TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 I401 2124864-3

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Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs6
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
StGB §105
StGB §127
StGB §130
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I401 2124864-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , geb XXXX , StA. ALGERIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 28.09.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) abgewiesen wurde.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.05.2016, Zl. I410 2124864-1, als unbegründet abgewiesen, die Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung bestätigt und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt.

Am 11.10.2016 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und in weiterer Folge in Untersuchungshaft genommen.

Das Bundesamt erließ mit Bescheid vom 13.09.2017 gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt II.), erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2017, Zl. I403 2124864-2/5E, wurde der Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben, weil das Bundesamt die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nach § 57 AsylG 2005 unterlassen hat, dies aber Voraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer ist seit 30.09.2020 gemäß § 46a FPG im Bundesgebiet geduldet.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.09.2020, zugestellt am 23.04.2021, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien festgestellt (Spruchpunkt IV.), eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht erteilt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 17.05.2021, worin insbesondere moniert wird, dass eine Rückkehrentscheidung aufgrund des rechtmäßigen Aufenthaltes nach einer Duldung unzulässig sei und auch ein Einreiseverbot nicht hätte erlassen werden dürfen. Das Bundesamt habe auch eine Einvernahme unterlassen und daher den Sachverhalt in Hinblick auf § 9 BFA-VG nicht hinreichend ermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Algerien. Seine Identität steht nicht fest. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er gehört keiner Covid-19-Risikogruppe an.

Er hält sich (zumindest) seit der Asylantragstellung am 05.12.2015 in Österreich auf. Sein Aufenthalt ist seit dem rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens am 30.05.2016 unrechtmäßig. Seit 30.09.2020 ist er im Bundesgebiet geduldet.

In Algerien lebte der Beschwerdeführer bei seiner Familie. In Österreich hat er keine Verwandten und keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

In Algerien brach er sein Studium ab, um seine Familie finanziell zu unterstützen. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung und der schulischen Bildung hat er eine Chance, auch hinkünftig am algerischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom 03.06.2016 wurde er als junger Erwachsener wegen der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und des versuchten Diebstahls als Beitragstäter nach §§ 15, 12 und 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht wurde nur wenig später mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Graz vom 24.10.2016 wegen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs. 1 StGB, mit dem er zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt wurde, widerrufen.

Zuletzt wurde er als junger Erwachsener in Anwendung des § 19 Abs. 1 JGG wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB und des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 und Abs. 2 StGB durch das Landesgericht Graz vom 31.03.2017 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Verurteilung lagen mehrfache Angriffe auf Personen zugrunde, denen der Beschwerdeführer mit einem Mittäter durch Zufügen von Faustschlägen und/oder der Verwendung einer Waffe, nämlich eines Pfeffersprays, Bargeld sowie Mobiltelefone raubte, Bargeld und Mobiltelefone teils durch Einbruch in ein Kraftfahrzeug stahl und eine in der Justizanstalt tätige Amtsärztin mit Gewalt zu einer Amtshandlung zu nötigen versuchte. Bei der Strafbemessung wertete es das teils reumütige bzw. der Wahrheitsfindung dienende Geständnis, das Verbleiben von zwei Raubtaten und der Widerstandshandlungen im Versuchsstadium, die Tatbegehung nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres und den Umstand, dass der Beschwerdeführer (mit Ausnahme des Widerstandes gegen die Staatsgewalt) sämtliche Taten vor der am 24.10.2016 ergangenen Letztverurteilung begangen hat, als mildernd, als erschwerend jedoch die Tatbegehung in Gesellschaft, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen, zwei einschlägige Vorverurteilungen und die Tatbegehung betreffend den Widerstand gegen die Staatsgewalt während der Haft.

Das Oberlandesgericht Graz gab mit rechtskräftigem Urteil vom 24.10.2017 der Berufung der Staatsanwaltschaft Graz (nicht hingegen des Beschwerdeführers) Folge und hob die Freiheitsstrafe beim Angeklagten (bzw. dem Beschwerdeführer) auf viereinhalb Jahre an. Für die Erhöhung der Freiheitsstrafe war für das Oberlandesgericht - unter anderem - maßgeblich, dass sechs Verbrechen mit einem Vergehen realkonkurrierend zusammentrafen, wobei der Umstand, dass sich die offensichtlich auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhende Widerstandshandlung gegen zwei Beamte gerichtet war, dem Vergehen besonders Gewicht verleiht. … Die Taten zu I. (gemeint: zum [versuchten] schweren Raubes) wurden im raschen Rückfall zur Erstverurteilung und die Tat zu II. (gemeint: zum versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt) ebenso äußerst rasch, nämlich bloß 14 Tage nach der Letztverurteilung begangen wurden. … Das Raubgeschehen war dadurch gekennzeichnet, dass bei zwei Tatopfern eine ärztliche Behandlung erforderlich machende (leichte) Verletzung eintrat, wobei die aggravierende Bewertung dieses Umstandes nicht dem Doppelverwertungsverbot widerspricht. … Generell waren sämtliche zur Nachtzeit verübten Raubtaten davon gekennzeichnet, dass zwar gerade noch nicht von einer besonderen Heimtücke der Tatbegehung gesprochen werden kann. Durch die Auswahl von möglicherweise alkoholisierten Opfern an abgelegenen Orten (Park, Hintereingang eines Lokals etc.) konnte gegen die Taten, die teilweise doch mit größerer Brutalität verübt wurden, aber auch wenig Vorsicht gebraucht werden. Selbst bei dem zur Tatzeit knapp unter bzw. knapp über 20-jährigen Beschwerdeführer ist in Anbetracht des dreifachen schweren Raubgeschehens die erstgerichtliche Sanktionsanhebung anhebungsbedürftig, sodass über den Beschwerdeführer eine viereinhalbjährige, dem beträchtlichen Handlungs-, Erfolgs- und Gesinnungsunwert der Taten entsprechende Freiheitsstrafe zu verhängen war. Richtig ist zwar, dass gemäß §§ 5 Z 1, 19 Abs. 2 JGG auch bei jungen Erwachsenen der Spezialprävention Vorrang gegenüber der Generalprävention zukommt. Der Anlassfall stellt aber gerade einen jener Fälle dar, in den es auch in generalpräventiver Hinsicht des gänzlichen Vollzugs der Sanktion bedarf, weil sich (auch schwere) Raubtaten durch junge Täter zwecks Erbeutung von Mobiltelefonen immer mehr häufen, sodass es des Vollzuges bedarf, um potentielle andere junge Täter von derartiger Delinquenz abzuhalten bzw. einer Bagatellisierung ähnlicher Raubserien hintanzuhalten. … .

Der Beschwerdeführer verbüßte bis 21.01.2020 die Haftstrafe und wurde unter Setzung einer Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen. Er war vom 11.03. bis 06.10.2020 als obdachlos und ist seit 11.12.2020 mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet.

Im Februar 2021 nahm der Beschwerdeführer, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, ein Kraftfahrzeug unbefugt in Gebrauch und verursachte einen Verkehrsunfall, wobei ein Sachschaden in Höhe von mehreren Tausend Euro entstand und eine Person verletzt wurde.

Über den Beschwerdeführer verhängte das Landesgericht für Strafsachen Graz mit 04.06.2021 wegen der Vergehen des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften, des gewerbsmäßigen Diebstahls und der gefährlichen Drohung die Untersuchungshaft.

Er geht und ging in Österreich keiner erlaubten Beschäftigung nach und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land.

Im angefochtenen Bescheid wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vollständig zitiert. Seither haben sich die darin angeführten Umstände für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert. In der Länderinformation der Staatendokumentation zu Algerien (aus dem COI-CMS, generiert am 25.06.2021, Version 4) wird unter Bezugnahme auf die zuletzt eingefügte Kurzinformation vom 19.03.2021 (mit Angaben der Quellen) - auszugsweise - ausgeführt:

Sicherheitslage

Demonstrationen fanden von Mitte Februar 2019 bis Ende März 2020 fast täglich in allen größeren Städten statt. Auch wenn diese weitgehend friedlich verliefen, konnten vereinzelte gewaltsame Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werden (IPB 12.6.2020). Seit Februar 2021 versammeln sich Tausende Bürgerinnen und Bürger jeden Freitag auf den Straßen und demonstrieren für einen umfassenden Politik- und Systemwechsel (BAMF 1.3.2021; vgl. BAMF 8.3.2021).

Der djihadistische Terrorismus in Algerien ist stark zurückgedrängt worden; Terroristen wurden großteils entweder ausgeschaltet, festgenommen oder haben das Land verlassen, was zur Verlagerung von Problemen in die Nachbarstaaten, z.B. Mali, geführt hat. Gewisse Restbestände oder Rückzugsgebiete sind jedoch v.a. in der südlichen Sahara vorhanden. Gruppen, wie die Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat (GSPC), die den 1997 geschlossenen Waffenstillstand zwischen dem algerischen Militär und der AIS nicht anerkannte, sich in die Saharagebiete zurückzog und 2005 mit Al Qaida zur AQIM verband, sind auf kleine Reste reduziert und in Algerien praktisch handlungsunfähig. Inzwischen hat sich diese Gruppe wieder mehrmals geteilt, 2013 u.a. in die Mouvement d’Unité pour je Jihad en Afrique Occidentale (MUJAO). Ableger dieser Gruppen haben den Terroranschlag in Amenas/Tigentourine [Anm.: im Jänner 2013] zu verantworten. 2014 haben sich mit dem Aufkommen des sogenannten Islamischen Staates (IS) Veränderungen in der algerischen Terrorismusszene ergeben. AQIM hat sich aufgespalten und mindestens eine Teilgruppe, Jund al-Khilafa, hat sich zum IS bekannt. Diese Gruppe hat die Verantwortung für die Entführung und Enthauptung des französischen Bergführers Hervé Gourdel am 24.9.2014 übernommen. Dies war 2014 der einzige Anschlag, der auf einen Nicht-Algerier zielte. Ansonsten richteten sich die terroristischen Aktivitäten ausschließlich auf militärische Ziele (ÖB 11.2020).

2017 gab es (mindestens) vier Anschläge mit eindeutig islamistischem Hintergrund, und zwar in Blida, Constantine, Oued Djemaa (Wilaya Blida), Ferkane (Wilaya Tebessa) und Tiaret. Im selben Jahr wurden 91 Terroristen getötet und 70 verhaftet. Dazu kommen noch 214 verhaftete Sympathisanten. 2019 und 2020 wurden keine terroristischen Angriffe verzeichnet, bei Razzien und Aktionen gegen Terroristen und deren Unterstützer kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften mit tödlichem Ausgang. Im 1 Halbjahr 2020 beliefen sich die Zahlen nach den nicht überprüfbaren Angaben des Verteidigungsministeriums auf zwölf getötete, drei sich ergebende und fünf festgenommene Terroristen. Algerische Behörden verfolgen einen relativ holistischen Ansatz des Kampfes gegen den Terrorismus und binden in ihre Bemühungen zur Deradikalisierung auch Moscheen, Frauen und Familien ein (ÖB 11.2020).

Grundversorgung

Nahezu die gesamten Staatseinkünfte des Landes stammen aus dem Export von Erdöl und Erdgas. Rund 90% der Grundnahrungsmittel und fast die Gesamtheit der Pharmazeutika und Gebrauchsgüter werden importiert. Eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientierte oder auf Autarkie zielende Industrialisierung hat nicht stattgefunden. Die Staatseinnahmen – und damit die Fähigkeit zur Subventionierung von Grundbedürfnissen (Grundnahrungsmittel, Wohnungsbau, Infrastruktur) – sind seit 2014 aufgrund der sinkenden Öl- und Gaspreise drastisch zurückgegangen (RLS 7.4.2020; vgl. BS 29.4.2020). Durch den Verfall der Öl- und Gaspreise befindet sich die algerische Wirtschaft seit 2014 in einer Abwärtsspirale. Öffentliche Ausgaben sind angespannt. Steuererhöhungen führten 2019 und Anfang 2020 zu Demonstrationen. Die Corona-Krise 2020 hat die wirtschaftliche Krise weiter vertieft (DI / DTDA 2020).

Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkeiten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Das Land hat - als eines von wenigen Ländern - in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25% auf 5% erreicht. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 11.2020). Algerien hat ein relativ gut ausgebildetes Sozialsystem, dieses ist allerdings von einigen Unausgewogenheiten geprägt, z.B. Ungleichheiten zwischen formal Angestellten und im informellen Sektor Tätigen. Eine Alterspension ist rechtlich für 100% der Bevölkerung vorgesehen, tatsächlich beziehen konnten diese im Jahr 2018 nur 59%. Arbeitslosengeld existiert im formalen Sektor, es ist aber vergleichsweise niedrig (DI / DTDA 2020).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speiseöl gelten im Jänner 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband, für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens existieren „Selbsthilfegruppen“ in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 11.7.2020).

Die Arbeitslosigkeit liegt [Stand 2019] bei 11,7%, die Jugendarbeitslosigkeit (15 - 24-Jährige) bei 29,5% (WKO 2.2021); nach anderen Angaben bei 17% bzw. 50% (RLS 7.4.2020). In einer weiteren Quelle wird die Jugendarbeitslosigkeit mit Stand 2020 mit 30% angegeben, v.a. unter Frauen und höher Gebildeten (DI / DTDA 2020). Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit (ÖB 11.2020). Laut Weltbank betrug die Arbeitslosigkeit Ende 2019 12,3%; dieser Wert ist jedoch im Gefolge der COVID-Pandemie sicherlich angestiegen, aktuelle verlässliche Zahlen liegen nicht vor. Schwer zu beziffern ist der informelle Sektor, der laut UN-Quellen (inoffiziell) auf bis zu 60% des Landes geschätzt wird (ÖB 11.2020), nach anderen Angaben arbeiten 38% der Algerier im informellen Sektor (DI / DTDA 2020).

Das staatliche Arbeitsamt Agence national d’emploi / ANEM (http://www.anem.dz/) bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen (z.B. http://www.tancib.com/index.php?page=apropos). Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. In manchen Regionen stellt der Staat kostenlos Land, Sach- sowie Geldmittel zur Verfügung, um landwirtschaftliche Unternehmungen zu erleichtern. Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspolitische Überprüfung vorausgeht, und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB 11.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (11.7.2020): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2035826/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Volksrepublik_Algerien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_11.07.2020.pdf, Zugriff 12.3.2021

-        BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report - Algeria, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_DZA.pdf, Zugriff 23.6.2020

-        DI / DTDA - Danish Industry / Danish Trade Union Development Agency [Dänemark] (2020): Labour Market Report Algeria - 2020, https://www.ulandssekretariatet.dk/wp-content/uploads/2020/06/LMR-Algeria-2020-final-version1.pdf, Zugriff 17.3.2021

-        ÖB - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (11.2020): Asylländerbericht Algerien, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

-        RLS - Rosa-Luxemburg-Stiftung (7.4.2020): Zwischen Pandemie-Bekämpfung und politischer Repression, https://www.rosalux.de/news/id/41937/zwischen-pandemie-bekaempfung-und-politischer-repression?cHash=d0f52147ae9940a356cf04f0af11b4a9, Zugriff 17.6.2020

-        WKO - Wirtschaftskammer Österreich (2.2021): Länderprofil Algerien, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-algerien.pdf, Zugriff 16.3.2021

Rückkehr

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 11.2020; vgl. AA 11.7.2020). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA [Anm.: ca. 126 - 378 Euro] vor (ÖB 11.2020).

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge („harraga“) sieht das Gesetz Haftstrafen von zwei bis zu sechs Monaten und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 11.7.2020).

Eine behördliche Rückkehrhilfe ist der ÖB nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die solche Unterstützung leisten. Es gibt in Algerien 10.000 angemeldete Vereine, die meisten davon sind Wohltätigkeitsvereine - es ist allerdings nicht bekannt, ob von diesen spezielle Rückkehrhilfe geleistet wird. Generell kann davon ausgegangen werden, dass Familien zurückkehrende Mitglieder wieder aufnehmen und unterstützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (1.000-2.000€) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Ähnliches gibt es in unterschiedlicher Höhe auch für andere EU-Staaten (ÖB 11.2020).

Algerien erklärt sich bei Treffen mit EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsbürger handle. Nachfragen bei EU-Botschaften bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert, allerdings ist der Rhythmus relativ langsam, angeblich maximal 5-10 pro Tag, bzw. auch pro Woche. Algerien behauptet, dass dies auf die insgesamt vielen Rückübernahmen aus zahlreichen Staaten zurückzuführen ist, weil die Aufnahmebehörden sonst überlastet wären. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 11.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (11.7.2020): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2035826/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Volksrepublik_Algerien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_11.07.2020.pdf, Zugriff 12.3.2021

-        ÖB - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (11.2020): Asylländerbericht Algerien, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

Eine Gefährdung seiner Person in Nigeria machte der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht geltend und ergeben sich auch amtswegig keine Hinweise auf eine individuelle Gefährdungslage.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auskünfte aus dem Strafregister der Republik Österreich, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister (IZR), der Grundversorgung (GVS) und ein Versicherungsdatenauszug eingeholt. Aus dem ZMR und der Vollzugsinformation der Justizanstalt Graz-Jakomini vom 25.06.2021 ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer seit 04.06.2021 in Untersuchungshaft befindet.

2.2. Zur Person und Integration des Beschwerdeführers:

Die Staatsangehörigkeit wurde bereits im Asylverfahren rechtskräftig festgestellt. Identitätsbezeugende Dokumente legte er bis dato nicht vor, weshalb seine Identität nicht feststeht.

Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich, den bisherigen Verfahren und dem Stand seines Aufenthalts ergeben sich aus dem IZR, den oben angeführten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes und der Karte für Geduldete.

Aus seinen Angaben im Asylverfahren ergeben sich auch die Feststellungen zu seinen Angehörigen und den Lebensumständen in Algerien. Davon abweichende Angaben machte er auch in der Stellungnahme vom 18.02.2019 nicht (AS 501 ff) und bestätigte er darin auch die fehlenden familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Dass auch keine maßgebliche integrative Verfestigung besteht, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer von 12.10.2016 bis zum 21.01.2020 seine Haftstrafen in einer Justizanstalt verbüßte und er in der Zeit in Freiheit weder sprachliche, noch berufliche oder sonstige Beweismittel für integrative Maßnahmen vorlegte. Aus dem ZMR ergeben sich die Meldungen als Obdachloser und zu den Wohnsitzen und aus dem GVS der Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Schon aufgrund der Versorgung aus Mitteln der staatlichen Grundsicherung ergibt sich die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen und die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten ergeben sich aus den im Akt einliegenden Urteilsausfertigungen und dem Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Umstände zum Verkehrsunfall gegen auf den Bericht des Stadtpolizeikommandos Graz vom 23.02.2021 zurück.

2.3. Zu den Länderfeststellungen:

Gemäß § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), in der Fassung BGBl. II Nr. 145/2019, gilt Algerien als sicherer Herkunftsstaat.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom März 2021 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von nichtstaatlichen Organisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der mit 28.09.2020 datierte Bescheid wurde erst am 23.04.2021 zugestellt. Insoweit im bekämpften Bescheid zur Lage im Herkunftsstaat Länderberichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht wesentlich geändert haben. In der erhobenen Beschwerde moniert die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zwar zu Recht, dass die vom Bundesamt herangezogenen Länderberichte als veraltet anzusehen seien, jedoch wurde nicht näher begründet, in welchen Bereichen sich die Lage in Algerien zu Ungunsten des Beschwerdeführers wesentlich geändert hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 („Aufenthaltstitel besonderer Schutz“) von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist seit rechtkräftigem Abschluss des Asylverfahrens Ende Mai 2016, somit seit ca. fünf Jahren, unrechtmäßig und ist er nicht in Besitz eines Aufenthaltstitels. In der Beschwerde verkennt der Beschwerdeführer, dass die Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 31 Abs. 1a Z 3 FPG nicht einen rechtmäßigen Aufenthalt begründet (VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0045).

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen. Diese müssen im gegenständlichen Fall nicht weiter geprüft werden, weil der Erteilung eine rechtskräftige Verurteilung durch ein österreichisches Strafgericht wegen eines Verbrechens entgegensteht (Z 1 leg. cit.).

Das Bundesamt erteilte zu Recht keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 und war die Beschwerde gegen Spruchunkt I. daher abzuweisen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung:

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Dazu ordnet § 52 Abs. 1 FPG an, dass das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

§ 9 BFA-VG normiert, dass, wenn durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß Abs. 2 leg. cit. insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK liegt - vom Beschwerdeführer unbestritten - gegenständlich nicht vor, so dass sich die Prüfung auf ein etwaig vorhandenes Privatleben beschränken kann.

Zunächst spielt die Dauer des Aufenthalts eine Rolle, wobei der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt und in Fällen, in denen eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vorliegt, regelmäßig erwartet wird, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (VwGH 15.4.2020, Ra 2019/14/0420, mwN).

Der Beschwerdeführer hält sich seit ca. fünfeinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. Allerdings war sein Aufenthalt nur während des Asylverfahrens von Jänner bis Mai 2016 rechtmäßig. Seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.05.2016 musste ihm der unberechtigte Aufenthalt bewusst sein. Er missachtete seine Ausreiseverpflichtung und beging mehrfach Straftaten in Österreich. Im Übrigen ist der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe (im konkreten Fall in der Dauer von ca. drei Jahren und drei Monaten) - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.03.2015, Ro 2014/21/0079, mwN, ausführte - grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthaltes zu unterbrechen. Auch der Umstand, dass er (insgesamt) für elf Monate als obdachlos gemeldet war, relativiert die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich.

Gravierend wiegt die letzte rechtskräftige Verurteilung aus dem Jahr 2017 wegen der Verbrechen des schweren und des versuchten schweren Raubes sowie des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt durch das Landesgericht Graz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren, deren Dauer durch das Oberlandesgericht Graz mit rechtskräftigem Urteil vom 24.10.2017 auf viereinhalb Jahre angehoben wurde.

Auch wenn der Beschwerdeführer im Jänner 2020 bedingt aus der Strafhaft entlassen wurde, hat er die Zeit nicht genutzt, um integrative Schritte zu setzen. Abgesehen davon, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, bemühte er sich nicht um eine soziale, sprachliche oder berufliche Integration, sondern war anfangs als obdachlos gemeldet, bezog dann Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und verursachte im Februar dieses Jahres durch unbefugten Gebrauch eines Kraftfahrzeuges, noch dazu, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, einen Verkehrsunfall mit Personenschaden. Zudem fällt ins Gewicht, dass er sich seit 04.06.2021 wegen erneut begangener mehrerer Straftaten in Untersuchungshaft befindet.

Insbesondere in Hinblick auf die durch die begangenen Taten gezeigte hohe Gewaltbereitschaft und kriminelle Energie und den (abermals) raschen Rückfall nach erfolgter Verurteilung sowie der im Laufe der Zeit massiv zunehmenden Schwere der Straftaten geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und ist eine negative Zukunftsprognose zu treffen.

Im konkreten Fall stehen die öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer Straftaten, insbesondere der oben beschriebenen Art (versuchter schwerer Raub, schwerer Raub mit einer Waffe, Widerstand gegen die Staatsgewalt), und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Effektuierung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen den privaten Interessen des Beschwerdeführers, der sich ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält und seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber. Den gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 09.09.2014, 2013/22/0246).

Dass Straftaten nicht nur das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung erhöhen, sondern auch bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus § 9 Abs. 2 Z 6 BFA-VG, wonach die „strafgerichtliche Unbescholtenheit“ ausdrücklich als einer der dafür maßgeblichen Aspekte genannt wird.

Da weder eine erkennbare private Verfestigung vorliegt, der Beschwerdeführer mehrfach strafgerichtlich verurteilt wurde, nach der Haftentlassung keine beachtenswerten integrativen Schritte gesetzt hat und er sich erneut in Untersuchungshaft befindet, überwiegt das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung die entgegenstehenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der volljährige Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist und keiner Covid-19-Risikogruppe angehört und in Algerien familiäre Anknüpfungspunkte hat.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war dem Beschwerdeführer auch kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen.

Es war sohin die Beschwerde gegen die Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Erlassung eines Einreiseverbotes:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       …

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       …

Der Beschwerdeführer wurde während seines Aufenthaltes dreimal von österreichischen Strafgerichten wegen (gewerbsmäßig begangener) Diebstähle, versuchtem Widerstand gegen die Staatsgewalt, schweren Raubes mit einer Waffe und des versuchten schweren Raubes verurteilt. Zuletzt wurde er zu einer unbedingten Haftstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt.

Das Bundesamt hat das Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gestützt. Die Anwendung dieser Gesetzesstelle ist per se nicht zu beanstanden. Es ist aber hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer mit seiner dritten Verurteilung zu viereinhalb Jahren Haft auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG erfüllt. Damit wäre auch die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes möglich gewesen.

Grundsätzlich ist der Ansicht des Bundesamtes beizutreten, dass das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen eine tatsächliche und gegenwärtig schwerwiegende Gefahr darstellt:

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbots ist nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen bzw. der daraus resultierenden Strafhöhen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abzustellen. Vielmehr ist unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist (VwGH 22.11.2012, 2012/23/0030), sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit dem Jahr 2016 durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichnetes Charakterbild eine Gefährdungsprognose zu treffen und diese Voraussage der Entscheidung zugrunde zu legen.

Das Bundesverwaltungsgericht kam aufgrund der mehrfachen Verurteilungen des Beschwerdeführers, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer auch in Hinkunft eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Einreiseverbot in der vom Bundesamt verhängten Dauer zu rechtfertigen vermag.

Der Beschwerdeführer wurde bereits kurz nach seiner Einreise straffällig. So ergibt aus dem Strafregisterauszug als Tag der letzten Tat, die der ersten Verurteilung zu Grunde lag, der 01.03.2016 vermerkt. Da der Beschwerdeführer im Jänner 2016 ins Bundesgebiet eingereist ist, verhielt er sich nicht einmal zwei Monate wohl, sondern beging mehrere Diebstähle. Trotz einer strafgerichtlichen Verurteilung ließ er sich nicht davon abhalten, nur einen Monat später neuerlich einen Diebstahl in qualifizierter Form zu begehen. Auch eine unbedingte Freiheitsstrafe hielt ihn nicht von mehreren (versuchten) Raubüberfällen, sogar mit einer Waffe, und einem versuchten Angriff auf eine Amtsärztin ab, die dazu führten, dass er letztlich zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren verurteilt wurde.

Der Beschwerdeführer handelte immer in Gesellschaft mit zumindest einem Mittäter und haben alle bedingt nachgesehenen Entlassungen, gewährten Probezeiten und Bewährungshilfen keine positiven Auswirkungen gezeitigt. Auch wenn der Beschwerdeführer im Jänner 2020 bedingt aus der Haft entlassen wurde, nützte er die Zeit in Freiheit nicht, um einen positiven Gesinnungswandel glaubhaft zu machen. Vielmehr nahm er ein Kraftfahrzeug unbefugt in Gebrauch und verursachte er, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, einen Verkehrsunfall.

Ein positiver Gesinnungswandel kann dem Beschwerdeführer nicht attestiert werden, weil er sich nicht wohlverhalten hat, sondern bereits ca. ein Jahr nach dem Vollzug der Haftstrafe Delikte nach dem SMG und StGB begangen hat. Aus seinem bisherigen Fehlverhalten kann ein Wegfall Gefährlichkeit des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden.

Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bzw. auf dem Territorium der Mitgliedsstaaten mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer durch wiederholte Straffälligkeit und durch sein Fehlverhalten seine mangelnde Rechtstreue und seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck brachte.

Seine in der erhobenen Beschwerde getätigten Beteuerungen, er bereue seine Straftaten, konterkarierte er zum einen damit, dass er auf den von ihm im Februar 2021 verursachten Verkehrsunfall nicht Bezug nahm, zum anderen mit dem Begehen weiterer Straftaten.

In der Zusammenschau zeigt sich für das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die zu treffende Gefährdungsprognose, dass das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers und dessen Persönlichkeitsbild von einer gravierenden Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung geprägt sind. Der Beschwerdeführer wurde wiederholt und zudem im gesteigerten Maß sowie ungeachtet aller vom Strafgericht bedingt gewährten Nachsicht straffällig.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere zur Wahrung des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Wohls Österreichs, an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (VwGH 19.05.2004, 2001/18/0074). Angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist daher die Verhängung des Einreiseverbotes in der vom Bundesamt ausgesprochenen Dauer als angemessen, erforderlich und darüber hinaus auch als verhältnismäßig zu erachten. Anzumerken ist, dass sich aufgrund der Anwendung des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG das Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren im untersten Bereich des noch Verhältnismäßigen bewegt.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nur durch die Verhängung eines langjährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann. In der Gesamtschau der oben angeführten Umstände ist das Einreiseverbot als rechtmäßig zu qualifizieren und die festgesetzte Dauer nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde war daher gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu hinzuweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. in diesem Sinn das Erk. des VwGH vom 16.12.2015, 25.09.2019, Ra 2015/21/0119, mwN).

Die Frage des subsidiären Schutzes wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.05.2016 rechtskräftig negativ entschieden. Weder brachte der Beschwerdeführer Gründe vor, die eine mögliche Unzulässigkeit der Abschiebung bedingen könnten, noch haben sich im Verfahren solche ergeben.

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde dagegen abzuweisen.

3.5. Zur Nichtzuerkennung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zu Recht dargelegt hat und wie sich aus den oben dargelegten Ausführungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des unrechtmäßig in Österreich aufhältigen, erneut straffällig gewordenen Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung (zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) und der öffentlichen Sicherheit (zur Verhinderung von weiteren [schweren] Straftaten) als erforderlich. Der Beschwerdeführer hat durch sein bisheriges Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt war und nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und damit zusammenhängend die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sind somit zu Recht erfolgt und war daher die Beschwerde gegen die beiden letzten Spruchpunkte gemäß § 55 Abs. 4 FPG und § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG als unbegründet abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Nur in eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann eine Verhandlung unterbleiben (VwGH 29.04.2021, Ra 2020/18/0479, mwN).

In Bezug auf die im Rahmen der Erlassung des Einreiseverbotes durchzuführenden Gefährdungsprognose liegt gegenständlich ein eindeutiger Fall vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt durch die wiederholten strafgerichtlichen Verurteilungen sowie die Art der begangenen Verbrechen und Vergehen (u.a. schwerer Raub, versuchter schwerer Raub sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt) und des oben dargelegten Charakterbildes des Beschwerdeführers gegenständlich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Selbst bei Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten kann für ihn kein günstigeres Ergebnis erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis zu entnehmenden Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgeht.

Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Diebstahl Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Raub Rückkehrentscheidung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verbrechen Verhältnismäßigkeit Vermögensdelikt Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I401.2124864.3.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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