TE Bvwg Beschluss 2021/7/7 W105 2160413-3

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Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


W105 2160413-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch WEH RECHTSANWALT GmbH, vom 08.06.2020 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das BFA EAST West, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet bereits erstmalig am 18.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Dieser erste Antrag auf internationalen Schutz wurde am 04.05.2017 mit Bescheid vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 im Abs. 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz ferner hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Zudem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 75 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-G wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Die gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 28.05.2018, Zl. XXXX , in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 28.05.2018 in 2. Instanz in Rechtskraft.

Die Behandlung der gegen diese Entscheidung des BVwG vom 28.05.2018 eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 24.09.2018, Zl. E 2721/2018-8, abgelehnt. Gleichgehend wurde die Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 12.12.2018, Zl. Ra 2018/19/0634-5, wurde die gegen diese Entscheidung des BVwG vom 28.05.2018 eingebrachte Revision letztlich zurückgewiesen.

Nachdem der BF am 05.07.2019 um 08:15 Uhr davon in Kenntnis gebracht wurde, dass seine behördliche Abschiebung nach Afghanistan für den 07.07.2019 festgelegt wurde, stellte der BF am 05.07.2019, um 09:50 Uhr im Stande der Festnahme den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Mandatsbescheid des BFA EAST West vom 05.07.2019, Zl. XXXX , wurde gemäß § 12a Abs. 4 Z. 2 AsylG festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z. 2 AsylG nicht vorliegen. Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG wurde demzufolge dem im Betreff genannten Fremden gemäß § 12a Abs. 4 nicht zuerkannt.

Der BF wurde am 07.07.2019 am Luftweg nach Afghanistan abgeschoben.

Der BF brachte am 19.07.2019 das Rechtsmittel der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid des BFA vom 05.07.2019 ein.

Mit Bescheid des BFA vom 10.01.2020, Zl. XXXX , wurde gemäß § 12a Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 4 Z. 2 AsylG nicht vorliegen. Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG wurde dem BF gemäß § 12a Abs. 4 AsylG nicht zuerkannt. Diese Entscheidung erwuchs am 11.02.2020 in Rechtskraft.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 13.01.2020, XXXX , wies dieses eine zwischenzeitlich vom BF gegen die behördliche Festnahme Anhaltung und Abschiebung eingebrachte Maßnahmenbeschwerde als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom 08.06.2020 brachte der BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Säumnisbeschwerde ein.

Am 28.10.2020 übermittelte das BFA den Akt sowie die gegenständliche Säumnisbeschwerde dem BVwG, wo diese am 30.10.2020 einlangten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 129 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2016, besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 25 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz als gegenstandslos abzulegen
1.         in den Fällen des § 12a Abs. 3, wenn der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt wurde, der faktische Abschiebeschutz nicht gemäß § 12a Abs. 4 zuerkannt wurde und der Asylwerber nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig ist;
2.         wenn der Antrag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gestellt wird und der zum Aufenthalt in Österreich berechtigte Fremde diesen nicht binnen vierzehn Tagen persönlich in einer Erstaufnahmestelle einbringt (§ 42 Abs. 1 BFA-VG);
3.         wenn der Fremde freiwillig in den Herkunftsstaat abreist, mit seiner Ausreise oder
4.         wenn der Antrag, soweit dies nicht gemäß § 17 Abs. 3 zulässig war, schriftlich gestellt wurde.

Gegenstand einer Säumnisbeschwerde ist die Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Art. 130 Abs. 1 Z 3, Art. 132 Abs. 3 B-VG). Damit ist Säumnis bei der Erlassung von Bescheiden gemeint. (...) Eine Entscheidungspflicht setzt jedoch voraus, dass überhaupt ein Verfahren eingeleitet wurde, das auch anhängig ist (...). Die Säumnis der Verwaltungsbehörde ist Prozessvoraussetzung für eine Säumnisbeschwerde. Daneben muss der Beschwerdeführer eine zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigte Partei des verzögerten Verwaltungsverfahrens sein (Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2014), § 7 Rn 12). Die Säumnisbeschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG schützt den Einzelnen vor behördlicher Untätigkeit im Bereich der Hoheitsverwaltung (VwGH 03.05.2017, Ro 2016/03/0027).

Im gegenständlichen Fall ergibt aus dem Verwaltungsakt zweifelsfrei, dass der BF den Folgenantrag binnen zwei Tagen vor dem festgelegten Abschiebetermin gestellt hat. Das BFA hat den Antrag auf internationalen Schutz sohin zu Recht als gegenstandslos abgelegt, sodass in casu keine Entscheidungspflicht vorlag und wurde deshalb durch den Umstand, dass keine materielle Entscheidung über diesen getroffen wurde, keine Säumnis seitens der erstinstanzlichen Behörde begründet.

Der Zweck einer Säumnisbeschwerde liegt aber darin, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde (rechtlich) beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in der Sache zu erlangen (s Fister/Fuchs/Sachs, § 8 Anm 1 unter Verweis auf die Judikatur des VwGH).

Der Eingabe sind weder rechtsgestaltende noch rechtsfeststellende Anträge zu entnehmen, in denen dem BF ein subjektives Recht zur Entscheidung zukommt, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zum Inhalt und folgt dabei den diesbezüglich eindeutigen verfassungs- und einfachgesetzlichen Bestimmungen, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage [trotz allenfalls fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes]: VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Abschiebungsnähe Folgeantrag Gegenstandslosigkeit Säumnisbeschwerde Unzulässigkeit der Beschwerde Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W105.2160413.3.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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