TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/24 W175 2243618-1

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Veröffentlicht am 24.06.2021
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Entscheidungsdatum

24.06.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W175 2243618-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde des XXXX afghanischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2021, Zahl: 1278027608-210634778, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 12.05.2021 von der deutschen Grenzpolizei bei der Einreise aus Österreich im Rahmen einer Zugskontrolle angehalten, wobei festgestellt wurde, dass er nicht im Besitz eines Reisedokumentes war. Nach erfolgter Rückübernahme durch Österreich stellte der BF am 13.05.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).

Ein Eurodac-Abgleich der Fingerabdruckdaten des BF ergab, dass von Bulgarien am 21.10.2015, von Norwegen am 12.11.2015, von Deutschland am 28.11.2018 und am 10.01.2019, sowie von Rumänien am 04.07.2020 erkennungsdienstliche Behandlungen des BF jeweils aufgrund der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gespeichert worden waren.

I.2. Im Rahmen der Erstbefragung am 13.05.2021 gab der BF in der Sprache Paschtu befragt im Wesentlichen an, dass er afghanischer Staatsangehöriger, ledig und volljährig sei. Identitätsunterlagen könne er keine vorlegen, der Reisepass sei ihm von der tschechischen Polizei abgenommen worden.

Er habe Afghanistan Ende 2020 aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen, und sei schlepperunterstützt über Serbien nach Rumänien eingereist, wo er sich einen Monat aufgehalten habe. Danach sei nach Tschechen gereist, wo er sich 50 Tage aufgehalten habe. Man habe ihn in Schubhaft genommen und nach Rumänien rücküberstellt. Nach 10 Tagen sei er über Ungarn nach Österreich gereist. Bei der Weiterreise nach Deutschland habe man ihn erneut festgenommen und nach Österreich überstellt. Asyl habe er nirgends beantragt, er könne zu den Ländern nichts ausführen.

Im Rahme eines Schubhaftverfahrens (Schubhaftbescheid vom 13.05.2021) stellte die Behörde fest, dass der BF 2015 in Bulgarien und Norwegen Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat. Nach Ablehnung des Antrages durch Norwegen sei der BF nach Deutschland gereist, von wo er nach Norwegen zurückgestellt und nach Afghanistan abgeschoben worden sei.

I.3. Aufgrund des Eurodac-Treffers sowie der Angaben des BF richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) an Rumänien am 14.05.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Wiederaufnahmeersuchen betreffend den BF.

Mit Schreiben vom 27.05.2021 führten die rumänischen Dublinbehörden aus, dass der BF in Rumänien am 22.11.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, der am 05.04.2021 in II. Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden sei.

Die rumänischen Behörden stimmten der Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

I.4. Anlässlich der Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs vor dem BFA am 01.06.2021 gab der BF im Wesentlichen an, dass er außer Rückenschmerzen, gegen die er derzeit Schmerzmittel nehme, keine gesundheitlichen Probleme habe.

Er habe in Österreich keine Verwandten.

Die Frage, ob er in der EU einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, bejahte der BF diesmal. Er sei in Rumänien dazu gezwungen worden, danach habe er zwei negative Bescheide erhalten. Er sei dann nach Tschechen gefahren, jedoch wieder nach Rumänien zurückgestellt worden. In Rumänien habe er eine 10tägige Haftstrafe erhalten und sei dann nach Serbien abgeschoben worden. Die Unterlagen habe er auf dem Zimmer. Er sei dann von Serbien nach Österreich gereist.

Auf die Frage, ob er konkrete Gründe nennen könne, die einer Überstellung nach Rumänien entgegenstünden, gab der BF an: „Wie geht das? Ich habe alle Beweismittel, dass die rumänischen Behörden mich nach Serbien abgeschoben haben. Ich habe zwei negative Entscheidungen bekommen.“ Auf Nachfrage gab er an, dass die Bedingungen in Rumänien sehr schlecht seien, sie würden sich gegenseitig schlagen. Die tschechische Polizei habe ihm den Pass abgenommen.

Am Ende der Befragung erkundigte sich der BF nach der Höhe der Unterstützung bei einer freiwilligen Rückkehr. Er frage dies für einen Freund.

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid, zugestellt am 04.06.2021, den Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Rumänien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG, angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung des BF nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dem Bescheid sind folgende Feststellungen zu Rumänien (Stand 14.06.2019) zu entnehmen:

„Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können:

-        Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

-        Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

-        Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-        EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail

-        VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Non-Refoulement

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Versorgung

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).

Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- €) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019

-        IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

-        VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).

Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).

Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Schutzberechtigte

-        …”

Betreffend die aktuell vorliegende Pandemie aufgrund des Corona-Virus wurde festgehalten:

„Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Rumänien wurden bisher 1.078.142 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher diesbezügliche 30.415 Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 02.06.2021).

Die aktuelle COVID-19-Pandemie erfordert auch nicht, dass Österreich vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen hat. Eine Epidemie im Mitgliedsstaat ist zwar grundsätzlich unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK beachtlich. Da es sich aber eben nicht nur um eine Epidemie Mitgliedsstaat, sondern um eine Pandemie handelt, ist das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS-CoV-2 zu erkranken, weltweit, d.h. sowohl im Mitgliedsstaat, als auch in Österreich, erhöht. Dazu kommt noch, dass Ihr individuelles Risiko an SARS-CoV-2 schwer oder gar tödlich zu erkranken sehr niedrig ist. Das Risiko eines derartig schweren Verlaufs der Erkrankung ist nämlich bei jungen nicht immungeschwächten Menschen viel geringer, als bei Menschen aus Risikogruppen (alte und immungeschwächte Menschen). Auch wenn daher nicht ausgeschlossen werden kann, dass Sie sich mit dem Erreger SARS-CoV-2 im Mitgliedsstaat infizieren – was aber auch für den Fall Ihres Verbleibs in Österreich gelten würde – ist das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering. Ein „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK droht Ihnen im Mitgliedsstaat aufgrund der COVID-19-Pandemie daher nicht (vgl. idS BVwG 25.03.2020, W273 2188533-1/24E).“

Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität des BF lediglich für das gegenständliche Verfahren ausreichend feststehe. Schwere lebensbedrohliche Krankheiten seien vom BF weder behauptet noch belegt worden. Er habe zu Österreich keine familiären, sozialen oder beruflichen Beziehungen.

Aus den Länderfeststellungen zu Rumänien ergebe sich, dass die allgemeine Lage für nach Rumänien überstellte negativ beschiedene Asylwerber keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßende Behandlung erkennen lasse. Die Grundversorgung beziehungsweise die medizinische Notversorgung sei in Rumänien gewährleistet. Auch anderen Fremden stehe der Zugang zu einer medizinischen Notversorgung offen. Eine Überstellung nach Serbien sei nicht glaubhaft.

In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde.

Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

I.7. Mit 04.06.2021 stellte das BFA dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) amtswegig zur Seite.

I.8. Mit 17.06.2021 brachte der BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem der Bescheid gesamtinhaltlich wegen Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurde. Es drohe ihm nach subjektiven und objektiven Kriterien eine reale Gefahr der Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 und 8 EMRK.

Moniert wurde, dass die Länderfeststellungen veraltet seien, verwiesen wurde dabei auf das Erkenntnis des BVwG zur Zahl: W161 2239820-1 vom 08.03.2021, in dem der Beschwerde mit dem Argument stattgegeben worden sei, dass das BFA keine aktuellen Länderfeststellungen eingeholt habe, die Entscheidung des BFA habe sich auf das mittlerweile veraltete Länderinformationsblatt vom Juni 2019 gestützt.

Als aktuelle Quellen angeführt wurde ein ACCORD Bericht vom März 2020 und der Jahresbericht des USDOS 2020. BMVN berichte von illegalen Push-backs nach Serbien, es sei keine Einzelfallprüfung durchgeführt worden. Die Behörde habe dem BF hinsichtlich seiner Abschiebung nach Serbien keinen Glauben geschenkt, angemerkt werde dazu, dass die vom BF vorgelegten Beweismittel nicht gewürdigt worden seien.

Nähere auf den BF bezogene Ausführungen zu dem gesamten Vorbringen oder die sich angebliche “im Zimmer befindlichen Unterlagen“ zur Abschiebung nach Serbien, finden sich nicht in der Beschwerde.

I.9. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 22.06.2021.


II. Das BVwG hat erwogen:

II.1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

- den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 13.05.2021, das Protokoll der Niederschrift vom 01.06.2021, das Protokoll der Beschuldigteneinvernehmung durch die Bundespolizeidirektion München vom 12.05.2021 und die Beschwerde datiert mit 01.04.2020

- aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Rumänien im angefochtenen Bescheid sowie in die in der Beschwerde angeführten Unterlagen, in den AIDA Country Report, Stand 31.12.2019, in die in der Beschwerde angeführte Anfragebeantwortung von ACCORD zu Rumänien: Lage von Flüchtlingen und Asylsuchenden: Polizeigewalt, Unterbringungssituation, Zustände in Quartieren, Zugang zu Rechtsberatung vom 16.03.2020

- die Korrespondenz mit den rumänischen Behörden.

II.2. Feststellungen:

II.2.1. Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger und volljährig. Seine Identität steht lediglich für die Zwecke des gegenständlichen Verfahrens mit ausreichender Sicherheit fest.

II.2.2. Der BF stellte 2015 Anträge auf internationalen Schutz in Bulgarien und Norwegen. Von Norwegen wurde er nach negativem Abschluss des Asylverfahrens nach Afghanistan abgeschoben. 2018 und 2019 stellte er in Deutschland weitere Anträge auf internationalen Schutz.

Der BF reiste zuletzt über Rumänien neuerlich unrechtmäßig in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein, wo er am 22.11.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der am 05.04.2021 rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Danach reiste der BF nach Tschechen, von wo aus er zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Rumänien zurückübergestellt wurde. Von Rumänien reiste der BF danach über Ungarn und Österreich nach Deutschland, wobei er am 12.05.2021 von der deutschen Grenzpolizei bei der Einreise aus Österreich im Rahmen einer Zugskontrolle angehalten und nach Österreich zurückgeschoben wurde. In Österreich stellte der BF am 13.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

II.2.3. Am 14.05.2021 richtete das BFA aufgrund eines vorliegenden Eurodac-Treffers ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO an Rumänien, dass einer Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d Dublin III-VO mit Schreiben vom 27.05.2021 ausdrücklich zustimmte.

II.2.4. Der BF läuft nach einer Überstellung nach Rumänien nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes und wurden diese auch nicht konkret behauptet. In Rumänien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Eine medizinische Versorgung des BF inklusive Behandlung chronischer Erkrankungen ist in Rumänen gegeben.

Konkrete Verfahrensmängel oder neue Asylgründe wurden vom BF weder substantiiert noch glaubhaft vorgebracht.

In Rumänien besteht ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Nach rechtskräftigem Abschluss ist eine Folgeantragstellung möglich, diese hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Die Überstellungen in das jeweilige Heimatland erfolgen entsprechend den Regelungen der Mitgliedstaaten.

II.2.5. Akut lebensbedrohende Krankheiten wurden vom BF nicht vorgebracht oder belegt. Von einer Mangelversorgung in Rumänien aufgrund der herrschenden Covid-19 Lage kann derzeit nicht ausgegangen werden und wurde dies auch nicht konkret behauptet.

II.2.6. Der BF hat in Österreich keine Verwandten oder sonstige sozialen Beziehungen.

II.3. Beweiswürdigung:

II.3.1. Die Feststellungen zum Reiseweg des BF und zu seiner Antragstellung im angeführten Mitgliedstaat ergeben sich im Wesentlichen aus dem eigenen Vorbringen, soweit dies mit der vorliegenden Aktenlage in Einklang zu bringen ist.

Vorauszuschicken ist, dass der BF aufgrund zahlreicher Widersprüche insgesamt nicht glaubwürdig erscheint. So gab er am 12.05.2021 den deutschen Behörden gegenüber an, er habe seinen Pass vor langer Zeit verloren, in Österreich behauptete er jedoch, die tschechischen Behörden hätten diesen einbehalten. In der Erstbefragung gab er an, er sei direkt von Rumänien über Ungarn nach Österreich gereist, Serbien blieb unerwähnt. Erst in der Niederschrift vom 01.06.2021 gab er an, von den rumänischen Behörden nach Serbien überstellt worden zu sein. Diesbezügliche Dokumente habe er „auf dem Zimmer“. Der BF legte diese jedoch nicht einmal in der Beschwerde vor, sodass nicht von der Existenz derselben ausgegangen werden kann. Es wurde in der Beschwerde lediglich auf die im Akt befindlichen Unterlagen verwiesen, die das BFA nicht berücksichtigt habe. Dabei handelt es sich jedoch durchgehend um Unterlagen in tschechischer Sprache, die als Beleg für eine Überstellung nach Serbien durch Rumänien wohl nicht herangezogen werden können. Ein Dokument in Rumänisch (AS 153), ausgestellt am 08.04.2021, enthält keinen Hinweis auf Serbien, ein weiteres (AS 129) ist eine Bestätigung vom 17.04.2021, dass sich der BF vom 08.04.2021 bis 17.04.2021 in Quarantäne befand.

Weiters gab der BF am 01.06.2021 niederschriftlich an, er habe in Rumänien zwei negative Bescheide bekommen, danach sei er zwei Monate in Tschechien gewesen. Nachdem die rumänischen Behörden mitteilten, dass der Antrag des BF am 05.04.2021 in II. Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden sei (es gebe keine Beschwerdemöglichkeit) und der BF am 13.05.2021 den gegenständlichen Antrag in Österreich einbrachte, sind diese Angaben rechnerisch nicht nachvollziehbar, insbesondere, da der BF nach der Überstellung aus Tschechien noch 10 Tage in Rumänien in Haft gewesen sein will. Für eine zusätzliche Überstellung nach Serbien bleibt hier überdies auch kein Raum.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der BF ständig wechselnde Angaben zu seinen Antragstellungen im EU-Raum, zum Verbleib seines Passes und zu seiner Reiseroute macht. Eine konkrete Überstellung nach Serbien konnte der BF trotz Behauptung nicht belegen, sodass nicht von einem Wahrheitsgehalt seiner Angaben ausgerechnet in diesem Punkt ausgegangen werden kann.

Die Feststellungen zum Verfahrensstand in Rumänien ergeben sich aus der ausdrücklichen Zustimmung Rumäniens und aus den Angaben des BF. Das Verfahren in Rumänien ist rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Aus der Aktenlage ergibt sich im Übrigen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass der BF zwischen seiner Antragstellung in Rumänien und seiner Ankunft in Österreich das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate oder auf Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und aus der Aktenlage.

Der BF bringt des Weiteren keine Erkrankungen vor, er benötigt keine Medikamente. Er hat auch in Österreich keine sozialen oder beruflichen Beziehungen.

Es wurde vom BF kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.4.3.3.). Eine den BF konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.4.3.2.).

II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zur Aktualität der Quellen verwies das BFA im angefochtenen Bescheid darauf, dass zwischenzeitlich keine entscheidungsrelevante Änderung der Lage eingetreten sei, dieser Einschätzung wird vom erkennenden Gericht im Wesentlichen beigepflichtet (vgl. näher unter Punkt II.4.3.2.).

Die pauschale Behauptung, die Länderfeststellungen seien veraltet, ist ohne genaue Begründung oder Vorlage neuerer Berichte nicht geeignet, die Aktualität der Länderfeststellungen in Zweifel zu ziehen, insbesondere, da sich die Lage in Rumänien generell nicht als besonders volatil darstellt.

In der Beschwerde brachte der BF lediglich vor, dass die herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise einseitig seien, ohne näheres dazu auszuführen. Die angeführte ACCORD Anfragebeantwortung zu Rumänien: Lage von Flüchtlingen und Asylsuchenden: Polizeigewalt, Unterbringungssituation, Zustände in Quartieren, Zugang zu Rechtsberatung vom 16.03.2020 stützt sich auf den AIDA Country Report vom 27.3.2019 und auf USDOS - US Department of State (13.3.2019), die beide den Länderfeststellungen des BFA zugrunde gelegt wurden, neu an der Anfragebeantwortung sind somit lediglich die Ausführungen von Save the Childen, die zum Fall des BF keinen Bezug haben. Unerwähnt in der Beschwerde blieben im Übrigen die Ausführung des AIDA Country Reports zu Versorgung und Unterbringung, die im Wesentlichen als ausreichend bezeichnet wurden.

Aus genanntem AIDA Country Report 2019 ergeben sich im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Fall keine systemischen Mängel, die geeignet wären, eine Verletzung der unionsrechtlichen Vorschriften oder des Art. 3 EMRK anzunehmen.

Die Behauptung in der Beschwerde - unter Zitierung eines aus dem Zusammenhang gerissenen Absatzes des Erkenntnisses des BVwG, Zahl: W161 2239820-1/5E -, die Entscheidung, erachte die gegenständlichen Länderfeststellungen als veraltet, lässt sich dem Erkenntnis nicht entnehmen.

Vielmehr unterließ es in dem zitierten Fall das BFA zur Gänze, im angefochtenen Bescheid Feststellungen zur Lage im Mitgliedsstaat Rumänien zu treffen und verwies lediglich auf die im Akt einliegenden Feststellungen vom 14.06.2019 und darauf, dass dem Beschwerdeführer aktuelle Länderinformationen ausgefolgt worden wären, wobei nicht angeführt wurde, von wann diese ausgefolgten Feststellungen zu Rumänien stammen würden (aktueller Stand). Daraus ergab sich letztlich, dass die im Akt befindlichen Feststellungen (im Hinblick auf die Ausfolgung anderer Feststellungen) „nicht mehr unbedingt aktuell“ sind.

Die Ausführungen in der Beschwerde sind somit nicht geeignet, die vorliegenden Länderfeststellungen in Zweifel zu ziehen.

Auch aus dem AIDA Country Report 2019 ergeben sich im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Fall keine systemischen Mängel, die geeignet wären, eine Verletzung der unionsrechtlichen Vorschriften oder des Art. 3 EMRK anzunehmen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen in Zusammenschau mit laufender Medienbeobachtung ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des BVwG insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Abschiebepraxis, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Rumänien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderfeststellungen klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht glaubhaft oder substantiiert dargetan.

II.4. Rechtliche Beurteilung:

II.4.1. Gemäß § 6 Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (VwGVG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016 (BFA-VG) bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG) lauten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

…“

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.

2: das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

Art. 49 der VO 604/2013 lautet auszugsweise:

„Artikel 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.“

Vor dem Hintergrund, dass die Verordnung 604/2013 am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, der BF am 13.05.2021 einen Antrag internationalen Schutz stellten, sowie das Wiederaufnahmeersuchen an Rumänien nach dem 01.01.2014 gestellt und beantwortet wurde, ist gegenständlich primär die VO 604/2013 (Dublin III-VO) anwendbar.


Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

„KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a.       einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b.       einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c.       einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d.       einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Artikel 19

Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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