Entscheidungsdatum
08.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
I411 2119294-3/3E
I411 2119292-3/3E
I411 2119293-3/3E
I411 2224011-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. am XXXX , des minderjährigen XXXX , geb. am XXXX , der minderjährigen XXXX , geb. am XXXX , und der minderjährigen XXXX , geb. XXXX , alle nigerianische Staatsangehörige, die minderjährigen BeschwerdeführerInnen gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Graz vom 20.05.2021, Zlen. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 24.03.2013 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie erklärte, im September 2009 aus Nigeria ausgereist zu sein. Sie habe sich dann von 2009 bis zum Vortag der Asylantragstellung in Frankreich aufgehalten und auf der Straße gearbeitet. Sie sei nach Österreich gekommen, da sie ihren Freund gesucht habe, nachdem sie von ihm schwanger gewesen sei. In der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.03.2013 gab sie weiter an, dass sie ihr Land verlassen habe, da sie Probleme mit ihrer Familie gehabt habe, weil sie lesbisch gewesen sei. Jetzt sei sie nach Österreich gekommen, um ihren Freund zu suchen und habe keine weiteren politischen oder religiösen Probleme.
Dieser Antrag wurde zunächst aufgrund einer Dublin-Zuständigkeit Frankreichs mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2013, Zl. 13 03760, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde Frankreich für die Prüfung des Antrages für internationalen Schutz für zuständig erklärt und die Erstbeschwerdeführerin wurde gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 19.06.2013, Zl. S7 435.640-1/2013/2E als unbegründet abgewiesen. In weiterer Folge wurde allerdings die geplante Abschiebung der Erstbeschwerdeführerin nach Frankreich am 04.07.2013 abgebrochen, da sie zu diesem Zeitpunkt im sechsten Monat schwanger war. In weiterer Folge wurde das Asylverfahren der Erstbeschwerdeführerin in Österreich zugelassen, da die Dublin-Überstellungsfrist abgelaufen war
2. Am 11.10.2013 wurde der Zweitbeschwerdeführer in Graz geboren und die Vaterschaft wurde durch XXXX anerkannt. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 29.10.2013 für sich und den Zweitbeschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
3. Am 19.09.2014 wurde die Drittbeschwerdeführerin, die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten XXXX , in Österreich geboren. Für sie wurde ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
4. Mit den Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2015, Zlen. XXXX und XXXX , wurden die Anträge der BeschwerdeführerInnen auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt I. und II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den BeschwerdeführerInnen gemäß § 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurden gegen die BeschwerdeführerInnen Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide).
5. Die gegen die Bescheide vom 11.12.2015 erhobenen Beschwerden wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017, Zl. I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E und I403 2119293-1/11E, als unbegründet abgewiesen.
6. Am 23.02.2017 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich, den Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AslyG (Aufenthaltsberechtigung plus), andernfalls gemäß § 55 Abs. 2 AsylG (Aufenthaltsberechtigung). Beigelegt waren ein Meldezettel der Erstbeschwerdeführerin, eine Kopie einer Geburtsurkunde der Erstbeschwerdeführerin, ein Konvolut an Schul- und Kursbesuchsbestätigungen des Vereins XXXX , ein nicht ausgefüllter Arbeitsvorvertrag mit Firmenstempel der Firma XXXX , eine Wohnungsaufwandsbestätigung vom 26.08.2014, sowie eine Bestätigung über Leistungsbezüge aus der Grundversorgung vom 03.05.2017, eine Bestätigung über den Besuch einer Kinderkrippe des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin, sowie diverse Unterstützungsschreiben.
7. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2017, Zl. XXXX , Zl. XXXX und Zl. XXXX wurden diese Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen.
Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.11.2018 mit Erkenntnis vom 27.02.2019, GZ: I415 2119294-2/11E, I415 2119292-2/8E und I415 2119293-2/8E, als unbegründet ab.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 12.06.2019, GZ: E 1277-1279/2019-9, die Behandlung der Beschwerde, die gegen das Erkenntnis vom 27.02.2019 erhoben wurde, ab.
8. Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin wurde am 10.07.2019 im Bundesgebiet geboren, woraufhin die belangte Behörde nach Vorlage der Geburtsurkunde von Amts wegen ein Verfahren auf internationalen Schutz einleitet.
Mit Bescheid vom 09.09.2019, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Asylantrag der Viertbeschwerdeführerin vollinhaltlich ab und nach Beschwerdeerhebung bestätigte das Bundesverwaltungsgericht diese Entscheidung des Bundesamts mit Erkenntnis vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E.
9. Am 24.07.2019 stellte die Erstbeschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG und am 04.11.2020 beantragte sie als gesetzliche Vertreterin für ihre Kinder, die minderjährigen BeschwerdeführerInnen, jeweils die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 2 AsylG.
10. Am 18.12.2020 wurde die Erstbeschwerdeführerin vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen.
11. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes vom 20.05.2021 wurden die Anträge der BeschwerdeführerInnen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 58 Abs 10 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig erließ die belangte Behörde gegen die BeschwerdeführerInnen Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkt II.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.). Ferner erkannte das Bundesamt einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und erließ gegen die BeschwerdeführerInnen ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.).
12. Gegen diese Bescheide richtet sich die im vollen Umfang erhobene Beschwerde vom 21.06.2021, in welcher vorgebracht wird, dass das Bundesamt das Kindeswohl nicht bzw. unzureichend berücksichtigt habe und es nicht plausibel erscheine, die gegen die minderjährigen Beschwerdeführer erlassenen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot zu belegen. Die Behörde habe es unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern von den minderjährigen BeschwerdeführInnen eine Gefährdung ausgehe. Ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren scheine zudem jedenfalls nicht gerechtfertigt zu sein.
13. Mit Schriftsatz vom 28.06.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 01.07.2021, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den BeschwerdeführerInnen:
Die BeschwerdeführerInnen sind Staatsangehörige von Nigeria. Ihre Identitäten stehen fest.
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der drei minderjährigen BeschwerdeführerInnen, die in Österreich geboren wurden. Sie ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Benin und bekennt sich zum christlichen Glauben. Sie kommt aus Edo State und hat Nigeria im Jahr 2009 verlassen. Zunächst lebte sie in Frankreich und arbeitete als Prostituierte. Aufgrund des Umstandes, dass sie von einem in Österreich geduldeten nigerianischen Staatsbürger, den sie in Frankreich kennenlernte, schwanger wurde, kam sie im März 2013 nach Österreich, wo sie einen Asylantrag stellte.
Die Erstbeschwerdeführerin ist ledig und führt seit etwa sechs Jahren eine Beziehung mit XXXX , einem in Österreich geduldeten nigerianischen Staatsbürger, dessen Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2002 rechtskräftig negativ entschieden wurde. Es handelt sich dabei um den Vater der minderjährigen BeschwerdeführerInnen. Alle leben in einem gemeinsamen Haushalt. Die minderjährigen BeschwerdeführerInnen sind gesund.
Die Erstbeschwerdeführerin ist jung, gesund und arbeitsfähig. Sie hat in Nigeria eine 11-jährige Schulbildung absolviert und mit Nigeria durch Gelegenheitsarbeiten ihren Lebensunterhalt verdient.
Es leben keine sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten der Erstbeschwerdeführerin in Österreich. Ihre Familie lebt ebenso wie die Familie ihres Lebensgefährten in Nigeria, in Benin City. Sie ist mit ihrem Lebensgefährten nach traditionellem Ritus verheiratet.
Die BeschwerdeführerInnen sind trotz aufrechter Rückkehrentscheidung ihrer Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht nachgekommen und halten sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die Erstbeschwerdeführerin ging zu keinem Zeitpunkt einer der Pflichtversicherung unterliegenden legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine finanziellen Mittel, um ihren Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig und wird von ihrem Partner versorgt. Die minderjährigen BeschwerdeführerInnen beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.
Seit den rechtskräftigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E, I403 2119293-1/11E, und vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E, sowie den letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen hat sich ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens wesentlich geänderter Sachverhalt nicht ergeben.
Die BeschwerdeführerInnen weisen keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Sie sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Ergänzend wurden Auszüge aus dem zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung und der Sozialversicherungsdatenbank eingeholt.
2.2. Zu den BeschwerdeführerInnen:
Die personenbezogenen Feststellungen zu den BeschwerdeführerInnen basieren primär auf den in den Erkenntnissen vom 25.01.2017, Zl. I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E und I403 2119293-1/11E, vom 27.02.2019, GZ: I415 2119294-2/11E, I415 2119292-2/8E und I415 2119293-2/8E, und vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E, getroffenen Feststellungen.
Die Identitäten der BeschwerdeführerInnen stehen aufgrund der vorgelegten Kopien ihrer Reisepässe fest (AS 165 im Akt 2119294-3, AS 87 im Akt 2119292-3, AS 91 im Akt 2119293-3, AS 17 im Akt 2224011-2).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BeschwerdeführerInnen ergeben sich aus den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme am 18.12.2020.
Auf die Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme am 18.12.2020, wonach sie von ihrem Mann versorgt werde und über kein Eigenvermögen verfügt, gehen die Feststellungen zu ihrer finanziellen Situation zurück. Dass sie zu keinem Zeitpunkt einer der Pflichtversicherung unterliegenden legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus dem eingeholten Sozialversicherungsdatenauszug vom 02.07.2021.
Die Feststellung, dass die minderjährigen BeschwerdeführerInnen Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, ergibt sich aus den Speicherauszügen aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung vom 02.07.2021.
Aus den gegenständlichen Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK, den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme am 18.12.2020 und dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine maßgebliche Änderung ihres Privat und Familienlebens seit der zuletzt erlassenen Rückkehrentscheidungen.
Sämtliche mit Bezug auf die Integration und das Familienleben der BeschwerdeführerInnen bedeutenden Umstände wurden in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E, I403 2119293-1/11E, und vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E, berücksichtigt.
Beim Zweitbeschwerdeführer hat sich gegenüber der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017 zwar insoweit eine Änderung in seinem Privatleben ergeben als er nunmehr nicht mehr den Kindergarten besucht, sondern von 14.09.2020 bis 09.07.2021 die erste Klasse der Volksschule besuchte und jedenfalls von 07.10.2019 bis 14.07.2020 sich im Fußballverein XXXX als Spieler tätig war (vgl. Schulbesuchsbestätigung vom 21.09.2020 und Bestätigung des Vereins XXXX vom 14.07.2020), jedoch kann trotz dieser Bemühungen noch nicht von einer hinreichenden integrativen Verfestigung gesprochen werden.
Die von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegten Deutschkursbestätigungen und das ÖSD Deutschzertifikat A2 dokumentieren keine maßgebliche Sachverhaltsänderung, zumal es sich bei Deutschkenntnissen auf Niveau A2 um keine maßgeblichen Sprachkenntnisse handelt. Die Erstbeschwerdeführerin gab zudem selbst in der Einvernahme am 18.12.2020 an, dass sich seit der letzten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nichts an ihrem Privat und Familienleben geändert habe und alles gleichgeblieben sei (AS 267 im Akt 2119294-3 bzw. Protokoll vom 18.12.2020, S. 9).
Ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens geänderter Sachverhalt seit der Erlassung der letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen ist nicht erkennbar.
Mangels Vorlage von Unterlagen, die einen hinreichenden Grad an Integration aufzeigen würden, konnte eine integrative Verfestigung nicht festgestellt werden. Die Erstbeschwerdeführerin konnte keine maßgeblichen Deutschkenntnisse nachweisen (mindestens Niveau B1), ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Bei den minderjährigen BeschwerdeführerInnen fand noch keine tiefgreifende Sozialisation statt.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BeschwerdeführerInnen ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 02.07.2021 und der Strafunmündigkeit der minderjährigen BeschwerdeführerInnen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zurückweisung der Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art 8 EMRK:
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 55 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen (§ 55 Abs 2 AsylG).
Nach § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall
Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit den angefochtenen Bescheiden die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art 8 EMRK zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag zu Recht gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen hat.
Gegen die BeschwerdeführerInnen besteht jeweils eine aufrechte Rückkehrentscheidung (Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017 und vom 08.09.2020). Ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, ist im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Daran vermögen der verlängerte unrechtmäßige Aufenthalt, die Bestätigungen über den Schulbesuch und Mitgliedschaft des Zweitbeschwerdeführers in einem Fußballverein, und das von der Erstbeschwerdeführerin vorgelegte ÖSD Zertifikat A2 oder die von ihr in Vorlage gebrachten Deutschkursbestätigungen, nichts zu ändern.
In der Beschwerde wird kein Vorbringen dazu erstattet, ob sich das Privat und Familienleben der BeschwerdeführerInnen seit Erlassung der aufrechten Rückkehrentscheidungen geändert hat.
Die Entscheidungen des Bundesamtes sind daher nicht zu beanstanden und sind die Zurückweisungen der gegenständlichen Anträge der BeschwerdeführerinInnen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 58 Abs. 10 AsylG abzuweisen.
3.2. Zur Rückkehrentscheidung:
3.2.1. Rechtslage
Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist nach § 10 Abs 3 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
Gemäß § 52 Abs 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Nach § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Mit den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E, I403 2119293-1/11E, und vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E, wurde rechtskräftig entschieden, dass eine Rückkehr der BeschwerdeführerInnen nach Nigeria verhältnismäßig ist und keine Verletzung des Art 8 EMRK darstellt.
Wie bereits dargelegt, hat sich seit diesen Entscheidungen keine wesentliche Sachverhaltsänderung beim Privat und Familienleben der BeschwerdeführerInnen ergeben.
Aufgrund des Fehlens von maßgeblichen Integrationsschritten liegt kein schützenswertes Privatleben der BeschwerdeführerInnen vor. Die Erstbeschwerdeführerin konnte vor allem keine Deutschkenntnisse nachweisen, welche als maßgeblich angesehen werden könnten und ist weder erwerbstätig noch selbsterhaltungsfähig. Die minderjährigen BeschwerdeführerInnen sind noch sehr jung und nicht tiefgreifend im Bundesgebiet sozialisiert.
Die BeschwerdeführerInnen führen ein Familienleben in Österreich, soweit das Familienleben zwischen Erstbeschwerdeführerin, Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführerin und Viertbeschwerdeführerin betroffen ist, greifen die Rückkehrentscheidungen nicht in das Familienleben ein (EGMR, 9.10.2003, 48321/99, Slivenko gg Lettland, EGMR, 16.6.2005, 60654/00 Sisojeva gg Lettland), da alle von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 22.11.2012, 2011/23/067; 26.02.2013, 2012/22/0239; 19.02.2014, 2013/22/0037).
Allerdings lebt in Österreich auch der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin, welcher der Vater der minderjährigen BeschwerdeführerInnen ist. Art 8 EMRK macht zwischen ehelicher und nichtehelicher Familie keinen Unterschied (EGMR vom 13.6.1979, 6833/74, Marcks gg Belgien; 27.10.1994, 18535/91, Kroon und andere gegen die Niederlande); im Falle der Erstbeschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten, die seit 2013 zusammenleben und nach traditionellem Ritus verheiratet wurden, besteht ein Familienleben. Familienleben zwischen Eltern und Kindern entsteht grundsätzlich mit der Geburt der Kinder (VfGH 11.03.2014, U37-39/2013-13). Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Auch zwischen den minderjährigen BeschwerdeführerInnen und ihrem Vater ist daher von einem Familienleben auszugehen.
Im Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31.1.2006, 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art 8 EMRK bewirkt.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich die Erstbeschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte in Frankreich und damit zu einem Zeitpunkt begegnet sind, als der Aufenthaltsstatus des Lebensgefährten in Österreich unsicher war. Die Erstbeschwerdeführerin war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in Österreich, sondern reiste ihm im März 2013 aufgrund ihrer Schwangerschaft nach. Der Aufenthaltsstatus war daher von Beginn an in Bezug auf beide Partner unsicher bzw. unrechtmäßig (der Antrag von XXXX auf internationalen Schutz ist im Jahr 2002 rechtskräftig negativ entschieden wurde), was ihnen auch bewusst sein musste. Die Anträge der Erstbeschwerdeführerin, des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017 rechtskräftig negativ entschieden. Dies mindert das Gewicht dieser Beziehung in der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung.
Zugleich wies der VwGH in diesem Zusammenhang bereits wiederholt darauf hin, dass im Rahmen der Abwägung nach Art 8 EMRK dem Bestehen einer Ehe mit einem dauerhaft niedergelassenen Partner große Bedeutung zukommt (VwGH 19.12.2012, 2009/22/0257 oder auch 11.11.2013, 2013/22/0224). Allerdings ist der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin nicht daueraufenthaltsberechtigt, sondern wird er nur geduldet. Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht daher zum Schluss, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Erstbeschwerdeführerin in Bezug auf ihren Lebensgefährten zwar einen Eingriff in ihr Familienleben darstellt, dieser aber – angesichts des Umstandes, dass die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als sich alle Beteiligten des unsicheren Aufenthaltes bewusst sein mussten – verhältnismäßig wäre.
Anders verhält es sich, wenn man die Beziehung der minderjährigen BeschwerdeführerInnen zu ihrem Vater betrachtet. Die Trennung der minderjährigen Beschwerdeführer von ihrem Vater wäre, insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls, wohl nur schwer mit Art 8 EMRK in Einklang zu bringen. Es ist lebensfremd, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden kann (VfGH, 19.06.2015, E 426/2015-23). In einer Gesamtbetrachtung, in der das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, tritt zudem die Frage, ob das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist (bzw. das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde), in dem der Aufenthalt eines Elternteils unsicher war, in den Hintergrund (Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, MIGRALEX, 03/2013, 71).
Allerdings stellt sich die Frage, ob die gegen die minderjährigen BeschwerdeführerInnen erlassenen Rückkehrentscheidungen überhaupt zu einer Trennung von ihrem Vater führen muss. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann das Familienleben in Nigeria weitergeführt werden. Alle Familienangehörigen sind nigerianische Staatsbürger. Die minderjährigen BeschwerdeführerInnen sind in Österreich geboren, befinden sich jedoch in einem sehr anpassungsfähigen Alter, weshalb auch aus dieser Perspektive eine gemeinsame Rückkehr nach Nigeria zumutbar ist.
Es ist daher nicht ersichtlich, warum es dem ebenfalls nigerianischen Staatsangehörigen XXXX nicht möglich sein sollte, mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern nach Nigeria zurückzukehren.
Es steht daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes fest, dass eine Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das Familienleben der BeschwerdeführerInnen darstellt, dass dieser aber verhältnismäßig ist, da es der Familie zumutbar ist, das gemeinsame Leben in Nigeria fortzusetzen.
Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK –auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Die BeschwerdeführerInnen sind aber alle gesund und sind, abgesehen von den generellen Problemen für Frauen am nigerianischen Arbeitsmarkt, bei der Erstbeschwerdeführerin keine außergewöhnlichen Umstände zu beachten.
Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in ihr Familien- und Privatleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordneten Rückkehrentscheidungen aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide abzuweisen.
3.3. Zu den Aussprüchen über die Zulässigkeit der Abschiebung:
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2017, I403 2119294-1/15E, I403 2119292-1/11E, I403 2119293-1/11E, und vom 08.09.2020, GZ: I410 2224011-1/13E, wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BeschwerdeführerInnen nach Nigeria zulässig ist und dass ihnen der Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
In dem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide abzuweisen.
3.4. Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise:
Das Bundesamt hat gemäß § 55 Abs 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen die bekämpften Bescheide die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 2 Z 1 – zu Recht, wie unten auszuführen sein wird – aberkannt.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 4 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.5. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Die BeschwerdeführerInnen kamen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieben unrechtmäßig im Bundesgebiet, weshalb ihre sofortige Ausreise zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dringend geboten ist.
Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen der BeschwerdeführerInnen und jenen Österreichs ergibt ein Überwiegen der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die gegenständlichen bekämpften Bescheide zulässig war.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. der angefochtenen Bescheide abzuweisen war.
3.6. zu den Einreiseverboten:
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG leg. cit. ist vorbehaltlich des Abs. 3 ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Die demonstrative Aufzählung der Z 1 bis 9 nimmt dies insbesondere dann an, wenn der Besitz der Mittel zum Unterhalt nicht nachgewiesen werden kann (Z 6).
Das Bundesamt erließ gegen die BeschwerdeführerInnen gemäß § 53 Abs. 1 iVm 2 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot.
Angesichts der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der bloße unrechtmäßige Aufenthalt eines Fremden nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, dieses jedoch bei Hinzutreten weiterer Faktoren, wie dem Nichtnachkommen einer Ausreiseverpflichtung oder Mittellosigkeit des Fremden durchaus geboten sein kann, ist die Verhängung eines Einreiseverbots gegen die BeschwerdeführerInnen im vorliegenden Fall zu Recht erfolgt (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Das Bundesamt begründete seine Entscheidung damit, dass die Erstbeschwerdeführerin den Besitz von Mittel für den notwendigen Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte. Dieser Ansicht ist auch vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Judikatur beizutreten.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der Verhängung eines Einreiseverbotes wegen Mittellosigkeit in seinem Erkenntnis vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, und seinem Beschluss vom 09.07.2020, Ra 2020/21/0257, die Rechtsansicht, dass ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen habe, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfüge, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheine. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, bestehe insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein müsse, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf habe und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen würden.
Im gegenständlichen Fall erbrachten die BeschwerdeführerInnen nicht den Nachweis, wie sie ihren Unterhalt aus Eigenem finanzieren könnten. Dabei ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin keiner der Pflichtversicherung unterliegenden Erwerbstätigkeit nachging bzw. nachgeht. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit ist bei ihr und den minderjährigen BeschwerdeführerInnen, die Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, daher nicht gegeben.
Das Bundesamt stützte das Einreiseverbot zudem nicht ausschließlich auf die Mittellosigkeit, sondern führte auch aus, dass die BeschwerdeführerInnen nach negativem Abschluss der Asylverfahren ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind.
Aus der Formulierung des § 53 Abs. 2 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist („Dies ist insbesondere dann anzunehmen, ..."), weshalb das Bundesamt in mit den in den Z 1 bis 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot erlassen kann. Das Bundesamt hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass die BeschwerdeführerInnen, nachdem die negativen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes über ihre unbegründeten Asylanträge in Rechtskraft erwachsen sind, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkamen und von einem beharrlichen illegalen Verbleib im Bundesgebiet auszugehen ist.
Die Verhängung des Einreiseverbotes in der vom Bundesamt ausgesprochenen Dauer ist nicht zu beanstanden und kann als angemessen, erforderlich und darüber hinaus auch als verhältnismäßig angesehen werden.
Im gegenständlichen Fall war zwar auch zu berücksichtigen, dass XXXX , der Vater der minderjährigen BeschwerdeführerInnen und Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin in Österreich lebt, allerdings verfügt XXXX über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet und das Familienleben kann in Nigeria fortgesetzt werden, weshalb auch angesichts der familiären Interessen der BeschwerdeführerInnen nicht von einem Einreiseverbot Abstand genommen werden kann.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der von den BeschwerdeführerInnen ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 (Z 6) FPG durch die Verhängung eines dreijährigen Einreiseverbots effektiv begegnet werden kann und die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. der angefochtenen Bescheide abzuweisen war.
In der Beschwerde wird den Ausführungen des Bundesamtes zur Mittelosigkeit und zur Verletzung der Ausreiseverpflichtung nicht substantiiert entgegengetreten.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ("Die Verhandlung kann entfallen, wenn ... der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist") kann das Verwaltungsgericht bei einer Zurückweisung eines Antrages ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Gegenständlich waren die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art 8 EMRK zurückzuweisen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 58 Abs 10 AsylG, zur Rückkehrentscheidung oder zu den Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit freiwillige Ausreise Frist geänderte Verhältnisse Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Identität der Sache illegaler Aufenthalt Integration Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata Rückkehrentscheidung unzulässiger Antrag wesentliche Änderung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I411.2119294.3.00Im RIS seit
14.09.2021Zuletzt aktualisiert am
14.09.2021