TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/6 I419 2243972-1

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Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I419 2243972-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , StA. ALGERIEN, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III des bekämpften Bescheids zu lauten hat: „Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 14.06.2021 illegal ein und beantragte internationalen Schutz.

2. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend die Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Algerien als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II), wobei es dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ erteilte, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erließ und feststellte, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkte III bis V). Ferner sprach es aus, es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI), und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII). Zugleich verhängte das BFA wider ihn ein Einreiseverbot für zwei Jahre (Spruchpunkt VIII).

3. Die Beschwerde richtet sich der Anfechtungserklärung nach gegen die Spruchpunkte II bis VII, nach dem Inhalt auch gegen Spruchpunkt VIII. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer würde wegen der ungemein schlechten wirtschaftlichen Lage im Herkunftsstaat, die durch die Pandemie verschärft werde, keine Aussicht haben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und deswegen in eine aussichtslose Lage geraten. Die Länderfeststellungen entsprächen nicht der tatsächlichen Situation im Herkunftsstaat, sodass ihm zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren sei.

Die Länderfeststellungen würden aber die Befürchtungen des Beschwerdeführers bestätigen, dass er sich und seine Familie im Herkunftsstaat bei einer Rückkehr nicht versorgen können und in eine finanzielle Notlage geraten würde.

Das Einreiseverbot sei unbegründet, weil darin, dass der Beschwerdeführer internationalen Schutz beantragt habe, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit liege, und dieser auch bestreite, dass Algerien ein sicherer Herkunftsstaat sei. Da ihm nach einer Abschiebung dorthin unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinn der Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC bevorstehe, lägen auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Ende 20, ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien, Moslem und Araber. Er spricht Arabisch als Muttersprache, wurde Azzaba in der Provinz Skikda geboren und hat bis zur Ausreise dort gelebt, zuletzt zusammen mit seiner Mutter und drei Brüdern. Er besuchte 7 Jahre die Schule, hat Schmied gelernt, besitzt einen LKW-Führerschein und hat Berufserfahrung als Bäcker sowie Schmied.

In der Herkunftsstadt leben seine Mutter, Hausfrau und Mitte 60, sowie seine Brüder, Mitte 30, Mitte 20 und ca. 18, die von Gelegenheitsarbeiten leben, und seine Schwester, Ende 30. Der Vater ist nach Angaben des Beschwerdeführers verstorben. Mit seiner Mutter ist der Beschwerdeführer in Kontakt.

Anfang Oktober 2019 zog er mit einem etwa vierwöchigen Zwischenaufenthalt in der Türkei nach Bosnien-Herzegowina, wo er rund 16 Monate lebte, ausgenommen während ca. zwei Monaten, die er im Sommer 2020 in Serbien verbrachte. Im zweiten Quartal 2021 brach er wieder auf und reiste illegal nach Ungarn sowie weiter nach Österreich. Seine Reise finanzierte er mit seinem Ersparten.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren Krankheit, nimmt keine Medikamente, ist arbeitsfähig und spricht kein Deutsch. In Österreich und sonst in Europa hat er keine Verwandten. Nach Einbringung der Beschwerde tauchte er unter. Er lebte von Grundversorgung, hatte im Inland keine privaten Anknüpfungspunkte abgesehen von der Unterkunft und den verfahrensbedingten Begegnungen und verfügte bei Antragstellung über € 65,--. Strafrechtlich ist er unbescholten. Da er keine Dokumente vorlegte, steht seine Identität nicht fest. In Österreich hielt er sich zuvor nie auf und war nie gemeldet.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Algerien ist nach § 1 Z. 10 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Algerien mit Stand 26.06.2020 zitiert. Betreffend die aktuelle Lage sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Aus Berichten des Auswärtigen Amts (Deutschland) ergibt sich betreffend die Pandemie in Algerien:

Algerien ist weiterhin von COVID-19 betroffen. Regionale Schwerpunkte sind der Großraum Algier sowie die Provinzen Blida und Oran. […] Die Einreise nach Algerien ist derzeit nur auf dem Luftweg möglich. Die Land- und Seegrenzen bleiben weiterhin für den regulären Personenverkehr geschlossen. [...] Der nationale Flugverkehr findet statt. Öffentliche Verkehrsmittel und die Taxis verkehren normal, auch über die Wilaya-Grenzen hinweg.

Der nationale Flugverkehr findet statt. Öffentliche Verkehrsmittel und die Taxis verkehren wieder normal, auch über die Wilaya-Grenzen hinweg. […] In vielen Provinzen, darunter Algier und Oran, besteht eine nächtliche Ausgangssperre. Aufgrund von örtlichen Infektionsherden können lokale Behörden jederzeit auch kurzfristig weitere einschränkende Anordnungen verfügen. […] (www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/algeriensicherheit/219044 – Abfrage 05.07.2021, unverändert seit 01.07.2021)

Andererseits zeigt das Verhältnis der Zahl aktiv Infizierter (141.471 – (3.755+98.387) Verstorbene und Geheilte), 39.329 per 05.07.2021 (www.worldometers.info/coronavirus/country/algeria/), zur Bevölkerungszahl (ca. 44 Mio.), einen Anteil von ca. 894 pro Million, was verglichen mit Österreich und dem Anteil hier von ca. 194 pro Million (1.726 von ca. 8,9 Mio.) zwar etwa das 4,6-Fache der hier festgestellten Quote ist, entspricht aber dem österreichischen Infiziertenanteil von 23.05.2021 und nur einem Zehntel der österreichischen Quote von Mitte November 2020.

Daraus folgt nicht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zwangsläufig in eine ausweglose Situation geriete.

Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Länderinformationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 COVID-19

Die Ausbreitung von Covid-19 führt weiterhin zu Einschränkungen des internationalen Luft- und Reiseverkehr und Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens (AA 1.3.2021; vgl. BMEIA 10.3.2021). Algerien ist weiterhin von COVID-19 betroffen. Regionale Schwerpunkte sind der Großraum Algier sowie die Provinzen Blida und Oran. Algerien gilt als Risikogebiet. Die Landgrenzen sind geschlossen. Der internationale Personenflugverkehr aus und nach Algerien und der Fährverkehr sind seit Mitte März 2020 eingestellt. Es finden jedoch regelmäßig Sonderflüge von Algier nach Frankfurt und in einige französische Städte statt (AA 1.3.2021). Die Einreise nach Algerien ist verboten; Ausnahmen ausschließlich mit Sondergenehmigung des algerischen Innenministeriums – vollständige Einreisesperre im März 2021 (BMEIA 10.3.2021).

Aufgrund der epidemiologischen Entwicklung gelten derzeit folgende Restriktionen, welche strikt zu beachten sind:

- landesweite Ausgangssperre von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr.
- unbedingt erforderliche Fahrten während der Ausgangssperre sind zu begründen.
- generelle Mund-Nasenschutzpflicht sowie Distanzpflicht im öffentlichen Raum, insbesondere auch in Geschäften (BMEIA 10.3.2021).

1.2.2 Grundversorgung

Nahezu die gesamten Staatseinkünfte des Landes stammen aus dem Export von Erdöl und Erdgas. Rund 90 % der Grundnahrungsmittel und fast die Gesamtheit der Pharmazeutika und Gebrauchsgüter werden importiert. Eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientierte oder auf Autarkie zielende Industrialisierung hat nicht stattgefunden. Die Staatseinnahmen – und damit die Fähigkeit zur Subventionierung von Grundbedürfnissen (Grundnahrungsmittel, Wohnungsbau, Infrastruktur) – sind seit 2014 aufgrund der sinkenden Öl- und Gaspreise drastisch zurückgegangen (RLS 7.4.2020; vgl. BS 29.4.2020). [...]

Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkeiten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Das Land hat - als eines von wenigen Ländern - in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25 % auf 5 % erreicht. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 11.2020). [...]

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speiseöl gelten im Jänner 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband, für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens existieren „Selbsthilfegruppen“ in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 11.7.2020).

Die Arbeitslosigkeit liegt [Stand 2019] bei 11,7%, die Jugendarbeitslosigkeit (15 - 24-Jährige) bei 29,5 % (WKO 2.2021); nach anderen Angaben bei 17% bzw. 50% (RLS 7.4.2020). [...] Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit (ÖB 11.2020). [...]

Das staatliche Arbeitsamt Agence national d’emploi / ANEM (www.anem.dz/) bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen (z. B. www.tancib.com/index.php?page=apropos). Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. [...] Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspolitische Überprüfung vorausgeht, und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB 11.2020).

1.2.3 Rückkehr

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 11.2020; vgl. AA 11.7.2020). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA [Anm.: ca. 126 - 378 Euro] vor (ÖB 11.2020).

Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge („harraga“) sieht das Gesetz Haftstrafen von zwei bis zu sechs Monaten und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 11.7.2020).

Eine behördliche Rückkehrhilfe ist der ÖB nicht bekannt. Ebenso sind der Botschaft keine NGOs bekannt, die solche Unterstützung leisten. Es gibt in Algerien 10.000 angemeldete Vereine, die meisten davon sind Wohltätigkeitsvereine - es ist allerdings nicht bekannt, ob von diesen spezielle Rückkehrhilfe geleistet wird. Generell kann davon ausgegangen werden, dass Familien zurückkehrende Mitglieder wieder aufnehmen und unterstützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (1.000-2.000 €) durch Frankreich, für Personen, die freiwillig aus Frankreich ausgereist sind. Ähnliches gibt es in unterschiedlicher Höhe auch für andere EU-Staaten (ÖB 11.2020).

Algerien erklärt sich bei Treffen mit EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststehe, dass es sich um algerische Staatsbürger handle. Nachfragen bei EU-Botschaften bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert, allerdings ist der Rhythmus relativ langsam, angeblich maximal 5-10 pro Tag, bzw. auch pro Woche. Algerien behauptet, dass dies auf die insgesamt vielen Rückübernahmen aus zahlreichen Staaten zurückzuführen ist, weil die Aufnahmebehörden sonst überlastet wären. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB 11.2020).

1.3 Zu den Fluchtmotiven:

Erstbefragt gab der Beschwerdeführer an, Algerien wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage verlassen zu haben. Trotz dreier „Jobs“ habe er seinen Lebensunterhalt nicht finanzieren können. Er sei nach Europa gekommen, um seine finanzielle Lage zu verbessern. Andere Fluchtgründe habe er nicht, und er wolle nach Deutschland, „wegen der Menschenrechte“.

Beim BFA brachte er vor, solange der Vater gelebt habe, sei es ihnen gut gegangen, nachher aber schlecht, weil ihnen der Onkel alles genommen habe. Sie hätten in Armut gelebt, der Beschwerdeführer sein Zimmer mit den Brüdern geteilt. Im Fall einer Rückkehr werde es für ihn so bleiben, wie es gewesen sei. In Österreich wolle er die Sprache lernen und arbeiten.

Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat aus nicht asylrelevanten Gründen verlassen. Es kann nicht festgestellt werden, dass er dort aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder nach einer Rückkehr verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine andere ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Dem Beschwerdeführer drohen nach seiner Rückkehr keine Verletzung der EMRK, keine ausweglose Lage und keine willkürliche oder strukturelle Gewalt. Entgegen seinem Beschwerdevorbringen steht ihm auch keine lebensbedrohliche Situation bevor.

Es existieren keine Umstände, die einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

2.2 Zum Herkunftsstaat:

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entstammen dem Länderinformationsblatt mit Stand 19.03.2021 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer am 26.02.2021 zur Einsicht und Stellungnahme bei der zweiten Vernehmung angeboten, was dieser mit der Bemerkung ablehnte, er brauche das nicht und kenne sich dort besser aus. (AS 60) Damit (und auch in der Beschwerde) ist er den Länderfeststellungen nicht qualifiziert entgegengetreten.

Die daraus oben in 1.2.2 und 1.2.3 (d. h. anschließend an die aktuellen zur Pandemie) auszugsweise zitierten Aussagen stimmen mit den Feststellungen im angefochtenen Bescheid inhaltlich gänzlich überein (dort S. 19 ff, AS 115 ff).

2.3 Zum Fluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer hat nach dem Verlassen des Herkunftsstaats rund 1,5 Jahre in anderen Staaten gelebt, erst in der Türkei, aber auch mehr als ein Jahr in Bosnien-Herzegowina und zwischendurch in Serbien. Von dort machte er sich kürzlich nach Österreich auf. Nach seinem Fluchtgrund befragt, gab er sinngemäß an, er wolle hier leben und arbeiten, andere Gründe habe er nicht.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer zu dieser Zeit bereits lange in anderen Staaten gelebt hatte, ist es glaubhaft, dass er aus wirtschaftlichen Gründen weiter nach Österreich zog.

Ob es dabei, wie er dann weiter angab (AS 57), auch ein Motiv war, das der Onkel ihn behauptetermaßen nach dem angeblichen Tod des Vaters um sein Erbe brachte, oder (wie in der Beschwerde ergänzt) auch um die Unterstützung der Familie ging, kann dahinstehen, weil es rechtlich nicht von Belang ist. Den Länderfeststellungen nach ist im Herkunftsstaat für Gesundheitsfürsorge, Wohnraum und Nahrung gesorgt, sodass dem BFA darin beizupflichten ist, dass der Beschwerdeführer, der zudem arbeitsfähig ist, weder ein Entzug seiner Lebensgrundlage noch eine aussichtslose Situation droht (S. 11, AS 107).

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat, und er die Gefahr einer existenziellen Notlage geltend macht, ohne mit Blick auf seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit nachvollziehbare Gründe dafür darzulegen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der entscheidungsrelevanten Feststellungen des BFA.

Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Gericht der Beweiswürdigung anschließt. Der Beschwerde ist nichts zu entnehmen, was diese infrage stellen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

Dieser Spruchpunkt blieb in der Beschwerde unbekämpft.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

3.2.2 Angesichts der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Gesundheit und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers hegt das Gericht entgegen dem Beschwerdevorbringen betreffend die Rückkehrsituation keine derartigen Bedenken. Es mag sein, dass der Beschwerdeführer ohne einen Arbeitsplatz in Geldnöte geriete, ferner auch, dass er seit Oktober 2019 anderswo besser leben konnte, jedoch folgt daraus nicht, dass es dem Beschwerdeführer deshalb unmöglich wäre, eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Den Länderfeststellungen ist außerdem zu entnehmen (oben 1.2.2), dass die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, wie auch die Feststellungen betreffend die Pandemie ergeben, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.3 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geriete.

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch die Angehörigen des Beschwerdeführers wider Erwarten – da er mit ihnen (über die Mutter) Kontakt und zuletzt zuhause gewohnt hat – ausbleibt, weil er arbeitsfähig ist, die dort verbreitetste Sprache spricht und auch bereits in mehreren Berufen gearbeitet hat. Inzwischen weist er auch Auslandszeiten auf und war in mehreren Industriestaaten unterschiedlicher Sprachen, was den Wert seiner Arbeitskraft zumindest nicht verringert hat. Seine Ausbildung ging ihm dabei nicht verloren, weshalb er den vorhandenen Arbeitsmarkt nutzen kann.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zu Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.3.1 Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

Im ersten Satz von Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt werde. Damit war das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint, wie die Bescheidbegründung erweist (S. 32, AS 128). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Nach § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz in drei Fallkonstellationen zu erteilen, nämlich (jeweils unter weiteren Voraussetzungen) nach mindestens einem Jahr der Duldung (Z. 1), zur Sicherung der Strafverfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen und zur Geltendmachung oder Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit solchen Handlungen (Z. 2) sowie bei Gewaltopfern, die glaubhaft machen, dass die Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z. 3).

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben und von seinem Asylverfahren samt der dafür nötigen Unterbringung etc. abgesehen kein Privatleben im Bundesgebiet. Er hielt sich weniger als einen Monat hier auf und hatte keinen gemeldeten Wohnsitz, auch nicht im zugewiesenen Quartier.

Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet war, weshalb sich der Beschwerdeführer des unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Es liegen keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (knapp 28 Jahre), familiäre, sprachliche und kulturelle Verbindungen, speziell seine Mutter und die Geschwister.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihm das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, welche die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben bedroht, in seiner Unversehrtheit beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Vorbringen, ohne dazu konkret auszuführen, warum das beim Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinen Angehörigen zutreffen sollte.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Algerien zumindest notdürftig leben zu können. Er spricht Arabisch, hat dort die Schule besucht sowie eine Lehre gemacht und im Herkunftsstaat auch schon Arbeitserfahrung in mehreren Berufen gesammelt. So kann er vorhandene Sozialkontakte nutzen und neue knüpfen, selbst wenn die familiäre Unterstützung durch Mutter und Geschwister wider Erwarten nicht hinreicht.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsstaat, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Algerien keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet.

Eine der Abschiebung nach Algerien entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet. Die Beschwerde war daher auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.

3.4 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG). Das ist der Fall. Angesichts der Anführung Algeriens in § 1 HStV ist es auch unerheblich, ob der Beschwerdeführer der dadurch zum Ausdruck gebrachten Kategorisierung zustimmt.

Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen kurzen, auf den unbegründeten Asylantrag zurückzuführenden Aufenthalts, aber auch wegen seiner fehlenden sonstigen Integrationsmerkmale einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.

Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt VI abzuweisen war.

3.5 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der soeben erörterten Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie eben gezeigt wurde, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides - zutrifft.

Für die freiwillige Ausreise steht daher keine Frist offen. Demnach war die Beschwerde auch zum Spruchpunkt VII abzuweisen.

3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII):

Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für bis zu fünf Jahre zu erlassen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Abs. 2). Das ist insbesondere dann anzunehmen (Z. 6), wenn der Fremde die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Dies ist wie gezeigt beim Beschwerdeführer der Fall, der im Besitz von € 65,-- den Asylantrag stellte, von der Grundversorgung lebte und keine Arbeit oder andere legale Optionen zur Deckung seiner Grundbedürfnisse hat.

Die Beschwerde wendet ein, von der Antragstellung allein könne nicht auf eine Gefährdung geschlossen werden. Andererseits räumt sie ein, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben Algerien wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage verlassen habe und nicht mehr in Armut leben wolle. Unter den gegebenen Umständen ist aber auf die solcherart angesprochene Mittellosigkeit abzustellen, wie das BFA es (auch) getan hat (S. 41, AS 44).

Der VwGH geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, Mittellosigkeit geradezu bestätigt, und zwar auch im Fall von Asylwerbern, die aus diesem Grund mit einem Einreiseverbot belegt werden. (07.10.2020, Ra 2020/14/0348 mwN) Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist. (VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132 mwN)

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert im Sinn der Rechtsprechung, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Wenn keine Umstände hervorgekommen sind, die im jeweiligen Fall gegen diese Annahme sprechen könnten, ist die ersatzlose Behebung eines Einreiseverbotes rechtswidrig. (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311) Das trifft fallbezogen zu, zumal kein Hinweis auf solche besonderen Umstände vorliegt.

Die Dauer des konkreten Verbots – zwei Jahre – ist in Anbetracht der geschilderten Umstände nicht unangemessen, weil die Wiedereinreise ohne Gefahr, anderen zur Last zu fallen, erst gewährleistet erscheint, wenn der Beschwerdeführer sich nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat materiell hinreichend stabilisiert hat, um sich auch bei Aufenthalten in anderen Staaten selbst erhalten zu können. Für eine solche Stabilisierung eines Erwachsenen in der Situation des Beschwerdeführers (arbeitsfähig aber wenig oder kein Erspartes mehr) ist der genannte Zeitraum nach der Lebenserfahrung nötig, aber fallbezogen mit Blick auf die reaktivierbaren beruflichen und die weiteren Kontakte während des Aufwachsens und bisherigen Lebens auch lang genug.

Sonstige Gesichtspunkte, die eine andere Bemessung nahegelegt hätten, waren weder ersichtlich noch wurden sie geltend gemacht. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt VIII abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht weniger als ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH). Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Armut als Fluchtgrund, zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur Maßgeblichkeit der Gefährdung für die Dauer von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I419.2243972.1.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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