TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/23 W129 2232878-1

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Veröffentlicht am 23.06.2021
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Entscheidungsdatum

23.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §50 Abs1 Z4
StudFG §51 Abs1 Z3
StudFG §6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W129 2232878-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 07.05.2020, Dok.Nr.: 452916501, zu Recht:

A)

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeantrag auf Aufrechnung der Rückzahlungsforderung (€ 1.642,-) gegen den – behaupteten – Anspruch auf Fahrtkostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 06.10.2014, Dok.Nr.: 319226801, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.09.2014 auf Studienbeihilfe/Studienzuschuss für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien erstmals bewilligt. Die Höhe der Studienbeihilfe betrug beginnend mit September 2014 monatlich 238,00 Euro. In der Begründung dieses Bescheides hieß es wörtlich ua.: "Hinweis: Ihr Anspruch auf Studienbeihilfe kann trotz dieser Bewilligung wegfallen. Melden Sie deshalb sofort jeden Studienabbruch und Studienwechsel, einen Wechsel des Studienortes sowie den Abschluss des geförderten Studiums oder eines sonstigen Studiums."

2. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 28.09.2018, Dok.Nr. 423650901, wurde der Systemantrag auch für das Wintersemester 2018/19 sowie das Sommersemester 2019 bewilligt. Die Höhe der Studienbeihilfe betrug beginnend mit September 2018 monatlich 584,00 Euro und mit März 2019 821,00 Euro.

3. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 06.08.2019, Dok.Nr.: 438387501, wurde ausgesprochen, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Studienbeihilfe und Fahrtkostenzuschuss mit Ende Juni 2019 erloschen ist und die seit Ende Juni 2019 bezogenen Beihilfen in der Höhe von insgesamt 1.642,00 Euro zurückzuzahlen sind. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Juni 2019 die letzte Prüfung seines Studiums abgelegt und somit sein Studium abgeschlossen. Der Anspruch auf Studienbeihilfe und Fahrtkostenzuschuss sei daher gemäß § 50 Abs. 1 Z 4 StudFG erloschen. Nach Erlöschen dieses Anspruchs seien dem Beschwerdeführer (auch) für die Monate Juli und August 2019 Studienbeihilfe angewiesen worden. Diese sei daher gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG zurückzuzahlen.

Der Bescheid konnte (erst) mit 30.10.2019 zugestellt werden.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10.11.2019, eingelangt am 12.11.2019, das Rechtsmittel der Vorstellung. In dieser führte er – hier sinngemäß und auf das Wesentlichste zusammengefasst – aus, dass der Tag an dem die letzte Prüfungsleistung erbracht wurde, nicht relevant für den Tag des Studienabschlusses sein könne. Nur der Tag, an dem die positive Beurteilung der letzten Studienplanleistung bestandskräftig sei, könne als Tag des Studienabschlusses angesehen werden. Dem Beschwerdeführer sei die positive Note der schriftlichen Prüfung erst am 19.07.2019 bekannt gegeben worden. Er habe auch dem Schreiben der Prüfung weitergelernt für den Fall, dass die Prüfung negativ beurteilt worden wäre. Auch habe er sich am 29.08.2019 für einen Kurs „Juristische Recherche im grenzüberschreitenden Kontext – Rechts- und Sekundärquellensuche mit besonderer Beachtung des Völker- und Europarechts und ausgewählter fremder Rechtsordnungen“ angemeldet. Die Studienbeihilfen für den Monat Juli 2019 und August 20919 seien daher rechtmäßig bezogen worden. Zudem habe er die erhaltenen Beihilfen gutgläubig verbraucht.

Die Rückforderung sei zu Unrecht erfolgt.

5. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 19.12.2019, Dok.Nr.: 447574101 (Vorstellungsvorentscheidung), wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und der Bescheid vom 06.08.2019 bestätigt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die letzte in den Studienvorschriften vorgesehene Prüfung/Beurteilung des Studiums, für das der Beschwerdeführer Studienbeihilfe bezogen hat, habe mit der Ablegung seiner letzten Prüfung am 27.06.2019 stattgefunden. Nach den Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes trete dadurch zwingend mit Ende Juni 2019 das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe kraft Gesetzes ein. Maßgeblich für das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe sei ausschließlich das Datum der letzten Prüfungsleistung/Beurteilung. Weder das Ausstellungsdatum des Bescheides, noch der Zeitpunkt, mit welchem das Ergebnis der Beurteilung tatsächlich bekannt gemacht wurde, sei für das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe zu berücksichtigen. Ein gutgläubiger Verbrauch sei nach der Judikatur des VfGH und des VwGH unerheblich.

6. Am 14.01.2020 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag gegen die Vorstellungsvorentscheidung vom 19.12.2019 ein und führte aus, dass der Anspruch erst dann ende, wenn der Studienabschluss nicht mehr zielstrebig angestrebt werde, was bei ihm erst nach August der Fall gewesen sei.

7. Mit Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 07.05.2020, Dok.Nr.: 452916501, wurde dem Vorlageantrag keine Folge gegeben und der Bescheid vom 19.12.2019 bestätigt. Nach dem Wortlaut des § 50 Abs 1 Z 4 StudFG habe der Anspruch mit der Ablegung der letzten Prüfung geendet.

8. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde seitens des Beschwerdeführers vorgebracht, dass der Senat der Studienbeihilfenbehörde die Bestimmung des § 50 Abs 1 Z 4 StudFG falsch ausgelegt habe. Eine Prüfung habe man erst dann positiv absolviert, wenn die Prüfung korrigiert und eine positive Note bestimmt worden sei. Dies sei erst Ende Juli erfolgt. Dazu komme, dass nach den Studienvorschriften gestattet sei, eine Prüfung zu wiederholen, um eine Note zu verbessern. Auch könnten Studierende sich die letzte Prüfung des Studiums aussuchen, somit auch ein Wahlfach. Er habe sich Ende August für ein solches Wahlfach angemeldet. Es werde unsachlich diferrenziert, wenn man im Unterschied zu anderen Rechtsgebieten (zB Arbeitsrecht) keinen gutgläubigen Verbrauch zulasse.

9. Mit Schreiben vom 08.07.2020, eingelangt am 10.07.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 06.10.2014, Dok.Nr.: 319226801, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20.09.2014 auf Studienbeihilfe/Studienzuschuss für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien erstmals bewilligt.

Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 28.09.2018, Dok.Nr. 423650901, wurde der Systemantrag auch für das Wintersemester 2018/19 sowie das Sommersemester 2019 bewilligt. Die Höhe der Studienbeihilfe betrug beginnend mit September 2018 monatlich 584,00 Euro und mit März 2019 821,00 Euro.

Der Beschwerdeführer hat am 27.06.2019 alle im Curriculum für das Diplomstudium Rechtswissenschaften vorgeschriebenen Prüfungen positiv absolviert und somit mit diesem Tag das Diplomstudium erfolgreich abgeschlossen.

Die letzte Prüfung wurde am 27.06.2019 schriftlich abgelegt. Der Beschwerdeführer erfuhr am 19.07.2019 die Beurteilung. Mit Bescheid vom 23.07.2019 (zugestellt am 24.07.2019) erhielt der Beschwerdeführer den akademischen Grad „Magister der Rechtswissenschaften“ verliehen.

Dem Beschwerdeführer wurde auch in den Monaten Juli und August 2019 eine Studienbeihilfe in Höhe von jeweils 821,00 Euro überwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde sowie aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers.

Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden und ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelung somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, in der zum Antragszeitpunkt gültigen Fassung BGBl. I Nr. 31/2018, lauten:

Voraussetzungen

§ 6. Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist, daß der Studierende
1.         sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),
2.         noch kein Studium (§ 13) oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert hat,
3.         einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),
4.         das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen hat. Diese Altersgrenze erhöht sich
a)         für Selbsterhalter gemäß § 27 um ein weiteres Jahr für jedes volle Jahr, in dem sie sich länger als vier Jahre zur Gänze selbst erhalten haben, höchstens jedoch um insgesamt fünf Jahre,
b)         für Studierende gemäß § 28, die zur Pflege und Erziehung mindestens eines Kindes gesetzlich verpflichtet sind, um fünf Jahre,
c)         für behinderte Studierende gemäß § 29 um fünf Jahre,
d)         für Studierende, die ein Masterstudium aufnehmen, um fünf Jahre, sofern sie das Bachelorstudium vor Überschreitung der Altersgrenze unter Berücksichtigung der lit. a bis c begonnen haben.

[...]

Erlöschen des Anspruches

§ 50. (1) Der Anspruch auf Studienbeihilfe erlischt mit Ende des Monats, in dem der Studierende
1.         verstorben ist oder
2.         die österreichische Staatsbürgerschaft verloren hat oder
3.         das Studium abbricht oder
4.         die letzte in den Studienvorschriften vorgesehene Prüfung seines Studiums, für das er Studienbeihilfe bezieht, abgelegt hat.

(2) Der Anspruch auf Studienbeihilfe erlischt mit dem Ende des letzten Monats jenes Semesters (halben Ausbildungsjahres),
1.         mit dem die Anspruchsdauer für den Studienabschnitt endet, sofern nicht innerhalb der Antragsfrist des folgenden Semesters der Studienabschnitt abgeschlossen wird;
2.         für das der Studierende keinen Studiennachweis gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 vorgelegt hat oder
3.         nach dem der Studierende ein anderes Studium aufnimmt; dies gilt auch für den Wechsel der in § 3 Abs. 1 genannten Einrichtungen; das Erlöschen tritt nicht ein, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Studienbeihilfe zum Zeitpunkt des Studienwechsels vorliegen.

(3) Bei Studierenden an medizinisch-technischen Akademien erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Monats, in dem der Studierende gemäß § 17a Abs. 3 MTD-Gesetz vom weiteren Besuch der medizinisch-technischen Akademie ausgeschlossen wurde.

(4) Bei Studierenden an Hebammenakademien erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Monats, in dem der Studierende gemäß § 31 Abs. 1 HebG vom weiteren Besuch der Hebammenakademie ausgeschlossen wurde.

(5) Bei Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Monats, in dem ein vorgeschriebenes Berufspraktikum negativ beurteilt wurde oder in dem der Studierende vom weiteren Besuch des Fachhochschul-Studienganges ausgeschlossen wurde.

(6) Bei Studierenden eines Bachelorstudiums erlischt der Anspruch gemäß Abs. 1 Z 4 nicht, wenn
1.         für ein unmittelbar anschließendes Masterstudium Studienbeihilfe bezogen wird und
2.         aus den ersten beiden Semestern des Masterstudiums der gemäß § 48 Abs. 2 erforderliche Stu-dienerfolg nachgewiesen wird.

Rückzahlung

§ 51. (1) Studierende haben zurückzuzahlen:
1.         Studienbeihilfenbeträge, deren Zuerkennung erschlichen wurde;
2.         Studienbeihilfenbeträge, deren Zuerkennung durch unvollständige oder unwahre Angaben bewirkt wurde;
3.         Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden;
4.         Studienbeihilfenbeträge, für deren Auszahlung die Voraussetzungen durch eine nachträgliche Abänderung des Bewilligungsbescheides weggefallen ist;
5.         den gesamten Betrag der erhaltenen Studienbeihilfe, der in den ersten beiden Semestern insgesamt, in den ersten beiden Semestern eines Masterstudiums oder in den ersten beiden Semestern eines Doktoratsstudiums bezogen wurde, wenn nicht wenigstens Studiennachweise in dem in § 48 Abs. 2 festgelegten Ausmaß vorgelegt werden;
6.         den gesamten Betrag der im ersten Semester bezogenen Studienbeihilfe, wenn nach einem Studienabbruch oder einer Studienunterbrechung nicht wenigstens Studiennachweise in dem in § 48 Abs. 3 festgelegten Ausmaß vorgelegt werden.

(2) Im Falle eines neuen Studienbeihilfenanspruches ist die Rückzahlungsforderung gegen diesen aufzurechnen. Der monatlich durch Aufrechnung einbehaltene Betrag darf 50% der monatlich zustehenden Studienbeihilfe nicht übersteigen. Eine Aufrechnung ist auch vor Rechtskraft des Bescheides über die Rückzahlungsverpflichtung zulässig. Ist eine Aufrechnung nicht möglich, so kann die Schuld unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der rückzahlungspflichtigen Person bis zu zwei Jahren gestundet und auch die Rückzahlung in Teilbeträgen von nicht mehr als 36 Monatsraten gestattet werden.

(3) Im Fall des Abs. 1 Z 5 und 6 entfällt die Rückforderung, wenn der Studierende
1.         sein Studium weiter betreibt und längstens in der Antragsfrist des fünften Semesters ab Studienbeginn wieder einen günstigen Studienerfolg gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 und Z 5, § 23 Z 2, § 24 Z 2 und § 25 Abs. 1 Z 2 nachweist oder
2.         die zum Ausschluss der Rückzahlungsverpflichtung notwendigen Studiennachweise zwar innerhalb der für die Vorlage vorgesehenen Frist erworben, diese jedoch erst nach Ablauf der Frist vorgelegt hat.

(4) Die Begünstigungen der Abs. 2 und 3 gelten nicht für den Fall der Erschleichung. In diesem Fall sind die empfangenen Beträge ab deren Erhalt mit 8% zu verzinsen und zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zur Rückzahlung fällig. Personen, die durch vorsätzliche Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 40 Abs. 4 an der Erschleichung teilgenommen haben, haften mit dem zur Rückzahlung verpflichteten Studierenden als Gesamtschuldner.

(5) Rückzahlungsansprüche verjähren in drei Jahren, wenn nicht vor Ablauf dieser Frist ein Rückzahlungsbescheid ergeht. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte gesetzlich nicht gebührende Studienbeihilfenrate ausgezahlt wurde. Der Lauf der Verjährungsfrist ist gehemmt, solange sich der Rückzahlungsverpflichtete im Ausland aufhält.

(6) Mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehene Rückzahlungsbescheide sind Exekutionstitel. Im Exekutionsverfahren wegen dieser Rückzahlungsbescheide wird der Bund von der Finanzprokuratur vertreten, die die Eintreibung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen kann. Die Kosten des Einschreitens der Finanzprokuratur sind vom rückzahlungspflichtigen Studierenden zu ersetzen. Die Rückforderung ist nicht zu verzinsen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.3. Gemäß § 50 Abs. 1 Z 4 StudFG erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Monats, in dem der Studierende die letzte in den Studienvorschriften vorgesehene Prüfung seines Studiums, für das er Studienbeihilfe bezieht, abgelegt hat.

Das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe tritt ex lege ein (VwGH 22.02.1991, 89/12/0114). Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist aber dennoch zulässig, weil ein öffentliches Interesse bzw - objektiv gesehen - auch ein Interesse der Studierenden an einer rechtlichen Klarstellung durch Erlassung eines Bescheides besteht (VwGH 24.09.1997, 97/12/0152). Die Erlassung eines eigenen Bescheides, der das Erlöschen des Anspruches feststellt, kann im rechtlichen Interesse des Studierenden etwa in Zusammenhang mit der Rückforderung zu viel ausbezahlter Studienbeihilfe geboten sein (vgl. RV 473 BlgNR 18. GP, 39).

Dem Bescheid über die Verleihung des akademischen Grades "Magister der Rechtswissenschaften (Mag.iur.)“ an den Beschwerdeführer vom 23.07.2019 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer das Diplomstudium Rechtswissenschaften nach positiver Beurteilung aller im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen beendet und somit alle Voraussetzungen für die Verleihung des akademischen Grades erfüllt hat.

Der Zeitpunkt, zu dem eine Beurteilung erfolgte oder der Studierende vom positiven Abschluss Kenntnis erlangt, ist, wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführte, in diesem Zusammenhang nicht von Relevanz, denn der Wortlaut des § 50 Abs. 1 Z 4 StudFG sieht als Voraussetzung für das Erlöschen des Anspruches auf Studienbeihilfe ausschließlich die Ablegung der letzten in den Studienvorschriften vorgesehenen Prüfung jenes Studiums vor, für welches der Studierende Studienbeihilfe bezieht, nicht aber die Eintragung der Note (vgl. VwGH 27.10.1980, 786/80).

Da der Beschwerdeführer die letzte in den Studienvorschriften vorgesehene Prüfung seines Studiums, für das er Studienbeihilfe bezog, am 27.06.2019 abgelegt hat, erlosch der Anspruch auf Studienbeihilfe mit Ende des Monats Juni 2019.

3.4. Den teleologischen Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich der Auslegung des aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes eindeutigen Wortlautes des § 50 Abs 1 Z 4 StudFG ist aus folgenden Gründen nicht Folge zu leisten:

Die eindeutigen Bestimmungen des § 16 StudFG zielen darauf ab, dass die durch die Studienbeihilfe geförderten Studierenden ihr Studium zielstrebig betreiben und in angemessener Zeit absolvieren (VwGH 21.12.1990, 87/12/0066). Die Studienbeihilfe kann nicht nur als eine der Sicherung des Lebensunterhaltes dienende Sozialleistung gesehen werden. Gesichert wird nämlich nicht der Lebensunterhalt schlechthin, sondern nur in Verbindung mit dem vom Studierenden frei gewählten Ziel, ein Studium auf höchstem Bildungsniveau zu absolvieren. Der Anspruch auf Studienbeihilfe ist daher untrennbar mit der Gegenleistung des Empfängers, nämlich sein Studium zielstrebig und erfolgreich zu absolvieren und seiner jeweiligen finanziellen Situation (während eines begrenzten Lebensabschnittes) verbunden (VwGH 06.09.1995, 95/12/0074).

Die mit Studienbeihilfe geförderten Studierenden haben alles ihrer Dispositionsfreiheit Übertragene so zu gestalten, dass sie ihr Studium innerhalb der vorgeschriebenen Zeit vollenden (VwGH 27.05.1991, 90/12/0253).

Sobald das Ziel erreicht ist, besteht aus Sicht des Gesetzgebers kein Anlass mehr, weitere Förderungen aus dem Grund der Studienbeihilfe zu gewähren.

3.5. Dem Studienförderungsrecht liegt die verfahrensrechtliche Ausgestaltung zugrunde, dass die monatlich gewährte Studienbeihilfe (grundsätzlich auf Grund eines Antrags - § 39 Abs. 1 StudFG) so lange geleistet wird, als ein Anspruch besteht (§§ 18f. StudFG). Daraus folgt, dass die Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich ex ante zu prüfen sind und die Auszahlung der Studienbeihilfe – gewissermaßen in Form eines „Vertrauensvorschusses“ (VfGH 06.06.2006, B 3260/05-7) – solange erfolgt, bis eine ex-post-Prüfung des Studienerfolges und des weiteren Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen durchgeführt wird, gegebenenfalls – wie auch hier – mit dem Risiko der Rückerstattung zu Unrecht erhaltener Beiträge (vgl. auch VwGH 08.01.2001, 2000/12/0301).

Die Auszahlung der Studienbeihilfe erfolgt somit gewissermaßen unter der auflösenden Bedingung des entsprechenden Studienerfolges und des damit verknüpften Förderanspruches.

3.6. In diesem Sinne ist der Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich der vorläufigen Ungewissheit über den Erfolg der in schriftlicher Form absolvierten letzten Prüfung nicht Folge zu leisten. Besteht der Beschwerdeführer diese letzte Prüfung des Studiums, so ist das Förderziel der Studienbeihilfe erreicht. Besteht er sie nicht, hat er das Studium (noch) nicht abgeschlossen und die Studienbeihilfe kann auch in den Monaten nach dem negativen Prüfungsantritt bezogen werden (naturgemäß nur, wenn und solange die übrigen Anspruchsvoraussetzungen weiterhin gegeben sind).

3.7. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde ins Treffen geführte Möglichkeit der Wiederholung (auch) von positiv beurteilten Prüfungen gilt nur, solange ein Studium nicht abgeschlossen ist (§ 77 Abs 1 UG). Gerade dieser Umstand ist jedoch mit der Absolvierung der letzten Prüfung des Studiums eingetreten.

Auch die Anmeldung zu einem freien Wahlfach nach Abschluss des Studiums ändert nichts am erfolgreichen Abschluss des Studiums, da dieses Wahlfach nicht verpflichtend im Curriculum vorgeschrieben war. Ziel der Studienförderung ist die finanzielle Unterstützung bis zum Erstabschluss, mit welchem eine Qualifikation erreicht wird, die zu einer Berufstätigkeit führt, welche nach Abschluss des geförderten Studiums möglich wird. Diese Qualifikation hat der Beschwerdeführer bereits mit Abschluss der letzten vorgeschriebenen Prüfung und somit mit Abschluss des Diplomstudiums erworben und nicht erst mit Abschluss etwaiger Zusatzqualifikationen (vgl. VwGH 29.11.2011, 2011/10/0038).

Aus den oben unter Punkt 3.4. und 3.5. dargelegten Erwägungen – insbesondere aufgrund der Verknüpfung von Studienbeihilfe und Studienerfolg als Leistung und Gegenleistung – haben sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof einen gutgläubigen Verbrauch einer zu Unrecht erhaltenen Studienbeihilfe ausgeschlossen (VfGH 06.06.2006, B 3260/05-7; VwGH 06.09.1995, 95/12/0074). Dies entspricht auch eindeutig den Gesetzesmaterialien (RV 473 BlgNR; XVIII. GP, S. 39: „Weder der gutgläubige Verbrauch noch Krankheit schließen eine Rückzahlungsverpflichtung aus.“). Somit kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch in diesem Punkt nicht Folge geleistet werden.

3.8. Fallbezogen hat der Beschwerdeführer auch im Juli und August 2019 und somit nach Eintritt des gesetzlichen Erlöschungsgrundes des § 50 Abs. 1 Z 4 StudFG noch Studienbeihilfe bezogen.

Da Studienbeihilfenbeträge, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes ausbezahlt wurden, gemäß § 51 Abs. 1 Z 3 StudFG jedenfalls zurückzuzahlen sind, begegnet die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung zur Rückzahlung der für Juli und August 2019 bezogenen Studienbeihilfe im Ergebnis keinen Bedenken (BVwG 30.06.2014, W224 2006330-1; vgl. auch VwGH 29.11.2011, 2011/10/0038).

Weder ist es dem Beschwerdeführer gelungen, mit seinem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, noch sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht andere Gründe für eine Rechtswidrigkeit des Bescheides hervorgekommen. Der Beschwerdeführer ist sohin, soweit eine Rückzahlung in voller oder teilweiser Höhe nicht bereits erfolgte, weiterhin verpflichtet, den Betrag von EUR 1.642,00 zurückzuzahlen.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde eine Aufrechnung der Rückzahlungsforderung (EUR 1.642,-) gegen den – behaupteten – Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss begehrte, ist zum einen zu entgegnen, dass der gegenständliche Bescheid der belangten Behörde (nur) über die Rückzahlungsverpflichtung absprach und somit (nur) die Rückzahlungsverpflichtung den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens darstellt. Zum anderen besteht in Bezug auf die Auszahlung des gem. § 52 StudFG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuerkennenden Fahrtkostenzuschusses kein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung. Somit ist es im Gesamtbild dem Bundesverwaltungsgericht zweifelsfrei verwehrt, über das Bestehen eines Rechtsanspruches auf Fahrtkostenzuschuss und in weiterer Folge über eine etwaige Aufrechnung der Rückzahlungsforderung abzusprechen. Der diesbezügliche Beschwerdeantrag musste somit als unzulässig zurückgewiesen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.9. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Rückzahlung der für Juli und August 2019 ausbezahlten Beihilfen aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch den Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien festgestellt wurde und diesen Sachverhaltsfeststellungen in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 23.11.2006, 2005/20/0406, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.10. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschlussprüfung Aufrechnungsantrag Rückforderung Rückzahlungsverpflichtung Studienabschluss Studienbeihilfe Studienbeihilfe - Erlöschungsgründe Zeitpunkt Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W129.2232878.1.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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