Entscheidungsdatum
29.06.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I412 2223938-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. KONGO, DEMOKRATISCHE REPUBLIK, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. LECHENAUER & Dr. SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl RD XXXX Außenstelle XXXX vom 22.08.2019, Zl. XXXX zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. sowie VII. wird als unbegründet abgewiesen.
II. In Stattgabe der Beschwerde werden die Spruchpunkte IV. bis VI. behoben und eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt.
III. XXXX , geb. XXXX , StA. DR Kongo, wird ein Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 21.04.2019 bei der Landespolizeidirektion XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 21.04.2019 von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Hinsichtlich ihres Fluchtgrundes gab sie zu Protokoll, das Land verlassen zu haben, weil sie „ihre Religionsgruppe verraten“ habe und deshalb Angst habe, von dieser umgebracht zu werden.
Am 25.04.2019 sowie am 08.08.2019 folgten die Einvernahmen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.
Mit Bescheid vom 22.08.2019 wie die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich erteilte sie der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung in ihr Herkunftsland zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihr wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen vom 22.04.2019 bis zum 05.07.2019 in einem näher definierten Quartier unterzukommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vollumfängliche Beschwerde vom 10.09.2019, wobei eine Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgrund von Ermittlungsmängeln und inhaltliche Rechtswidrigkeit gerügt wird. Zudem wurde die Ausstellung eines Aufenthaltstitels beantragt.
Mit Schriftsatz vom 27.09.2019 legte die Behörde den Verwaltungsakt samt der Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Am 04.02.2021 richtete das Bundesverwaltungsgericht eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme an die Beschwerdeführerin, zu welcher die Beschwerdeführerin mit am 25.02.2021 sowie am 20.05.2021 eingelangten Schreiben Stellung nahm.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige des Kongo, Demokratische Republik. Ihre Identität steht nicht fest. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Herkunftsland eine traditionelle Ehe geschlossen und entstammen dieser Ehe drei Söhne.
Sie bekennt sich zum protestantischem Christentum und ist der Volksgruppe der Bambala zugehörig. Die Beschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig.
Die Beschwerdeführerin reiste über Frankreich illegal nach Österreich, wo sie sich seit (spätestens) dem XXXX 2019 aufhält.
Ihre Muttersprache ist Lingala. Die Beschwerdeführerin hat keine Deutschprüfung abgelegt.
Die Beschwerdeführerin stammt aus Kinshasa, wo sie sechs Jahre lang die Volksschule besucht hat und anschließend als Friseurin/Kosmetikerin gearbeitet hat. Im Herkunftsstaat hat die Beschwerdeführerin zwei Brüder, ihren Ehemann und drei Söhne zurückgelassen. Es ist davon auszugehen, dass sie noch über familiäre Anknüpfungspunkte in ihrer Heimat verfügt.
Die Beschwerdeführerin ist Mutter der am 23.10.2020 geborenen A XXXX V XXXX M.
Vater des Kindes ist der Asylberechtigte B XXXX M., geb. XXXX 1975, ebenfalls StA DR Kongo und wurde der Tochter der Beschwerdeführerin mit Bescheid des BFA vom 24.11.2020 im Zuge des Familienverfahrens der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrer Tochter, jedoch nicht mit deren Vater in gemeinsamen Haushalt.
In Österreich leben mit E XXXX K. B. und C XXXX K. Verwandte der Beschwerdeführerin mit deren Familien.
Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin keine maßgeblichen sozialen Kontakte in Österreich. Sie bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Insgesamt weist die Beschwerdeführerin keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Zu den Fluchtgründen und zur Rückkehrsituation:
Es ist nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat von einer Religionsgruppe oder Sicherheitsmännern verfolgt wurde oder bei ihrer Rückkehr Verfolgung droht.
Es gibt zudem keinerlei Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre und sie in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Kongo D.R.:
Zur aktuellen Lage im Kongo D.R. werden folgende Feststellungen getroffen, soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz sind:
Covid-19
In der DR Kongo ist mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben bis auf weiteres zu rechnen. Es besteht hohes Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19). Mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist bis auf weiteres zu rechnen (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020). Seit 15.6.2020 sind die Außengrenzen des Landes wieder offen und auch Binnenreisen sind wieder möglich (FD 25.11.2020).
Der internationale Flugverkehr (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020) und auch der nationale Flugverkehr wurde wieder aufgenommen (AA 18.11.2020). Bei der Einreise ist ein negativer COVID-19 Tests bzw. die direkte Durchführung eines COVID-19 Tests am Flughafen und bei der Ausreise die Vorweisung eines negativen Tests vorgeschrieben (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020, FD 25.11.2020). Um innerhalb der Demokratischen Republik Kongo reisen zu können, muss den Grenzbehörden vor Antritt der Reise am Flughafen ein negativer Test vorgelegt werden (AA 18.11.2020; vgl. FD 25.11.2020).
Das Tragen eines Nasen-Mundschutzes in der Öffentlichkeit ist verpflichtend. Vielfach kommt es zu Straßensperren und Polizeikontrollen mit Temperaturmessungen (BMEIA 16.10.2020). Im gesamten Stadtgebiet Kinshasas gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes (AA 18.11.2020).
Das Gesundheitssystem ist auf die Pandemie nicht vorbereitet. Im Falle einer Infektion mit dem Virus kann nicht von einer angemessenen Behandlung ausgegangen werden (AA 18.11.2020).
Politische Lage
Die seit dem 18.2.2006 geltende Verfassung bestimmt eine gemäßigte präsidiale Regierungsform. Das System wird sowohl von zentralistischen als auch föderalistischen Elementen geprägt (GIZ 10.2020a). Die DR Kongo ist seit 2015 in 26 Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen gegliedert. Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird für fünf Jahre direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse (AA 28.8.2019a; vgl. GIZ 10.2020a). Durch eine Verfassungsänderung wurde 2011 der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Dabei wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 28.8.2019a).
In der DR Kongo fanden mit mehr als zweijähriger Verspätung am 30.12.2018 Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzratswahlen statt. Diese liefen verhältnismäßig friedlich und organisiert ab (AA 17.2.2020). Nachdem die Regierung alle sozialen Netzwerke stilllegte und eine massive Militär- und Polizeipräsenz keine kritischen Bewegungen erlaubte, verliefen die Wahlen relativ ruhig. Doch sowohl die gut organisierte katholische Kirche als auch der südafrikanische Staatenverband SADC bestätigten viele Unregelmäßigkeiten während der Wahlen (GIZ 10.2020a).
Das von der nationalen Wahlkommission CENI verkündete Ergebnis der Präsidentschaftswahlen wies überraschend den Führer der oppositionellen UDPS-Partei Félix Tshisekedi als Wahlsieger aus, womit er seine Konkurrenten Martin Fayulu (Oppositionsbündnis Lamuku) und Emmanuel Ramazani Shadary (bisheriges Regierungsbündnis FCC) auf den zweiten bzw. dritten Platz verwies. Das Wahlergebnis gilt weiterhin als umstritten, da die informellen Ergebnisse ziviler Wahlbeobachter für Fayulu als Wahlsieger sprachen (AA 17.2.2020).
Am 26.8.2019 benannte Ministerpräsident Sylvestre Ilunga die neuen Minister. Insgesamt 67 Mitglieder umfassend zeichnet das Kabinett sich u.a. dadurch aus, dass drei von vier Ministern keine Regierungserfahrung besitzen und 42 Plätze dem Front Commun pour le Congo (FCC) zukommen. Deren sogenannte „moralische Autorität“ ist Ex-Präsident Joseph Kabila. Der Frauenanteil stieg von 10% auf 17% an (AA 17.2.2020).
Am 6.12.2020 verkündete Staatspräsident Félix Tshisekedi nach mehrwöchigen Verhandlungen das Ende der Zusammenarbeit zwischen seiner Parteikoalition Cap pour le Changement (CACH) und der seines Vorgängers Joseph Kabila, Front commun pour le Congo (FCC). Er ernannte einen Beauftragten zur Herstellung einer neuen Mehrheit. In der Regierungskoalition der beiden Lager sei sein Reformprogramm blockiert gewesen. Der FCC stellt die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Auch die Ernennung von Sylvestre Ilunga zum Premierminister im Mai 2019 musste auf die Mehrheit des FCC gestützt werden. Zum Koalitionsende trug ein Streit über die Ernennung dreier neuer Verfassungsrichter durch Tshisekedi bei, der sich dabei über den Premierminister hinweggesetzt haben soll. Am 10.12.2020 setzte die Nationalversammlung (Unterhaus) ihre bisherige Parlamentspräsidentin Jeanine Mabunda ab. Das Lager Kabilas, zu dem sie zählt, erhob den Vorwurf des Stimmenkaufs gegen die Seite Tshisekedis (BAMF 14.12.2020).
Sicherheitslage
In Kinshasa und anderen kongolesischen Städten führten in der Vergangenheit wiederholt, teilweise gewalttätige, Proteste gegen die Regierung zur Verwendung scharfer Munition, Todesopfern und Verletzten, sowie zu zahlreichen Festnahmen. Auch weiterhin kann es im ganzen Land im Zusammenhang mit Protestaktionen und Versammlungen zu Gewalt kommen. Dabei muss auch mit weitreichenden Störungen des öffentlichen Lebens sowie einer hohen Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften gerechnet werden (AA 18.11.2020).
Die Sicherheitslage ist äußerst instabil. Versammlungen, Proteste und bestimmte Veranstaltungen können, selbst ohne erkennbaren äußeren Anlass, jederzeit zu unvorhersehbaren sicherheitsrelevanten Ereignissen oder gewalttätigen Ausschreitungen führen und scharfe Gegenmaßnahmen zur Folge haben. Dies betrifft neben zahlreichen Provinzen inzwischen auch die Hauptstadt Kinshasa (AA 18.11.2020). Es kommt vor allem in der Hauptstadt, aber auch in anderen Ballungsräumen (Matadi, Bukavu, Goma, Kananga etc.), immer wieder zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Opposition und Sicherheitskräften (BMEIA 16.10.2020).
Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die maßlose Gier der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region – einschließlich Ruanda – treibt. Die Rebellengruppe M-23 hat sich nach einem Friedensvertrag Ende 2013 offiziell aufgelöst, jedoch demobilisierten einige ihrer Kämpfer nicht und kämpfen weiter. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen – allen voran die der FDLR nahestehenden – bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO [Anm. UNO Mission in der DR Kongo] haben bisher nichts an der Situation verändert (GIZ 10.2020a).
In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri, Haut-Uele, Tanganyika, Haut-Lomani, Kasai und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der MONUSCO statt (BMEIA 16.10,2020). Ende November 2019 kam es bei Protesten der Bewohner Benis zu Übergriffen auf einzelne Einheiten der UNO-Mission MONUSCO (AA 18.11.2020).
In den Provinzen Bas-Uele, Haut-Uele, Tshopo, Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Maniema, Tanganyika, Haut-Lomami, Haut-Katanga (nur nördliche Gebiete), Lomami, Kasai, Kasai-Central und Kasai Oriental kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den kongolesischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, insbesondere der Allied Democratic Force (ADF). Von der kongolesischen Armee wird derzeit eine Großoffensive gegen die ADF durchgeführt (AA 18.11.2020).
Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele und in den Provinzen der Kasai-Region (Kasai central, Kasai, Kasai oriental, Sankuru und den Lomami Provinzen) fort. Bewaffnete Gruppen wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord’s Resistance Army (LRA), aber auch indigene Gruppen, wie die lokalen Nduma Defense of Congo-Renewal (NDC-R), Kamuina Nsapu, Bana Mura und diverse Mai-Mai-Gruppen (lokale Milizen) attackieren die Zivilbevölkerung. Viele dieser Gruppen stammen ursprünglich aus dem Ausland. Die Angriffe führen zu massiven Vertreibungen der Zivilbevölkerung, und es kommt zu vielen Menschenrechtsverletzungen (USDOS 11.3.2020).
Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyar-wanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer willkürlicher Gewalttaten. Die Zahl der Binnenvertrieben bleibt auf einem hohen Niveau und Flüchtlinge müssen nicht selten ein-bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können (AA 17.2.2020).
Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem „aus dem Land“, d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. Nur ein Teil der fliehenden Bevölkerung kann von UN-Organisationen oder NGOs unterstützt werden. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen des Landes ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz der Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen (AA 17.2.2020).
Rechtsschutz/ Justizwesen
Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 11.3.202; vgl. GIZ 10.2020a), war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Beamte und andere einflussreiche Personen unterwarfen Richter häufig der Nötigung. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 11.3.2020).
In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Folgernd hieraus ist die Justiz in der Demokratischen Republik Kongo weitgehend blockiert. Recht hat in der Regel der, der am meisten für sein vermeintliches Recht bezahlen kann (GIZ 10.2020).
Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es noch nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert. Nach Einschätzung von nationalen und internationalen Experten, wird es noch Jahre dauern, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte. Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Reformen werden versprochen, dürften jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen (AA 17.2.2020).
Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Straftaten. Sie ist überlastet, aber bemüht, ihrer Aufgabe, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) zu bekämpfen, gerecht zu werden. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als das in der Ziviljustiz (AA 17.2.2020).
Sicherheitsbehörden
Die primäre Verantwortung zur Rechtsdurchsetzung obliegt der kongolesischen Nationalpolizei (Police National Congolaise – PNC). Diese untersteht dem Innenministerium. Die Nationale Geheimdienstagentur (National Intelligence Agency – ANR) untersteht dem Präsidenten. Ihr obliegt die interne und externe geheimdienstliche Informationsbeschaffung. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) sowie der militärische Geheimdienst unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie haben primär Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Sicherheit, in der Praxis liegt ihr Fokus primär auf der inneren Sicherheit. Die FARDC sind geprägt von schwacher Führung, schlechter operationeller Planung, geringen administrativen und logistischen Kapazitäten, mangelnder Ausbildung und fraglicher Loyalität ihrer Soldaten, vor allem im Osten des Landes. Dem Präsidenten unterstehen die republikanischen Garden (Republican Guard – RG). Dem Innenministerium untersteht das Direktorat für Migration, das, gemeinsam mit der Polizei, für die Grenzkontrollen verantwortlich ist (USDOS 11.3.2020).
Die Kooperation der MONUSCO (UN-Friedensmission in der DR Kongo) und der kongolesischen Regierung findet im Osten weiterhin statt, mit Ausnahme der Kasai-Region (USDOS 11.3.2020). Trotz einer Truppenreduzierung stellt die MONUSCO mit über 16.000 Soldaten und über 1.300 Polizisten nach wie vor eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit dar (AA 17.2.2020).
Obwohl es zu Verurteilungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte kam, blieb die Straffreiheit ein Problem. Behörden unterließen es häufig, Missbrauch durch Beamte zu untersuchen, verfolgen oder zu bestrafen. In diesem Zusammenhang betrieben die Behörden zusammen mit der UN-Schutztruppe MONUSCO gemeinsame Menschenrechtskomitees und nutzten diesbezügliche internationale Einrichtungen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020).
Die zivilen Behörden üben keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Das Militär ist notorisch undiszipliniert. Vorfälle von Informationsaustausch zwischen kongolesischen Soldaten und Rebellengruppen gab es im Jahr 2019 weiterhin. Soldaten und Polizisten begehen regelmäßig Menschenrechtsvergehen. Hochrangige Militärs gehen bei solchen Vergehen oft straffrei aus (FH 4.3.2020).
Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gibt der Staat nur vor, eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seit dem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Ein Reformplan zur Umwandlung der Truppe in eine moderne Armee, wurde 2009 dem Parlament präsentiert. Laut MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangener Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GS o.D.).
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Die Zivilgesellschaft war und ist ein sehr wichtiger Akteur in der politischen und sozialen Entwicklung des Landes. Sie verändert ihre Aufstellung und ihre Aktionen entsprechend der aktuellen politischen, sozialen und ökonomischen Situation. So wurden beispielsweise die entscheidenden Wahlen im Dezember 2018 maßgeblich von kirchlichen und genossenschaftlichen Gruppen sowie von Jugendorganisationen, Frauenverbänden und einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Zusammenschlüsse beeinflusst. Besonders in den Städten hat die breite politische Debatte, die von der Zivilgesellschaft geführt wurde, zu einer Verhinderung von exzessiver Gewalt geführt (GIZ 10.2020a).
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der Presse Rückhalt. Im Zuge der Wahlen im Dezember 2018 kam es zu massiven Einschüchterungswellen von Menschenrechtsverteidigern und aktiver Zivilgesellschaft durch staatliche Sicherheitskräfte. Versammlungen wurden verboten und gewaltsam aufgelöst, willkürliche Festnahmen und Verhöre unter Einsatz von Gewalt fanden in regelmäßigen Abständen statt. Nach Ernennung des neuen Staatspräsidenten Tshisekedi kam es zu ersten Anzeichen einer Entspannung und einem neuen, demokratischeren Umgang mit Menschenrechtsorganisationen. So ordnete der neue Präsident etwa die Entlassung einer Reihe politischer Gefangener an. NGO-Vertretern zufolge geschehen dennoch weiterhin nicht nachvollziehbare Verhaftungen von Aktivisten, insbesondere im, dem Wirkungskreis Kinshasas entzogenen, Osten des Landes (AA 17.2.2020).
Tausende von NGOs sind in der DR Kongo aktiv, aber viele sehen sich Hindernissen bei ihrer Arbeit ausgesetzt. Vor allem nationale Menschenrechtsverteidiger sind Belästigungen, willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Druck wurde vor allem im Rahmen der Wahlperiode 2018 und 2019 spürbar. Die Repressionen sind seit dem Amtsantritt von Tshisekedi etwas zurückgegangen (FH 4.3.2020). Mitarbeiter des Justizministeriums treffen sich mit nationalen NGOs und antwortet gelegentlich auf Anfragen seitens dieser NGOs. Die Regierung kooperiert gelegentlich mit internationalen NGOs und der UNO. Es gibt zwar ein interministerielles Menschenrechtskomitee, seine Effektivität ist aber begrenzt (USDOS 11.3.2020).
Allgemeine Menschenrechtslage
In der DR Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Im Zuge der Krise um die Wahlen kam es zu massiven Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Medienfreiheit. Darüberhinaus steigt die Zahl der von internen bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen an. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 17.2.2020). Bedeutende Menschenrechtsprobleme sind willkürliche Tötungen, darunter ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, usw. (USDOS 11.3.2020).
Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). ARTICLE 19 berichtet im November 2020, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Journalisten in Verbindung mit ihrer Tätigkeit festgenommen wurden; Aktivisten und Bürger wurden nach kritischen Äußerungen eingeschüchtert, geschlagen, festgenommen und / oder strafrechtlich verfolgt (A19 27.11.2020).
Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Unter Präsident Tshisekedi kam es zwar diesbezüglich zu Verbesserungen, aber Einschränkungen bestehen weiterhin (USDOS 11.3.2020). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 4.3.2020).
Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 11.3.2020).
Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Oppositionsparteien konnten im Jahr 2019 freier operieren. So wurde ihnen auch mediale Präsenz durch neu gegründete Radiosender ermöglicht. Unter der Regierung Tshisekedi wurden einige Oppositionsmitglieder aus der Haft entlassen. Einige im Ausland lebende Politiker konnten zurückkehren (FH 4.3.2020).
NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus (AA 17.2.2020).
Religionsfreiheit
Grundsätzlich ist die Religionsausübung nicht eingeschränkt. Allerdings gibt es Aktionen von Sicherheitsorganen in Kirchen oder Pfarrsälen, wenn befürchtet wird, dass dort verbotene politische Veranstaltungen stattfinden. Sowohl in Kinshasa als auch in den Provinzen kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Personen, die der Hexerei beschuldigt werden (AA 17.2.2020). Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet Diskriminierungen aufgrund der religiösen Einstellung. 2019 gab es keine Vorfälle von Repression oder Einschüchterung von religiösen Organisationen, die sich politisch engagieren, seitens der Regierung mehr. Rebellenmilizen griffen in den Provinzen Nord Kivu und Ituri Kirchen bzw. Kircheneigentum an (USDOS 10.6.2020).
Die große Mehrheit der Kongolesen ist sehr religiös. Das Leben mit den Ahnen und Gott bestimmt das Leben in all seinen Facetten. In den abgelegen ländlichen Gebieten und in den großen Wäldern sind es die verschiedenen Naturreligionen, die das Leben bestimmen. Mehr als 80% der Bevölkerung bekennen sich zu christlichen Religionen. Mit 50% ist die Katholische Kirche die einflussreichste Konfessionsgemeinschaft; 20% sind evangelisch und 10% gehören der einheimischen christlichen Kirche der Kimbanguisten an. Daneben gibt es eine wachsende muslimische Gemeinde, die im städtischen Umfeld bis zu 10% der Bevölkerung umfasst (GIZ 10.2020b).
Frauen
Die Verfassung von 2006 sieht in Art. 11 und 12 ausdrücklich die Gleichberechtigung der Geschlechter vor. Durch eine Änderung des Familienrechts „Code de la Famille“ wurde 2016 versucht, diesem Verfassungsgrundsatz zu mehr Durchsetzung zu verhelfen. Eine Reihe diskriminierender Pflichten bleiben bestehen, u.a. die Pflicht zum Gehorsam der Ehefrau gegenüber ihrem Ehemann in Artikel 444 des „Code de la Familie“. Jedoch kam es auch zu begrüßenswerten, wenn auch längst überfälligen, Modernisierungen. So ist die Ehefrau nicht mehr verpflichtet, bei ihrem Ehemann zu leben und ihm überall dahin zu folgen, wo er einen Aufenthalt für angebracht hält. Stattdessen richtet sich diese Anforderung nun an beide Ehepartner (Art. 454). Größte Herausforderung ist die Implementierung der gesetzlichen Vorgaben in den Alltag der Betroffenen, gerade in ländlicheren Gebieten die oftmals keine Informationen über die gesetzlichen Bestimmungen haben (AA 17.2.2020). Auch wenn die Gesetze des Landes eine Geschlechtergerechtigkeit beinhalten, ist man noch weit von einer gerechten Situation entfernt (GIZ 10.2020b). Die Verfassung verbietet zwar Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, Gesetze gewähren Frauen aber nicht die gleichen Rechte wie Männern. Gesetzlich ist eine Reihe von Schutzmechanismen für Frauen vorgesehen. Im wirtschaftlichen Bereich dürfen Frauen, ohne die Zustimmung ihrer männlichen Verwandten agieren, Mutterschutz ist vorgesehen, für Diskriminierungen oder Missbrauch von Frauen sind Strafen vorgesehen (USDOS 11.3.2020).
Im UNDP Human Development Index belegt die Demokratische Republik Kongo Platz 176 von 189. Entsprechend dem Social Institutions & Gender Index (SIGI) ist die Gender-Ungerechtigkeit in diesem Land weiterhin ein zentrales Thema bei der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung. 36,2 % der Männer und nur 10,7 % der Frauen verfügen über einen Schulabschluss. Die Entwicklungschancen sind für Mädchen deutlich schlechter als für Jungen. Im öffentlichen Leben nehmen Frauen zwar zunehmend am politischen und wirtschaftlichen Leben teil, jedoch sind nur 50 Frauen - 10,3% der Abgeordneten - als Volksvertreter im kongolesischen Parlament vertreten. Die Zahl der alleinstehenden Frauen und Mütter nimmt besonders auch im städtischen Umfeld stark zu. Die Frauen sind mit extrem schweren sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen konfrontiert (GIZ 10.2020b).
Vergewaltigung steht unter Strafe, aber Opfer erstatten nicht immer Anzeige und das Gesetz wird somit nicht immer umgesetzt. Innereheliche Vergewaltigung ist nicht als Straftatbestand erfasst (USDOS 11.3.2020). Sexualisierte Gewalt kommt häufig vor und ist keineswegs auf die Ostprovinzen beschränkt. Unter dem Druck von Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft werden die Täter seit mehreren Jahren stärker verfolgt, das Problem der Straflosigkeit in diesem Bereich besteht jedoch prinzipiell fort. Zudem werden Vergewaltigungsopfer nicht selten durch die eigene Familie dadurch weiter diskriminiert, dass sie aus der örtlichen Gemeinschaft ausgestoßen, oder zu einer Heirat mit dem Täter gedrängt werden. Daneben sind schätzungsweise 4 bis 10 % der Vergewaltigungsopfer männlichen Geschlechts. Für sie sind die mit sozialer Isolation und Traumatisierung verbundenen Folgen der Tat ebenso schwerwiegend (AA 17.2.2020). 76% der Mädchen und Frauen sind Opfer häuslicher Gewalt (GIZ 10.2020b).
Im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten des Landes, sind sexuelle Übergriffe Teil der Kriegsführung geworden. Man schätzt, dass 200.000 Mädchen und Frauen in den vergangenen zehn Jahren vergewaltigt wurden. Die UNO und andere internationale Organisationen bringen das Thema regelmäßig in die Öffentlichkeit. Leider bisher nur mit begrenztem Erfolg hinsichtlich der Vergewaltigungsrate. Im Rahmen der Friedens- und Traumaarbeit erhalten die Opfer Unterstützung, jedoch wird nur ein geringer Teil erreicht (GIZ 10.2020b).
Bewegungsfreiheit
Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Regierung schränkte diese Rechte manchmal ein. Sicherheitskräfte und Rebellengruppen richteten Checkpoints auf Straßen, Flughäfen und Märkten ein, und belästigten routinemäßig Zivilisten bzw. fordern Geld. Die Regierung unterwarf Reisende Immigrationsprozeduren bei Inlandsreisen am Flughafen, in Häfen, und beim Verlassen oder Betreten von Städten bzw. verlangten lokale Behörden illegale Steuerzahlungen und Gebühren für Reisen am Fluss Kongo (USDOS 11.3.2020).
Die Bewegungsfreiheit ist gesetzlich gewährleistet, wird in der Praxis aufgrund von bewaffneten Konflikten und anderen Sicherheitsproblemen stark eingeschränkt. Verschiedene bewaffnete Gruppen und Regierungskräfte erlegen Reisenden illegale Zölle bei der Durchreise durch von ihnen kontrolliertes Gebiet auf (FH 4.3.2020).
Grundversorgung und Wirtschaft
Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die Demokratische Republik Kongo ein armes Land (AA 28.8.2019b; vgl. GIZ 10.2020b). Es ist geprägt vom Bergbau, von landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft und Kleinhandel. Die Landwirtschaft macht etwa 40% des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Demokratische Republik Kongo ist sehr schwach industrialisiert. Die Rohstoffindustrie ist ein wachsender Wirtschaftszweig, besonders der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold, Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden). Weite Teile der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Schätzungen der Weltbank zufolge leben 77% der kongolesischen Bevölkerung von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Im „Human Development Index“ der Vereinten Nationen belegt die DR Kongo Platz 176 von 199 betrachteten Ländern (AA 28.8.2019b).
Die Demokratische Republik Kongo ist ein reiches – armes Land. Reich an Rohstoffen profitiert nur eine sehr kleine Minderheit von den Schätzen des Bodens und der Natur. Zwei Drittel der Bevölkerung lebt in absoluter Armut. Mangel- und Fehlernährung sind an der Tagesordnung. In den Städten fehlt es an Arbeitsplätzen, Nahrungsmitteln, Wasser und der elementarsten sanitären Versorgung. Auf dem Land fehlt es an Straßen zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte. Zusätzlich behindern die innenpolitischen Konflikte und die allgegenwärtige Korruption eine erfolgreiche Armutsbekämpfung (GIZ 10.2020b).
Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt Kinshasa ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Die Zentral- und Provinzregierungen versuchen mit agro-industriellen Projekten gegenzusteuern (AA 17.2.2020).
Auch im Sektor Ernährung und Landwirtschaft sind grundlegende Reformen und Investitionen notwendig. Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen, da die Vertriebenen oft keine Möglichkeit haben, sich neu anzusiedeln und zumindest eine Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben. Ferner können sie von internationalen Hilfsorganisationen wegen der Aktivitäten vieler bewaffneter Gruppen immer noch nicht auf dem gesamten Territorium der DR Kongo versorgt werden. MONUSCO sowie der Staat sind bemüht, die staatliche Autorität flächendeckend zu etablieren. Diese Bemühungen haben auch 2019 erhebliche Rückschläge erlitten (AA 17.2.2020).
In der DR Kongo gibt es ein formelles System für soziale Sicherheit, von dem jedoch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitieren kann. Seit 2016 sind mehrere Neuerungen eingeführt worden, die unter anderem Familienzulagen und Tagsätze für Frauen während des Mutterschaftsurlaubs umfassen, um Verdienstausfälle auszugleichen. Auch die Gleichstellung der Geschlechter wurde berücksichtigt. Ungeachtet dieser Reformen gilt das System aber nur für Bürger, die im formellen Sektor beschäftigt sind und schließt den beträchtlichen Bevölkerungsteil aus, der im informellen Sektor Geld verdient. Mehr als 80% der aktiven Berufstätigen arbeiten im informellen Sektor. Viele Kongolesen können sich das Überleben nur durch Subsistenzlandwirtschaft und informellen Kleinhandel sichern. Kirchen und Familienangehörige leisten oft eine gewisse soziale Unterstützung. Dabei hat Armut wenig systematischen Bezug zur ethnischen Zugehörigkeit, sondern diejenigen, die Zugang zur Macht hätten, führen ein relativ komfortables Leben (BS 29.4.2020)
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) warnt in einem Situationsbericht vom 3.12.2020, dass die Zahl der von einer akuten Nahrungsmittelunsicherheit betroffenen Menschen in der DR Kongo dramatisch steigt. 2019 seien 15,6 Millionen Menschen betroffen gewesen, 2020 bereits 21,8 Millionen, insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und Kasai-Central. Besondere Schwierigkeiten erfahren intern Vertriebene sowie an ihre Heimatorte Rückkehrende. Zum Anstieg der Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hätte neben den herrschenden Konflikten auch die COVID-19-Pandemie beigetragen, die zu höheren Nahrungsmittelpreisen geführt habe. Weitere Gründe seien eine Abwertung der Währung, ein sinkendes Wirtschaftswachstum sowie Überschwemmungen oder Tierseuchen (BAMF 7.12.2020).
Medizinische Versorgung
Das mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO / OMS) aufgebaute Gesundheitssystem der Demokratischen Republik Kongo ist sehr gut durchdacht. Zentralen Krankenhäusern (Hôpital de Reference) sind sekundäre Gesundheitsstrukturen (Zone de Santé, Centre de Santé, Poste de Santé), entsprechend der Bevölkerungszahl und Siedlungsdichte, zugeordnet. Jede Gesundheitszone versorgt ca. 150.000 Menschen. Es gibt grundsätzlich keine Doppelung von Krankenhäusern im Einzugsgebiet der Referenzkrankenhäuser. Das System ist kostengünstig und könnte eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung garantieren. In der Realität zeigen sich vielerorts die Defizite der Umsetzung. In einem großen Teil der DR Kongo sind die Gesundheitseinrichtungen in den 306 Gesundheitszonen sehr unzureichend ausgestattet. Es fehlt an Geldern für Medikamente, Ausrüstung und qualifiziertem medizinischem und administrativem Fachpersonal. Die meisten der 400 Krankenhäuser wurden in der Kolonialzeit gebaut und befinden sich in einem schlechten Zustand. Das Personal ist extrem schlecht bezahlt, man arrangiert sich durch Korruption und private Dienstleistungen, die aber häufig nur für Wohlhabende zugänglich sind. So kommt es, dass der öffentliche Haushalt mit bis zu 2% des BIP nur spärliche Mittel für das Gesundheitswesen verwendet. Durch das Zusammenbrechen der Infrastruktur ist die medizinische Versorgung im Landesinneren oft nur noch in kirchlichen Gesundheitseinrichtungen vorhanden. Viele Menschen sterben an behandelbaren Krankheiten wie Magen-Darm-Erkrankungen oder Malaria. In den meisten ländlichen Regionen kann meist nur eine Notfallmedizin betrieben werden (GIZ 10.2020b).
Der Großteil der Bevölkerung kann nicht ausreichend versorgt werden. UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Nur im formellen Sektor (1,5 Mio. Beschäftigte) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung, allerdings mit eingeschränktem Leistungsspektrum. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa mehrere Apotheken, die gegen Bezahlung binnen weniger Tage so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern können. Ebenso gibt es in Kinshasa einen Pharmagroßhandel, der so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern kann. Viele Krankheiten können zwar behandelt werden, sind aber für die meisten Kongolesen unbezahlbar (AA 17.2.2020).
Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 18.11.2020).
Fast alle Geberorganisationen, die in der DR Kongo aktiv sind, fördern medizinische Einzelprojekte. In der Regel übernehmen sie direkt oder in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Trägerstruktur ganze Gesundheitszonen, einschließlich die Referenzkrankenhäuser. Andere Geber, wie beispielsweise die EU, sichern für mehrere Jahre die Versorgung mit Medikamenten für mehrere Gesundheitszonen. In den vergangenen Jahren wurde die Ausbildung von Krankenpflegepersonal, Gesundheitsarbeitern und Ärzten im ganzen Land intensiviert. Traditionelle Medizin und auch Heilung durch Wunderheiler sind weit verbreitet. Ursache sind Armut, Unwissenheit aber auch der mangelnde Dialog zwischen lokalem Wissen und moderner westlicher Medizin (GIZ 10.2020b).
Die DR Kongo ist wieder Ebola-frei. Das geht aus einer offiziellen Erklärung des kongolesischen Gesundheitsministeriums vom 18.11.2020 hervor. Der erste Fall des inzwischen elften Ebola-Ausbruchs in der jüngeren Geschichte des zentralafrikanischen Landes wurde am 1.6.2020 aus der nordwestlichen Provinz Équateur gemeldet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben bei dem jüngsten Ausbruch 55 Menschen. Insgesamt seien 119 Fälle registriert worden. Die DR Kongo erlebte zuletzt drei Ebola-Epidemien kurz hintereinander. Der zehnte Ausbruch, der von August 2018 bis Juni 2020 den Osten des Landes betraf, kostete mehr als 2.200 Menschen das Leben. Mehr als 3.400 hatten sich infiziert. Wegen Instabilität und Kämpfen unter Milizen in den östlichen Provinzen war der zehnte Ausbruch besonders schwer in den Griff zu bekommen gewesen. Beobachter hoffen, dass die Expertise, die im Kampf gegen Ebola aufgebaut wurde, auch zur Eindämmung anderer Infektionskrankheiten eingesetzt werden kann. So könnte die Technik, mit der der Ebola-Impfstoff gekühlt wird, auch bei der Kühlung eines künftigen COVID-19-Impfstoffs zum Einsatz kommen (BAMF 30.11.2020).
Rückkehr
Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe (AA 17.2.2020).
Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N’Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, „Direction Générale de Migration“(DGM), befragt. Ebenfalls werden ankommende Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die aufliegenden Fahndungslisten abgeglichen. Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert (AA 17.2.2020).
Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den ANR („Agence Nationale de Renseignement“, ziviler Nachrichtendienst) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Gegenteilige Berichte einiger Menschenrechtsorganisationen und die von ihnen genannten Referenzfälle wurden geprüft, konnten aber in keinem Fall bestätigt werden (AA 17.2.2020).
Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen besuchen in besonders gelagerten Fällen im Auftrag des Auswärtigen Amts zurückgekehrte Personen an ihren Wohnadressen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation kann sich jedoch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen. Insbesondere, wenn sie oppositionellen Bewegungen angehören bzw. mit ihnen sympathisieren, können sie relativ schnell zum Beobachtungsobjekt für die Sicherheitsdienste werden (AA 17.2.2020).
OFII, die Organisation Française de l’Immigration et de l’Intégration, ist eine staatliche Einrichtung Frankreichs. Diese betreibt in vielen (vorwiegend frankophonen afrikanischen) Staaten Büros zur Reintegrationen von Rückkehrenden aus Frankreich. Ab September 2018 können französische Reintegrationsbüros auch für Rückkehrende aus Österreich mitgenutzt werden (BMI/OFII 8.2018)
Dokumente
Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann eine Vielzahl an Dokumenten (Reisepass, Personalausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung, Scheidungsurteil, Haftbefehl, offizielle Bestätigungsschreiben jeglicher Art) mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle käuflich erworben werden. Zudem werden viele Personenstandsfälle nicht ordnungsgemäß bei den Standesämtern registriert, selbst wenn die Registrierung erfolgt ist, sind ältere Personenstandsregister oft zerstört, da insbesondere während der Plünderungen Anfang der 90er Jahre die Register vieler Standesämter vernichtet wurden (AA 17.2.2020).
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben der Beschwerdeführerin vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die zitierten Länderberichte zum Kongo D.R. sowie die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die belangte Behörde hat nachvollziehbar dargestellt, dass zwar erhebliche Zweifel an der Identität der Beschwerdeführerin bestehen, ging jedoch aufgrund der von dieser getätigten Angaben letztlich von einer Staatsangehörigkeit DR Kongo aus, ebenso stellte die belangte Behörde die Religionsgruppenzugehörigkeit sowie den Umstand, dass die Beschwerdeführerin dort verheiratet war und mit ihrem Ehemann drei Söhne hat, fest.
Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich keinen Anlass gesehen, von diesen Feststellungen abzuweichen.
Gleiches gilt für die Feststellungen zu ihrem Herkunftsort Kinshasa, ihrer Schulbildung und ihrer beruflichen Tätigkeit im Kongo D.R., die auf den diesbezüglich widerspruchsfreien Angaben der Beschwerdeführerin im Administrativverfahren gründen.
Darüber hinaus wurde im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Nachweis vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der am 23.10.2020 geborene Tochter der Beschwerdeführerin, A XXXX M. aufgrund ihres asylberechtigten Vater, der ebenso wie die Beschwerdeführerin aus der DR Kongo stammt, gemäß § 34 Abs. 2 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und ihre Sprachkenntnisse ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin sowohl im Administrationsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren, in dem diese Anwesenheitsbestätigungen betreffend den Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A1 vorgelegt hat. Insgesamt belegen die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen keine maßgebliche Integration in Österreich. Dass die Beschwerdeführerin in Österreich Verwandte in Form einer Schwester und einer Cousine hat, wurde ebenso ihren eigenen Angaben entnommen und kann diesbezüglich dahingestellt bleiben, dass auch die Angaben zu diesen Familienmitgliedern betreffend Verwandtschaftsgrad und Staatsangehörigkeit widersprüchlich waren.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin möglich sein sollte, zumindest teilweise den Kontakt zu Familienmitgliedern wiederaufzunehmen. In einer schriftlichen Stellungnahme der BF vom 25.02.2021 ist zudem angeführt, dass diese von ihren Brüdern finanziell unterstützt wird, dies deutet ebenso darauf hin, dass die Angaben, wonach kein Kontakt zu Familienmitgliedern besteht, nicht der Wahrheit entsprechen.
Die Feststellungen hinsichtlich ihres Bezugs von Grundversorgungsleistungen ergeben sich aus einer Abfrage des Betreuungsinformationssystems. Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit ergab sich aus einer Abfrage im Strafregister.
2.2. Zum Fluchtvorbringen und zur Situation der Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn sie im bekämpften Bescheid sehr ausführlich begründet, dass die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Schilderungen auf Grund der detaillosen, oberflächlichen und (insbesondere) widersprüchlichen Angaben keine Glaubwürdigkeit entfalten.
In der Beschwerde wird zunächst darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin in Österreich ihren Lebensmittelpunkt habe, und ihr in der DR Kongo kein soziales oder familiäres Auffangnetz zur Verfügung stehe und sie völlig auf sich allein gestellt wäre.
Nach Ausführungen zur Situation im Herkunftsstaat wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin würde im Fall einer Abschiebung nach Kongo (gemeint wohl DR Kongo) mit einer Festnahme zu rechnen haben, ihr drohe „unmenschliche Behandlung, weil die Zustände in den Gefängnissen von Kongo unmenschlich und sehr hart“ seien. Außerdem herrsche im Kongo starke Korruption. Darüber hinaus müsse sie darauf aufmerksam machen, dass die Lage „in Kongo“ aufgrund ihrer Weigerung als Mitglied sich der Religionsgruppe Kamuna Sapu anzuschließen nach wie vor für die Beschwerdeführerin unsicher sei.
Ergänzend wird in der Beschwerde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin in Europa Opfer von Menschenhandel geworden sei. Die Beschwerdeführerin sei in psychiatrischer Behandlung und habe die betreffende Person bereits angezeigt.
Damit zeigt das Beschwerdevorbringen keinen Grund auf, von der schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung der belangten Behörde abzugehen. Warum in der Beschwerde (gänzlich unsubstantiiert) vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin liefe bei einer Rückkehr in die DR Kongo Gefahr, verhaftet zu werden, ist nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin gab selbst bei ihrer letzten Befragung vor der belangten Behörde an, keine Probleme mit den Behörden gehabt zu haben bzw. nicht von der Polizei, Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht zu werden, sondern nur von den nicht näher konkretisierten „Sicherheitsmännern“.
In der Erstbefragung gab die Beschwerdeführerin an, einer Verfolgung durch ihre Religionsgruppe aufgrund von vorhergehendem Verrat zu unterliegen.
In der ersten Einvernahme am 21.04.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte sie im Wesentlichen als Fluchtgrund vor, die Gruppe um „Kamuna Sapu“ habe gewollt, dass sie die Religion wechsle und sich ihnen anschließe. Das habe die Beschwerdeführerin nicht gewollt. Deswegen hätten „sie“ gesagt, dass sie die Gruppe verraten habe und hätten sie verfolgt. Die Frage, ob sie darüber hinaus weitere Probleme in ihrem Herkunftsstaat habe, verneinte die Beschwerdeführerin.
In einer weiteren Einvernahme am 25.04.2019 steigerte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen eklatant und äußerst widersprüchlich, in dem sie nunmehr angab, sie und ihr Mann seien von den „Sicherheitsmännern“ verhaftet worden an, da ihr Mann deren Geld nicht nehmen wollte, um seinen Chef (Kamuna Sapu) zu verraten. Sie seien von Kamuna Sapu befreit worden, nachdem sie 14 Tage „irgendwo“ gefangen gehalten wurden. Auf die Frage: „Waren oder sind sie einer Verfolgung durch die Gruppe Kamuna Sapu ausgesetzt?“ antwortete die Beschwerdeführerin: „Ich werde nicht verfolgt durch Kamuna Sapu. Ich wurde verfolgt, weil mein Mann das Geld der Sicherheitsmänner nicht nahm.“
Nach ihrer Befreiung habe sie mit einer Frau von einer Menschenrechtsorganisation gesprochen. Nachdem sie dieser erzählt habe, dass sie vergewaltigt worden sei und „die Leute von Kamuna Sapu“ gewollt haben, dass sie Mitglied in der Kirche werde, hätten „diese Leute“ sie gesehen, und ihr Mann habe ihr dann erzählt, dass die Leute von Kamuna Sapu sie suchen würden. Sie habe sie verraten, jetzt sei ihr Leben in Gefahr.
Die belangte Behörde hat die groben Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen der Beschwerdeführerin, das sich mit jeder Einvernahme änderte bzw. steigerte, nachvollziehbar und ausführlich gewürdigt. Auch der von der Beschwerdeführerin in der letzten Einvernahme angesprochene und mit Schreiben vom 08.11.2019 vorgelegte Artikel einer Zeitung, in dem die Beschwerdeführerin genannt wird, trägt nicht dazu bei, das Fluchtvorbringen glaubhafter und nachvollziehbarer erscheinen zu lassen.
Im dem Artikel (dessen Echtheit stark bezweifelt wird) wird zunächst die auch in den Länderinformationen enthaltene Lage in Zentral – Kasai wiedergegeben, wonach indigene Gruppen, wie die lokalen Nduma Defense of Congo-Renewal (NDC-R), Kamuina Nsapu, Bana Mura (…) die Zivilbevölkerung attackieren.
Im dem vorgelegten Artikel ist angeführt, dass die Beschwerdeführerin, die von einem lokalen Medium kontaktiert worden sei, die Fakten bestätigt habe. Aufgrund ihrer Aussagen den Medien gegenüber zur Rekrutierung minderjähriger Kinder und der Rolle des regulären Militärs sei sie Ziel der Sicherheitskräfte geworden und schließlich im Februar letzten Jahres verhaftet worden.
Somit stellt der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Artikel wieder eine gänzliche andere Geschichte dar, welche diese selbst so nicht ansatzweise geschildert hat.
Zusammengefasst ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft darzulegen.
Die Beschwerdeführerin ist eigenen Angaben zu Folge gesund und ist daher von ihrer Arbeitsfähigkeit auszugehen. Ihren Angaben, wonach kein Kontakt zu ihrer Familie mehr besteht, kann aufgrund ihrer gänzlich unglaubhaften Schilderungen kein Glauben geschenkt werden, womit davon ausgegangen wird, dass sie noch über familiäre Kontakte in ihrem Herkunftsland verfügt, die ihr bei einer Rückkehr behilflich sein können.
Auch wenn sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass die Situation in Kongo D.R. insbesondere für Frauen nicht mit Österreich zu vergleichen ist und man vielfach Diskriminierung und sexueller Gewalt begegnet, so lässt dies doch nicht den Schluss zu, dass automatisch jede Frau dort in der realen Gefahr ist, ihr Leben zu verlieren bzw. eine mit Folter gleichzusetzende unmenschliche Behandlung zu erleiden.
Im Fall der Beschwerdeführerin, bei der es sich um eine gesunde, arbeitsfähige Frau mit Berufserfahrung handelt, die zudem noch familiäre Anknüpfungspunkte in ihrer Heimat hat, ist davon auszugehen, dass es ihr gelingen sollte, sich eine Existenz zu sichern.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl VwGH 07.06.2000, 99/01/0210).
Zusammengefasst ist sohin festzuhalten, dass sich die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kongo D.R. zweifelsfrei aus in den Feststellungen zitierten Quellen ergeben und weder diesen Quellen noch deren Inhalt im Beschwerdeverfahren substantiiert entgegengetreten wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Die Beschwerdeführerin erklärte wie in der Beweiswürdigung dargelegt, dass sie einerseits von der religiösen Gruppierung Kamuna Sapu und andererseits von Sicherheitsmänner verfolgt werde. Das Fluchtvorbringen der Beschwerdefü