TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/8 G307 2243470-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2021
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Entscheidungsdatum

08.07.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch


G307 2243470-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Italien, vertreten durch RA Mag. Dr. Andreas MAUHART in 4040 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2021, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)       
Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n .

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 22.09.2020, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 24.09.2020, wurde dieser anlässlich seiner Festnahme und Anhaltung in einer Justizanstalt in Österreich darüber in Kenntnis gesetzt, dass im Falle seiner Verurteilung beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Zudem wurde der BF zur Abgabe einer dahingehenden Stellungnahme sowie Bekanntgabe seiner persönlichen wie finanziellen Verhältnisse binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens aufgefordert.

Der BF gab dazu keine Stellungnahme ab.

2. Mit Urteil des LG XXXX zur Zahl XXXX , vom XXXX .2021 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 1. Und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

3. Mit weiterem Schreiben des BFA wurde der BF anlässlich seiner Verurteilung darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Ferner wurde der BF zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme binnen 5 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

4. Mit per Post am 12.05.2021 beim BFA eingebrachtem handschriftlichen Schreiben gab der BF eine entsprechende Stellungnahme hiezu ab.

5. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 25.05.2021, wurde gegen diesen BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 8 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Ab. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

6. Mit per E-Mail am 10.06.2021 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF durch seinen oben im Spruch genannten Rechtsvertreter (im Folgenden: RV), Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes auf ein Jahr, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und langten dort am 16.06.2021 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist italienischer Staatsbürger, geschieden, frei von Obsorgepflichten, gesund und arbeitsfähig.

1.2. Der BF wurde in Italien geboren, wo er die Schule besuchte und den Beruf des Kellners erlernte.

1.3. Seit 25.10.2012 hält sich der BF durchgehend in Österreich auf. Bis auf Meldelücken von 26.06.2014 bis 14.08.2014 und 14.05.2019 bis 10.02.2020 verfügt der BF über durchgehende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet.

1.4. Am 13.01.2015 wurde dem BF eine Anmeldebescheinigung „Arbeitnehmer“ ausgestellt.

1.5. Der BF führt mit der italienischen Staatsbürgerin XXXX , geb. XXXX , eine Beziehung und lebte zuletzt mit dieser im gemeinsamen Haushalt in Österreich, ohne eine entsprechende Wohnsitzmeldung vorzunehmen. Darüber hinaus verfügt der BF über keine familiären Bezugspunkte, jedoch über ein Sozialleben in Österreich.

1.6. Beginnend mit 01.11.2012 ging der BF den größten Teil seines Aufenthalts in Österreich gemeldeten Erwerbstätigkeiten nach. Zuletzt brachte der BF als Kellner monatlich netto € 1.400,00 ins Verdienen.

1.7. Der BF erweist sich als mittelos und weist € 2.400,00 bis € 2.500,00 an unbeglichenen Verbindlichkeiten auf.

1.8. Im Herkunftsstaat des BF hält sich weiterhin seine Mutter auf und lebt ein Bruder des BF in Kuba.

1.9. Mit Urteil des LG XXXX zur Zahl XXXX , vom XXXX .2021, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1, 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Der BF wurde mit besagtem Urteil für schuldig befunden, er habe in XXXX und anderen Orten des Bundesgebiets vorschriftswidrig Suchtgift

I.       als Beteiligter ( § 12 1., 2. oder 3. Fall StGB) in einer das 15fache der Grenzmenge (§ 28 SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich zwischen Mai 2018 und Anfang/Mitte September 2020 Cocain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 43,97 % (Base) und Cannabiskraut mit unbekanntem Reinheitsgehalt dem/der Chiara-Audano C. unbekannte Mengen Cocain, Martin C. rund 200g Cocain, Marco M. 600 g Cocain, Jürgen S. zumindest 3 g Cocain, Nino Raffaele C. 1 G Cocain, Wolfgang Josef H. 5 g Cannabiskraut, Markus K. 24 g Cocain sowie unbekannten Abnehmer (n) unbekannte Mengen Cocain;

II.      ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich zwischen Mitte 2016 und XXXX 2020 Cannabiskraut und Cocain.

Als mildernd wurden dabei das teilweise Geständnis und die anteilige Schadensgutmachung durch teilweise Sicherstellung von Suchtgiften, als erschwerend eine einschlägige Vorverurteilung, das Zusammentreffen strafbarer Handlungen, der rasche Rückfall nach der Vorverurteilung, der lange Tatzeitraum sowie der Umstand, dass die Grenzmenge (§ 28 SMG) rund um das 23fache überschritten wurde, gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

1.10. Mit Urteil des XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2019, wurde der BF wegen „unerlaubten Konsums von Drogen und ihr Erwerb, Besitz, Gewinnung oder Herstellung von Drogen, die ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind“ zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren sowie zu einer Geldstrafe von € 12.000,00 verurteilt, wobei er ca. 2 Wochen in Untersuchungshaft und etwa 3 Monate in „Hausarrest“ in Italien verbrachte.

1.11. Der BF wird seit XXXX .2020 in Justizanstalten in Österreich angehalten und besteht seit XXXX .2020 ein Besuchsverbot für seine Lebensgefährtin.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Die Verurteilung des BF in Österreich samt den näheren Ausführungen zu den Taten sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX . Dem besagten Urteil kann zudem die Vorverurteilung des BF in Italien entnommen werden.

Die Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich sowie die oben genannten Meldelücken konnten durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ermittelt werden. Ferner lassen sich dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsauszuges dessen Erwerbszeiten in Österreich entnehmen, insbesondere, dass der BF innerhalb der Zeitenräume der oben erwähnten Meldelücken Erwerbstätigkeiten in Österreich nachgegangen ist, was darauf schließen lässt, dass der BF sich trotz fehlender Meldung während der erwähnten Zeitspannen im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Das Fehlen weiterer familiärer Bezugspunkte in Österreich ergibt sich aus dem fehlenden Vvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes des BF.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht – substantiiert – entgegengetreten wurde.

2.2.2.  Wie das dem BF vom BFA wiederholt eingeräumte schriftliche Parteiengehör zeigt, wurde diesem hinreichend die Möglichkeit geboten, sich zur Sache zu äußern und Beweismittel in Vorlage zu bringen. Der BF hat von dieser Möglichkeit, nach wiederholter Aufforderung Stellung zu nehmen, Gebrauch gemacht und trat den Feststellungen der belangten Behörde in der gegenständlichen Beschwerde letztlich nicht substantiiert entgegen. Auch einen neuen relevanten Sachverhalt brachte der BF in seiner Beschwerde nicht vor.

Insofern der BF jedoch behauptet, sich seit 17.07.2011 durchgehend in Österreich aufzuhalten, ist zu entgegnen, dass die bloße Behauptung, seit mehr als 10 Jahren im Bundesgebiet zu leben, als dahingehender Nachweis nicht genügt. Vielmehr hätte der BF zur Untermauerung seiner Angaben Beweismittel in Vorlage bringen oder zumindest anbieten müssen, was er jedoch unterlassen hat. Mit Blick auf die Erwerbs- und Wohnsitzmeldungen des BF in Österreich ist – bei sonstigem Fehlen weiterer Anhaltspunkte – von einem tatsächlichen Aufenthaltsbeginn in Österreich ab 25.10.2012 (= erste Wohnsitzmeldung) auszugehen. Für den Zeitraum davor fehlen jegliche Nachweise darüber, dass der BF sich im Bundesgebiet verblieben wäre. So scheint der BF erstmals mit einer Wohnsitzmeldung am 25.10.2012 in öffentlichen Registern in Österreich auf und hat erstmals am 01.11.2012 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aufgenommen.

Ferner sind dem BF die Ausführungen im oben zitierten Strafurteil des LG XXXX insofern entgegenzuhalten, als damit dessen Vorverurteilung in Italien festgestellt wurde, womit das Vorbringen des BF, abgesehen von seiner Verurteilung durch das besagte LG keine Vorstrafe aufzuweisen, substantiiert entkräftet wird. Entgegen den Ausführungen des BF in der gegenständlichen Beschwerde, hat die belangte Behörde die genannte Vorverurteilung des BF im angefochtenen Bescheid festgestellt und – unter anderem – in ihrer rechtlichen Beurteilung berücksichtigt.

Im Ergebnis gelang es dem BF sohin nicht, den Feststellungen der belangten Behörde begründet entgegenzutreten oder einen neuen relevanten Sachverhalt darzulegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jeder der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 8 leg cit. als EWR-Bürger, ein Fremder der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF ist auf Grund seiner italienischen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.1. Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1.         wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.       eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:

„§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.       Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.       Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4.         Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5.         sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a)       die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b)         die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher        Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)       bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“

Der „Bescheinigung des Daueraufenthalts für EWR-Bürger“ betitelte § 53a NAG lautet:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1.         Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2.         Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2.         der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Der mit „Schweizer Bürger und deren Angehörige sowie Angehörige von Österreichern“ betitelte § 57 NAG lautet:

„§ 57. Die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 finden auch auf Schweizer Bürger, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, und deren Angehörige Anwendung. Für Angehörige von Österreichern gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 sinngemäß, sofern der Österreicher sein unionsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt.“

Der mit „Ausweisung“ betitelte § 66 FPG lautet:

„§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer ´ unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

3.1.2. Die Beschwerde war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Der BF hält sich seit 25.10.2012 im Bundesgebiet auf, ging beginnend mit 01.11.2012 immer wieder Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und wurde ihm eine Anmeldebescheinigung „Arbeitnehmer“ am 13.01.2015 ausgestellt.

Da der BF, der aufgrund seiner italienischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzungen eines durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als fünf, nicht jedoch zehn Jahren erfüllt und damit ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht iSd. § 53a NAG erworben hat, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG (siehe dazu VwGH 22.12.2020, Ra 2020/21/0452) für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigter EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 iVm § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit – tatsächlich, gegenwärtig und – schwerwiegend gefährdet ist. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
„Ein Aufenthaltsverbot kann nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FrPolG 2005 gegen einen Unionsbürger, der sich unter potentieller Inanspruchnahme seines unionsrechtliches Freizügigkeitsrechtes in Österreich aufhält oder aufgehalten hat (vgl. VwGH 19.9.2019, Ro 2019/21/0011), erlassen werden, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Des Weiteren ist für Unionsbürger, die - gemäß § 53a Abs. 1 NAG 2005 nach einem fünfjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet - das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) entspricht, heranzuziehen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205; VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181; VwGH 22.1.2014, 2013/21/0135; VwGH 3.7.2018, Ra 2018/21/0066).“ (vgl. VwGH 22.12.2020, Ra 2020/21/0452)

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118)

3.1.3. Der BF wurde unbestritten vom LG XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.

Das vom BF gezeigte Verhalten lässt vor dem Hintergrund des raschen Rückfalls nach einer Vorverurteilung in Italien, des langen Tatzeitraumes und der vielen Angriffe eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer hohen kriminellen Energie beim erkennen, was zudem durch dessen einschlägige Vorverurteilung in Italien bekräftigt wird. Der BF hat letztlich Suchtgift nicht nur zum persönlichen Bedarf besessen, sondern zudem beginnend mit Mai 2018 mit dem Inverkehrbringen von Suchtgiften in größeren Mengen begonnen und dies bis September 2020 aufrechterhalten.

Der BF hat dabei die mit dem Drogenkonsum einhergehenden und notorisch bekannten negativen Folgen auf Konsumenten und die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufgrund der damit teils einhergehenden Beschaffungskriminalität, nicht nur ignoriert, sondern vielmehr aktiv gefördert. Angesichts dessen kann eine Rechtsverbundenheit beim BF nicht festgestellt werden.

Insofern der BF in der gegenständlichen Beschwerde rechtfertigend vorbringt, anfänglich nur Suchmittel zum persönlichen Gebrauch besessen und erst im Jahr 2018 mit deren Verkauf begonnen zu haben, jedoch aufgrund aktueller Therapie diesbezüglich keine Gefahr mehr von ihm ausgehe, scheint er außer Acht zu lassen, dass zum einen auch der unerlaubte Besitz von Suchtgiften einen Straftatbestand in Österreich darstellt, und – wie vom BF selbst dargestellt – er es nicht dabei belassen, sondern letztlich Suchtgifte in größeren Mengen in Verkehr gebracht hat. Zum anderen bietet der BF mit seinem Verhalten ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Suchtmittelkonsum und Beschaffungskriminalität Hand in Hand gehen können und zeigt er damit die mit Suchtgiftdelikten einhergehende Gefährdung öffentlicher Interessen nachvollziehbar auf.

Darüber hinaus hat der BF bis dato keine Bestätigung über die Vornahme einer Therapie und/oder einer Suchtmittelabhängigkeit in Vorlage gebracht und scheint er wissentlich seine – eine Rückfallneigung des BF nahelegende Vorverurteilung in Italien – zu verschweigen.

Ferner findet der BF in der gegenständlichen Beschwerde kein Wort der Reue oder Einsicht. Vielmehr lässt das Verschweigen einer Vorverurteilung in Italien und der Versuch, seine Verantwortung auf seinen Suchtmittelkonsum abzuwälzen erkennen, dass der BF es bis dato unterlassen hat sich – seine Verantwortung reflektierend – mit seinen Taten auseinanderzusetzten.

Trotz bereits in Italien erfahrener strafgerichtlicher Sanktionen konnte der BF bisher nicht zu einem Umdenken und rechtstreuen Leben verleitet werden. Selbst familiäre und soziale Bezugspunkte in Österreich konnten den BF letztlich von der wiederholten Delinquenz abhalten. So hat der BF seine Beziehungen, bzw. die Möglichkeit, diese in Österreich weiterhin zu pflegen, aufs Spiel gesetzt. Der BF hätte nicht ernstlich davon ausgehen können, trotz wiederholter Straffälligkeit über einen langen Zeitraum hinweg keine fremdenrechtlichen, sein Aufenthaltsrecht in Österreich berührenden, Sanktionen erwarten zu müssen.

Der seit der letzten Straftat bzw. der Verurteilung des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum, den der BF bisher überwiegend in Strafhaft verbracht hat, ist letztlich viel zu kurz um vor dem Hintergrund der wiederholten Verurteilungen des BF und nachhaltigen Missachtung gültiger Normen, aber auch der Vermögenslosigkeit und Schulden des BF, allein aus der besagten kurzen vorfallfreien Zeit Rückschlüsse auf ein zukünftiges Wohlverhalten des BF ziehen zu können (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).

Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Suchtmitteldelikten (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162), welchen zudem eine – vom BF bereits aufgezeigte – hohe Rückfallgefährlichkeit innewohnt (vgl. VwGH 10.12.2008, 2008/22/0876), eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegenden Beeinträchtigung öffentlicher Interessen – auch nach gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben (vgl. VwGH 25.04.2012, 2013/18/0053) –, zukomme. Dabei komme es zudem – im Hinblick auf die von Suchtmitteldelikten ausgehenden Gefährlichkeit – nicht darauf an, ob die Straftaten aufgrund von Gewinnsucht oder eigener Suchtmittelabhängigkeit begangen wurden (vgl. VwGH 20.12.2012, 2011/23/0554).

Dem BF lässt sich sohin keine positive Zukunftsprognose attestieren und weist das von ihm gezeigte Verhalten im Ergebnis eine tatsächliche, gegenwärtige und schwerwiegende Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf.

Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

Der BF weist zwar aufgrund seiner Beziehung mit einer in Österreich lebenden italienischen Staatsbürgerin und seinem mittlerweile 8 Jahre und 8 Monate andauernden Aufenthalt in Österreich ein Privat- und Familienleben iSd. Art 8 EMRK im Bundesgebiet auf. Es ist jedoch ist dabei zu berücksichtigen, dass der BF seit XXXX .2020 in Justizanstalten angehalten wird, seit XXXX .2020 ein Besuchsverbot in Bezug auf seine Lebensgefährtin besteht und der BF aufgrund seiner Inhaftierung seine Beziehungen in Österreich nur eingeschränkt pflegen kann. Insofern hat das Privat- und Familienleben des BF eine maßgebliche Abschwächung hinzunehmen. Ferner verfügt der BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und kann er selbst im Falle seiner Ausreise aus Österreich, seine Beziehungen in Österreich weiterhin durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel und/oder Besuchsfahrten innerhalb des EWR-Raums (außerhalb Österreichs) aufrechterhalten.

Selbst unter Berücksichtigung der Erwerbstätigkeiten des BF in Österreich, des langen Aufenthalts und der familiären- sowie sozialen Bezugspunkte im Bundegebiet, ist angesichts des besagten und – insbesondere – in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen den BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich der Suchtmitteldelikte dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als geeignet, die öffentlichen Interessen tatsächlich, gegenwärtig und schwerwiegend, sohin maßgeblich zu gefährden anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm. § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG gegenständlich jedenfalls vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.

Im Ergebnis ist die belangte Behörde somit zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von diesem ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.1.4. Angesichts des oben beschriebenen Verhaltens, insbesondere der widerholten und über einen langen Zeitraum hinweg gezeigten Missachtung gültiger Strafrechtsnormen, der inkriminierten Suchtgiftmenge und der den Taten des BF zugrundeliegenden Unrechtsgehaltes, erweist sich auch die vom BFA gewählte Befristung des Aufenthaltsverbotes, gemessen an der negativen Zukunftsprognose des BF, ebenfalls als angemessen und verhältnismäßig.

Der Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

3.2.2. Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativer Zukunftsprognose, welche einen neuerlichen Rückfall vermuten lässt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn diese die sofortige Ausreise des BF als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet. Die vom BF gezeigte Neigung zu strafbaren Handeln und die fehlende Verbundenheit zu gültigen Rechtsnormen lässt befürchten, dass der BF im Falle seines Verbleibes in Österreich erneut straffällig wird, sodass eine sofortige Ausreise des BF im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Insofern ist die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen.

3.3. Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Aufgrund der vom BF ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet. Da mit dem weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet eine Gefährdung öffentlicher Interessen aufgrund anzunehmender Rückfälligkeit des BF zu befürchten ist, erscheint eine Ausreise des BF ohne Aufschub notwendig, was eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigt.

Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar.

Sohin lässt sich verfahrensgegenständlich ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen und ist im Ergebnis die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B)

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot individuelle Verhältnisse Interessenabwägung öffentliche Interessen strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2243470.1.00

Im RIS seit

15.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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