Entscheidungsdatum
30.06.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I401 2243788-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 4. Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 25.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und das befristete Einreiseverbot ersatzlos aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger, verließ im Februar 2020 den Herkunftsstaat in die Türkei und gelangte nach kurzen Aufenthalten in verschiedenen (EU-) Ländern illegal nach Österreich. Er stellte am 20.05.2021 den Antrag auf internationalen Schutz, den er bei der Erstbefragung am folgenden Tag mit Angst vor Armut begründete.
Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als Bundesamt bezeichnet) niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen wiederholte er, in Marokko habe er keine Arbeit gehabt und von Gelegenheitsjobs gelebt.
Zur beabsichtigen Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz erklärte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme am 25.05.2021, keine Ergänzungen zu seinen bisher getätigten Angaben machen zu wollen, er habe alles gesagt. Freiwillig werde er nicht in seine Heimat zurückkehren. Es herrsche dort Armut und es gebe keine Rechte.
Mit Bescheid vom 25.05.2021 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko als unbegründet ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.), gewährte gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von zwei Jahre befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 22.06.2021.
Mit Schriftsatz vom 23.06.2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 25.06.2021 eingelangt, legte das Bundesamt die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Voranzustellen ist, dass der Beschwerdeführer gegen die Spruchpunkte II. bis VIII. Beschwerde erhoben hat, hingegen den Spruchpunkt I. betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 unbekämpft ließ. Dieser Spruchpunkt ist daher in Rechtskraft erwachsen.
2. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der 30-jährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Marokko, bekennt sich zum Islam, gehört der sunnitischen Glaubensrichtung und der Volksgruppe der Berber an. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er gehört keiner Covid-19-Risikogruppe an. Die Covid-19-Pandemie steht einer Rückkehr nach Marokko nicht entgegen. Er verfügt über keine Deutschkenntnisse, spricht Arabisch und die Berbersprache.
Er bezog im Zeitraum vom 21.05. bis 08.06.2021 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist seither unbekannten Aufenthalts. Er ging keiner Beschäftigung nach und war in Österreich nicht integriert. Strafgerichtlich ist er unbescholten.
Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben. Er lebte bis zu seiner Ausreise mit der Mutter, einem Bruder und dessen Familie in einem Haus in Aghadir, das in Familienbesitz steht. In Marokko leben außerdem zwei Schwestern. In Österreich hat er keine Verwandten bzw. keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Er besuchte in Marokko eine Grundschule und ging danach Gelegenheitsarbeiten nach. Zuletzt verkaufte er Frauenkleider.
2.2. Zur Lage in Marokko:
2.2.1. Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungswesentlichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko (Stand März 2021) vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, so dass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen anschließt und auch zu den seinen erhebt.
2.3.2. Marokko gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen.
Im gegebenen Zusammenhang werden die folgenden (auszugsweise wiedergegebenen) Informationen (mit den angeführten Quellen) festgestellt:
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 17.03.2021
Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 15.3.2021). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land, dem einzigen in Nordafrika, das auf diese Weise bewertet wird (FD 15.3.2021). In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (FD 15.3.2021), bzw. wird von Reisen abgeraten (AA 15.3.2021).
Die Westsahara darf nur nach Genehmigung durch die marokkanischen Behörden und nur auf genehmigten Strecken bereist werden (FD 15.3.2021). Zusätzlich besteht für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara eine Reisewarnung (AA 15.3.2021; vgl. FD 15.3.2021, BMEIA 15.3.2021).
Trotz erhöhter Sicherheitsmaßnahmen besteht im ganzen Land das Risiko terroristischer Angriffe. Im Dezember 2018 wurden zwei Touristinnen auf einer Wandertour in der Nähe des Mont Toubkal im Atlasgebirge Opfer eines Gewaltverbrechens mit terroristischem Hintergrund (AA 15.3.2021; vgl. EDA 15.3.2021). In Teilen der Sahara und des Sahels besteht das Risiko von Entführungen (EDA 15.3.2021).
Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich (EDA 15.3.2020; vgl. BMEIA 15.3.2021). In der Region Rif kann es zu Übergriffen durch Kriminelle kommen, die in Drogenproduktion und -handel involviert sind (FD 15.3.2021; vgl. BMEIA 15.3.2021; EDA 15.3.2021).
In großen Teilen der Sahara sind bewaffnete Banden und islamistische Terroristen aktiv, die vom Schmuggel und von Entführungen leben. Das Entführungsrisiko ist in einigen Gebieten der Sahara und der Sahelzone hoch und nimmt noch zu. Die Grenze zu Algerien ist seit 1994 geschlossen (EDA 15.3.2021; vgl. AA 15.3.2021).
Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Es wird sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden (EDA 15.3.2021).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.3.2021): Marokko - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 15.3.2021
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres [Österreich] (15.3.2021): Reiseinformation Marokko, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/, Zugriff 15.3.2021
- EDA - Eidgenössisches Departemenet für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (15.3.2021): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/marokko/reisehinweise-marokko.html, Zugriff 15.3.2021
- FD - France Diplomatie [Frankreich] (15.3.2021): Conseils aux Voyageurs - Maroc - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#derniere_nopush, Zugriff 15.3.2021
Grundversorgung
Letzte Änderung: 17.03.2021
Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 31.1.2021).
Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 12.2020c).
Ein gravierendes Problem bildet nach wie vor die Arbeitslosigkeit 2018 (laut IMF bei 9,8%, Dunkelziffer liegt wesentlich höher), vor allem unter der Jugend (ÖB 5.2019). Entwicklungsproblematisch für Marokko ist die Jugendarbeitslosigkeit und der Mangel an Arbeitsplätzen (GIZ 12.2020c).
Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an dritter Stelle. Zur Sicherung des sozialen und politischen Friedens verteilt der Staat Subventionen: Diese wurden in den letzten Jahren allerdings gekürzt, von 5 Mrd. Euro auf voraussichtlich umgerechnet 1,2 Mrd. Euro in 2018. Für das Jahr 2020 wurde eine Erhöhung auf 1,4 Mrd. Euro angekündigt.Derzeit werden Kochgas, Mehl und Zucker subventioniert, seit Corona außerdem nicht medizinische Mund-Nase-Masken. Die Staatsverschuldung nimmt trotz Subventionskürzungen und Privatisierungen zu (GIZ 12.2020c).
Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 5.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2020c): LIPortal - Marokko – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/marokko/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.3.2021
- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 17.03.2021
Politisch verantwortlich für die medizinische Versorgung ist das Gesundheitsministerium. Die meisten Marokkaner müssen für ihre Gesundheit allein vorsorgen. Wer einen formellen Arbeitsvertrag hat, ist zwar offiziell krankenversichert, aber viele Leistungen müssen trotzdem aus eigener Tasche bezahlt werden. Patienten mit geringem Einkommen haben seit 2002 die Möglichkeit, sich im Rahmen der öffentlichen Assurance Maladies Obligatoire (AMO) oder des Gesundheitssystems Régime d'Assistance Médicale (RAMED) behandeln zu lassen (GIZ 12.2020b).
Es gibt ein an die Beschäftigung geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem (CNSS). Seit 2015 können sich unter bestimmten Umständen auch Studierende und sich legal im Land aufhaltende Ausländer versichern lassen. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ zur kostenfreien Behandlung erhalten (AA 31.1.2021).
Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 31.1.2021).
Rund 30.000 Menschen in Marokko sollen mit HIV infiziert sein. Knapp 50% der Infizierten sind weiblich. Prostitutierte und Homosexuelle sind überdurchschnittlich oft betroffen. Damit hat Marokko in der MENA-Region eine Spitzenposition inne (GIZ 10.2020b). Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 31.1.2021).
Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3% der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis („Carte RAMED“), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 5.2019). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 31.1.2021).
Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen 2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 5.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.3.2021): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080, Zugriff 15.3.2021
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2020b): LIPortal - Marokko - Gesellschaft, https://www.liportal.de/marokko/gesellschaft/, Zugriff 15.3.2021
- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf
Rückkehr
Letzte Änderung: 17.03.2021
Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet (AA 31.1.2021).
Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 5.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (31.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko (Stand: Dezember 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2045867/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_im_K%C3%B6nigreich_Marokko_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_31.01.2021.pdf, Zugriff 15.3.2021
- ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (5.2019): Asylländerbericht Marokko, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf
2.4. Zur aktuell vorliegenden Covid-19 Pandemie:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80 % der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie zB Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zudem mit nur geringen Symptomen vergleichbar einer Grippe. Bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre ist die Sterblichkeit sehr gering und liegt unter 1%.
Viele Arbeitnehmer oder Kleinstunternehmer in Marokko haben im Zuge der COVID-19-Pandemie ihre Arbeitsplätze und Einnahmequellen verloren. Der Export ist stark rückläufig, die Tourismuseinnahmen sind eingebrochen. Es gibt Direktzahlungen aus dem staatlichen Krisenfonds an Haushalte, eine Stundung von Krediten, eine Ankündigung zur Unterstützung der Wirtschaft, eine Aussetzung von Steuerprüfungen und von Zöllen auf bestimmte Grundnahrungsmittel. Gemessen am Prozentsatz des BIP steht Marokko bei der Mobilisierung von Ressourcen weltweit an 4. Stelle (ÖB Rabat 5.2020). Für die Dauer der Pandemie wurde eine Art bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt, das auch die im informellen Sektor beschäftigten Menschen erhalten. Die Hilfe kommt 4,3 Millionen Menschen zugute (i.d.R. werden die Familienoberhäupter gezählt) (Focus 6.7.2020).
In Österreich gibt es mit Stand 29.06.2021 14:02 Uhr insgesamt aktuell 6.458 aktive Fälle und 10.479 gemeldete Todesfälle (https://covid19-dashboard.ages.at/, Zugriff 30.06.2021).
Marokko hat mit Stand 30.06.2021 13:45 Uhr insgesamt 530.585 bestätigte Fälle und 9.292 Todesfälle zu verzeichnen (https://news.google.com/covid19/map?hl=de&mid=%2Fm%2F04wgh&gl=AT&ceid=AT%3Ade, Zugriff 30.06.2021).
In Relation zur Einwohnerzahl (von mehr als 36 Millionen) liegt die Infektions- sowie die Sterberate in Marokko somit prozentual noch deutlich unter jener von Österreich.
3. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes.
3.1. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage unbedenklicher nationaler Identitätsdokumente bzw. sonstiger Bescheinigungsmittel konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.
Die Feststellungen zur Herkunft und zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt (Protokolle vom 21.05.2021 und 25.05.2021). Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Auch in der erhobenen Beschwerde wird nichts Gegenteiliges behauptet.
Die Angaben zu seinen Familienangehörigen in Marokko, seinen dortigen Lebensumständen, der Schulbildung und beruflichen Tätigkeiten können auf seine gleichbleibenden Aussagen bei der Erstbefragung und vor dem Bundesamt gestützt werden.
Aus aktuellen Auszügen aus dem ZMR, dem IZR, dem Betreuungsinformationssystem, dem Strafregister und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ergeben sich die Feststellung zur Erwerbslosigkeit, mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit, dem Bezug staatlicher Leistungen, dem unbekannten Aufenthalt und der Unbescholtenheit. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, gab er selbst vor dem Bundesamt an und verneinte er auch integrative Schritte (AS 64 f). Das Fehlen erheblicher Integrationsschritte in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Sicht ist auch auf den nur sehr kurzen Aufenthalt zurückzuführen.
Die mangelnden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers fußen auf seiner Aussage, nur Arabisch und die Berbersprache zu beherrschen (AS 65).
Es wurde von ihm auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substantiierter Weise erstattet. Es liegen keine widerstreitenden oder sonst strittigen Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit der Feststellung des relevanten und oben dargestellten Sachverhaltes vor.
3.2. Angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie ergeben sich keine Rückführungshindernisse in Bezug auf den Beschwerdeführer, zumal er jung und gesund ist. Damit gehört er keiner Covid-19-Risikogruppe an. Dass er derzeit an einer COVID-19-Infektion leidet oder im Hinblick auf eine etwaige Vorerkrankung zu einer vulnerablen Personengruppe gehören würde, brachte er nicht vor. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zudem mit nur geringen Symptomen. Bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre, ist die Sterblichkeit sehr gering und liegt bei unter 1 %. Auch ist die Situation im marokkanischen Gesundheitsbereich unter Kontrolle, es existiert kein Wasser- oder Nahrungsmittelengpass und wurde für die Dauer der Pandemie zudem eine Art bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt. Es fehlt daher auch vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie fallgegenständlich an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Art. 3 EMRK.
Mit der die in der Beschwerde dargelegten Behauptung, bei einer Rückkehr in sein Heimatland habe er keine Aussicht, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und geriete daher in eine aussichtslose und existenzbedrohende Lage, machte der Beschwerdeführer keine reale Gefahr der Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK geschützten Rechte geltend, sondern nahm auf die bestehende prekäre wirtschaftliche Situation, insbesondere auf die allgemeine Arbeitsmarktlage, in Marokko Bezug. Dass aufgrund der Covid-19-Pandemie jeder nach Marokko Zurückkehrende in seinem Leben und seiner Existenz bedroht ist, kann auch dem Bericht der Staatendokumentation nicht entnommen werden.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch schon das Bundesamt - zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Marokko einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Auch ist er angesichts der weitgehend stabilen Sicherheitslage nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht und ist seine Wohngelegenheit bei seiner Familie in einem eigenen Haus ebenso gegeben.
3.3. Zum Herkunftsstaat:
Marokko gilt nach der Herkunftsstaaten-Verordnung, in der Fassung BGBl. II Nr. 130/2018, als „sicherer Herkunftsstaat“ (vgl. § 1 Z 9 leg. cit.). Der Beschwerdeführer bestreitet dies zwar ganz allgemein in seiner Beschwerde, bringt aber nicht vor, inwiefern er Marokko für unsicher hält.
Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren bzw. in der erhobenen Beschwerde auch nicht substantiiert entgegen. Mit der allgemein gehaltenen Aussage, es gebe keine Rechte in Marokko und die Arbeitslosigkeit stelle in Marokko ein gravierendes Problem dar und der Bevölkerungszuwachs in der aktiven Altersgruppe sei deutlich höher als die Schaffung neuer Arbeitsplätze, wobei die reale Arbeitslosenquote, insbesondere bei Jugendlichen (der Beschwerdeführer ist ca. 30 Jahre alt), deutlich über den offiziell angegebenen ca. 10 % liege, zeigt er nicht substantiiert auf, weshalb die herangezogenen Länderfeststellungen nicht den Tatsachen entsprächen.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der gegenständlichen Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen.
4. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
4.1. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten:
4.2.1. Rechtslage:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (VwGH 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
4.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Bei Marokko handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat. Es führt eine Rückkehr nach Marokko nicht automatisch dazu, dass eine Person in eine unmenschliche Lage bzw. eine Notlage geraten würde und ihre in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte verletzt würden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend, um subsidiären Schutz zu gewähren (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174). Vielmehr ist zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 10.03.2021, Ra 2021/19/0060).
Derartige Umstände wurden seitens des Beschwerdeführers nicht dargelegt und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Sein Vorbringen in der Beschwerde und vor dem Bundesamt, die Arbeitslosigkeit in Marokko stelle ein gravierendes Problem dar, er müsse von Gelegenheitsjobs leben und es gebe keine staatlichen und sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer blieb allgemein gehalten und unsubstantiiert. Einen beachtenswerten Umstand mit Bezug auf seine Person brachte er nicht vor. Er ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er war in Marokko berufstätig und gab selbst an, Gelegenheitsarbeiten verrichtet zu haben. Überdies hat er auch einen in Marokko lebenden Bruder, der ihn hin und wieder unterstützte (AS 65), der ihm im Fall seiner Rückkehr - zumindest vorübergehend - wieder helfen könnte. Außerdem lebte er bis zur Ausreise mit seiner Mutter und seinem Bruder und dessen Familie im Haus der Familie, sodass eine Unterkunft gegeben ist und er in einem Familienverband Rückhalt findet.
Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse im Hinblick auf den Beschwerdeführer, zumal er - wie bereits ausgeführt - jung und gesund und damit keiner „Covid-19-Risikogruppe“ angehört. Die Sicherung der existentiellen Grundbedürfnisse ist im Fall seiner Rückführung, auch wenn Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gesetzt wurden und sich die wirtschaftlichen Aussichten als schwieriger als vor Beginn dieser Maßnahmen erweisen sollten, weiterhin als gegeben anzunehmen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.
4.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005:
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (offenbar gemeint: eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
4.4. Zur Rückkehrentscheidung:
4.4.1. Rechtslage:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
4.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:
Zu prüfen ist, ob die vom Bundesamt verfügte Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich sowie auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten.
Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet; VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war) und des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (vgl. etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts des lediglich etwa einmonatigen Inlandsaufenthaltes des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes das Interesse an der Achtung seines Privat- und Familienlebens überwiegt.
Es liegen auch keine Aspekte einer außerordentlichen Integration des Beschwerdeführers vor; er spricht nicht Deutsch und ging im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach.
Auch seine strafgerichtliche Unbescholtenheit stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Stärkung seiner persönlichen Interessen dar (vgl. VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, seiner fehlenden Integration sowie des Umstandes, dass er in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall des jungen und gesunden Beschwerdeführers nicht vor.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. als unbegründet abzuweisen.
4.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung:
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig ist.
Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu zuletzt VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399 mwN).
In Marokko besteht derzeit auch keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht. Der Beschwerdeführer gehört auch keiner Covid-19-Risikogruppe an.
Der Beschwerdeführer erstattete in der Beschwerde kein Vorbringen, welches eine Verletzung der Art. 2 und Art. 3 EMRK nahelegen würde, und dafür, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikels 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Er ging in Marokko in die Schule und sammelte Berufserfahrung am Arbeitsmarkt und verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
4.6. Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgte seitens des Bundesamtes gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG, da der Beschwerdeführer aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme.
Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus Marokko, was gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat gilt.
Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Im angefochtenen Bescheid wurde entsprechend festgestellt, dass aufgrund der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt II. die Entscheidung gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Wie oben festgestellt stehen auch keine privaten Interessen einer Außerlandesbringung entgegen und wurden keine Gründe geltend gemacht, die gegen eine sofortige Vollstreckung der Entscheidung im Sinne des Art. 2 oder 3 EMRK sprechen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Spruchpunktes VI. und VII. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
4.7. Zum Einreiseverbot:
4.7.1. Rechtslage:
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
4.7.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:
Im konkreten Fall erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 6 FPG ein Einreiseverbot und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen, und ein missbräuchlich und unbegründet gestellter Asylantrag vorliege.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Fremden eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH Ra 2016/21/0289).
Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt stellt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Der Verwaltungsgerichtshof hielt dazu in seiner Entscheidung vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0207, fest: „Mit dem FNG-Anpassungsgesetz 2014 wurde die Anordnung, dass mit einer Rückkehrentscheidung stets ein Einreiseverbot einherzugehen hat, eliminiert; außerdem wurde die 18-monatige Mindestdauer eines Einreiseverbotes beseitigt. Ausschlaggebend dafür waren gemäß den ErläutRV (2144 BlgNR 24. GP 23 f) die Überlegungen in den E vom 15. Dezember 2011, 2011/21/0237, und vom 15. Mai 2012, 2012/18/0029. Nach dieser Judikatur stellt jedenfalls der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen, eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten - mag sie auch häufig gerechtfertigt sein - in jedem Fall wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat, jedoch nicht gerecht. Letztere - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung steht daher § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 insoweit entgegen, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FrPolG 2005 keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist. Immer dann, wenn auf Grund des die öffentliche Ordnung (oder Sicherheit) bloß geringfügig beeinträchtigenden Fehlverhaltens des Drittstaatsangehörigen die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten nicht gerechtfertigt ist, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen.“
Der Beschwerdeführer hielt sich bis zum 08.06.2021 in Österreich auf und ist seither unbekannten Aufenthaltes. Er war somit nur ca. drei Wochen sicher im Bundesgebiet. Damit stellt der kurzfristige (letztlich unrechtmäßige) Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Damit war die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren - nach Ansicht des Bundesamtes habe der Beschwerdeführer den Asylantrag missbräuchlich gestellt - nicht gerechtfertigt.
Das Bundesamt hat sich zu Recht auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers im Sinn des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestützt. Im konkreten Fall stellt der unterbliebene Nachweis des Beschwerdeführers betreffend den Besitz ausreichender Mittel zur Bestreitung seines Unterhalts angesichts des äußerst kurzen Aufenthaltes lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Der Beschwerdeführer ist während seines Aufenthaltes weder strafgerichtlich in Erscheinung getreten, noch wurde er wegen Verwaltungsübertretungen bestraft.
Da gegenständlich von einer relativ geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auszugehen ist, war ausnahmsweise von der Erlassung eines Einreiseverbots gegenüber dem Beschwerdeführer Abstand zu nehmen.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. war sohin stattzugeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.
5. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch das Bundesamt vollständig erhoben und weist - angesichts des Umstandes, dass zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der gegenständlichen Entscheidung lediglich sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Sachverhalt ist durch das Bundesamt vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Dessen Beweiswürdigung hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen und das Beschwerdevorbringen blieb unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert sieben Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall - wie oben dargelegt - aber nicht gegeben. Zudem ist der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers unbekannt, er verfügt über keine ladungsfähige Adresse.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B) - (Un-) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung betreffend die Nichtgewährung internationalen Schutzes bei geltend gemachten wirtschaftlichen Motiven für das Verlassen des Heimatstaates, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung Angemessenheit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Teilbehebung freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Kassation Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I401.2243788.1.00Im RIS seit
14.09.2021Zuletzt aktualisiert am
14.09.2021