TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/23 W228 2243341-1

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Veröffentlicht am 23.07.2021
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Entscheidungsdatum

23.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
PG 1965 §15
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W228 2243341-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau vom 18.02.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG teilweise stattgegeben und der Spruch mit der Maßgabe abgeändert, sodass dieser nunmehr zu lauten hat: „Vom 01. Dezember 2020 an gebührt Ihnen als Hinterbliebene Ihres am 12. November 2020 verstorbenen Ehegatten, Herrn Amtsdirektor i.R. Reg. Rat XXXX , ein Versorgungsbezug nach dem Pensionsgesetz 1965 in der Höhe von monatlich brutto EUR 1.678,37. Dieser Versorgungsbezug besteht aus einem Versorgungsgenuss von EUR 1.418,53 sowie einer Nebengebührenzulage zum Versorgungsgenuss von EUR 259,84.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (im Folgenden: BVAEB) hat mit Bescheid vom 18.02.2021, Zl. XXXX , festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) vom 01.12.2020 an als Hinterbliebene ihres am 12.11.2020 verstorbenen Ehegatten ein Versorgungsbezug nach dem PG 1965 in der Höhe von monatlich brutto € 1.516,38 gebührt. Dieser besteht aus einem Versorgungsgenuss von € 1.281,62 sowie einer Nebengebührenzulage zum Versorgungsgenuss von € 234,76. In der Begründung dieses Bescheides bzw. den beiliegenden Berechnungsblättern wurde die Berechnung des Versorgungsbezuges dargestellt.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.03.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend führte sie aus, dass sie die Summe ihres Einkommens in Höhe von € 149.746,01 nicht nachvollziehen könne. Außerdem könne sie nicht verstehen, dass Einkünfte in die Berechnung eingeflossen seien, die sie als Berufstätige erhalten habe, obwohl sie zum Zeitpunkt der Erstellung des Bescheides bereits mehr als ein Jahr in Pension war. Es sei klar ersichtlich, dass ihre Einkünfte im Jahr 2020 brutto € 47.530,00 ausgemacht hätten. Auch im Jahr 2021 werde sie keine wesentlich höheren Einkünfte haben und werden diese bei Weitem nicht das Einkommen aus ihrer aktiven Zeit erreichen. Sie erhalte seit 01.11.2019 € 3.334,91, seit 01.01.2020 € 3.394,94 und seit 01.01.2021 € 3.429,94 monatliche Bruttopension. Überdies sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, dass auch die Aufwandsentschädigung, die sie als Gemeinderat erhalte, in die Einkünfte eingerechnet worden sei. Ihres Erachtens sei diese jedoch nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerdesache wurde gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 11.06.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 22.06.2021 der Beschwerdeführerin das Beschwerdevorlageschreiben der BVAEB übermittelt.

Am 13.07.2021 langte eine mit 07.07.2021 datierte Stellungnahme der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit 01.11.2019 im Ruhestand.

Die Beschwerdeführerin erzielte in den Jahren 2018 und 2019 Einkünfte in Höhe von insgesamt € 134.826,77 brutto (Entgelt aus unselbständiger Erwerbstätigkeit im Jahr 2019 in Höhe von € 63.983,68 sowie im Jahr 2018 in Höhe von € 64.173,27 sowie Pension im Jahr 2019 in Höhe von € 6.669,82).

Die Beschwerdeführerin hat für das Jahr 2018 von der Gemeinde XXXX eine Aufwandsentschädigung als Gemeinderat in Höhe von € 7.385,76 sowie für das Jahr 2019 in Höhe von € 7.533,48 erhalten.

Die Einkünfte des am 12.11.2020 verstorbenen Ehegatten des Beschwerdeführers betrugen in den Jahren 2018 und 2019 € 122.810,80 brutto.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellung betreffend die Einkünfte in den Jahren 2018 und 2019 ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin (Fragebogen), den Lohnzetteln sowie aus der Mitteilung der PVA vom 25.11.2020. Die Heranziehung anderer Jahre ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Feststellung zur Aufwandsentschädigung ergibt sich aus der Bestätigung der Gemeinde XXXX vom 28.12.2020.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig. Es handelt sich um eine reine Beurteilung der Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da die maßgebenden Rechtsvorschriften des PG 1965 keine Senatszuständigkeit vorsehen, hat die gegenständliche Entscheidung mittels Einzelrichter zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Teilstattgabe der Beschwerde

Gemäß § 15 Abs. 3 PG 1965 ist Berechnungsgrundlage des überlebenden oder verstorbenen Ehegatten oder der überlebenden oder verstorbenen Ehegattin jeweils das Einkommen nach Abs. 4 in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Todestag des Beamten oder der Beamtin, geteilt durch 24.

Es ist festzuhalten, dass § 15 PG 1965 zwingender Charakter zukommt.

Von der Beschwerdeführerin wird vorgebracht, dass im gegenständlichen Fall der Umstand problematisch sei, dass sie als Pensionistin weitaus weniger Geld erhalte als in den herangezogenen Jahren 2018 und 2019, in welchen sie noch aktiv im Berufsleben stand.

Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Setzung eines Rahmenzeitraums ist jedoch durch den Bundesgesetzgeber konkret geprüft und vom VfGH ausdrücklich und ausführlich begründet für zulässig erklärt worden.

So führte der VfGH in seiner Entscheidung vom 11.03.2010, G228/09, aus, dass "die Rahmenzeiträume von zwei oder vier Jahren in Verbindung mit dem dabei vorgesehenen Günstigkeitsprinzip keine größere Zahl von "Härtefällen" zulassen, als dies bei einer längeren Frist der Fall wäre, weil es mit jeder Verlängerung der Frist ebenso denkbar ist, dass gerade damit Einkommenssituationen in die Betrachtung einbezogen werden, die für den Anspruch auf eine Witwenpension ebenso ungünstig sind. Der anzustellende Vergleich der wirtschaftlichen Verhältnisse kann auch dadurch "verzerrt" werden, dass derartige Änderungen in den Einkünften aus schicksalshaften Ereignissen im Betrachtungszeitraum von zwei Jahren vor dem Ableben auch bei der hinterbliebenen Person (zB der Witwe) vorkommen können und diesfalls freilich die jeweils umgekehrten Auswirkungen auf den Hinterbliebenenpensionsanspruch haben: Während verminderte Einkünfte der verstorbenen Person zu einer Reduzierung oder zum Wegfall der Hinterbliebenenpension führen können, vermögen zufällig verminderte Einkünfte der Hinterbliebenen im Betrachtungszeitraum die Höhe des Hinterbliebenenpensionsanspruchs zu begünstigen oder diesen erst zu begründen.“

Aufgrund des Ablebens des Ehegatten der Beschwerdeführerin im Jahr 2020 waren sohin als Berechnungsgrundlage gemäß § 15 Abs. 3 PG 1965 die Einkommen des verstorbenen und des überlebenden Ehegatten aus den Jahren 2018 und 2019 heranzuziehen.

Nach § 15 Abs. 4 Z 1 PG 1965 gilt als Einkommen nach Abs. 3 das Erwerbseinkommen gemäß § 91 Abs. 1 und 1a ASVG sowie gemäß § 15 Abs. 4 Z 2 lit a PG 1965 wiederkehrende Geldleistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung

Gemäß § 91 Abs. 1a ASVG sind einem Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit nach Abs. 1 folgende Bezüge gleichzuhalten, wenn sie 49 % des Ausgangsbetrages nach § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBI. I Nr. 64/1997, übersteigen:

1.       Bezüge nach § 1 Abs. 1 des Bundesbezügegesetzes, BGBl. I Nr. 64/1997;

2.       Bezüge nach Art. 9 des Beschlusses 2005/684/EG, Euratom, zur Annahme des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments, ABl. Nr. L 262 vom 7.10.2005, S. 1;

3.       Bezüge nach § 10 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997;

4.       Bezüge nach landesgesetzlichen Vorschriften auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre.

Da die, von der Beschwerdeführerin erhaltene Aufwandsentschädigung als Gemeinderätin
49 % des Ausgangsbetrages nicht überschreitet, ist diese nicht bei der Berechnungsgrundlage heranzuziehen.

Die im Jahr 2019 von der Beschwerdeführerin bezogene Abfertigung ist gemäß § 15 Abs. 4 Z 1 PG 1965 iVm § 91 Abs. 1 ASVG iVm § 49 Abs. 3 Z 7 ASVG ebenfalls nicht bei der Berechnungsgrundlage heranzuziehen, da es sich dabei nicht um Entgelt handelt.

Die im August 2019 bezogene Dienstjubiläumszahlung in Höhe von € 9.419,76 ist gemäß § 15 Abs. 4 Z 1 PG 1965 iVm § 91 Abs. 1 ASVG iVm § 49 Abs. 3 Z 17 ASVG als Entgelt zu werten (nur Sachzuwendungen bis zu einer Höhe von € 186,- jährlich stellen kein Entgelt dar) und ist daher bei der Berechnungsgrundlage zu berücksichtigen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 07.07.2021, wonach die Jubiläumsgeldzahlung nicht in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen sei, geht daher ins Leere.

Ermittlung der Berechnungsgrundlage (BRG) gemäß § 15 Abs. 3 PG 1965:

Die BRG des überlebenden oder verstorbenen Ehegatten ist jeweils das Einkommen nach § 15 Abs. 4 PG 1965 in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Todestag des Beamten, geteilt durch 24.

Die Summe der Einkommen nach § 15 Abs. 4 PG 1965 der Beschwerdeführerin in den letzten zwei Kalenderjahren (2018 und 2019) beträgt € 134.826,77. Die BRG der Beschwerdeführerin (Einkommen dividiert durch Anzahl der Monate) beträgt daher € 5.617,78.

Die Summe der Einkommen nach § 15 Abs. 4 PG 1965 des verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin für zwei Kalenderjahre beträgt € 122.810,80. Die BRG des verstorbenen Ehegatten beträgt daher € 5.117,12.

Ermittlung des Prozentsatzes gemäß § 15 Abs. 2 PG 1965:

Gemäß § 15 Abs. 2 PG 1965 wird zur Ermittlung des Prozentsatzes vorerst der Anteil der Berechnungsgrundlage des überlebenden Ehegatten oder der überlebenden Ehegattin in Prozent an der Berechnungsgrundlage des verstorbenen Beamten oder der verstorbenen Beamtin errechnet. Bei einem Anteil von 100% beträgt der Prozentsatz 40. Er erhöht oder vermindert sich für jeden vollen Prozentpunkt des Anteils, der 100 unterschreitet oder übersteigt, um 0,3. Er ist jedoch nach oben hin mit 60 und nach unten hin mit Null begrenzt.

Berechnung für zwei Kalenderjahre:

5.617,78 dividiert durch 5.117,12 x 100 ergibt einen BRG-Anteil von 109,784.

100 minus der BRG-Anteil von 109,784 ergibt volle Prozentpunkte (abgerundet) von -9 x 0,3 ergibt -2,700, woraus sich ein Prozentsatz von 37,300 ergibt (40+(-2,700)).

Berechnung des Versorgungsgenusses:

Das Ausmaß des Witwen- und Witwerversorgungsgenusses ergibt sich aus einem Prozentsatz des Ruhegenusses, der dem Beamten oder der Beamtin gebührte oder im Falle seines oder ihres Todes im Dienststand gebührt hätte, wenn er oder sie an seinem oder ihrem Todestag in den Ruhestand versetzt worden wäre. Entsprechendes gilt für die allfälligen Zulagen.

Der Ruhebezug des verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin im Ablebensmonat betrug € 4.499,66 (Ruhegenuss in Höhe von € 3.803,03 plus Nebengebührenzulage in Höhe von € 696,63).

Der ermittelte Prozentsatz beträgt 37,300.

Daraus ergibt sich ein Versorgungsbezug der Beschwerdeführerin in Höhe von € 1.678,37 (Versorgungsgenuss in Höhe von € 1.418,53 plus Nebengebührenzulage zum Versorgungsgenuss in Höhe von € 259,84).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der Entscheidungsfindung auf die klare Rechtslage des § 15 PG 1965 iVm § 49 ASVG und § 91 ASVG stützen.

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Berechnung Jubiläumszuwendung Nebengebühr Teilstattgebung Witwenversorgungsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2243341.1.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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