TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 I412 2211470-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I412 2211470-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. KONGO, DEMOKRATISCHE REPUBLIK, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 22.11.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.06.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 23.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte im Wesentlichen vor, dass er in seinem Herkunftsland Probleme mit einem Politiker gehabt habe, der seinen Vater umgebracht habe.

2. Am 18.05.2016 und am 22.05.2017 fanden vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Einvernahmen des Beschwerdeführers statt.

3. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer habe sich nach Griechenland zurückzubegeben. (Spruchpunkt I.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II. Satz 1) und es wurde eine Außerlandesbringung gem § 10 Abs 1 Z 1 AsylG iVm § 9 VFA-VG iVm § 61 Abs 1 Z 1 FPG angeordnet (Spruchpunkt II. Satz 2). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 61 Abs 2 FPG nach Griechenland zulässig sei (Spruchpunkt II. Satz 3).

4. Dagegen wurde fristgerecht eine vollumfängliche Beschwerde vom 11.07.2017 erhoben und beantragt, inhaltlich über den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Begründend folgte er aus, dass bei der Entscheidung zur Überstellung nach Griechenland Art 3 EMRK nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Schließlich sei der Gesundheitszustand und die in Griechenland für Asylsuchende geltenden, menschenrechtswidrigen Aufnahmebedingungen zu berücksichtigen. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes W235 2164781-1 vom 20.07.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt und mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes W235 2164781-1/6E vom 09.03.2018 wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 2.Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

5. Sodann fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.06.2018 eine weitere Einvernahme statt und der Beschwerdeführer wurde zu den Unterbringungsbedingungen in Griechenland befragt. Darüber hinaus wurde eine Anfrage bei der Staatendokumentation zum Thema „Griechenland – Humanitärer Aufenthaltstitel“ vom 18.06.2018 eingebracht und diese am 11.09.2018 beantwortet.

6. Am 08.11.2018 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine weitere Einvernahme statt, in der der Beschwerdeführer wiederholt zu seiner Person und seinen Fluchtgründen befragt wurde.

7. Am 22.11.2018 erging der verfahrensgegenständliche Bescheid, mit welchem der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), die Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.). und eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

8. Dagegen wurde fristgerecht eine vollumfängliche Beschwerde vom 11.12.2018 erhoben und beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und den Anträgen des Beschwerdeführers zur Gänze stattzugeben. Begründend führte der Beschwerdeführer eine falsche Würdigung seines Vorbringens an und beantragte die Einholung eines ärztlichen Gutachtens zu seinem körperlichen Gebrechen, das die Widersprüche in den Einvernahmen verursacht habe. Die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 17.12.2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist Angehöriger der Volksgruppe Mundibu, stammt aus der Provinz Bas Kongo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er hat in seinem Herkunftsland zehn Jahre lang die Schule besucht, aber den Mittelschulabschluss nicht gemacht. Er belegte das Fach Maschinenbau, wofür er Praktika absolvierte.

Der Beschwerdeführer verfügt in seinem Herkunftsland über familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen maßgeblichen, lebensbedrohlichen Krankheiten und ist erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer ist spätestens seit dem 23.07.2015 im Bundesgebiet aufhältig. Er lebt von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Er verfügt über keine maßgeblichen familiären oder sozialen Anbindungen im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer absolvierte Deutschkurse auf dem Nivau A1 und A2 und hat sich für den Deutschkurs auf B1 Niveau angemeldet. Der Beschwerdeführer ist in caritativen Einrichtungen wie z.B. dem Roten Kreuz ehrenamtlich tätig und ist Mitglied eines kongolesischen Vereins im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland aufgrund einer Anzeige gegen einen Politiker verfolgt wurde oder ihm dies bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland droht.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2. Zur Situation in der Demokratischen Republik Kongo

1.2.1. Zur allgemeinen Situation

Zur Lage im Herkunftsstaat werden die für das gegenständliche Verfahren relevanten Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kongo D.R. vom 17.12.2020 festgestellt:

COVID-19

In der DR Kongo ist mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben bis auf weiteres zu rechnen. Es besteht hohes Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19). Mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist bis auf weiteres zu rechnen (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020). Seit 15.6.2020 sind die Außengrenzen des Landes wieder offen und auch Binnenreisen sind wieder möglich (FD 25.11.2020).

Der internationale Flugverkehr (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020) und auch der nationale Flugverkehr wurde wieder aufgenommen (AA 18.11.2020). Bei der Einreise ist ein negativer COVID-19 Tests bzw. die direkte Durchführung eines COVID-19 Tests am Flughafen und bei der Ausreise die Vorweisung eines negativen Tests vorgeschrieben (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020, FD 25.11.2020). Um innerhalb der Demokratischen Republik Kongo reisen zu können, muss den Grenzbehörden vor Antritt der Reise am Flughafen ein negativer Test vorgelegt werden (AA 18.11.2020; vgl. FD 25.11.2020).

Das Tragen eines Nasen-Mundschutzes in der Öffentlichkeit ist verpflichtend. Vielfach kommt es zu Straßensperren und Polizeikontrollen mit Temperaturmessungen (BMEIA 16.10.2020). Im gesamten Stadtgebiet Kinshasas gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes (AA 18.11.2020).

Das Gesundheitssystem ist auf die Pandemie nicht vorbereitet. Im Falle einer Infektion mit dem Virus kann nicht von einer angemessenen Behandlung ausgegangen werden (AA 18.11.2020).

Politische Lage

Die seit dem 18.2.2006 geltende Verfassung bestimmt eine gemäßigte präsidiale Regierungsform. Das System wird sowohl von zentralistischen als auch föderalistischen Elementen geprägt (GIZ 10.2020a). Die DR Kongo ist seit 2015 in 26 Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen gegliedert. Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird für fünf Jahre direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse (AA 28.8.2019a; vgl. GIZ 10.2020a). Durch eine Verfassungsänderung wurde 2011 der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Dabei wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 28.8.2019a).

In der DR Kongo fanden mit mehr als zweijähriger Verspätung am 30.12.2018 Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzratswahlen statt. Diese liefen verhältnismäßig friedlich und organisiert ab (AA 17.2.2020). Nachdem die Regierung alle sozialen Netzwerke stilllegte und eine massive Militär- und Polizeipräsenz keine kritischen Bewegungen erlaubte, verliefen die Wahlen relativ ruhig. Doch sowohl die gut organisierte katholische Kirche als auch der südafrikanische Staatenverband SADC bestätigten viele Unregelmäßigkeiten während der Wahlen (GIZ 10.2020a).

Das von der nationalen Wahlkommission CENI verkündete Ergebnis der Präsidentschaftswahlen wies überraschend den Führer der oppositionellen UDPS-Partei Félix Tshisekedi als Wahlsieger aus, womit er seine Konkurrenten Martin Fayulu (Oppositionsbündnis Lamuku) und Emmanuel Ramazani Shadary (bisheriges Regierungsbündnis FCC) auf den zweiten bzw. dritten Platz verwies. Das Wahlergebnis gilt weiterhin als umstritten, da die informellen Ergebnisse ziviler Wahlbeobachter für Fayulu als Wahlsieger sprachen (AA 17.2.2020).

Am 26.8.2019 benannte Ministerpräsident Sylvestre Ilunga die neuen Minister. Insgesamt 67 Mitglieder umfassend zeichnet das Kabinett sich u.a. dadurch aus, dass drei von vier Ministern keine Regierungserfahrung besitzen und 42 Plätze dem Front Commun pour le Congo (FCC) zukommen. Deren sogenannte „moralische Autorität“ ist Ex-Präsident Joseph Kabila. Der Frauenanteil stieg von 10% auf 17% an (AA 17.2.2020).

Am 6.12.2020 verkündete Staatspräsident Félix Tshisekedi nach mehrwöchigen Verhandlungen das Ende der Zusammenarbeit zwischen seiner Parteikoalition Cap pour le Changement (CACH) und der seines Vorgängers Joseph Kabila, Front commun pour le Congo (FCC). Er ernannte einen Beauftragten zur Herstellung einer neuen Mehrheit. In der Regierungskoalition der beiden Lager sei sein Reformprogramm blockiert gewesen. Der FCC stellt die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Auch die Ernennung von Sylvestre Ilunga zum Premierminister im Mai 2019 musste auf die Mehrheit des FCC gestützt werden. Zum Koalitionsende trug ein Streit über die Ernennung dreier neuer Verfassungsrichter durch Tshisekedi bei, der sich dabei über den Premierminister hinweggesetzt haben soll. Am 10.12.2020 setzte die Nationalversammlung (Unterhaus) ihre bisherige Parlamentspräsidentin Jeanine Mabunda ab. Das Lager Kabilas, zu dem sie zählt, erhob den Vorwurf des Stimmenkaufs gegen die Seite Tshisekedis (BAMF 14.12.2020).

Sicherheitslage

In Kinshasa und anderen kongolesischen Städten führten in der Vergangenheit wiederholt, teilweise gewalttätige, Proteste gegen die Regierung zur Verwendung scharfer Munition, Todesopfern und Verletzten, sowie zu zahlreichen Festnahmen. Auch weiterhin kann es im ganzen Land im Zusammenhang mit Protestaktionen und Versammlungen zu Gewalt kommen. Dabei muss auch mit weitreichenden Störungen des öffentlichen Lebens sowie einer hohen Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften gerechnet werden (AA 18.11.2020).

Die Sicherheitslage ist äußerst instabil. Versammlungen, Proteste und bestimmte Veranstaltungen können, selbst ohne erkennbaren äußeren Anlass, jederzeit zu unvorhersehbaren sicherheitsrelevanten Ereignissen oder gewalttätigen Ausschreitungen führen und scharfe Gegenmaßnahmen zur Folge haben. Dies betrifft neben zahlreichen Provinzen inzwischen auch die Hauptstadt Kinshasa (AA 18.11.2020). Es kommt vor allem in der Hauptstadt, aber auch in anderen Ballungsräumen (Matadi, Bukavu, Goma, Kananga etc.), immer wieder zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Opposition und Sicherheitskräften (BMEIA 16.10.2020).

Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die maßlose Gier der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region – einschließlich Ruanda – treibt. Die Rebellengruppe M-23 hat sich nach einem Friedensvertrag Ende 2013 offiziell aufgelöst, jedoch demobilisierten einige ihrer Kämpfer nicht und kämpfen weiter. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen – allen voran die der FDLR nahestehenden – bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO [Anm. UNO Mission in der DR Kongo] haben bisher nichts an der Situation verändert (GIZ 10.2020a).

In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri, Haut-Uele, Tanganyika, Haut-Lomani, Kasai und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der MONUSCO statt (BMEIA 16.10,2020). Ende November 2019 kam es bei Protesten der Bewohner Benis zu Übergriffen auf einzelne Einheiten der UNO-Mission MONUSCO (AA 18.11.2020).

In den Provinzen Bas-Uele, Haut-Uele, Tshopo, Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Maniema, Tanganyika, Haut-Lomami, Haut-Katanga (nur nördliche Gebiete), Lomami, Kasai, Kasai-Central und Kasai Oriental kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den kongolesischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, insbesondere der Allied Democratic Force (ADF). Von der kongolesischen Armee wird derzeit eine Großoffensive gegen die ADF durchgeführt (AA 18.11.2020).

Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele und in den Provinzen der Kasai-Region (Kasai central, Kasai, Kasai oriental, Sankuru und den Lomami Provinzen) fort. Bewaffnete Gruppen wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord’s Resistance Army (LRA), aber auch indigene Gruppen, wie die lokalen Nduma Defense of Congo-Renewal (NDC-R), Kamuina Nsapu, Bana Mura und diverse Mai-Mai-Gruppen (lokale Milizen) attackieren die Zivilbevölkerung. Viele dieser Gruppen stammen ursprünglich aus dem Ausland. Die Angriffe führen zu massiven Vertreibungen der Zivilbevölkerung, und es kommt zu vielen Menschenrechtsverletzungen (USDOS 11.3.2020).

Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyar-wanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer willkürlicher Gewalttaten. Die Zahl der Binnenvertrieben bleibt auf einem hohen Niveau und Flüchtlinge müssen nicht selten ein-bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können (AA 17.2.2020).

Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem „aus dem Land“, d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. Nur ein Teil der fliehenden Bevölkerung kann von UN-Organisationen oder NGOs unterstützt werden. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen des Landes ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz der Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen (AA 17.2.2020).

Rechtsschutz/Justizwesen

Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 11.3.202; vgl. GIZ 10.2020a), war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Beamte und andere einflussreiche Personen unterwarfen Richter häufig der Nötigung. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 11.3.2020).

In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Folgernd hieraus ist die Justiz in der Demokratischen Republik Kongo weitgehend blockiert. Recht hat in der Regel der, der am meisten für sein vermeintliches Recht bezahlen kann (GIZ 10.2020).

Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es noch nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert. Nach Einschätzung von nationalen und internationalen Experten, wird es noch Jahre dauern, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte. Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Reformen werden versprochen, dürften jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen (AA 17.2.2020).

Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Straftaten. Sie ist überlastet, aber bemüht, ihrer Aufgabe, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) zu bekämpfen, gerecht zu werden. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als das in der Ziviljustiz (AA 17.2.2020).

Sicherheitsbehörden

Die primäre Verantwortung zur Rechtsdurchsetzung obliegt der kongolesischen Nationalpolizei (Police National Congolaise – PNC). Diese untersteht dem Innenministerium. Die Nationale Geheimdienstagentur (National Intelligence Agency – ANR) untersteht dem Präsidenten. Ihr obliegt die interne und externe geheimdienstliche Informationsbeschaffung. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) sowie der militärische Geheimdienst unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie haben primär Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Sicherheit, in der Praxis liegt ihr Fokus primär auf der inneren Sicherheit. Die FARDC sind geprägt von schwacher Führung, schlechter operationeller Planung, geringen administrativen und logistischen Kapazitäten, mangelnder Ausbildung und fraglicher Loyalität ihrer Soldaten, vor allem im Osten des Landes. Dem Präsidenten unterstehen die republikanischen Garden (Republican Guard – RG). Dem Innenministerium untersteht das Direktorat für Migration, das, gemeinsam mit der Polizei, für die Grenzkontrollen verantwortlich ist (USDOS 11.3.2020).

Die Kooperation der MONUSCO (UN-Friedensmission in der DR Kongo) und der kongolesischen Regierung findet im Osten weiterhin statt, mit Ausnahme der Kasai-Region (USDOS 11.3.2020). Trotz einer Truppenreduzierung stellt die MONUSCO mit über 16.000 Soldaten und über 1.300 Polizisten nach wie vor eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit dar (AA 17.2.2020).

Obwohl es zu Verurteilungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte kam, blieb die Straffreiheit ein Problem. Behörden unterließen es häufig, Missbrauch durch Beamte zu untersuchen, verfolgen oder zu bestrafen. In diesem Zusammenhang betrieben die Behörden zusammen mit der UN-Schutztruppe MONUSCO gemeinsame Menschenrechtskomitees und nutzten diesbezügliche internationale Einrichtungen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020).

Die zivilen Behörden üben keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Das Militär ist notorisch undiszipliniert. Vorfälle von Informationsaustausch zwischen kongolesischen Soldaten und Rebellengruppen gab es im Jahr 2019 weiterhin. Soldaten und Polizisten begehen regelmäßig Menschenrechtsvergehen. Hochrangige Militärs gehen bei solchen Vergehen oft straffrei aus (FH 4.3.2020).

Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gibt der Staat nur vor, eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seit dem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Ein Reformplan zur Umwandlung der Truppe in eine moderne Armee, wurde 2009 dem Parlament präsentiert. Laut MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangener Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GS o.D.).

Korruption

Gesetzlich sind Strafen für Korruption durch Beamte zwar vorgesehen, jedoch setzt die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um und korrupte Praktiken sind oft mit Straflosigkeit verbunden. Durch behördliche Korruption auf allen Ebenen sowie in Firmen in Staatsbesitz entgehen der Staatskassa hunderte Millionen US-Dollar pro Jahr. Präsident Tshisekedi startete am 11.7.2019 eine nationale Korruptions-Bewusstseins-Kampagne. 80% der Befragten gaben an, dass sie Bestechungsgelder zahlen mussten, um öffentliche Güter und Dienstleistungen wie etwa Polizeischutz, Wasser, Geburtsurkunden und Personalausweise zu erhalten. Auch Mitglieder der Sicherheitskräfte sind undiszipliniert und korrupt. Polizei- und Armeeeinheiten betreiben illegale Geldeinhebung und Erpressung von Zivilisten, oft an Checkpoints, wo sie Geld und Nahrungsmittel von Individuen forderten und jene, die nicht zahlen können, inhaftieren (USDOS 11.3.2020).

Korruption ist in der Regierung, den Sicherheitskräften und der Mineralienindustrie weit verbreitet, der öffentliche Dienst und Entwicklungshilfeversuche sind davon unterminiert. Ernennungen zu hochrangigen Positionen in der Regierung sind von Nepotismus geprägt. Rechenschafts-Mechansimen sind schwach, und Straffreiheit ist die Norm (FH 4.3.2020).

Im aktuellen Ranking von Transparency International rangiert die DR Kongo an 168. Stelle bei insgesamt 198 gereihten Ländern (TI 2020).

Allgemeine Menschenrechtslage

In der DR Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Im Zuge der Krise um die Wahlen kam es zu massiven Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Medienfreiheit. Darüberhinaus steigt die Zahl der von internen bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen an. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 17.2.2020). Bedeutende Menschenrechtsprobleme sind willkürliche Tötungen, darunter ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, usw. (USDOS 11.3.2020).

Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). ARTICLE 19 berichtet im November 2020, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Journalisten in Verbindung mit ihrer Tätigkeit festgenommen wurden; Aktivisten und Bürger wurden nach kritischen Äußerungen eingeschüchtert, geschlagen, festgenommen und / oder strafrechtlich verfolgt (A19 27.11.2020).

Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Unter Präsident Tshisekedi kam es zwar diesbezüglich zu Verbesserungen, aber Einschränkungen bestehen weiterhin (USDOS 11.3.2020). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 4.3.2020).

Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 11.3.2020).

Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Oppositionsparteien konnten im Jahr 2019 freier operieren. So wurde ihnen auch mediale Präsenz durch neu gegründete Radiosender ermöglicht. Unter der Regierung Tshisekedi wurden einige Oppositionsmitglieder aus der Haft entlassen. Einige im Ausland lebende Politiker konnten zurückkehren (FH 4.3.2020).

NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus (AA 17.2.2020).

Grundversorgung und Wirtschaft

Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land (AA 28.8.2019b; vgl. GIZ 10.2020b). Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40% des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Demokratische Republik Kongo ist sehr schwach industrialisiert. Die Rohstoffindustrie ist ein wachsender Wirtschaftszweig, besonders der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold, Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden). Weite Teile der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Schätzungen der Weltbank zufolge leben 77% der kongolesischen Bevölkerung von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Im „Human Development Index“ der Vereinten Nationen belegt die DR Kongo Platz 176 von 199 betrachteten Ländern (AA 28.8.2019b).

Die Demokratische Republik Kongo ist ein reiches – armes Land. Reich an Rohstoffen profitiert nur eine sehr kleine Minderheit von den Schätzen des Bodens und der Natur. Zwei Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Mangel- und Fehlernährung sind an der Tagesordnung. In den Städten fehlt es an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln, Wasser und der elementarsten sanitären Versorgung. Auf dem Land fehlt es an Straßen zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Zusätzlich behindern die innenpolitischen Konflikte und die allgegenwärtige Korruption eine erfolgreiche Armutsbekämpfung (GIZ 10.2020b).

Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt Kinshasa ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Die Zentral- und Provinzregierungen versuchen mit agro-industriellen Projekten gegenzusteuern (AA 17.2.2020).

Auch im Sektor Ernährung und Landwirtschaft sind grundlegende Reformen und Investitionen notwendig. Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen, da die Vertriebenen oft keine Möglichkeit haben, sich neu anzusiedeln und zumindest eine Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben. Ferner können sie von internationalen Hilfsorganisationen wegen der Aktivitäten vieler bewaffneter Gruppen immer noch nicht auf dem gesamten Territorium der DR Kongo versorgt werden. MONUSCO sowie der Staat sind bemüht, die staatliche Autorität flächendeckend zu etablieren. Diese Bemühungen haben auch 2019 erhebliche Rückschläge erlitten (AA 17.2.2020).

In der DR Kongo gibt es ein formelles System für soziale Sicherheit, von dem jedoch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitieren kann. Seit 2016 sind mehrere Neuerungen eingeführt worden, die unter anderem Familienzulagen und Tagsätze für Frauen während des Mutterschaftsurlaubs umfassen, um Verdienstausfälle auszugleichen. Auch die Gleichstellung der Geschlechter wurde berücksichtigt. Ungeachtet dieser Reformen gilt das System aber nur für Bürger, die im formellen Sektor beschäftigt sind und schließt den beträchtlichen Bevölkerungsteil aus, der im informellen Sektor Geld verdient. Mehr als 80% der aktiven Berufstätigen arbeiten im informellen Sektor. Viele Kongolesen können sich das Überleben nur durch Subsistenzlandwirtschaft und informellen Kleinhandel sichern. Kirchen und Familienangehörige leisten oft eine gewisse soziale Unterstützung. Dabei hat Armut wenig systematischen Bezug zur ethnischen Zugehörigkeit, sondern diejenigen, die Zugang zur Macht hätten, führen ein relativ komfortables Leben (BS 29.4.2020)

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt in einem Situationsbericht vom 3.12.2020, dass die Zahl der von einer akuten Nahrungsmittelunsicherheit betroffenen Menschen in der DR Kongo dramatisch steigt. 2019 seien 15,6 Millionen Menschen betroffen gewesen, 2020 bereits 21,8 Millionen, insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und Kasai-Central. Besondere Schwierigkeiten erfahren intern Vertriebene sowie an ihre Heimatorte Rückkehrende. Zum Anstieg der Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hätte neben den herrschenden Konflikten auch die COVID-19-Pandemie beigetragen, die zu höheren Nahrungsmittelpreisen geführt habe. Weitere Gründe seien eine Abwertung der Währung, ein sinkendes Wirtschaftswachstum sowie Überschwemmungen oder Tierseuchen (BAMF 7.12.2020).

Medizinische Versorgung

Das mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO / OMS) aufgebaute Gesundheitssystem der Demokratischen Republik Kongo ist sehr gut durchdacht. Zentralen Krankenhäusern (Hôpital de Reference) sind sekundäre Gesundheitsstrukturen (Zone de Santé, Centre de Santé, Poste de Santé), entsprechend der Bevölkerungszahl und Siedlungsdichte, zugeordnet. Jede Gesundheitszone versorgt ca. 150.000 Menschen. Es gibt grundsätzlich keine Doppelung von Krankenhäusern im Einzugsgebiet der Referenzkrankenhäuser. Das System ist kostengünstig und könnte eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung garantieren. In der Realität zeigen sich vielerorts die Defizite der Umsetzung. In einem großen Teil der DR Kongo sind die Gesundheitseinrichtungen in den 306 Gesundheitszonen sehr unzureichend ausgestattet. Es fehlt an Geldern für Medikamente, Ausrüstung und qualifiziertem medizinischem und administrativem Fachpersonal. Die meisten der 400 Krankenhäuser wurden in der Kolonialzeit gebaut und befinden sich in einem schlechten Zustand. Das Personal ist extrem schlecht bezahlt, man arrangiert sich durch Korruption und private Dienstleistungen, die aber häufig nur für Wohlhabende zugänglich sind. So kommt es, dass der öffentliche Haushalt mit bis zu 2% des BIP nur spärliche Mittel für das Gesundheitswesen verwendet. Durch das Zusammenbrechen der Infrastruktur ist die medizinische Versorgung im Landesinneren oft nur noch in kirchlichen Gesundheitseinrichtungen vorhanden. Viele Menschen sterben an behandelbaren Krankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Malaria. In den meisten ländlichen Regionen kann meist nur eine Notfallmedizin betrieben werden (GIZ 10.2020b).

Der Großteil der Bevölkerung kann nicht ausreichend versorgt werden. UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Nur im formellen Sektor (1,5 Mio. Beschäftigte) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, allerdings mit eingeschränktem Leistungsspektrum. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa mehrere Apotheken, die gegen Bezahlung binnen weniger Tage so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern können. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Viele Krankheiten können zwar behandelt werden, sind aber für die meisten Kongolesen unbezahlbar (AA 17.2.2020).

Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 18.11.2020).

Fast alle Geberorganisationen, die in der DR Kongo aktiv sind, fördern medizinische Einzelprojekte. In der Regel übernehmen sie direkt oder in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Trägerstruktur ganze Gesundheitszonen, einschließlich die Referenzkrankenhäuser. Andere Geber, wie beispielsweise die EU, sichern für mehrere Jahre die Versorgung mit Medikamenten für mehrere Gesundheitszonen. In den vergangenen Jahren wurde die Ausbildung von Krankenpflegepersonal, Gesundheitsarbeitern und Ärzten im ganzen Land intensiviert. Traditionelle Medizin und auch Heilung durch Wunderheiler sind weit verbreitet. Ursache sind Armut, Unwissenheit aber auch der mangelnde Dialog zwischen lokalem Wissen und moderner westlicher Medizin (GIZ 10.2020b).

Die DR Kongo ist wieder Ebola-frei. Das geht aus einer offiziellen Erklärung des kongolesischen Gesundheitsministeriums vom 18.11.2020 hervor. Der erste Fall des inzwischen elften Ebola-Ausbruchs in der jüngeren Geschichte des zentralafrikanischen Landes wurde am 1.6.2020 aus der nordwestlichen Provinz Équateur gemeldet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben bei dem jüngsten Ausbruch 55 Menschen. Insgesamt seien 119 Fälle registriert worden. Die DR Kongo erlebte zuletzt drei Ebola-Epidemien kurz hintereinander. Der zehnte Ausbruch, der von August 2018 bis Juni 2020 den Osten des Landes betraf, kostete mehr als 2.200 Menschen das Leben. Mehr als 3.400 hatten sich infiziert. Wegen Instabilität und Kämpfen unter Milizen in den östlichen Provinzen war der zehnte Ausbruch besonders schwer in den Griff zu bekommen gewesen. Beobachter hoffen, dass die Expertise, die im Kampf gegen Ebola aufgebaut wurde, auch zur Eindämmung anderer Infektionskrankheiten eingesetzt werden kann. So könnte die Technik, mit der der Ebola-Impfstoff gekühlt wird, auch bei der Kühlung eines künftigen COVID-19-Impfstoffs zum Einsatz kommen (BAMF 30.11.2020).

Rückkehr

Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe (AA 17.2.2020).

Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N’Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, „Direction Générale de Migration“(DGM), befragt. Ebenfalls werden ankommende Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die aufliegenden Fahndungslisten abgeglichen. Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert (AA 17.2.2020).

Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den ANR („Agence Nationale de Renseignement“, ziviler Nachrichtendienst) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Gegenteilige Berichte einiger Menschenrechtsorganisationen und die von ihnen genannten Referenzfälle wurden geprüft, konnten aber in keinem Fall bestätigt werden (AA 17.2.2020).

Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen besuchen in besonders gelagerten Fällen im Auftrag des Auswärtigen Amts zurückgekehrte Personen an ihren Wohnadressen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation kann sich jedoch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen. Insbesondere, wenn sie oppositionellen Bewegungen angehören bzw. mit ihnen sympathisieren, können sie relativ schnell zum Beobachtungsobjekt für die Sicherheitsdienste werden (AA 17.2.2020).

OFII, die Organisation Française de l’Immigration et de l’Intégration, ist eine staatliche Einrichtung Frankreichs. Diese betreibt in vielen (vorwiegend frankophonen afrikanischen) Staaten Büros zur Reintegrationen von Rückkehrenden aus Frankreich. Ab September 2018 können französische Reintegrationsbüros auch für Rückkehrende aus Österreich mitgenutzt werden (BMI/OFII 8.2018)

Dokumente

Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann eine Vielzahl an Dokumenten (Reisepass, Personalausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung, Scheidungsurteil, Haftbefehl, offizielle Bestätigungsschreiben jeglicher Art) mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle käuflich erworben werden. Zudem werden viele Personenstandsfälle nicht ordnungsgemäß bei den Standesämtern registriert, selbst wenn die Registrierung erfolgt ist, sind ältere Personenstandsregister oft zerstört, da insbesondere während der Plünderungen Anfang der 90er Jahre die Register vieler Standesämter vernichtet wurden (AA 17.2.2020).

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Insbesondere wurde am 01.06.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und damit seiner Erwerbsfähigkeit ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass bei keiner Einvernahme massive gesundheitliche Einschränkungen durch den Beschwerdeführer selbst vorgebracht wurden. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung behauptete der Beschwerdeführer, nicht an ernsthaften Krankheiten zu leiden, aber Magenprobleme zu haben und deshalb täglich Medikamente zu nehmen. Wenn er keine Medikamente mehr habe, gehe er zum Arzt. Aktuelle diesbezügliche Befunde, aus denen die verordneten Medikamente hervorgehen würden, legte der Beschwerdeführer jedoch zu keinem Zeitpunkt vor. Lediglich in einem „Chirurgie Diagnoseblatt“ vom 05.05.2019 wird als Diagnose „Gastroenteritis“ angeführt, welches allerdings ebenfalls keine Auffälligkeiten oder Entzündungsparameter bescheinigt. Während der BF in der ersten Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.05.2016 noch angab, gesund zu sein, legte der Beschwerdeführer in der zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.06.2018 einige Medikamente vor, die ihm eigenen Angaben zu Folge eine Bekannte besorgt habe, die sich diese verschreiben habe lassen und begründete diese mit seinem Bluthochdruck bzw. einem „Wirbelsäulenproblem“. Der Beschwerdeführer konnte jedoch auch zu diesem Zeitpunkt keinerlei Befunde oder Unterlagen betreffend seine angeführten Erkrankungen vorlegen und gab er auch in der dritten Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.11. 2018 wieder an, gesund zu sein. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der in Österreich auch ehrenamtlich tätig ist und vorgebracht hat, hier arbeiten zu wollen, an keinen die Arbeitsfähigkeit ausschließenden, lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit sowie Schulbildung gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften und gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers.

Im Zusammenhang mit familiären Kontakten im Herkunftsland waren die Angaben des Beschwerdeführers jedoch bereits sehr widersprüchlich: Während er vor der belangten Behörde einmal angab, eine Tante von ihm wäre „zu Tode gesteinigt worden“ und diese namentlich anführte, gab er in einer weiteren Einvernahme zur selben Tante an, diese würde noch in der DR Kongo leben, im nächsten Satz vermutet er allerdings, diese habe noch vor ihm die DR Kongo verlassen.

Auch die Angaben zu seinem Bruder blieben äußerst widersprüchlich: Während er einmal angibt, keine Geschwister zu haben, behauptet er an anderer Stelle, dieser habe bei der jüngeren Schwester seines Vaters gelebt, die zwei Töchter habe und er habe diesen zuletzt gesehen, als sein Vater im Jahr 2010 gestorben sei. Widersprüchlich ist dabei auch, dass der Beschwerdeführer bei der Einvernahme durch die belangte Behörde angab, diese Tante sei die Mutter seines Cousins Jean-Jaques, was er in der mündlichen Verhandlung nicht erwähnte.

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der in Kinshasa aufgewachsen ist, sehr wohl über familiäre Anknüpfungspunkte und zudem über weitere soziale Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsland verfügt. Letzteres ist auch auf Grund des Umstandes anzunehmen, dass er vorbringt, in Österreich von einer Frau unterstützt zu werden (die in einem Beschwerdeschriftsatz einmal als seine Tante bezeichnet wurde, was in der mündlichen Beschwerdeverhandlung negiert wurde), die ebenfalls aus Kinshasa stammt und dort noch über Familienangehörige verfügt, zu denen sie Kontakt hat.
Es ist davon auszugehen, dass diese ihm bestimmt, wie auch in Österreich, gewisse Unterstützungsmöglichkeiten vermitteln könnte.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen ebenfalls auf seinen Aussagen vor dem BFA bzw. den Angaben im Beschwerdeschriftsatz und der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht:

Die Feststellungen hinsichtlich seiner Integration im Bundesgebiet ergeben sich aus dem während des Administrativ- und Beschwerdeverfahrens gemachten Eindruck sowie den dabei vorgelegten Nachweisen wie Zertifikaten und Lichtbildern. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass sich der Beschwerdeführer sozial engagiert, wofür Bestätigungen des österreichischen roten Kreuzes sowie des Diakoniewerkes vorgelegt wurden.

Seine sprachlichen Integrationsbemühungen wurden durch die Vorlage von zwei Zertifikaten des Sprachinstituts UNA für Deutschkenntnisse A1 und A2, sowie der Volkshochschule Linz für Deutschkurse auf Niveau B1 belegt, wobei der Beschwerdeführer die B1 Prüfung nicht bestanden hat. Eine Integrationsprüfung des österreichischen Integrationsfonds (Niveau A2) hat der Beschwerdeführer am 26.04.2019 bestanden. Auch war er Mitglied eines Sprachcafés und besuchte bei dem WIFI Linz die Veranstaltung „Ausbildung zum Führen von Hubstaplern – 100% Durchführungsgarantie“. Damit war allerdings angesichts der Aufenthaltsdauer von sechs Jahren keine maßgebliche Integration des Beschwerdeführers festzustellen, der von der staatlichen Grundversorgung lebt und keine konkreten Einstellungszusagen vorweisen konnte.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen als Fluchtgrund vorgebracht, dass er von einem kongolesischen Politiker namens J.O. verfolgt werde. Dieser habe seinen Vater vergiftet, woraufhin der Beschwerdeführer einen Prozess eingeleitet habe. Die Anklage sei der Grund gewesen warum der Beschwerdeführer eines Nachts von einer militärischen Gruppe gesucht worden sei, im Zuge dessen sein Cousin umgebracht worden sei.

In der mündlichen Verhandlung gab er überdies an, im Falle einer Rückkehr durch den Geheimdienst „Service de renseignement“ bedroht werden zu können. Diesem müsse man bei der Rückkehr Geld bezahlen und die Familie müsse einen abholen. Mangels Familie befürchte er eine Festnahme und eine aussichtslose Situation in Herkunftsland ohne sichere Zukunft.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

Vorausgeschickt wird, dass in der Beschwerde versucht wird, die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche dadurch zu erklären, dass der Beschwerdeführer unter einem Kopfschmerz gelitten habe, der zu Lähmungserscheinungen geführt habe. In der Beschwerde werden divergierende Aussagen zugestanden, die allerdings einzig und allein auf die Erkrankung des Beschwerdeführers zurückzuführen seien. Es lägen eindeutige Anhaltspunkte dafür vor, dass es dem Beschwerdeführer im Jahr 2016 wirklich schlecht gegangen sei. In der ersten Einvernahme der belangten Behörde am 18.05.2016 hat der Beschwerdeführer jedoch auf die Frage, ob er körperlich und geistig gesund sei und sich auf das Geschehen, welches zu seiner Ausreise geführt habe, konzentrieren könne, mit „mir geht es gut“ geantwortet. Ebenso beantwortete er eine weitere Frage nach Erkrankungen mit „ich bin gesund“. Die in der Beschwerde angeführte Rechtfertigung kann damit die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche nicht entkräften und beschränkt sich die Beschwerde darauf, die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers noch einmal nachzuerzählen.

Auch nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen, sondern traten weitere Widersprüche auf.

Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der Beschwerdeführer konnte aus folgenden Gründen keine Verfolgung in seinem Herkunftsland glaubhaft machen.

Es ergaben sich in den Schilderungen des Beschwerdeführers zahlreiche Widersprüche und Ungereimtheiten, die die belangte Behörde in der bekämpften Erledigung ausführlich dargestellt hat und die auch in der Beschwerde bzw. der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht entkräftet werden können.

Die Vielzahl an Widersprüchen und unlogischen Darstellungen des Sachverhaltes lassen nur den Schluss zu, dass sich der vorgebrachte Sachverhalt so nicht ereignet hat. Es mangelt zusammenfassend an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung mit den Widersprüchen konfrontiert, rechtfertigte sich der Beschwerdeführer damit, nach dem Tod seines Vaters traumatisiert gewesen zu sein, zudem sei er in einen Unfall mit Kopfverletzungen in Griechenland verwickelt gewesen. Auch dazu ist darauf zu verweisen, dass zu keinem Zeitpunkt Befunde vorgelegt wurden, die auf eine Traumatisierung oder Verletzung hindeuten würden, die das Gedächtnis beeinträchtigen könnten und der Beschwerdeführer die Frage nach seinem Gesundheitszustand mehrheitlich dahingehend beantwortete, dass er gesund sei.

Dass der Beschwerdeführer durch Hinweis auf einen angeblich schlechten Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Einvernahmen versucht, die zahlreichen Widersprüche im Nachhinein zu rechtfertigen, ist unter anderem daran erkennbar, dass der Beschwerdeführer das Wort „vielleicht“ mehrmals erwähnt als er von seinen Erinnerungslücken spricht. Auch an den Einvernahmen, bei denen der Beschwerdeführer ohne weitere Beschwerden teilnehmen konnte, wendete er nach Rückübersetzung, also einem Zeitpunkt der dafür bestimmt ist um Ungereimtheiten und Übersetzungsfehler aufzudecken, keinerlei Punkte gegen die jeweilige Niederschrift ein.

Festzuhalten ist zudem, dass der Beschwerdeführer die Frage der erkennenden Richterin nach seinen Rückkehrbefürchtungen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung lediglich mit Problemen mit dem „service de renseignement“ beantwortete und mit keinem Wort Befürchtungen hinsichtlich seiner im Administrativverfahren genannten Fluchtgeschichte erwähnte.

Die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erwähnten Befürchtungen wurden hingegen zuvor mit keinem Wort erwähnt. Es entsteht der Eindruck, dass der Beschwerdeführer das Verfahren in die Länge zu ziehen versucht, um einer Rückkehr zu entgehen.

Dem Länderinformationsblatt ist zu entnehmen, dass keine Informationen vorliegen, wonach allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe (AA 17.2.2020).

Auch dem vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten EASO Bericht vom 03. Juli 2019 zufolge ist nicht von einer systematischen Verfolgung bei der Rückkehr von Asylwerbern auszugehen. Einen konkreten Grund, wieso gerade dem Beschwerdeführer besonders betroffen sein sollte, ist nicht erkennbar.

Wie in der Beweiswürdigung angeführt, ist zudem davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer noch über soziale und/oder familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Heimat verfügt, die ihn zumindest bei seiner Ankunft in der DR Kongo unterstützen könnten.

Zudem ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte möglich ist, in der Demokratischen Republik Kongo Fuß zu fassen. Der Beschwerdeführer ist jung und arbeitsfähig und ist es ihm deshalb auch zumutbar, eine neue Existenz in seinem Heimatland zu begründen, wo er aufgewachsen ist.

2.4. Zu den Länderfeststellungen

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Kongo D.R. vom 17.12.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen.

Die Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Zum EASO Bericht vom 03. Juli 2019, auf den in der mündlichen Beschwerdeverhandlung im Zusammenhang mit der Situation bei einer Rückkehr in die DR Kongo verwiesen wurde, ist anzuführen, dass dieser zwar einzelne Fälle beschreibt, bei denen repatriierte Kongolesen bei einer Rückkehr einer willkürlichen Verhaftung ausgesetzt waren, insgesamt darin jedoch kein von den im Länderinformationsblatt enthaltenen Informationen abweichendes Bild gezeichnet wird und die im Länderinformationsblatt zitierten Quellen zudem jüngeren Datums sind.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt im gegenständlichen Fall, wie in der Beweiswürdigung dargelegt, zum Ergebnis, dass in der DR Kongo mit einer Verfolgung des Beschwerdeführers durch den genannten Politiker nicht zu rechnen ist und auch keine anderen asylrelevanten Gründe vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt wurden.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei dieser Beurteilung eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 29.4.2019, Ra2019/20/0175; VwGH 31.1.2019, Ra 2018/14/0404; 12.6.2018, Ra 2018/20/0284, jeweils mwN).

Eine derart exzeptionelle Situation wurde von dem Beschwerdeführer nicht aufgezeigt. Das Gericht geht davon aus, dass es diesem möglich wäre, sich bei einer Rückkehr eine Existenzgrundlage zu si

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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