TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/30 I412 2207318-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2021
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Entscheidungsdatum

30.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I412 2207318-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. GUINEA, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 28.09.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.06.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 04.04.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und begründete diesen mit Ende Februar 2016 beginnenden Bürgerkrieg zwischen zwei Volksgruppen. Er sei ein halbes Jahr inhaftiert gewesen, in dieser Zeit hätten viele Menschen aufgrund der Auseinandersetzungen den Tod gefunden und sei auch seine Familie verschwunden.

Vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl konkretisierte er sein Vorbringen und führte aus, dass die Polizei nach einer politischen Demonstration wahllos Angehörige der Fulla im Viertel verhaftet habe. Auch er sei dabei gewesen und sechs Monate festgehalten worden. Einige Wärter hätten dann eine Gruppe gehen lassen, er habe zuhause seine Familie nicht mehr vorgefunden und etwa 10km entfernt als Chauffeur drei Monate lang gearbeitet. Aus Angst vor einer weiteren Verhaftung habe er Guinea in Richtung Libyen verlassen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt V). Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 04.10.2018, wobei auf die bisherigen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen verwiesen wurde. Aufgrund der ethnischen und Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla drohe dem Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung aufgrund zwangsläufig unterstellter politischer Gesinnung zur Opposition.

Vom Bundesverwaltungsgericht wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, zum aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Guinea und zu seinen persönlichen Verhältnissen Stellung zu nehmen, wovon mit Schreiben vom 10.03.2021 Gebrauch gemacht wurde.

Am 15.06.2021 wurde am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Fulla, im Rahmen derer der Beschwerdeführer sowie eine Zeugin einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Guinea und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Fulla an. Er spricht Fulla, Französisch und Englisch, ebenso etwas Malinke und Susu. Der Beschwerdeführer spricht auch Deutsch, und kann in sich in dieser Sprache im Alltag verständigen. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Er reiste im November 2016 ohne Reisedokument aus Guinea aus und gelangte von Libyen aus nach Italien, wo er am 06.02.2017 registriert wurde. Er hält sich seit (mindestens) der Asylantragstellung in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus den Eltern und einem Bruder lebte mit dem Beschwerdeführer zusammen im eigenen Haus in Guinea. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Guinea noch über familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte verfügt. In Österreich leben keine Verwandten des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer besuchte sieben Jahre lang eine Schule im Herkunftsstaat und schloss die Pflichtschule schließlich in Österreich ab. Vor der Ausreise verdiente sich der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt etwa drei Monate lang durch Arbeit auf einem Busbahnhof, wo er zuletzt auch als Chauffeur gearbeitet hat. Aufgrund seiner abgeschlossenen schulischen Ausbildung und der Arbeitserfahrung hat er eine Chance, auch hinkünftig am Arbeitsmarkt Guineas unterzukommen.

Der Beschwerdeführer führt seit Oktober 2018 eine Beziehung mit der Österreicherin Kathrin K., mit der er nicht in gemeinsamen Haushalt lebt, allerdings sehr viel Zeit verbringt. Auch zur Familie seiner Freundin besteht ein guter Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich einen seiner Aufenthaltsdauer und Alter entsprechenden Freundeskreis. Der Beschwerdeführer hat sich für ehrenamtliche Tätigkeiten beim Roten Kreuz beworben und war einige Male im Rahmen von Projekten an der Volksschule, an der seine Partnerin unterrichtet, tätig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in der Steiermark.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder aufgrund einer Verhaftung vor seiner Ausreise noch allgemein aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit einer generellen Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Behörden ausgesetzt ist.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Guinea:

Fallbezogen werden nachstehende Passagen aus dem LIB hervorgehoben:

Politische Lage

Die Republik Guinea ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt (AA 28.6.2019a). Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis zwischen Regierungs- und Oppositionspartei. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis heute die innenpolitische Situation beeinflusst.

Staatspräsident Condé setzte sich bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 erneut durch. Aktuell wird in Guinea von Seiten der Regierung eine Verfassungsänderung zugunsten einer bisher verfassungsrechtlich ausgeschlossenen 3. Amtszeit des Präsidenten erwogen (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019).

Die ersten freien Parlamentswahlen fanden nach Verzögerungen am 28.9.2013 statt. Die Nationalversammlung tagt in mindestens zwei Sitzungsperioden im Jahr. Die nächsten Parlamentswahlen hätten schon Anfang 2019 stattfinden sollen, wurden aber aufgeschoben: das Parlament ist per präsidentiellem Dekret in Amtsverlängerung getreten (AA 28.6.2019a). Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden am 4.2.2018 statt (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019), deren Ergebnis jedoch noch nicht vollständig umgesetzt ist. Im Rahmen von Dezentralisierungsbemühungen soll die Autonomie der Gebietskörperschaften längerfristig gestärkt werden (AA 28.6.2019a).

Das Parteiensystem war zwischen den beiden Präsidentschaftswahlen 2010 und 2015 weitgehend von einer Orientierung in zwei Lagern bestimmt: Die Regierungsmehrheit unter Führung der dominierenden RPG (Rassemblement du Peuple de Guinée), zusammen mit mehreren Kleinstparteien in einem Bündnis RPG-Arc-en-Ciel; und die Opposition, innerhalb derer die UFDG (Union des Forces Démocratiques de Guinée) die mit Abstand stärkste Partei stellt, sowie einer Reihe von kleineren und kleinsten Parteien. Beide Gruppen bilden in der Nationalversammlung jeweils einen Fraktionsverbund. Zur Opposition gehört auch die kleinere UFR (Union des Forces Républicaines), die zwischenzeitlich (Jänner 2016 bis Mai 2018) an der Regierung beteiligt war und in der Nationalversammlung eine eigene Fraktion bildet. Das bisher bestimmende Lagergefüge der Parteipolitik ist seitdem in Bewegung gekommen (AA 5.7.2019).

Laut Verfassung müssen die Parteien national aufgestellt sein; dies trifft auf jeden Fall auf die großen Parteien zu. Trotzdem haben auch diese ethnisch-regionale Hochburgen (AA 5.7.2019). In Guinea wurden bei der Umsetzung der politischen Vereinbarung vom 12.10.2016 schrittweise Fortschritte erzielt. Das politische Umfeld polarisierte sich jedoch zunehmend nach der Verschiebung der anstehenden Parlamentswahlen, die für Jänner auf November 2019 verschoben wurden. Es wird befürchtet, dass das Präsidentenlager auf eine Erneuerung der Verfassung von 2010 drängt, um Präsidenten Alpha Condé den Weg für eine mögliche dritte Amtszeit zu ebnen (UNSC 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 19.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 25.7.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Factbook - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 25.7.2019

- UNSC - UN Security Council (5.7.2019): Activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel; Report of the Secretary-General, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013221/S_2019_549_E.pdf, Zugriff 8.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 25.7.2019

Sicherheitslage

In Guinea bestehen soziale und politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken ausweiten können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen. Immer wieder werden zahlreiche Menschen verletzt oder getötet (EDA 14.8.2019; vgl. BMEIA 14.8.2019). So haben die Proteste im Zusammenhang mit den Lokalwahlen im Februar 2018 mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 14.8.2019). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 14.8.2019; vgl. EDA 14.8.2019; FD 14.8.2019). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Vor allem im städtischen Milieu sind nächtliche Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verbreitet. Bewaffnete nächtliche Überfälle auf Fahrzeuge werden von Zeit zu Zeit auf einzelnen Überlandstraßen gemeldet. Auch aus diesem Grund wird von nächtlichen Überlandfahrten abgeraten. Besonders zu beachten ist, dass die Täter teilweise uniformiert sind (AA 14.8.2019). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 14.8.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.8.2019): Guinea - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/guineasicherheit/206098, Zugriff 14.8.2019

- BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (14.8.2019): Guinea - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 14.8.2019

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (Schweiz) (14.8.2019): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweiseguinea.html, Zugriff 14.8.2019

- FD - France Diplomatie (Frankreich) (14.8.2019): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/guinee/, Zugriff 14.8.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Besondere Sorgen macht die Einschränkung von Menschenrechten durch die konservativ-traditionelle gesellschaftliche Praxis. Dies betrifft insbesondere die Rechte von Frauen und von Kindern. Kritisch sind dabei vor allem die Praxis der Zwangsverheiratung von Minderjährigen, erzwungene Kinderarbeit und die verbreitete Genitalverstümmelung (AA 28.6.2019a).

Seit Amtsantritt der Regierung Condé Ende 2010 kommt dem institutionalisierten Menschenrechtsschutz verstärkte Bedeutung zu. Die Bemühungen der Regierung werden insbesondere in der Schaffung eines eigenen Ministeriums für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten (seit 2016) deutlich, stoßen in der Praxis jedoch immer wieder an Grenzen (AA 5.7.2019). Obwohl sich das Verhalten der Sicherheitskräfte in den letzten Jahren verbessert hat, sind Polizei und Gendarmerie an übermäßiger Gewalt, Korruption und Kriminalität beteiligt (HRW 17.1.2019). Bei Übergriffen herrscht Straflosigkeit, es ist allenfalls mit internen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. Diese Straflosigkeit ist ein zentrales Manko in der Menschenrechtsbilanz Guineas (AA 5.7.2019; vgl. HRW 17.1.2019).

Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen berichten zudem von Folter, mit der Gefangene eingeschüchtert oder Geständnisse erzwungen werden (HRW 17.1.2019). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind u.a. die übermäßige Anwendung von Gewalt und Folter gegen Zivilisten durch die Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftungen, endemische Korruption auf allen Ebenen der Regierung, Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Zwangs- und Frühehen (USDOS 13.3.2019).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 5.7.2019), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Staatliche Fernseh- und Rundfunkmedien berichten überwiegend aus Regierungssicht (AA 5.7.2019). Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus. Wichtigstes Medium bleibt aber noch – auch angesichts der hohen Analphabetenrate (41%) – das Radio (AA 28.6.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019). Neben dem öffentlichen, regierungsgelenkten Rundfunk der RTG (Radio Television Guinéenne) gibt es seit 2006 zahlreiche private Radiosender im ganzen Land (ROG 2019; USDOS 13.3.2019). FM-Radio-Call-in-Shows bleiben beliebt und erlaubten den Bürgern, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken. Die Zunahme der Online-Nachrichten-Websites spiegelt die wachsende Nachfrage nach unterschiedlichen Ansichten wider (USDOS 13.3.2019).

Allerdings können Verleumdungen und Anschuldigungen zu Vergeltungsmaßnahmen durch die Regierung führen (USDOS 13.3.2019). Die Bedrohung der Medienfreiheit hat in den letzten Jahren zugenommen. 2018 wurden mehrere Journalisten wegen regierungskritischer Berichterstattung verhaftet und dann wieder freigelassen. Außerdem kam es zu Übergriffen auf Medieninstitutionen oder Journalisten (HRW 17.1.2019). Es gibt Berichte über physische Angriffe, Belästigung und Einschüchterung (USDOS 13.3.2019) Nach anderen Angaben hat sich das Klima für Journalisten in den letzten Jahren etwas verbessert (FH 4.2.2019).

Es kam auch zur willkürlichen Schließung von Radio- und Fernsehsendern und Journalisten arbeiten weiterhin in einem Klima von Unsicherheit und Gewalt (ROG 2019). Das Strafgesetzbuch, das 2016 verabschiedet wurde, sieht Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis wegen Diffamierung oder Beleidigung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor (FH 4.2.2019).

Im World Press Freedom Index 2019 belegt Guinea Platz 107 von 180 (ROG 2019). Die Pressefreiheit ist grundsätzlich gewahrt, Eingriffe durch staatliche Zensur finden im Ausnahmefall statt, wurden bisher aber nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen (AA 28.6.2019b).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein (USDOS 13.3.2019). 2017/2018 kam es zu einer Zunahme von Demonstrationen, die teilweise in gewaltsamen Konfrontationen mit Sicherheitskräften mündeten. Seit Ende 2018 werden Straßendemonstrationen aus Sicherheitsgründen regelmäßig untersagt (AA 5.7.2019). Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen Charakter hat, sowie jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist (USDOS 13.3.2019). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung abgehalten werden, oft gewaltsam aufgelöst (FH 4.2.2019). Die Regierung untersagt häufig Demonstrationen der Opposition (HRW 17.1.2019; vgl. BS 2018) und es kommt zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfer durch die Sicherheitskräfte (HRW 17.1.2019).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht in der Praxis (USDOS 13.3.2019). Es sind über 150 politische Parteien zugelassen, von denen aber nur 6 über eine nennenswerte Mitgliederzahl und über mehr als einen Abgeordneten in der Nationalversammlung verfügen. Staatliche Einschränkungen von oppositionellen Aktivitäten haben in den vergangenen Jahren abgenommen. Guineas Oppositionsparteien sind im Parlament stark vertreten. Bei den Kommunalwahlen am 4.2.2018 konnten Oppositionsparteien erstmals die Mehrheit in zahlreichen Städten und Gemeinden gewinnen und politische Verantwortung übernehmen (AA 5.7.2019). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Hilfsorganisationen um Flüchtlingen, Staatenlosen und Asylwerbern Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 31.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019b): Guinea - Kultur und Bildungspolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/kultur-bildung/206134, Zugriff 31.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 31.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008159.htm l, Zugriff 31.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 31.7.2019

- ROG - Reporter ohne Grenzen (2019): Rangliste der Pressefreiheit - Guinea, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/guinea/, Zugriff 31.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 31.7.2019

Ethnische Minderheiten

Guinea ist ein multiethnisches Land mit drei großen und mehreren kleineren Sprachgruppen, die sich mit bestimmten Regionen identifizierten (USDOS 13.3.2019). Die drei zahlenmäßig größten Ethnien sind die Peulh (Fulani) (32%-40%), die Malinké (ca. 30%) und die Sussu (ca. 20%) (AA 5.7.2019; vgl. CIA 10.7.2019).

Die Verfassung Guineas führt den Grundsatz der Gleichbehandlung auch hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit mehrfach auf (Gleichstellungs- bzw. Gleichbehandlungsgebot in Art. 8); eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Eine das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben beherrschende Ethnie gibt es nicht. Alle drei großen Ethnien sind in Parlament, Kabinett und in hohen Verwaltungsämtern (wenn auch nicht immer proportional zu ihrer Bevölkerungsstärke) vertreten. Eine systematische Diskriminierung der über 20 kleineren Ethnien, insbesondere der zahlreichen, meist animistisch-christlichen Glaubens geprägten Ethnien Waldguineas (Guerzé, Toma, Kissi) ist nicht erkennbar (AA 5.7.2019). Während das Gesetz rassistische oder ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es durch Angehörige aller großen Ethnien zu Diskriminierung, z.B. bei der Einstellung von Mitarbeitern im privaten Sektor; es kann auch die ethnische Trennung von Stadtvierteln attestiert werden (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Die ethnische Diskriminierung erstreckt sich beispielsweise auch auf Gerichte. Obwohl Bürger über ethnische oder regionale Vetternwirtschaft klagen, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor praktiziert wird, gibt es insgesamt keine ausgeprägten ethnisch oder religiös konstituierten Hindernisse hinsichtlich der Chancengleichheit (BS 2018).

Im Laufe des Jahres 2018 kam es zu ethnisch motivierter Gewalt (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). In den letzten Jahren traten immer wieder inter-ethnische Spannungen auf, und die wichtigste politische Spaltung bleibt die ethnische. Trennungen sind v.a. zwischen ethnischen Maninka (Malinke, Mandingo) und Peulh/Fulani zu beobachten (BS 2018; vgl. AA 5.7.2019). Die politischen Eliten Guineas neigen nach wie vor dazu, ethnische Identität zu instrumentalisieren.

Politische Loyalitäten und Parteien werden noch immer auch ethnisch konstituiert wahrgenommen (AA 5.7.2019). Die ethnische Spaltung ist auch mit der politischen Spaltung zwischen Regierung und Oppositionskräften verflochten; Konfrontationen zwischen Regierung und Opposition werden manchmal gewalttätig (BS 2018). So sehen sich Angehörige der Ethnie der Peulh, die mehrheitlich die Oppositionspartei UFDG wählen, politisch benachteiligt gegenüber den Malinké, die mehrheitlich für die Regierungspartei RPG stimmen. Eine systematische Diskriminierung der Peulh auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist damit jedoch nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 5.8.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 5.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 5.8.2019

Rückkehr

Gesetze und Verfassung sehen Grundlagen für Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes sowie Reisefreiheit, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Diese Rechte werden im Allgemeinen respektiert. Das Strafgesetzbuch von 2016 enthält keine Bestimmungen, die einen Staatsbürger kriminalisieren, der illegal das Land verlassen, internationalen Schutz beantragt und/oder sich im Ausland aufgehalten hat (CEDOCA 2.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Rückgeführte guineische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt resultierenden Nachteile zu befürchten (AA 5.7.2019). Bisher hatten Rückkehrer keine Probleme mit den nationalen Behörden (CEDOCA 2.7.2019). Es sind keine Fälle bekannt, in denen Personen festgenommen oder misshandelt wurden. Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Minderjährigen sind nicht vorhanden (AA 5.7.2019). IOM Guinea arbeitet weiterhin an Rückkehr- und Reintegrationsprojekten, um eine große Zahl an Rückkehrern aus Guinea zu unterstützen. Seit April 2017 hat IOM mit Unterstützung der EU die Rückkehr von mehr als 11.000 Guineern unterstützt, von denen 7.000 Unterstützung erhalten haben, darunter 2.500 begünstigt durch sozioökonomische Wiedereingliederungsprojekte und 500 psychosoziale Folgemaßnahmen (CEDOCA 2.7.2019).

Am 18.4.2019 wurde in Conakry von IOM und ihren Partnern das erste Aufnahme-, Transit- und Orientierungszentrum eingeweiht. Es wird von Guinea verwaltet, von IOM technisch und finanziell unterstützt. Dieses Zentrum mit einer Kapazität von 300 Plätzen bietet Migranten, die freiwillig nach Guinea zurückgekehrt sind, freiwillige Rückkehrunterstützung und grundlegende Hilfe zur Deckung ihres unmittelbaren Bedarfs. Es gibt auch vorgesehene Plätze für Frauen und Kinder. Die Reintegrationshilfe beinhaltet ein Willkommenspaket mit Hygieneartikeln, eine Mahlzeit und den Anspruch auf psychosoziale und/oder medizinische Versorgung. Weiters werden Rückkehrer über die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten informiert und Informationsveranstaltungen zum Unternehmertum angeboten. Für die am stärksten gefährdeten Menschen (Kinder, Opfer von Menschenhandel, kranke Migranten, Mütter mit Kindern, schwangere Frauen, ältere Menschen) wird ein geeigneter Wiedereinbürgerungssplan entwickelt (CEDOCA 2.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- CEDOCA - Documentation and Research Department of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (Belgien) (2.7.2019): GUINEE; Le traitement réservé par les autorités nationales à leurs ressortissants de retour dans le pays, https://www.ecoi.net/en/file/local/2012148/coi_focus_guinee._le_traitement_reserve_par_les_a utorites_nationales_a_leurs_ressortissants_de_retour_dans_le_pays_20190702.pdf, Zugriff 7.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/en/document/2004162.html, Zugriff 8.8.2019

Eine nach Guinea zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Guinea mit Stand 02.09.2019. Zudem wurde am 15.06.2021 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher der Beschwerdeführer sowie eine Zeugin einvernommen wurden.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (AS 147ff) und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen und bestätigte er diese Angaben zuletzt in seiner Stellungnahme nach Parteiengehör.

Der Beschwerdeführer gab während des gesamten Verfahrens an, dass er außer seiner Kernfamilie (Eltern und Bruder) keine familiären Anbindungen in seinem Herkunftsstaat hatte. Seine Angaben waren diesbezüglich sehr ausweichend und erscheint nicht besonders nachvollziehbar, dass der BF, dessen Familie seinen Angaben zufolge immer in Conakry gewohnt hat, nicht wusste, ob seine Eltern Geschwister hatten. Ebenso nicht glaubhaft erscheint, dass der Beschwerdeführer, der im Alter von ca. 17 Jahren sein Heimatland verlassen hat, und nur in Conakry und dort im selben Haus gelebt hat, dort keine sozialen Anknüpfungspunkte hat und blieben seine Antworten dazu sehr vage und ausweichend.

Dies trifft auch auf seine Schilderungen betreffend die Zeit nach seiner angegebenen Entlassung aus dem Gefängnis zu: Der Beschwerdeführer gibt an, nach einem sechsmonatigen Gefängnisaufenthalt bei seinem Elternhaus niemand mehr angetroffen zu haben; er habe „dort nicht bleiben können“ und sei daher weitergefahren. Erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung und auch nur auf Nachfrage der erkennenden Richterin gab er an, dass die Türen seines Elternhauses kaputt gewesen seien und er deshalb Angst hatte, dort zu bleiben.

Der Beschwerdeführer beantwortete die Fragen nur sehr einsilbig und auf mehrfaches Nachfragen und konnte nicht überzeugend darlegen, warum er sich nicht mehr darum bemüht hat, den Verbleib seiner Familie auszuforschen bzw. warum dies nicht möglich war.

Insgesamt ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Conakry, wo er aufgewachsen ist, noch familiäre oder zumindest soziale Bezugspunkte hat.

In einer Stellungnahme vom 10.03.2021 wurde beantragt, zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfügt, Kathrin K. als Zeugin zu befragen. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF an, mit dieser seit Oktober 2021 eine Beziehung zu führen und wurde dies, sowie die weiteren sozialen Anbindungen des Beschwerdeführers in Österreich von der Zeugin glaubhaft bestätigt.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest. Dass er volljährig ist, ergibt sich jedenfalls aus dem eingeholten Sachverständigengutachten zur Altersbestimmung (AS 65ff).

Der Beschwerdeführer übermittelte ein Zeugnis vom 09.12.2020 über den absolvierten Pflichtschulabschluss und erschließen sich daraus auch seine Deutschkenntnisse, die mit einer positiven Zeugnisnote bewertet wurden. Die übrigen Deutschkenntnisse gab er vor der belangten Behörde an und konnte sich die erkennende Richterin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein Bild von den, diesen Unterlagen entsprechenden, Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers machen.

Aus Auszügen aus dem IZR, ZMR, GVS und AJ-Web ergeben sich die Feststellungen zum Bezug der Grundversorgung, zum Wohnsitz, zur Erwerbslosigkeit und zur Einreise in die EU bzw. nach Österreich. Neben dem Schulbesuch konnte der Beschwerdeführer Empfehlungsschreiben sowie die Integration belegende Lichtbilder vorlegen. In Gesamtschau mit der Aufenthaltsdauer von unter vier Jahre kann darin allerdings keine das übliche Maß übersteigende Verfestigung erblickt werden.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 11.02.2021.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert. Der Beschwerdeführer hat schließlich vor der belangten Behörde als Flucht- und Asylgrund geltend gemacht, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla eine Verfolgung zu befürchten habe und er aus Furcht vor dieser Verfolgung auch nicht gewillt sei, zurückzukehren.

Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der BF den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) – zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Die Voraussetzung wohlbegründeter Furcht wird in der Regel nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459; dazu auch VwGH 19.10.2000, 98/20/0430). Der Beschwerdeführer gab an, nach seiner Inhaftierung etwa drei Monate als auf einer Art „Busbahnhof“ beim Beladen bzw. anschließend als Chauffeur in einem 10km von seinem Heimatviertel entfernten Stadtteil gearbeitet zu haben. Wäre er tatsächlich von einer weiteren Verfolgung bedroht gewesen, hätte er wohl nicht in einem derart exponierten Tätigkeitsfeld gearbeitet und sich über einen längeren Zeitraum der behaupteten Gefahr ausgesetzt.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, dass nach einer Demonstration die Polizei in ein Viertel komme und Angehörige der Fulla verhaften würde (AS 182). So sei auch er inhaftiert worden. Ihn habe es nur getroffen, weil er auf die Straße hinausgegangen sei, als er die Verhaftungen bemerkt habe.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass es Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen der Fulla und der Malinke gab und immer noch gibt, ist vor dem Hintergrund der unbedenklichen Länderberichte sehr wohl als glaubhaft zu werten. Er stützt seinen Fluchtgrund auf eine generelle Verfolgung der Fulla, eine persönlich gegen ihn als Einzelperson gerichtete Bedrohungs- oder Verfolgungshandlung wurde von ihm auch auf die Frage in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, was ihm konkret bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland passieren würde, nicht genannt. Der Beschwerdeführer beschränkte sich bei seiner Antwort darauf, dass er niemand mehr in Guinea habe, der ihn unterstützen könne, zudem wolle er nicht noch einmal im Gefängnis landen.

Eine asylrelevante Verfolgung kann auch bestehen, wenn es zu einer systematischen Verfolgung, Unterdrückung oder Diskriminierung einer Volksgruppe oder Ethnie durch eine andere Volksgruppe kommt und staatliche Behörden dem nicht entgegenwirken, oder die Bedrohung von staatlicher Seite selbst ausgeht.

Aus einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.01.2017 (AS 167) geht hervor, dass die Malinke über-, die Fulla unterrepräsentiert sind. Die Regierung scheint die Gruppe des Präsidenten, die Malinke, zu bevorzugen und die Fulla (Opposition) und andere ethnische Minderheitengruppen auszuschließen, wobei es regionale Unterschiede gibt. Das aktuelle LIB bestätigt Spannungen zwischen den genannten Volksgruppen, wobei die Malinke etwa 30% und die Peulh, zu der auch die Fulla zählen, die größte Gruppe mit ca. 32 bis 40% der Population Guineas ausmachen. Dem Länderbericht ist auch zu entnehmen, dass Demonstrationen oft untersagt oder gewaltsam aufgelöst werden und es dabei auch zum Einsatz von Tränengas oder Wasserwerfern kommen kann (LIB Pkt. 9). Von willkürlichen Verhaftungen, Inhaftierungen – wie vom Beschwerdeführer vorgetragen - oder sonstiger systematischer Verfolgung ist nicht die Rede. Unter Pkt. 13 wird auf den in der Verfassung Guineas mehrfach aufgeführten Grundsatz der Gleichbehandlung auch hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit (Gleichstellungs- bzw. Gleichbehandlungsgebot in Art. 8) verwiesen. Eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Zugleich wird beschrieben, dass die politischen Eliten Guineas nach wie vor dazu neigen, ethnische Identität zu instrumentalisieren. Eine systematische Diskriminierung der Peulh (Fulla) auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist damit jedoch nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Aufgrund der klaren und eindeutigen Ausführungen im aktuellen Länderinformationsblatt kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers, aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Fulla verfolgt zu werden, keine Asylrelevanz zugemessen werden.

Auch die Aussagen des Beschwerdeführers selbst deuten nicht auf eine permanente Verfolgungsgefahr hin, sondern darauf, dass ein Nebeneinander der Volksgruppen in gemischten Vierteln sehr wohl möglich ist („F: Und Kaloum? A: Das ist ein gemischtes Viertel, die Mehrheit dort sind die Susu.“). Eine persönlich gegen ihn oder seine Familie gerichtete Handlung vor oder nach seiner angeblichen Verhaftung brachte er nicht vor.

Dass er nach einer Demonstration willkürlich inhaftiert worden wäre, ist auch nach den Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung auf Grund der diesbezüglich sehr vagen und wenig nachvollziehbaren Angaben nicht als glaubhaft zu werten.

Der Beschwerdeführer beschrieb die Situation anlässlich seiner Verhaftung bei der Einvernahme vor der belangten Behörde folgendermaßen:

„Es gab eine politische Demo, dabei waren viele Leute im Viertel, es gab Zusammenstöße mit der Polizei. Die ist auf die Menge losgegangen und kam auch in unser Viertel. Sie sind in Häuser eingedrungen und haben die Leute weggebracht.“

An einer anderen Stelle schilderte der Beschwerdeführer: „ich war zuhause, ich bemerkte die Verhaftungen auf der Straße und bin hinausgegangen. Als ich die Tür geöffnet habe, habe ich das gesehen.“

Auf dieselbe Frage der erkennenden Richterin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an: „(…) ich war nicht dabei, ich wollte nur rausgehen. Beim Rausgehen traf ich auf die Polizei und diese hat mich sofort verhaftet. Nicht nur ich wurde verhaftet, sondern alle wurden verhaftet (…)“

Auf die Frage, warum er rausgehen wollte, antwortete der Beschwerdeführer: „Weil bei uns vor dem Haus sind Bänke wo man sitzen kann“.

Während der Beschwerdeführer also zunächst ein Szenario andeutet, in dem ein Tumult stattgefunden hat, bei dem es zu zahlreichen, wahllosen Verhaftungen gekommen ist, beschreibt er (damit konfrontiert, dass sein Wunsch, in so einer Situation das Haus zu verlassen, wenig nachvollziehbar erscheint) die Situation derart, dass sich die Lage gerade entspannt habe und „die Leute ruhiger geworden sind“.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer sowohl im Verfahren vor der belangten Behörde als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht sämtliche Fragen zu seiner Fluchtgeschichte sehr vage, ausweichend und nur auf mehrmaliges Nachfragen der erkennenden Richterin beantworte und zu keinem Zeitpunkt bei dieser der Eindruck entstand, dass er selbst Erlebtes schilderte. Dies ist auch daran erkennbar, dass der Beschwerdeführer sich meist auf allgemeine Phrasen, die die allgemeine Situation in Guinea beschreiben sollen, beschränkt hat.

Auch bei Fragen nach dem sechsmonatigen Gefängnisaufenthalt blieb der Beschwerdeführer überaus vage. Auf die Aufforderung, besondere Ereignisse, die er dort erlebt hat, zu schildern, antwortete er: „Ich habe sogar Narben, weil wir gefoltert wurden. (Es gab) auch kein Essen und wenn wir krank waren auch keine Medikamente. Es war mühsam dort.“

Es ist nicht nachvollziehbar, dass jemand, der sechs Monate eingesperrt in einem Raum mit 100 Leuten (wie der Beschwerdeführer angab) verbracht hat, und ständig einer Angst vor Folter ausgesetzt war, sich in seinen Schilderungen lediglich auf diesen einen Satz beschränken würde, der ebenfalls nur allgemein gehalten die Lage in den Gefängnissen beschreibt.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit in der Beschwerde vorbringt, ist auf die Entscheidungsgründe der belangten Behörde zu verweisen. Aus den Länderinformationen ist zwar abzuleiten, dass die Volksgruppe der Fula/Peul der Opposition zugerechnet wird und daher gerade in Zeiten politischer Unruhen mit diskriminierenden Maßnahmen konfrontiert ist; zugleich kann aber nicht von einer Gruppenverfolgung oder auch von einem entscheidenden Gefährdungsmoment aus dem bloßen Umstand der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Peul/Fula heraus gesprochen werden. Der Beschwerdeführer selbst hat angegeben, dass seine Familie in Guinea gut gelebt hat; dass er selbst oder seine Familie auf Grund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit regelmäßig Problemen ausgesetzt war, wurde zu keinem Zeitpunkt vorgebracht.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Guinea vom 02.09.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Auch die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.03.2021, in der ausgeführt wird, dass in der Zwischenzeit im Oktober 2020 der Präsident für eine dritte Amtszeit wiedergewählt worden sei und sich somit die Vorherrschaft der Malinke weiter verfestigt habe und es zu Demonstrationen der Opposition und Tötung zahlreicher Menschen durch das gewaltsame Einschreiten der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten gekommen sei, kann das in den Länderinformationen dargelegte Bild, wonach eine systematische Verfolgung der Peulh auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht gegeben ist, nicht widerlegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1.    Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

In der Beweiswürdigung wurde ausführlich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen und konnte nach Abwägung und Prüfung seiner Angaben und der Lage in Guinea keine gegen ihn persönlich gerichtete und aktuelle Verfolgung erkannt werden.

Der Beschwerdeführer hat zusammengefasst keine asylrelevante Verfolgung aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Guinea - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Guinea die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist mittlerweile volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat bereits im Herkunftsland eine Schule besucht und etwas Lesen und Schreiben gelernt. In Österreich konnte er den Pflichtschulabschluss nachholen und kann ihm in Zusammenschau mit seinen vielen Sprachkenntnissen (Fulla, Französisch, Englisch, Deutsch, Malinke und Susu) zumindest ein guter Bildungsstand attestiert werden. Er sammelte bereits Arbeitserfahrungen als Chauffeur und hat er es bereits als Minderjähriger geschafft, sich selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich um eine Beschäftigung zu kümmern.

Auch wenn im Länderinformationsblatt die Wirtschaftslage und die Grundversorgung allgemein als schlecht bezeichnet werden (siehe LIB Pkt. 16), gab der Beschwerdeführer zunächst an, ein gutes Leben in Guinea geführt zu haben. Der Vater konnte als Händler den Lebensunterhalt der Familie decken und stand ihnen ein eigenes Haus zur Verfügung. Wie ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer selbst für seinen Unterhalt, wenn auch nur für etwa drei Monate bis zur Ausreise, sorgen. Der Beschwerdeführer ist jung und gesund und stehen keine Hindernisse entgegen, dass er wieder eine solche oder aber auch eine andere Tätigkeit aufnehmen kann.

Aufgrund des Alters und des Gesundheitszustandes ist er auch nicht einer Risikogruppe in Hinblick auf eine Erkrankung mit Covid-19 zuzuordnen und trifft ihn die Pandemie in Guinea nicht anders oder schwerer als in Österreich oder dem Rest der Welt.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Guinea nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Guinea besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Guinea keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Guinea derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Guinea, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 abzuweisen war.

3.3.    Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG 2005. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005, abzuweisen war.

3.4.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1.  Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2.  Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) nicht zu erteilen war, bleibt daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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