Entscheidungsdatum
29.06.2021Norm
AsylG 2005 §24 Abs2aSpruch
W195 2165875-2/8E
W195 2165884-2/9E
W195 2165880-2/6E
W195 2165879-2/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , 3) XXXX , geb. XXXX und 4) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Bangladesch, vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.01.2021, Zahlen XXXX ad 1), XXXX ad 2), XXXX ad 3) und XXXX ad 4):
A)
Die Verfahren werden gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt :
I.1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF 1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF 2), miteinander verheiratet und bengalische Staatsangehörige, stellten am 08.08.2015 gemeinsam mit der Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF 3) – einer gemeinsamen Tochter – Anträge auf internationalen Schutz. Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin – ebenfalls eine leibliche Tochter des BF 1 und der BF 2 – wurde am 04.12.2015 in Österreich nachgeboren und stellte durch ihren Vater als gesetzlichen Vertreter am 17.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Im Rahmen von verschiedenen Befragungen gab der BF 1 befragt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen zu Protokoll, dass er Mitglied der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) und bei der Jubo Dal (im Folgenden: JD) – dem Jugendflügel der BNP – Sekretär gewesen sei. Er habe an Versammlungen und Veranstaltungen teilgenommen und sei bei Demonstrationen mehrmals von der Polizei wegen des Verstoßes gegen Ausgangssperren festgenommen und geschlagen worden. Anfang März 2015 hätten fünf Personen von der Bangladesh Awami League (im Folgenden: AL) in seinem Shop eine größere Geldsumme von ihm verlangt und ihm drei Tage Zeit gegeben, um diese zu organisieren. Er habe nicht die gesamte Summe auftreiben können, weshalb sie gedroht hätten, seine Frau und seine Kinder zu entführen. Am 15. März sei die Polizei auf der Suche nach seiner Person zu ihm nach Hause gekommen. Er selbst sei zu diesem Zeitpunkt bei seinen Schwiegereltern gewesen. Er habe am 15.03.2015 auch einen Anruf erhalten, dass er wegen verschiedener Delikte angeklagt sei. Er habe jedoch keines der Verbrechen begangen. Bei einem Schuldspruch müsse er für 14 Jahre ins Gefängnis. Bei einer Rückkehr würde er von der Polizei aufgegriffen und – bis seine Arme und Beine gebrochen seien – geschlagen werden. Anschließend würde er angeklagt werden und in ein Gefängnis kommen. Die BF 2 gab im Wesentlichen zu Protokoll, Bangladesch aufgrund der Schwierigkeiten ihres Ehegatten verlassen zu haben. Ferner gab sie an, dass weder sie noch die BF 3 und die BF 4 eigene Fluchtgründe hätten, weshalb sie für sich und ihre Kinder Anträge auf ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 stellen würde.
I.3. Mit den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 16.06.2017 (bezüglich BF 1 und BF 2) und vom 23.06.2017 (bezüglich BF 3 und BF 4) wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (jeweils Spruchpunkt I.). Weiters wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) Weiters stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt würden. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise jeweils 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte III. und IV.). Dem Fluchtvorbringen wurde im Wesentlichen die Glaubwürdigkeit versagt.
I.4. Gegen diese Entscheidungen des BFA vom 16.06.2017 (bezüglich des BF 1 und der BF 2) und vom 23.06.2017 (bezüglich der BF 3 und der BF 4) erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 19.07.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
I.5. Mit hg. Beschlüssen vom 08.04.2020, L508 2165875-1/10E, L508 2165884-1/11E, L508 2165880-1/10E und L508 2165879-1/10E, wurden die bekämpften Bescheide in Erledigung der Beschwerden behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG n das BFA zurückverwiesen. Dies im Wesentlichen, weil das BFA die Übersetzung von bengalisprachigen Unterlagen unterlassen habe und deren Inhalt somit seiner Beweiswürdigung nicht zugrunde legen habe können.
I.6. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen seitens des BFA wurden die Anträge auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, Rückkehrentscheidungen erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebungen der Beschwerdeführer festgestellt und 14-tägige Ausreisefristen gesetzt.
I.7. Dagegen wurden Beschwerden erhoben.
I.8. Mit E-Mail vom 28.06.2021 verständigte das BFA das Bundesverwaltungsgericht von der Ausreise der Beschwerdeführer am 23.06.2021.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss.
Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht (vgl. etwa § 33 VwGG sowie wiederum die Auslegung von § 66 AVG; dazu Hengstschläger/Leeb, AVG III § 66 Rz 56f). Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. sachliche Oberbehörde gem. § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [§ 28 VwGVG, Anm. 5]).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zu § 33 Abs. 1 VwGG, dass bei Wegfall des Rechtschutzinteresses nach Einbringung einer zulässigen Revision das Verfahren einzustellen ist (z.B. VwGH 30.01.2013, 2011/03/0228, VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027). Diese Überlegungen können auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden (VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).
Da die Beschwerdeführer am 23.06.2021freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurückkehrte und somit im Sinne des § 55 AsylG 2005 nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig sind, ist daher vom Wegfall des Rechtsschutzinteresses auszugehen, weshalb das Verfahren einzustellen ist.
II.3.2. Zu B – Unzulässigkeit der Revisionen:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständlichen Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständliche Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.
Schlagworte
freiwillige Ausreise Verfahrenseinstellung Wegfall des RechtschutzinteressesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2165875.2.00Im RIS seit
13.09.2021Zuletzt aktualisiert am
13.09.2021