TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/22 W185 2244448-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W185 2244448-1/4Z

Teilerkenntnis:

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger aus Serbien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2021, Zl. 1275813406-210356336, zu Recht:

A)

In teilweiser Erledigung der Beschwerde wird dieser die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 BFA-VG nicht von Amts wegen zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11.06.2021 wurde gemäß § 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und (Spruchpunkt VI.).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom selben Tag wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides Zl 1275813406/210356336, erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz des bevollmächtigten Rechtsvertreters BBU GmbH vom 09.07.2021 fristgerecht Beschwerde (gegen Spruchpunkt VI.). Darin wurde auch angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da die Behörde die aufschiebende Wirkung zu Unrecht aberkannt hätte. Man sei zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle kein solches Verhalten dar, dass die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde. Selbst eine strafrechtliche Verurteilung allein rechtfertige nicht die Annahme, die sofortige Ausreise sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Aus diesen Gründen sei auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung unzulässig, da der Beschwerdeführer bis zum heutigen Tag in Österreich unbescholten sei und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle; eine sofortige Abschiebung sei aus diesen Gründen nicht erforderlich gewesen, weshalb der Beschwerde jedenfalls die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei. Erst kürzlich habe der EuGH bestätigt, dass im Anwendungsbereich der RückführungsRL grundsätzlich eine freiwillige Ausreise eingeräumt werden solle (EuGH 19.06.2018, Rs C-181/16 Gnandi). Der EuGH stelle klar fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise erst mit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zu laufen beginnen solle. ES sei festzuhalten, dass durch die bereits erfolgte Abschiebung der Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht obsolet werde, da etwa ein Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbotes nur bei fristgerechter Ausreise zulässig sei.

Am 17.06.2021 wurde der Beschwerdeführer nach Serbien abgeschoben.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt am 16.07.2021 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hielt sich seit 17.01.2021 in Österreich auf; die Abschiebung nach Serbien erfolgte am 17.06.2021.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären, privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte.

In Serbien befinden sich die Gattin, 2 Kinder, die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers, mit denen ein gemeinsamer Haushalt besteht (bestand).

Der Genannte wurde am 08.06.2021 in Österreich von einem Landesgericht für Strafsachen wegen Vergehen nach dem SMG rechtskräftig zu einer Haftstrafe von 15 Monaten, davon 3 Monaten unbedingt, verurteilt. Die bedingte Entlassung erfolgte am 11.06.2021.

Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen gewesen wäre, dass eine Rückkehr oder eine Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Gerichtsakt sowie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Feststellung zur gerichtlichen Verurteilung ergibt sich aus dem Strafregisterauszug sowie dem im Gerichtsakt erliegenden Urteil eines Landesgerichts für Strafsachen. Die Feststellungen zur persönlichen und privaten Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen, nicht anzuzweifelnden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Die getroffenen Feststellungen werden der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüberhinausgehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet wurde.

Konkrete Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stützt, wurden in der Beschwerde nicht näher bezeichnet oder glaubhaft gemacht. Derartige Gründe sind auch sonst nicht hervorgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener – trennbare – Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt, die sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich des ausgesprochenen Einreiseverbotes (Spruchpunkt VI.), ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

Zu A): Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Behörde hat in Spruchpunkt V. die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers durch sein Fehlverhalten und die rk Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei und dieser in Österreich weder über familiäre noch soziale oder berufliche Bindungen verfüge.

§ 18 BFA-VG samt Überschrift lautet auszugsweise:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundeamtes gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014), ohne dass damit der Ausgang des Hauptverfahren vorweggenommen wird.

Es ist nun nach Maßgabe des § 18 Abs 5 BFA-VG zu prüfen, ob der Grundsatz der Nichtzurückweisung nach Art 18, 19 Abs 2 GRC eingehalten wird.

In der Beschwerde wurde, wie bereits dargelegt, in Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid dargelegten Feststellungen und Erwägungen, insbesondere in Hinblick auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat Serbien, keine konkreten Umstände vorgebracht, denen zufolge nicht ausgeschlossen werden könnte, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien eine reale Gefahr oder eine ernsthafte Bedrohung im Sinne des § 18 Abs 5 BFA-VG drohen würde.

Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass gegenständlich allenfalls konkret zu berücksichtigende private oder familiäre Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen. So halten sich die Gattin, die beiden Kinder, die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers in Serbien auf, mit welchen ein gemeinsamer Haushalt besteht (bestand). Dem gegenüber hat der Beschwerdeführer in Österreich keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte.

Nach dem Gesagten ist aus derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde bzw gebracht hat. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde – nach dem Ergebnis einer Grobprüfung – nicht glaubhaft erstattet.

Laut der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Serbien), ergeben sich keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFV-VG. Der Beschwerdeführer hat betreffend Serbien weder eine asylrelevante Verfolgung behauptet, noch haben sich sonstige Hinweise auf Eingriffe in dessen körperliche Integrität bzw. Lebensgefahr im Falle einer Rückführung nach Serbien ergeben.

Unbeachtlich des Vorbringens in der Beschwerde haben sich gegenständlich auch sonst keine Umstände ergeben, wonach die aufschiebende Wirkung von Amts wegen zuzuerkennen gewesen wäre.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist hier der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W185.2244448.1.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten