (vgl. Griller, Grundrechtsschutz für Betriebspersonen, in Runggaldier (Hg) Handbuch zur betrieblichen Altersversorgung (1989) 123 mwN).
Da §21 Abs2 des Bundesbahngesetzes jedoch vorsieht, daß der Pensionsaufwand für Ruhegenußempfänger der Österreichischen Bundesbahnen weiterhin vom Bund getragen wird, kommt es für diese Ansprüche zu keiner Haftungsverschlechterung.
Daher muß festgehalten werden, daß eine Beeinträchtigung der Eigentumsrechte des Antragstellers durch die angefochtene Bestimmung selbst nicht herbeigeführt wird.
2. Zur behaupteten Gleichheitsverletzung:
Weiters wird vom Antragsteller eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes behauptet.
Der Antragsteller behauptet sowohl eine Ungleichbehandlung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer als auch zwischen privaten Dienstgebern und dem Bund als auch zwischen verschiedenen Übernahmsregelungen im Zusammenhang mit früheren Ausgliederungen von Staatsbetrieben.
2.1 Die Ungleichbehandlung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer kann sich im vorliegenden Zusammenhang nur auf die Möglichkeit beziehen, sich aus bestehenden vertraglichen Verbindlichkeiten zu befreien.
§21 Abs1 des Bundesbahngesetzes sieht eine ex-lege-Übernahme der Dienstnehmer der ÖBB durch das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen vor. Dadurch besteht entgegen der Annahme des Antragstellers noch immer eine Besserstellung der Bediensteten der ÖBB gegenüber Arbeitnehmern anderer, privater Unternehmen, die auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden (siehe auch sogleich unten 2.2.). Auch wenn die Arbeitsplatzsicherheit bzw der Schutz vor Insolvenz des Dienstgebers für die Bediensteten der Bundesbahnen vor der Ausgliederung des Unternehmens ÖBB umfassender war, als er es jetzt ist, so muß es trotz dieser Konsequenzen für die Dienstnehmer dem Gesetzgeber möglich sein, im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums das Ziel einer wirtschaftlichen Führung der ÖBB zu verfolgen. Dies soll mit der Schaffung eines eigenen Unternehmens, unter Wahrung der Unternehmenseinheit und unter einer weitgehend unabhängig gestellten Investitionspolitik, mit einem vom Bundeshaushalt abgegrenzten Rechnungswesen und mit einer im kaufmännischen Bereich möglichst eigenständigen Tarif- und langfristigen Personalpolitik gewährleistet werden.
Was die einseitige Lösung aus vertraglichen Verpflichtungen betrifft, so sind alle Beteiligten frei, das Arbeitsverhältnis unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zu beenden. Auch dem Antragsteller ist durch die angefochtene Regelung diese Freiheit nicht genommen, insbesondere sind keine 'Zwangsmittel' (S.7 des gegenständlichen Antrags) vorgesehen, die den Arbeitnehmer zur Erfüllung eines nicht mehr gewollten Arbeitsvertrages zwingen.
Der Bund und die ÖBB haben mit der vorliegenden Regelung darauf verzichtet, Vertragsänderungen anläßlich der Übernahme vorzunehmen. Von einer einseitigen Zurücknahme vertraglicher Verpflichtungen kann daher nicht die Rede sein.
2.2. Ebensowenig ist eine unsachliche Benachteiligung der Dienstnehmer der ÖBB gegenüber anderen Arbeitnehmern der Privatwirtschaft festzustellen. Nach der zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags geltenden Rechtslage hing bei Betriebsübergang zwischen privaten Unternehmen der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von einer frei zu vereinbarenden Vertragsübernahme ab. Wollte der Übernehmer die Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen, so verblieben sie beim 'alten' Arbeitgeber, der die betreffenden Arbeitsverträge idR in Ermangelung eines Betriebes unter weitgehendem Entfall des Kündigungsschutzes beenden konnte (vgl Krejci, Betriebsübergang und Arbeitsvertrag (1972)). Im Gegensatz zu der vom Antragsteller vertretenen Auffassung setzte die Übernahme des Arbeitsvertrages in solchen Fällen zwar die Zustimmung des Arbeitnehmers voraus, eine solche Übernahme kam jedoch ungeachtet des Fortsetzungswillens des Arbeitnehmers dann von vornherein nicht zustande, wenn der Übernehmer eines Betriebs die Übernahme verweigerte.
Richtig ist, daß das am 1. Juli 1993 in Kraft getretene Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 459/1993, eine ex-lege-Übernahme privater Arbeitsverträge bei Betriebsübergang vorsieht, doch ist daraus für den Standpunkt des Antragstellers nichts zu gewinnen. Insbesondere die Tatsache, daß die Regelung des §3 Abs4 und 5 des Arbeitsvertrags-Anpassungsgesetzes zwar ein Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gegen die Übernahme für den Fall der Nichtübernahme eines kollektivvertraglichen Bestandschutzes bzw. einer betrieblichen Pensionszusage vorsehen (mit dem Ergebnis, daß die etwa gewünschte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Dienstgeber erfolgen muß, wodurch dem Arbeitnehmer bestehende Ansprüche auf Abfertigung etc erhalten bleiben), bzw. dem Arbeitnehmer ein Kündigungsrecht unter Wahrung seiner Ansprüche bei wesentlicher Verschlechterung der Arbeitsbedingungen infolge des Betriebsübergangs einräumen, können die Behauptung der Gleichheitswidrigkeit nicht stützen, zumal diese Rechte dem Arbeitnehmer jedenfalls nicht bei bloßer Verringerung des Haftungsfonds zustehen. Im übrigen war das zitierte Gesetz im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbahngesetzes noch nicht erlassen.
2.2.3. Letztlich macht der Antragsteller geltend, daß in anderen vergleichbaren Fällen von Ausgliederungen die Dienstverhältnisse zum Bund als Gebietskörperschaft aufrecht geblieben sind. Dies ist jedoch im Fall der Bediensteten der Postsparkasse, des Dorotheums und des Salzmonopols damit zu begründen, daß es sich in beiden Fällen bei den zu übernehmenden Dienstverhältnissen jedenfalls teilweise um öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse handelte. Derartige Dienstverhältnisse können nicht auf Gesellschaften privaten Rechtes übertragen werden.
Den unterschiedlichen Regelungen liegt daher ein zureichender sachlicher Grund zugrunde.
Eine Verletzung des Sachlichkeitsgebotes kann daher in der angefochtenen Regelung des §21 Abs1 Bundesbahngesetz 1992 nicht erblickt werden."
5. Der Antragsteller hat zur Äußerung der Bundesregierung Stellung genommen. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes zu verschiedenen Fragen eine Stellungnahme abgegeben. Auch der Antragsteller hat zu diesen Fragen Stellung genommen und überdies zur Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst eine Äußerung abgegeben.
II. Über den (Individual-)Antrag wurde erwogen:
A. Zur Zulässigkeit:
1.a) Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob das angefochtene Gesetz für den Antragsteller die im Antrag ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen hat und ob diese Wirkungen den Kriterien des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG entsprechen (vgl. zB VfSlg. 9185/1981, 10353/1985, 12330/1990).
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsberechtigung zu. Es ist vielmehr auch erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn er nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt ist (s. zB VfSlg. 11315/1987), wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10511/1985).
2. Die angefochtene Bestimmung bewirkt, indem sie bestimmt, daß das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen - gemäß §1 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit - die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fortsetzt, insofern eine Änderung des vertraglich begründeten, privatrechtlichen (vgl. etwa VfSlg. 12330/1990 mwH) Dienstverhältnisses, als an die Stelle des bisherigen Dienstgebers - mit dem der Dienstvertrag geschlossen wurde - ein anderer Dienstgeber tritt. Diese ein wesentliches Element des Dienstverhältnisses betreffende Änderung wird unabhängig vom Willen des Dienstnehmers unmittelbar durch das Gesetz bewirkt, ohne daß sie eines konkretisierenden Aktes bedürfte oder daß ein solcher vorgesehen wäre. Durch die angefochtene Bestimmung wird somit, soweit sie sich auf aktive Bedienstete bezieht, in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen. Dies ist ungeachtet dessen der Fall, daß das Dienstverhältnis im übrigen keine Änderung erfährt, daß vielmehr die daraus erfließenden Rechte und Pflichten des Dienstgebers unverändert vom Bund auf das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen übergehen, wobei, wie sich aus §22 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 ergibt, auch die Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis unberührt bleiben. Der Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers ist nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt. Er ist, legt man den gebotenen objektiven Maßstab an (VfSlg. 11765/1988), ein für den Antragsteller nachteiliger: An die Stelle des Bundes als Dienstgeber, der über einen - praktisch - unbegrenzten "Deckungsfonds" verfügt, tritt eine Gesellschaft, auf die, soweit das Bundesbahngesetz 1992 keine abweichenden Regelungen enthält, die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. 58/1906, in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind (§1 Abs1 zweiter Satz des Bundesbahngesetzes 1992), bei der diese Voraussetzung somit nicht erfüllt ist (s. dazu auch unter II.B.7.). Damit ist die Erfüllung der Bezugsansprüche des Antragstellers durch den gesetzlich bestimmten neuen Dienstgeber nicht im gleichen Maße gewährleistet wie dies der Fall war, solange das Dienstverhältnis mit dem Bund bestand. Der Antragsteller ist von der angefochtenen Vorschrift, soweit sie sich auf aktive Bedienstete bezieht, nicht bloß potentiell, sondern aktuell betroffen, da sie (auch) für ihn in seiner Eigenschaft als aktiver Bediensteter der Österreichischen Bundesbahnen mit 1. Jänner 1993 wirksam geworden ist. Ein anderer (gegebenenfalls zumutbarer) Weg, um die durch die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift vermeintlich bewirkte Rechtsverletzung abzuwehren, steht dem Antragsteller nicht zur Verfügung.
Soweit sich §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 jedoch nicht auf aktive Bedienstete bezieht, ist der Antragsteller von dieser Bestimmung nicht aktuell betroffen.
Der Antrag ist somit, soweit er die sich auf die aktiven Bediensteten beziehende Bestimmung des §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992, also die Worte "den aktiven Bediensteten und" zum Gegenstand hat, zulässig; im übrigen ist er unzulässig und daher insoweit zurückzuweisen.
B. In der Sache:
1. Mit der angefochtenen Regelung wird, wie bereits erwähnt, ein privatrechtlicher Vertrag insofern verändert, als an die Stelle des einen der beiden Vertragsteile - des Dienstgebers - eine andere Rechtsperson tritt.
Ebenso wie ein Gesetz, das den Abschluß bestimmter Verträge verhindert (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis VfSlg. 12100/1989) oder umgekehrt zum Abschluß bestimmter Verträge zwingt, in das durch Art5 StGG und Art1 des (1.) ZPEMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht seiner Adressaten eingreift (VfSlg. 12227/1989 mwH), greift auch ein Gesetz, das, wie die hier angefochtene Regelung, einen privatrechtlichen Vertrag durch Auswechslung eines der beiden Vertragsteile - des Dienstgebers - unmittelbar verändert, allein schon dadurch in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile - und daher hier des Dienstnehmers - ein. Ein Eigentumseingriff ist daher in einem solchen Fall selbst dann gegeben, wenn (auch) die aus dem Vertrag erfließenden Pflichten des Dienstgebers gegenüber dem Dienstnehmer keine Änderung erfahren, sondern - wie sich dies für den vorliegenden Fall aus §22 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 ergibt, wonach durch dieses Bundesgesetz die Bestimmungen über das Dienst-, Besoldungs- und Pensionsverhältnis bis zu ihrer Neuregelung unberührt bleiben - inhaltlich unverändert vom früheren Dienstgeber auf den neuen Dienstgeber übergehen und sich demnach auch an den diesen Pflichten des Dienstgebers korrespondierenden Rechten des Dienstnehmers nichts ändert. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob laufendes Entgelt, auf das noch kein Anspruch erworben wurde, unter den Schutz der genannten Verfassungsnormen fällt (was die Bundesregierung unter Hinweis auf eine Literaturstelle verneint). Die - im vorliegenden Fall unmittelbar durch das Gesetz vorgenommene - Auswechslung eines der beiden Vertragsteile eines privatrechtlichen Vertrages greift somit in das Eigentumsrecht auch des anderen Vertragsteiles ein. Sie bildet eine Eigentumsbeschränkung.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. wiederum etwa VfSlg. 12227/1989 und die dort angeführte Vorjudikatur) gilt der erste Satz des Art5 StGG (nicht nur für Enteignungen, sondern) auch für Eigentumsbeschränkungen. Auf diese erstreckt sich allerdings auch der im zweiten Satz dieses Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt: Der Gesetzgeber kann verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt (s. zB VfSlg. 9911/1983, 11689/1989) und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (s. zB VfSlg. 12100/1989 mwH).
Der Gesetzgeber hat bei Normierung von im öffentlichen Interesse gelegenen Eigentumsbeschränkungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (VfGH 17.12.1993, G48/93, V13/93; s. auch VfGH 14.10.1993, B1633/92, zur gebotenen verfassungskonformen Auslegung gesetzlich normierter Eigentumsbeschränkungen unter Bedachtnahme auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit; vgl. ferner Korinek, Verfassungsrechtliche Grundlagen des Eigentumsschutzes und des Enteignungsrechts in Österreich, in: Korinek/Pauger/Rummel (Hrsg.), Handbuch des Enteignungsrechts (1994), S. 3 ff., hier S. 14 ff.). Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muß somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muß zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffes das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist.
3. Der Verfassungsgerichtshof versteht die in §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 getroffene Festlegung, daß das (gemäß §1 Abs1 erster Satz des Gesetzes mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete) Unternehmen Österreichische Bundesbahnen die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten und den Empfängern von Ruhe- und Versorgungsgenüssen fortsetzt, dahin, daß durch das Inkrafttreten dieser Bestimmung mit 1. Jänner 1993 (s. dazu §25 Abs1 des Gesetzes) sämtliche vor diesem Zeitpunkt entstandenen Rechte und Verbindlichkeiten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten, Ruhe- und Versorgungsgenußempfängern erloschen sind und inhaltlich unverändert für die zugleich entstandene Gesellschaft neu begründet wurden. Diese ist lediglich von der - weiterhin dem Bund obliegenden - Verpflichtung befreit, den Pensionsaufwand für die Ruhe- und Versorgungsgenußempfänger zu tragen (§21 Abs2 des Bundesbahngesetzes 1992).
Die Auswechslung des Dienstgebers erfolgte unmittelbar durch eine zwingende gesetzliche Norm, die für den Dienstnehmer unabhängig von seiner Zustimmung wirksam wurde; er hatte auch nicht die Möglichkeit, dies durch eine entsprechende Erklärung für sich auszuschließen.
Die Bezugs- und Entgeltansprüche aller aktiven Bediensteten der Gesellschaft Österreichische Bundesbahnen, somit auch jener, die vor dem 1. Jänner 1993 als Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, richten sich ab diesem Zeitpunkt ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung ausschließlich gegen die neu errichtete Gesellschaft.
4. Wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Bundesbahngesetz 1992, 652 BlgNR 18. GP, S. 9 f., ersichtlich, verfolgte der Bundesgesetzgeber in der Absicht, "zu einer Verbesserung der Produktivität der ÖBB und damit zu einer Entlastung des Bundeshaushaltes" zu gelangen, mit dem Bundesbahngesetz 1992 unter anderem das Ziel, "in Zukunft eine strategische Führung der ÖBB als eigenes Unternehmen, unter Wahrung der Unternehmenseinheit und unter einer weitgehend unabhängigen Geschäftsführung, mit einer zielgerichteten Investitionspolitik, mit einem vom allgemeinen Bundeshaushalt abgegrenzten Rechnungswesen und mit einer im kaufmännischen Bereich möglichst eigenständigen Tarif- und längerfristigen Personalpolitik" zu erreichen. Zur Verwirklichung dieses Zieles richtete der Bundesgesetzgeber die Österreichischen Bundesbahnen als eine juristische Person privaten Rechtes ein, die "ihre Individualität als rechtsfähiges Rechtssubjekt nicht auf Privatautonomie, sondern auf einen Gesetzesbeschluß gründet".
Mit dem Bundesbahngesetz 1992 soll ferner, wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dargelegt, den Regelungsgrundsätzen in der Eisenbahnpolitik der Europäischen Gemeinschaften (Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (91/440/EWG)) entsprochen werden, die wie folgt zusammengefaßt wiedergegeben werden:
"-
Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen
-
gesunde Finanzstruktur der Eisenbahnunternehmen
-
Trennung der Eisenbahninfrastruktur von der Erbringung von Verkehrsleistungen durch die Eisenbahnunternehmen (Trennung der Rechnungsführung dabei obligatorisch, organisatorische
oder institutionelle Trennung fakultativ)
-
Regelung bestimmter Zugangsrechte zur Eisenbahninfrastruktur (gegen Benützungsentgelt)".
5. Es steht außer Zweifel, daß der "Ausgliederung" der Ysterreichischen Bundesbahnen aus der Wirtschaftsverwaltung des Bundes in der Weise, daß die Besorgung der den Österreichischen Bundesbahnen übertragenen Aufgabe einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit übertragen wird, keinerlei verfassungsrechtliche Hindernisse entgegenstehen.
6. Zu prüfen bleibt allerdings, ob auch die "Ausgliederung" der Bundesbahnbediensteten, also die mit dem vorliegenden (Individual-)Antrag angefochtene, als Eigentumsbeschränkung zu wertende (s. dazu oben unter II.B.1) Regelung, nach der die aktiven Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, die bereits vor dem 1. Jänner 1993 als Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, in ein Dienstverhältnis zu der neu errichteten Gesellschaft "Österreichische Bundesbahnen" übergeleitet werden, im öffentlichen Interesse gelegen ist und dem aus dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz folgenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er es im Hinblick auf die angestrebte, durch die erwähnte Richtlinie 91/440/EWG geforderte Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Österreichischen Bundesbahnen und die ihren Organen aufgetragene eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben für im öffentlichen Interesse geboten erachtete, die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen insoweit, als sie vormals in einem - privatrechtlichen - Dienstverhältnis zum Bund gestanden waren, in ein Dienstverhältnis zu der neu gegründeten Gesellschaft überzuleiten. Es ist demnach der in Rede stehende Eigentumseingriff als im öffentlichen Interesse gelegen anzusehen.
7. Die diesen Eigentumseingriff bewirkende gesetzliche Regelung erweist sich aber als eine iS des Antragsvorbringens "zu weitgehende Maßnahme", d.h. als eine Regelung, die dem Gebot der Verhältnismäßigkeit widerspricht.
Mit dem durch §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 bewirkten, in der Auswechslung des Dienstgebers gelegenen Eingriff in privatrechtliche Verträge war für die davon betroffenen aktiven Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition insofern notwendig verbunden, als die für ihre Bezugs- bzw. Entgeltansprüche bestehende wesentliche Besicherung verlorenging, die mit der prinzipiellen Durchgriffsmöglichkeit auf den praktisch unbegrenzten "Deckungsfonds" des Bundes als Dienstgeber bestanden hatte. Die damit gegebene Gewähr der Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche besteht seit der Auswechslung des Dienstgebers nicht mehr, und zwar ungeachtet der Leistungen, die der Bund nach den Bestimmungen des Bundesbahngesetzes 1992 für den Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesbahnen" zu erbringen hat. So ist die Vorschrift des §2 Abs2, wonach der Bund die Kosten für die Bereitstellung und den Ausbau jener Eisenbahninfrastruktur trägt, die zur Erfüllung des Betriebszweckes gemäß §1 Abs3 notwendig ist, soweit die Kosten nicht durch Dritte aufgebracht werden können, im Lichte des Art6 Abs1 zweiter Satz der wiederholt erwähnten Richtlinie (91/440/EWG) zu sehen, wonach ein Transfer von Subventionen zwischen den Bereichen der Erbringung von Verkehrsleistungen und dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur nicht gestattet ist. Obgleich das bisher im Eigentum des Bundes gestandene, dem Wirtschaftskörper "Österreichische Bundesbahnen" gewidmete Vermögen mit 1. Jänner 1994 (§25 Abs1) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das Eigentum der Gesellschaft Österreichische Bundesbahnen übergegangen ist (§17 Abs1 erster Satz) und der Bund (im Zuge der Vermögensübertragung) für eine ausreichende Kapitalausstattung der Österreichischen Bundesbahnen, die eine Geschäftsführung auf gesunder finanzieller Basis ermöglicht, zu sorgen hat (§17 Abs2), ergibt sich aus keiner Vorschrift des Bundesbahngesetzes 1992 die Verpflichtung des Bundes, der Gesellschaft Österreichische Bundesbahnen die Erfüllung der Bezugs- bzw. Entgeltansprüche jener aktiven Bediensteten dieser Gesellschaft zu ermöglichen, die im Rahmen der Erbringung von Verkehrsleistungen tätig sind und bereits vor dem 1. Jänner 1993 als Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind.
Wenngleich das Gesetz, soweit es dies bewirkt, noch als eine der Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Österreichischen Bundesbahnen dienliche Regelung mit dem öffentlichen Interesse an dieser Unabhängigkeit gerechtfertigt werden kann, geht die Regelung über das zur Verwirklichung dieses Zieles Notwendige insoweit hinaus, als sie auch die bloße Haftung des Bundes (als früherer Dienstgeber) für die Bezugs- bzw. Entgeltansprüche jener aktiven Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 (1. Jänner 1993) in einem Dienstverhältnis zum Bund befanden, ausschließt. Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG, BGBl. 459/1993, findet gemäß seinem §1 Abs2 Z3 keine Anwendung. Der Ausschluß einer solchen Haftung des Bundes ist eine Folge der in §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 getroffenen Regelung, wonach das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den aktiven Bediensteten fortsetzt, und des Fehlens einer gesetzlichen Anordnung, wonach die Haftung des Bundes für die Bezugs- bzw. Entgeltansprüche jener aktiven Bediensteten, die vor dem 1. Jänner 1993 als Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entstehung dieser Ansprüche auch nach dem 1. Jänner 1993 weiterhin besteht. Da der Ausschluß dieser Haftung des Bundes zur Erreichung des Regelungszweckes nicht erforderlich ist, hält sich der in Rede stehende Eigentumseingriff nicht innerhalb der durch das Gebot der Verhältnismäßigkeit gezogenen Grenze (s. dazu oben unter II.B.2.).
8. Die wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gegebene Verfassungswidrigkeit fällt dem §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 zur Last, soweit sich diese Vorschrift auf die aktiven Bediensteten bezieht. Zur Beseitigung dieser Verfassungswidrigkeit genügt daher die Aufhebung der Worte "den aktiven Bediensteten und". Sie bewirkt, daß §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 auf die aktiven Bediensteten der Gesellschaft Österreichische Bundesbahnen, die vor dem 1. Jänner 1993 als Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen in einem Dienstverhältnis zum Bund gestanden sind, vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufhebung an nicht mehr Anwendung findet. Das hat zur Folge, daß von diesem Zeitpunkt an der durch die aufgehobene Bestimmung bewirkte Eingriff in das - vertraglich begründete, inhaltlich stets unverändert gebliebene - Dienstverhältnis beseitigt wird und dieses wiederum, wie dies vor dem Eingriff der Fall war, zwischen dem Dienstnehmer und dem Bund als Dienstgeber besteht.
9. Die Worte "den aktiven Bediensteten und" in §21 Abs1 des Bundesbahngesetzes 1992 waren somit schon wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben.
Im übrigen war der Antrag zurückzuweisen.
Zu bemerken bleibt, daß der neuerlichen Einfügung der aufgehobenen Worte in das Gesetz bei gleichzeitiger Aufnahme einer Vorschrift über eine Bundeshaftung in dem (oben unter II.B.7.) erwähnten Sinn kein verfassungsrechtliches Hindernis entgegensteht.
10. Die übrigen Entscheidungen stützen sich auf Art140 Abs5 und 6 B-VG.
11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §65a VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Bundesbahnbedienstete, EU-Recht Richtlinie, VfGH / Aufhebung Wirkung, Haftung, EigentumsbeschränkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:G28.1993Dokumentnummer
JFT_10049691_93G00028_00