TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/6 I421 2243824-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §127
StGB §128 Abs1
StGB §129
StGB §130
StGB §241e
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2243824-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Tschechische Republik, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 06.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird insofern stattgegeben, als die Dauer des befristeten Aufenthaltsverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit Schreiben vom 15.01.2021 wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) über das Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verständigt. Gleichzeitig wurde ihr eine siebentägige Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt, wobei die BF diese ungenützt verstreichen ließ.

2.       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.05.2021, Zl. XXXX , wurde gegen die BF ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

3.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch die BF rechtzeitig mit 15.06.2021 datierte, eingelangt beim BFA am 21.06.2021, erhobene Beschwerde. Im Wesentlichen führte sie darin aus, dass sie nicht als krimineller Tourist nach Österreich gereist sei, um eine Straftat zu begehen, sondern der Aufenthalt in Österreich dem Studium und der Ausbildung diene. Als Nachweis bringe sie eine E-Mail-Kommunikation mit der Deutsch Akademie Sprachschule GmbH. Zudem sei ihr Partner in Österreich, der ein Verbrechen begangen habe, für das sie bestraft worden sei. Aufgrund des Interesses, die Sprache in der Schule zu lernen, und dem sozialen Kontakt zu ihrem Freund, der in XXXX sei, bitte die BF um Rücksichtnahme. Die BF möchte ihr Leben in Österreich fortsetzen und einen Job finden und dass die Entscheidung aufgrund der Beschwerde für nichtig erklärt werde und eine neue Entscheidung in der geänderten Fassung ergehe, nämlich die Aufhebung der vorübergehenden Aussetzung in der Dauer von 5 Jahren im Bundesgebiet Österreich.

4.       Am 24.06.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, am 29.06.2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die volljährige, ledige BF ist Staatsangehörige der Tschechischen Republik und in Kladno geboren. Die BF ist somit EWR-Bürgerin im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG idgF.

Ihre Identität steht fest. Die Muttersprache der BF ist die tschechische Sprache, zudem verfügt sie über Deutschkenntnisse.

Der Zeitpunkt der Einreise der BF in das österreichische Bundesgebiet ist nicht feststellbar.

Die BF war in Österreich vom 09.01.2021 bis zum 14.04.2021 in der Justizanstalt XXXX melderechtlich erfasst. Vor ihrer Haft war sie in der XXXX aufhältig. Derzeit hält sie sich auf der Adresse XXXX auf. Die BF verfügt über kein verfestigtes Leben in Österreich und über keine persönlichen Bindungen.

Die BF ist Metamphetamin abhängig, ansonsten ist sie gesund und arbeitsfähig. In Österreich hat sie sich für einen Deutschkurs auf der Deutschakademie Sprachmodule GmbH interessiert und wurde ihr ein Kursplatz für den Februar 2021 reserviert. Im Bundesgebiet ist sie keiner Beschäftigung nachgegangen und hat keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung bezogen.

In Österreich verfügt die BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Maßgebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration der BF in Österreich in beruflicher und sozialer Hinsicht waren nicht festzustellen.

Der Strafregisterauszug der BF weist folgende Verurteilung auf:

01) LG XXXX vom 14.04.2021 RK 14.04.2021

§§ 127, 128 (1) Z 5, 129 (1), 130 (1) 1. Fall, 130 (1) 2. Fall, 130 (2) StGB § 15 StGB

§ 241e (3) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.12.2020

Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX 14.04.2021

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 14.04.2021

LG XXXX vom 20.04.2021

Dabei wurde die BF schuldig befunden, sie habe

A) mit XXXX und der abgesondert verfolgten XXXX und XXXX im Oktober 2020 als Mitglied eine kriminelle Vereinigung gegründet, nämlich ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen , die darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung ein oder mehrere Diebstähle ausgeführt werden und als solche gewerbsmäßig im Sinne des § 70 StGB in folgend angeführter Zusammensetzungen die nachgenannten Taten begangen haben, nämlich anderen Personen fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von EUR 39.123,00 durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, und zwar

5.) XXXX und die BF in der Zeit von 29.12.2020 bis 30.12.2020 in Wien Verfügungsberechtigten der XXXX Bargeld und bereits ausgelöste Gutscheine zur Rückerstattung an XXXX im Gesamtwert von EUR 3.573,55 weggenommen, indem Maria HREBEN die Zugangstüre zum Bürokomplex gewaltsam aufbrach, während die BF im Tatfahrzeug vis a vis Aufpasserdienste leistete;

9.) XXXX mit dem abgesondert verfolgten XXXX und mit XXXX und der BF in der Zeit von 21.12.2020 bis 22.12.2020 in Wien Verfügungsberechtigten der XXXX einen Tresor mit Bargeld, Elektronikartikeln und anderen Wertsachen aus dem Objekt im Gesamtwert von EUR 8.196,00.

Weiters haben

A)       nachgenannte Personen ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht oder nicht alleine verfügen dürfen, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, und zwar

1.)       XXXX , die BF und der abgesondert verfolgte XXXX zwischen 21.12.2020 und 22.12.2020 in Wien die Bankomatkarte des XXXX ;

Demnach wurde die BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen des Verbrechens des teilweise versuchten, teilweise vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teilweise durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 und 15 StGB und wegen dem Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von neun Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung wurde das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die Vorstrafen als erschwerend, ihr teilweises Geständnis hinsichtlich der Mittäter- bzw. Beitragstäterschaft bei Einbruchsdiebstählen sowie die Suchtgiftabhängigkeit als mildernd berücksichtigt.

In Tschechien weist die BF eine Verurteilung vom 16.09.2020, rechtskräftig am 22.10.2020, wegen dem unerlaubten Konsum von Drogen und ihr Erwerb, Besitz, Gewinnung oder Herstellung von Drogen, die ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind, auf und wurde sie dafür für gemeinnützige Leistungen oder Arbeit im Ausmaß von 100 Stunden verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Zum Sachverhalt:

Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt, den Angaben in ihrer Beschwerde sowie den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister, im Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister, dem Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) und einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem AJ-WEB.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Zudem ist ihre Identität im Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister auch durch ihren tschechischen Personalausweis (Nummer XXXX ) bestätigt worden.

Die Feststellung zum Familienstand „ledig“ ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu ihrer Person und dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Die Angaben hinsichtlich der melderechtlichen Erfassung der BF konnten aufgrund eines aktuellen Auszuges aus dem Melderegister getroffen werden. Dass sich die BF vor ihrer Festnahme in XXXX aufhielt, war den kriminalpolizeilichen Erhebungen sowie dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen. Die Adresse des derzeitigen Aufenthaltes der BF in der Tschechischen Republik war auf ihrem Beschwerdeschriftsatz ersichtlich und wurde auch bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt und von ihr nicht bestritten.

Die Feststellung zum Metamphetamin-Missbrauch war dem Polizeiamtsärztlichem Gutachten zu entnehmen (AS 11), die Feststellung zum Gesundheitszustand wird durch ihre Haftfähigkeit indiziert und wurde auch nichts Gegenteiliges im gesamten Akt ersichtlich. Daraus lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit der BF schließen, welche weiters im erwerbsfähigen Alter der BF begründet liegt.

Die Feststellung zu den fehlenden maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen der BF im Bundesgebiet wurde bereits im angefochtenem Bescheid getroffen und ist auch dem erst kurzen Aufenthalt der BF im Bundesgebiet geschuldet. Am Fehlen von maßgeblichen privaten Bindungen änderten auch folgende Ausführungen der BF im Beschwerdeschriftsatz nichts: „Die Tatsache, dass mein Partner, auch in die Republik Österreich der ein Verbrechen begangen hat drogenabhängig war. Deshalb hat er ein Verbrech, für das ich bestraft wurde. Aufgrund des Interesses, die Sprache in der Schule zu lernen, soziale Kontakte zu meinem Freund, der in XXXX „geschlossen“ ist, bitte ich um Rücksichtnahme.“

Die Feststellung zu ihrer fehlenden Beschäftigung im Bundesgebiet wurde bereits im angefochtenen Bescheid getroffen und von der BF nicht bestritten. Zudem konnte auch im AJ-WEB Auszug keine Eintragung gefunden werden. Dass sie keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus dem vorliegenden Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Da die BF in Österreich keiner Beschäftigung nachging, war auch keine Integration der BF am Arbeitsmarkt festzustellen. Eine maßgebliche Integration in sozialer Hinsicht scheitert an der Verurteilung der BF in Zusammenhang mit Vermögensdelikten, wobei die diesbezüglichen Details ihrer Verurteilung samt Milderungs- und Erschwernisgründe dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 2021 zu XXXX und den kriminalpolizeilichen Erhebungen zu entnehmen waren. Es gilt darauf hinzuweisen, dass in den Feststellungen nur die für den vorliegenden Fall relevanten Taten des Strafurteils in der jeweiligen Zusammensetzung ausgeführt wurden, welche auch die BF begangen hat.

Aus der von der BF vorgelegten E-Mail-Kommunikation vom 04.01.2021 und 05.01.2021 konnte nachgewiesen werden, dass sich die BF für einen Deutschkurs auf der Deutschakademie Sprachschule GmbH in Wien interessiert hat und ein Kursplatz mit Startdatum 08.02.2021 für die BF reserviert wurde (AS 65 ff). Aufgrund dem von der BF handschriftlich, in deutscher Sprache verfassten Beschwerdeschriftsatz war auf ihre Deutschkenntnisse zu schließen. Den Angaben der BF im Beschwerdeschriftsatz, dass der Zweck der Reise nach Österreich der Besuch einer Ausbildung oder eines Studiums gewesen sei, steht ihr rasches straffälliges Verhalten gegenüber. Die E-Mail-Kommunikation vermag zwar ihr Interesse an der Sprache Deutsch belegen, jedoch wird dies vor dem Hintergrund der strafgerichtlichen Verurteilung in Österreich maßgeblich relativiert.

Auch wurde amtswegig mit 28.06.2021 ein Strafregisterauszug zur Person der BF eingeholt. Die getroffenen Feststellungen zur Vorstrafe der BF in Tschechien gründen auf der eingeholten ECRIS-Auskunft.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 8 FPG gilt als EWR-Bürger ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Aufgrund der tschechischen Staatsangehörigkeit ist die BF EWR-Bürgerin und folglich Fremde iSd. soeben angeführten Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt A):

3.1.    Zur Verhängung eines Aufenthaltsverbots (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1   Rechtslage

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF lautet:

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) […]

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet wie folgt:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Da die BF aufgrund ihrer tschechischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt und die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist und die BF auch kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat, kommt für sie der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Daher ist gegen die BF die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch ihren Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Es konnte nicht festgestellt werden, wann die BF erstmals in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, jedenfalls wurde die BF am 08.01.2021 im Bundesgebiet festgenommen und im Anschluss in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Aus dem Strafurteil zu XXXX ist ersichtlich, dass die BF gemeinsam mit den Mittätern die strafbaren Handlungen von Oktober 2020 bis Jänner 2021 verübt hat.

Demnach wurde die BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX wegen des Verbrechens des teilweise versuchten, teilweise vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, teilweise durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 und 15 StGB und wegen dem Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von neun Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe hat die BF bereits verbüßt.

Aufgrund dieser strafgerichtlichen Verurteilung der BF ist die Erfüllung des Gefährdungsmaßstabes zweifelsfrei zu bejahen, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.).

Nach der Rechtsprechung ist bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305).

Aber auch nach Würdigung des während ihres bisherigen Aufenthaltes durch ihr persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose kommt das erkennende Gericht zur Überzeugung, dass von der BF permanent eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Aufenthaltsverbot dem Grunde nach zu rechtfertigen vermag.

Hinsichtlich ihrer strafrechtlichen Verurteilung weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die höchstzulässige Freiheitsstrafe bei einem gewerbsmäßigen Diebstahl nach § 130 Abs. 2 StGB beträgt fünf Jahre und wurde die BF mit Strafrechtsurteil zu XXXX vom 14.04.2021 nur zu einer einjährigen Freiheitsstrafe, davon neun Monate bedingt, verurteilt.

Bei der Strafbemessung hatte offensichtlich das teilweises Geständnis der Mittäter- bzw. Beitragstäterschaft bei den Einbruchsdiebstählen der BF mehr Gewicht als das Zusammentreffen mehrerer Handlungen und ihre Vorstrafe in Tschechien.

Fest steht, dass die BF die strafbaren Handlungen in unrechtmäßiger Bereicherungsabsicht begangen hatte, die BF deshalb zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, davon neun Monate bedingt verurteilt wurde und sich von 09.01.2021 bis zum 14.04.2021 in Strafhaft befand.

Im Hinblick auf die zeitliche Komponente ist anzumerken, dass die BF ihr delinquentes Fehlverhalten bereits kurze Zeit nach ihrer erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet setzte. Der BF wäre es offen gestanden bereits nach ihrer strafrechtlichen Handlung in Tschechien von einem weiteren Fehlverhalten Abstand zu nehmen. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern setzt ihr straffälliges Verhalten in Österreich fort und hat dadurch ihre Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung deutlich zum Ausdruck gebracht.

Im Hinblick auf ihr Persönlichkeitsbild ist ausführen, dass die BF die - wenn auch kurze - Zeit in Österreich weder für eine Erwerbstätigkeit oder ein Studium genützt hat noch sich einen ordentlichen Wohnsitz geschaffen hat. Im Gegenteil, vielmehr hat sich die BF nicht davor gescheut die zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes notwendigen finanziellen Mittel durch Begehung von Vermögensdelikten einzuholen.

Ebenso liegen ihrer Verurteilung das Zusammentreffen eines Verbrechens und eines Vergehens zu Grunde, die über einen kurzen Tatzeitraum (Oktober 2020 bis Jänner 2021) gesetzt wurden, aber dennoch aufgrund ihrer zeitlich komprimierten Staffelung und der gewerbsmäßigen Begehung eine erhöhte Gravität aufweisen.

Das Verhalten der BF lässt erkennen, dass die BF aufgrund ihrer Verurteilung nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Aufgrund der finanziellen Lage der BF und des Umstandes, dass ihre Verurteilung erst zwei Monate zurückliegt, kann eine Rückfälligkeit in strafrechtliches Verhalten seitens der BF nicht ausgeschlossen werden.

In einer Gesamtschau des Verhaltens der BF kommt auch das erkennende Gericht zum Schluss, dass von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung durch die BF auszugehen ist.

Überdies bleibt festzuhalten, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276 mit Hinweis auf VwGH 22.05.2014, Ra 2014/21/0014). Im gegenständlichen Fall befand sich die BF bis zum 14.04.2021 in Strafhaft und ist die Probezeit des bedingt nachgesehenen Teils der Freiheitsstrafe noch nicht abgelaufen, weshalb zu wenig Zeit seit der Tathandlung verstrichen ist, um der BF einen positiven Gesinnungswandel zu attestieren. Vielmehr lässt sich aufgrund des Umstandes, dass die BF bereits in Tschechien eine Vorstrafe aufweist, für den erkennenden Richter schon deshalb kein positiver Gesinnungswandel der BF erkennen und ist eine positive Zukunftsprognose auszuschließen.

Im persönlichen Verhalten der BF ist entsprechend den obigen Ausführungen jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu erblicken, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dabei verkennt der erkennende Richter das teilweise Geständnis sowie die Suchtmittelabhängigkeit der BF nicht, jedoch haben auch die dargelegten Erschwernisgründe ihre Berücksichtigung zu erfahren.

Weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist, dass ein damit verbundener Eingriff in das Familien- und Privatleben verhältnismäßig sein muss, wobei eine Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmen ist.

Neben den privaten Interessen ist bei der Einschätzung des persönlichen Interesses auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 05.10.2020, Ra 2020/19/0330 mit Hinweis auf VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247, mwN). Der Begriff des Familienlebens in Art 8 EMRK umfasst jedenfalls die Beziehung von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten und schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art 8 Abs 1 MRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152 mit Verweis auf VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

Gegenständlich stehen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch keine besonderen privaten Interessen der BF entgegen. Die BF war außer im Zeitraum der Verbüßung ihrer Haft zu keiner Zeit im österreichischen Bundesgebiet melderechtlich erfasst und hält sich nach Haftentlassung wieder in der Tschechischen Republik auf. Die BF hat in Österreich nie eine Anmeldebescheinigung beantragt. Dass sie mit der Deutschakademie Sprachschule GmbH in Wien per E-Mail in Kontakt getreten ist und ihr dabei ein Kursplatz reserviert worden ist, stellt keine maßgebliche Integrationsbemühung dar. Eine anderweitige Integration der BF war nicht erkennbar, im Gegenteil, spricht die strafrechtliche Verurteilung zu einer einjährigen Freiheitsstrafe, mit einem bedingten Teil von neun Monaten, dagegen.

Die BF hat die Gelegenheit, in der Stellungnahme anderes zu erklären, ungenützt gelassen und im Beschwerdeschriftsatz lediglich vorgebracht, dass ihr Freund, der auch straffällig geworden sei, in Österreich lebe. Die BF verfügt in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über andere maßgebliche private oder familiäre Anknüpfungspunkte. Der Lebensmittelpunkt der BF liegt nach wie vor in Tschechien. Wie die belangte Behörde ausführt, sind die Bindungen der BF zu ihrem Herkunftsstaat als wesentlich höher zu werten als jene zu Österreich. Einem Aufenthaltsverbot entgegenstehende private Interessen der BF waren somit nicht erkennbar.

In Anbetracht dessen wird daher ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der BF als gerechtfertigt und grundsätzlich verhältnismäßig erachtet und ist der belangten Behörde damit im Ergebnis zuzustimmen, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung die persönlichen Interessen der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.

Auch ist jedenfalls davon auszugehen, dass die BF in der Tschechische Republik nicht auf unüberwindliche Probleme stoßen wird und es ihr gelingen wird, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und damit ihren Lebensunterhalt zu sichern, zumal sie sich bereits in Tschechien aufhält und muttersprachlich Tschechisch spricht.

Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, ist auszuführen, dass nach § 67 Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer bis zu höchstens zehn Jahren als zulässig erachtet wird.

Ohne ihr kriminelles Verhalten verharmlosen zu wollen, erweist sich die ausgesprochene Dauer des Aufenthaltsverbotes von fünf Jahren als unverhältnismäßig lange. So hat das erkennende Gericht bei der Beurteilung der Dauer auch auf die Strafhöhe und das verletzte Rechtsgut Bedacht genommen. In diesem Zusammenhang bleibt jedenfalls zu berücksichtigen, dass gegen die BF lediglich eine unbedingte Freiheitsstrafe von 3 Monaten und eine bedingte Freiheitstrafe von 9 Monaten ausgesprochen wurde und der Strafrahmen iSd § 130 Abs 2 StGB bis zu fünf Jahren bei weitem nicht ausgeschöpft wurde.

Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die BF im strafrechtlichen Sinn wie ihre Mittäter zu bestrafen war, bei der Prüfung der Dauer des Aufenthaltsverbotes jedoch berücksichtigt werden muss, dass die BF neben dem Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel – wie unter Punkt II. 1. ersichtlich - nur bei zwei der einundzwanzig im Strafurteil genannten Taten tatsächlich beteiligt war.

Weiters wurde darauf Bedacht genommen, dass es sich hierbei um die erste strafrechtliche Verurteilung der BF in Österreich gehandelt hat und der BF keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts, anzulasten sind.

Somit war das Aufenthaltsverbot auf die Dauer von drei Jahren zu reduzieren. Die vom erkennenden Gericht gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes ist ausreichend, um der von ihr ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und sie zu einem Umdenken hin zu einem rechtskonformen Verhalten zu veranlassen. Von einer weiteren Reduzierung wurde abgesehen, zum einen weil die BF nach ihrer ersten Vorstrafe in Tschechien erneut in Österreich straffällig wurde, zum anderen weil aufgrund der vorsätzlichen Begehung der Straftaten jedenfalls von einer kriminellen Energie der BF auszugehen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Während dieser Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots wird es der BF möglich sein, ihren Gesinnungswandel durch die Vermeidung eines Rückfalls zu untermauern. Diese Dauer ist ausreichend, aber auch notwendig, um eine nachhaltige Änderung ihres Verhaltens und ihrer Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken.

3.2.    Zum Nichterteilen eines Durchsetzungsaufschubs und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Dafür genügt es nicht, auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat. Dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich gewesen sind. Dies gilt sinngemäß auch für die unter den (im Wesentlichen) inhaltsgleichen Voraussetzungen gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG 2014 mögliche Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf die Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot. Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG 2005 hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung des Fremden schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – erforderlich ist (VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, erweist sich die sofortige Ausreise der BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich, dies aufgrund des an den Tag gelegten Gesamtverhaltens der BF.

Vor dem Hintergrund, dass sich die BF durch die Ausübung der gewerbsmäßigen Diebstähle vorsätzlich unrechtmäßig bereichern wollte und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht und die BF ihr delinquentes Fehlverhalten bereits kurze Zeit nach ihrer erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet setzte, stehen der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen.

Eine sofortige Ausreise erscheint daher vor diesem Hintergrund im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls notwendig.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist vor diesem Hintergrund korrekturbedürftig, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG

Zweifellos kommt bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Jedoch ist daraus aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052 mit Hinweis auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Von der Durchführung einer Verhandlung kann dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt scheint (VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116 mit Hinweis auf VwGH 10.8.2017, Ra 2016/20/0105, 0106, mwN). Dabei steht die Regelung des § 21 Abs. 7 BFA-VG auch mit Art 47 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) im Einklang (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316).

Gegenständlich wurde der maßgebende Sachverhalt bereits seitens der belangten Behörde insbesondere in Hinblick auf die wesentlichen Feststellungen zu den von der BF in Österreich begangenen strafbaren Handlungen ermittelt, zudem auch die entsprechenden Feststellungen zum Privat- und Familienleben der BF im Bundesgebiet getroffen.

Darüber hinaus haben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente ergeben, zumal die BF darin nur ausführt, dass sie nicht nach Österreich gereist sei, um eine Straftat zu begehen, sondern um zu studieren und sie die Sprache lernen und soziale Kontakte zu einem Freund in XXXX habe möchte. Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, wird vom erkennenden Richter gegenständlich nicht als zielführend erachtet, zumal keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vorliegen und auch keine Beweise aufzunehmen sind (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/21/0179. Es konnte daher aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Festzuhalten ist, dass die BF die ihr vom BFA eingeräumte Möglichkeit, zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme schriftlich Stellung zu nehmen, ungenützt gelassen hat.

Unter den gegenständlichen Umständen hätte, selbst wenn der erkennende Richter sich einen positiven persönlichen Eindruck von der BF verschafft hätte, kein günstigeres Ergebnis abgeleitet werden können (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2243824.1.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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