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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1995, Zl. 301.811/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juli 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Februar 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 6 iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe die Behörde erster Instanz diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß die Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG einer Aufenthaltsbewilligung entgegenstehe.
Die Beschwerdeführerin habe dagegen eingewendet, daß sie angenommen hätte, als Gattin eines österreichischen Staatsbürgers keine Aufenthaltsbewilligung zu benötigen. Sie möchte mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in Österreich leben.
Diesem Vorbringen wurde entgegengehalten, daß die Beschwerdeführerin nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden unbestrittenen Aktenlage sichtvermerksfrei eingereist sei und ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wolle. Sie sei nicht als Touristin, sondern mit der Absicht, in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz zu gründen, eingereist und hätte zu diesem Zweck von Anfang an einen Sichtvermerk benötigt.
Zum Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG begründete die belangte Behörde des weiteren, daß ein Sichtvermerk zu versagen sei, wenn durch den Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet werde. Die Beschwerdeführerin halte sich nach wie vor entgegen den Bestimmungen des Fremdenrechtes ohne Sichtvermerk und damit illegal in Österreich auf. Sie sei seit 2. September 1994 aufrecht in Österreich polizeilich gemeldet. Dadurch zeige sie, daß sie nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für den geordneten Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren, weshalb der Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vorliege. Unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK überwögen die öffentlichen Interessen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin, aus dem Akteninhalt ergebe sich jedenfalls nicht, daß sie tatsächlich illegal im Bundesgebiet Österreich aufhältig sei. Sie behauptet in der Beschwerde als Sachverhalt, daß sie ihren Ehegatten im Rahmen von touristischen sichtvermerksfreien Aufenthalten im Bundesgebiet Österreich kennen- und liebengelernt habe. Als mazedonische Staatsbürgerin sei sie bis 1. Mai 1995 zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet Österreich und zu touristischen Aufenthalten berechtigt gewesen. Nach Antragstellung sei die Beschwerdeführerin nicht mehr in das Bundesgebiet Österreich eingereist, sondern habe im Ausland auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gewartet. Aus der Berufung habe sich nicht ergeben, daß sich die Beschwerdeführerin tatsächlich im Bundesgebiet Österreich aufhalte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Landeshauptmann von Wien wies mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 16. Februar 1995 den Antrag der Beschwerdeführerin vom 7. Februar 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. Der Bescheid wurde damit begründet, daß der Antrag durch den Gatten der Antragstellerin in der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebracht worden sei. Mit dieser Vorgangsweise werde das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus nicht erfüllt, zumal keinerlei Grund zur Annahme bestehe, daß sich die antragstellende Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland befunden habe. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin aus anderen Gründen ab, ohne der Beschwerdeführerin Parteiengehör zu gewähren. Daher unterliegen die Sachverhaltsausführungen in der Beschwerde grundsätzlich, soferne sie über den Aufenthalt der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung hinausgehen, nicht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot. Parteiengehör war jedoch zu jenen Sachverhaltselementen nicht zu gewähren, welche die Beschwerdeführerin selbst geliefert hat. Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht keine Verpflichtung für die Behörde, die Partei zu solchen Sachverhaltselementen nochmals zu hören (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1996, Zl. 95/19/0591).
Die Ausführungen sind aber selbst bei vollständiger Berücksichtigung nicht geeignet, die im wesentlichen auf der auf den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin beruhenden Aktenlage und einer polizeilichen aufrechten Meldung beruhenden Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe von allem Anfang in Österreich ihren ordentlichen Wohnsitz begründen wollen und halte sich nach wie vor unrechtmäßig in Österreich auf, zu erschüttern. Denn die gegenteilige Sachverhaltsbehauptung der Beschwerdeführerin in der Beschwerde erweist sich aus folgenden Umständen als aktenwidrig: In ihrer Berufung vom 3. März 1995 führte die Beschwerdeführerin ausschließlich eine Wiener Adresse an und begründete inhaltlich, daß ihr Mann anläßlich der Eheschließung vom 6. Dezember 1993 alle Behördenerledigungen unternommen habe. Er sei der Meinung gewesen, daß die Beschwerdeführerin nach der Eheschließung keine Aufenthaltsbewilligung benötige. Am 18. August 1994 sei der gemeinsame Sohn Daniel zur Welt gekommen. Die Beschwerdeführerin würde sehr hart getroffen, wenn die Familie durch eine Abweisung ihres Ansuchens "getrennt" würde. Auch finanziell würden sich unvorstellbare Probleme ergeben. Sie "wüßte nicht, wo ich mit meinem Kind unterkommen soll, da ich in meiner früheren Heimat niemanden habe, der uns aufnehmen kann". Sie bitte, eine Familie "nicht zu trennen und damit auch zu zerstören" (Akt Seite 124). Der nunmehr angefochtene Bescheid wurde am 19. Juli 1995 an ihrer Wiener Adresse von ihr persönlich übernommen.
Darüber hinaus vermeidet die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde, eine konkrete ausländische Wohnanschrift zu nennen.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin spätestens ab ihrer Eheschließung ihren Hauptwohnsitz in Österreich genommen hat, ohne hiezu berechtigt zu sein. Denn gemäß § 1 Abs. 1 AufG benötigt jeder Fremde zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine Aufenthaltsbewilligung.
Die belangte Behörde ist damit zu Recht auch davon ausgegangen, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin unrechtmäßig ist. Der insgesamt lang andauernde unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin gefährdet die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens.
Die belangte Behörde ist sohin zutreffend vom Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und damit auch vom Vorliegen eines Auschließungsgrundes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG ausgegangen.
Liegt aber dieser Ausschließungsgrund vor und macht die Beschwerdeführerin erkennbar geltend, daß sie infolge der Beziehungen zu ihrem in Österreich lebenden Gatten und ihrem Kind, die österreichische Staatsbürger seien, gemäß § 3 einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe, ist ihr zu erwidern, daß bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes eine Aufenthaltsbewilligung an die in § 3 Abs. 1 AufG genannten Personen nicht erteilt werden darf (vgl. zB. die
hg. Erkenntnisse vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/1125, und vom 20. Juni 1996, Zl. 96/19/1046, 1047).
Auf den Einwand der Beschwerdeführerin betreffend die Verletzung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK) ist zu entgegnen, daß die aus der am 6. Dezember 1993 geschlossenen Ehe und der folgenden Geburt eines Kindes abgeleiteten familiären Interessen der Beschwerdeführerin am weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet bei einer Interessenabwägung vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 2 MRK nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfallen, zumal ansonsten ein Wertungswiderspruch zu § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, wonach die Erteilung eines Sichtvermerkes unter anderem zu versagen ist, wenn dieser zeitlich an eine sichtvermerksfreie Einreise anschließen soll, entstünde (vgl. zB die hg. Erkenntnisse vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0555, und vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0836). Denn eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden kommt bei einer auf diese Bestimmung gestützten Entscheidung aus den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1993, B 338/93, B 445/93, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen nicht in Frage (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0640, und vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1404). Die den Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin in Österreich spätestens begründende Ehe wurde nach Ablauf des letztgültigen Sichtvermerkes und daher während eines unberechtigten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin geschlossen, weshalb die Eheleute nicht mit einem längeren erlaubten Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet rechnen durften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0503). Zudem liefe es dem Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwider, wenn ein Fremder bloß aufgrund von Tatsachen, die von ihm geschaffen wurden, als er rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte, die Voraussetzungen für eine Bewilligung eines Aufenthaltes im Bundesgebiet auf Dauer herbeiführen könnte (vgl. zB die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0340 = ZfVB 1995/5/1729, und vom 20. Juni 1996, Zl. 96/19/1046, 1047).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Befassung mit der den § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG betreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides sowie mit dem hiezu erstatteten Beschwerdevorbringen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995190715.X00Im RIS seit
02.05.2001